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The X-Files: Virtual Season 11

von meiko

Kapitel 11: Sunrise

The X-Files: Virtual Season 11

11.11 - Sunrise

Written by meiko
Artwork by GabiS



Quantico,
Untergrund...

Fox Mulders Gesicht erschien auf dem Monitor des Laptops und versuchte ein jungenhaftes Grinsen zu zeigen.
„Wie geht’s unserem Patienten?“, erkundigte er sich.
Sam Stackleton legte den Finger auf die Lippen und warf einen vorsichtigen Blick durch die offen stehende Tür in den Isolationsbereich, den sie sich hier errichtet hatten.
Die zuckende, aderdurchzogene Masse auf dem Krankenbett war nur für Eingeweihte als menschliches Wesen zu erkennen, doch selbst ihm fiel es schwer, das Offensichtliche zu akzeptieren: Dass das Leben in Mathesons Körper erlosch und den qualvollen Kampf gegen die Nanoroboter längst aufgegeben hatte.
„Schlecht, wirklich schlecht“, erwiderte er endlich.
Mulders Gesicht verdunkelte sich. „Habt ihr den Impfstoff an ihm getestet?“
Stackleton nickte. „Natürlich, aber ich vermute, die Zeit ist zu kurz, um jetzt schon Ergebnisse erwarten zu wollen. Fest steht, dass unsere Untersuchungen den Zellverfall noch beschleunigt haben. - Mulder!“ Sam beugte sich vor und sprach mit eindringlicher Stimme weiter: „Es ist möglich, dass Matheson den Wettlauf gegen die Zeit verliert!“
Fox Mulder nickte nachdenklich. „Ja“, sagte er dann leise. „Und ich glaube, dass er diese Möglichkeit mit einkalkuliert hat!“



[Opening Credits]




Über North Carolina...

“Bereit?”
“Bereit!”, nickte Kersh, schnallte sich an und hob den Daumen. Ein paar Sekunden nestelte er an der Startvorrichtung herum, dann sprang der Motor dröhnend an, die Propeller begannen ächzend zu rotieren und die Maschine erhob sich in die Lüfte.
Kersh beugte sich herunter und bekam gerade noch mit, wie Skinners Agrarflieger sich in entgegengesetzter Richtung entfernte und kurz darauf aus seinem Gesichtskreis verschwand.
Nach fünf Minuten hatte er die vereinbarte Position erreicht und legte die Hand auf den Hebel der Abwurfmechanik.
‚Es ist seltsam’, dachte Kersh. ‚Eigentlich sollte mir jetzt sehr feierlich zumute sein, schließlich entscheide ich gerade über das Schicksal der Hunderttausenden unter mir... Wenn man sich nur ganz sicher sein könnte... Aber was soll’s...’ Er wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. ‚Wenn wir jetzt nicht Gott spielen, dann wird es für immer zu spät sein und niemand wird die armen Seelen da unten mehr retten können...’
Dennoch - ein Hauch des Zweifels blieb in ihm.

Kurz entschlossen packte er den Griff und riss am Schalthebel. Knirschend sprang die Frachtklappe unter ihm auf, doch dieses mal verteilte sie Dünger der besonderen Art in der Atemluft des Landes. Er wusste, dass Skinner in diesem Moment das gleiche tat wie er.
Kersh schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass das Mittel wirken solle, dann drehte er bei und ließ den Flieger langsam durch die sich rasant verbreitende Impfstoff-Wolke zu Boden gleiten. ‚Zwei Flugzeugladungen, um die Bevölkerung eines ganzen Landstrichs zu heilen’, dachte er. Unfassbar – doch warum eigentlich nicht?

Im nächsten Moment schoss ihm das Blut in den Schädel und die Augen traten aus seinen Höhlen. Was war das? Warum stürzte er ab? Geistesgegenwärtig packte er das Steuer, das er im ersten Schock losgelassen hatte und riss es nach oben. Die Nase des Flugzeugs neigte sich himmelwärts und fing mit dieser Bewegung den Sturz gerade noch rechtzeitig ab. Einen Sekundenbruchteil später begann auch sein Gehör wieder, die Signale der Außenwelt zu verarbeiten und an das Gehirn weiterzuleiten:

Er wurde beschossen!

Alvin beugte sich über den Rand des Fliegers und spähte hinab. Da waren sie: Sie bewegten sich langsam - fast kriechend – mit ihrem offenen Lieferwagen über die Landstraße und versuchten ihn abzuschießen, doch dazu fehlte ihnen ganz offensichtlich das nötige ebene Gelände.
‚Jetzt erst – und nur mit einem Lieferwagen?’, dachte Kersh entgeistert. ‚Das kann doch unmöglich schon alles sein!?’
Und richtig: Als er sich der Hügelkette im Norden näherte, vernahm er hinter sich das charakteristische Surren der Kampfjets. Er hatte das Geräusch schon mehr als einmal vernommen und hatte eigentlich gehofft, es nicht ausgerechnet heute und hier erneut hören zu müssen.
‚Ich muss die Hügel dort erreichen!’, schoss es Kersh durch den Kopf und er biss die Zähne zusammen. ‚Komm schon, nur noch ein paar hundert Meter’, bettelte er die klapprige Maschine an.
Rattattattatt!!!
Die erste Salve verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Seine Muskeln versteiften sich und er zwang sich, alle Eindrücke der Umgebung aus seinem Bewusstsein zu verbannen... konzentrierte sich ganz auf sein Ziel und...

Das Blut stieg ihm schmerzhaft zu Kopfe, als er den Agrarflieger wie ein Stein in die langgestreckte Hügelkette sinken ließ.
‚Ob sie Skinner auch entdeckt haben?’, dachte er noch, dann streifte er die ersten Baumwipfel und alles um ihn herum versank in tiefer Nacht.



Quantico,
Untergrund...

Sam Stackleton zog sich dezent zurück und überließ die Besucher ihren Gedanken. Im Vorraum der improvisierten Intensivstation drehte er sich noch einmal um und dämpfte die Lichtversorgung, worauf die Umgebung des Krankenbettes wieder in schläfriges Zwielicht getaucht wurde.
Mulder und Scully saßen an beiden Seiten des Bettes und blickten die Eintretenden müde an. John und Monica traten näher und blieben erschüttert vor dem Krankenbett stehen. Monica tastete entsetzt nach Johns Hand.
„Ich... ich hatte gehofft, ich müsste so etwas nie wieder sehen, nachdem damals Skinner...“ Ihre Stimme versagte und sie blickte hilfesuchend zu Mulder und Scully hinüber.
„Tut mir leid, dass ich euch den Anblick nicht ersparen kann“, warf Mulder ein. „Aber ihr habt recht: Es ist wie damals, als Skinners Körper den Kampf gegen die Naniten verlor und zu funktionieren aufhörte!“
Doggett fasste sich und trat näher. „Es geht zuende“, flüsterte er heiser und beobachtete voller Grauen die pulsierenden Blutgefäße im offenen Fleisch des Mannes, der einmal ihr Widersacher gewesen war.
‚Täusche ich mich, oder sieht er wirklich so friedlich aus?’, überlegte Monica. Sie überwand ihre Scheu und blickte Matheson fest ins erlöschende Antlitz – oder was davon noch übrig war.
„Ob er hört, was wir sagen?“, fragte sie die anderen, doch sie bekam keine Antwort. „Wenn Skinner und Kersh doch nur Erfolg hätten!“, stieß sie endlich aus und war in Gedanken ganz nah bei ihnen – mehr konnte sie nicht tun.

Die Tür öffnete sich erneut und Sam Stackleton trat noch einmal in das Krankenzimmer, ein Mobiltelefon in der Hand.
„Stephen Minh ist am Apparat“, zerriss er die Stille. „Er meldet, dass Kersh und Skinner ihre Fracht wie verabredet abgeliefert haben. Seitdem fehlt jedoch jede Spur von ihnen!“

Seine Stimme verhallte leer im Raum und unbarmherzig suchten sich die Worte ihren Weg ins Bewusstsein aller Anwesenden.
Mulder und Scully, Doggett und Reyes blickten einander an und versuchten, das Gesagte zu verarbeiten.
Wie viel Zeit war seitdem vergangen? Monica konnte es nicht sagen, doch als sie sich auf den Stuhl neben dem Bett sinken ließ, fiel ihr Blick auf die Überreste von Mathesons Gesicht.
„John, Mulder, Scully“, flüsterte sie.
Die anderen sahen zu ihr hinüber und entdeckten, was ihre Aufmerksamkeit erweckt hatte: Der Monitor über Richard Matheson zeigte eine schweigende Nulllinie und auf den verblassten Gesichtszügen des Senators lag das Lächeln des Abschieds.



Dort draußen...

Z’KlaHan erhob sich und durcheilte die Brücke des Raumschiffs mit energischen Schritten.
„Ist es wahr?“, wurde er bei seinem Eintreten in den großen Konferenzraum von neugierigen Fragestellern umringt.
Unwillig schob er die ungebetenen Belagerer zur Seite und nahm den ihm gebührenden Platz in der Mitte der großen Halle ein.
„Es ist wahr!“, donnerten die kehligen Laute seiner Stimme durch die Schiffsatmosphäre. „Jedes Wort, das ihr gehört habt, ist wahr – und noch viel mehr als das!“ Er reckte seinen Arm in die Höhe und augenblicklich trat wieder Stille ein.
„Genug!“, rief er mit zorniger Stimme. „Die Bewohner des blauen Planeten haben entgegen aller Verabredungen gehandelt! Sie haben die Posten unserer Vorhut über eine lange Zeit hinweg getäuscht und verraten, sie haben unsere Brüder und Schwestern gefangen genommen, untersucht, gequält und getötet... und sie haben ihr neu erworbenes Wissen genutzt, um eine Rasse von unbesiegbaren Gegnern zu erschaffen, die uns bei unserem Eintreffen vernichtend empfangen sollte!“

Z’KlaHan lehnte sich zurück und beobachtete mit kaltem Interesse die Bestürzung und Wut im Antlitz seiner Gefährten. Er wartete einige taktvolle Augenblicke ab, dann gebot er erneut Ruhe und fuhr fort:
„Doch sie haben nicht damit gerechnet, dass unsere Flotte schon jetzt eintrifft! Wenn alles nach ihren Informationen und Berechnungen gegangen wäre, dann hätten sie noch mehrere Jahre Zeit gehabt, um ihren Plan reifen zu lassen und ein ausreichend großes Volk von Übermenschen zu züchten, das uns tatsächlich gefährlich hätte werden können! Doch nun...“ - ein heiteres Lächeln huschte über sein Gesicht – „werden wir in das große Spiel eingreifen!“

„Z’KlaHan!“, warf einer der Anwesenden ein und erhob sich würdevoll. „Deine Worte in allen Ehren, aber hältst du es wirklich für gerechtfertigt, einen ganzen Planeten anzugreifen, nur weil ihre Regierungen – so habe ich es verstanden – falsche Entscheidungen getroffen haben?“
Z’KlaHan hatte sich ebenfalls erhoben und sah dem Sprecher fest in die Augen. „Und so wie ich es verstanden habe“, gab er ironisch zurück, haben die Menschen ihre Regierungen aus freien Stücken gewählt! Ich gebe zu, eine seltsame Art, einen Planeten zu führen, doch darüber steht uns kein Urteil zu. – Ich frage euch daher: Sollen ihre Verfehlungen über sie kommen? Werdet ihr mir folgen, wenn wir zu ihnen gehen und den Planeten zurückfordern, der uns gehört und auf dem die Menschheit nur Gast ist? Werdet ihr mit mir gehen um Vergeltung zu fordern für unsere gefallenen Brüder und Schwestern?“

Ein Raunen durchlief die große Halle, schwoll zu ekstatischem Brüllen an und kulminierte in dem sich ständig wiederholenden Refrain:

„Unterwerfung! Keine Gefangenen!“



Eine Woche später...
Das Landhaus Van de Camp
8:06 p.m.

Als seine Frau hinter ihn trat und die Arme um seinen Hals schlang, gab er ein unwilliges brummen ab und stellte die Bierflasche auf dem Fernsehtischchen ab.
„Nicht jetzt, Schatz! Ich will unbedingt noch die Nachrichten sehen.“
„Ach komm schon!“
„Und was ist überhaupt mit William?“, fragte er und sah sie strafend an.
„Dein Sohn“, lächelte Mrs. Van de Camp nachsichtig, „liegt in seinem Bettchen und schläft. Er war heute den ganzen Tag so unruhig und ist gleich eingeschlafen.“ Sie griff beherzt nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus.
„He!“, protestierte er.
Sie setzte sich auf seine Knie und unterbrach seine weiteren Proteste mit einem drängenden Kuss und...

Krach!

Von einer Sekunde auf die andere erlosch das Licht im Haus und die beiden sahen sich erschrocken an.
„Was... was war das?“, flüsterte sie bleich.
„Keine Ahnung“, raunte er besorgt. „Bleib hier, ich sehe mal nach!“
‚Mein Gott!’, schoss es ihr durch den Kopf. ‚Der Lärm kam direkt aus Williams Kinderzimmer!’ – panisch sprang sie auf, doch da hörte sie auch schon die Stimme ihres Mannes:
„Komm... komm schnell her und sieh dir das an!“
Seine Stimme klang merkwürdig hohl, so als würde er neben sich stehen und eine alptraumartige Szene beschreiben müssen.
Sie stürzte vor und stieß ihn beiseite. Dann sah sie es: Die Tür des Kinderzimmers stand offen und der gesamte Raum war von blendend hellem Licht erfüllt... Und inmitten des saugenden Lichtkegels stand...

„William!“, schrie sie voller Angst und wollte zu ihm eilen, doch ihr Mann hielt sie am Arm fest.
„Geh nicht“, zischte er ihr zu. „Es ist zu spät!“



Das Reservat der Colville-Indianer
1:07 a.m.

Ein für diese Gegend verhältnismäßig milder Wind strich mit sanften Bewegungen über die ewigen Nadelwälder des Nordens. Sein feuchter Atem berührte die dunklen Wipfel, dann zog er in ruhigen Wirbeln tiefer und überquerte den Lagerplatz der Colville-Indianer.

Alex Krycek trat vor seine Unterkunft und atmete tief durch. Er konnte in dieser Nacht einfach keinen Schlaf finden. Er war sich nicht ganz sicher, ob das an der ungewohnten Umgebung lag oder doch eher an der Anwesenheit der beiden Mädchen, deren Anblick ihn noch immer verwirrte. So sehr er es genoss, wieder bei Emily zu sein, so sehr spielte seine Gefühlswelt verrückt, wenn sein Blick zufällig Maries tiefe Augen streifte. Immer, wenn sie ihn so ansah, so... nicht von dieser Welt.
Alex schluckte. Marita fehlte ihm. Und im Gegensatz zu all den anderen hatte er ihr Verschwinden nicht einfach kommentarlos zur Kenntnis genommen! Er konnte und wollte nicht wahrhaben, dass sie tot sein sollte, in den Tiefen der Zeit verloren... Nein, es war noch immer nicht einfach.

„Daddy?“

Alex zuckte zusammen und drehte sich um. Emily und Marie waren aufgewacht und in ihren Nachthemden vor die Tür getreten.
„Ihr werdet euch den Hund holen“, schimpfte Alex und zwinkerte ihnen versöhnlich zu. „Was ist denn los? Könnt ihr auch nicht schlafen?“
Marie schüttelte den Kopf und legte den Finger an die Nase.
„Es war, als hätte uns jemand gerufen“, antwortete Emily.
„Ach was“, brummte Alex und ging in die Hocke. „Nun hört mal gut zu, ihr zwei kleinen...“ Er hielt inne und beobachtete Emilys Gesicht besorgt. „Was hast du?“
„Der Morgen“, flüsterte sie. „Ich glaube, die Sonne geht auf!“
Krycek drehte sich um und musterte den Horizont. Unmöglich, dachte er. Und doch... dort hinten wurde es tatsächlich heller. Aber... Moment mal... das war nicht das Tageslicht! Es kam näher, wurde dabei unnatürlich schnell und rotierte bald direkt über ihnen. Sie konnten nicht anders, sie mussten hinaufstarren, hinauf... in das kalte Gleißen!
Wind zerrte an ihrer Kleidung und an ihren Haaren, doch kein Laut störte die Stille der Nacht.

Dann breiteten Emily und Marie die Arme aus, fassten sich an den Händen und schwebten langsam den Lichtkegel hinauf, bis das weiße Leuchten sie ganz verschluckt hatte. Sobald ihre Körper verschwunden waren, erlosch das Licht; ein gewaltiger Schatten huschte blitzschnell über das Reservat und verschwand hinter den Bergrücken der Rocky Mountains.

Das Lager lag wieder schweigend und dunkel – und in tiefem Schlaf. Niemand schien etwas bemerkt zu haben. Wie lange war das jetzt her?
Alex Krycek stand mit erhobenen Armen auf der Lichtung und suchte entsetzt den Himmel ab. „Emily, Marie!“, schrie er verzweifelt.
„Nein!!!“, brüllte er, als ihm klar wurde, dass man ihm nach seiner Frau nun auch seine Töchter genommen hatte!

Am Horizont dämmerte der Morgen heran.



Einige Tage später...
Appalachian Mountains, Cheoah Bald
Stützpunkt der Schattenregierung
1:01 p.m.

Bosman riss die Tür zu Strugholds Büro auf und postierte sich unheilvoll vor seinem Vorgesetzten.
„Herein!“, bemerkte Strughold trocken und sah nachdenklich aus dem Fenster.
Der Horizont färbte sich blutrot, doch da es gerade Mittag war, konnte es unmöglich die Dämmerung sein, die dieses Farbspiel auf den Himmel zauberte.
„Es ist soweit!“, stieß Bosman hervor und stützte sich auf dem schweren Eichenholz-Schreibtisch ab. „Sie sind gelandet und... Und sie greifen an!“
„Ja?“, erwiderte Strughold abwesend und fixierte einen Punkt in weiter Ferne.
„Hören Sie nicht, was ich sage?“, schnappte Bosman fassungslos. „Es ist wirklich kaum zu glauben!“ Vor Aufregung überschlug sich seine Stimme und er spuckte kleine Speicheltröpfchen auf die glänzende Holzplatte. „Sie haben nicht verhindert, dass Kersh und Skinner ihre verfluchte Fracht über der Bevölkerung verteilt haben! Und nun ist es zu spät! Die Aliens haben angegriffen!“ Er beugte sich so weit vor, dass er fast Strugholds Nasenspitze berührte. „Was, frage ich Sie, sollen wir nun noch tun, Sir? Welches Mittel haben wir denn jetzt noch?“

Endlich schien Strughold aus seiner Starre zu erwachen. Er erhob sich, strich sein Jackett glatt und musterte Bosman kalt. „Ich beginne mich zu fragen, ob unsere Freunde vom FBI nicht vielleicht doch den richtigen Weg gewählt haben“, sprach er leise mit fester Stimme. „Vielleicht ist es der einzige Weg, noch das zu bewahren, was uns ausmacht? Und... und wenn wir sterben, dann sterben wir doch als Menschen und nicht als Maschinen!“

Bosman starrte Strughold einige Sekunden an und versuchte, das Gesagte zu verarbeiten.
Dann machte er auf dem Absatz kehrt und verließ das Büro türenknallend.



North Carolina,
Buddhistisches Kloster "Khyentse"
7:32 p.m.

“Das Eindringen der außerirdischen Raumschiffe in die Erdatmosphäre sorgt für weitere Unsicherheiten und Panik in der Bevölkerung!” Die Nachrichtensprecherin gab sich alle Mühe, die Fassung zu bewahren und möglichst neutral in die Kamera zu schauen. Ein Vorhaben, das sie am Abend zuvor lange genug geübt haben musste, denn nach einem flüchtigen Moment, in dem der geschulte Beobachter die Angst in ihren Augen aufflackern sehen konnte, gefror ihr Gesicht wieder zu einer lächelnden Maske und sie fuhr fort. „Die Regierung der Vereinigten Staaten betont noch einmal, dass absolut kein Grund zu übermäßiger Besorgnis besteht! Gestern gab der Präsident eine Erklärung im weißen Haus ab, in der es hieß...“

Angewidert schaltete Fox Mulder den Fernsehapparat aus und sah die anderen lange an: Dana, John und Monica.
Endlich regte sich Agent Doggett und räusperte sich. „Wenigstens auf den bewährten Apparat aus Lügen und Desinformation kann man sich noch verlassen“, erklang seine Stimme aus dem Halbdunkel. „Aber das ist Unsinn! Zwei, drei Tage noch, dann bricht der Apparat zusammen und die Wahrheit verbreitet sich!“
„Klar“, grinste Mulder. „Die CD-ROM, die wir aus Chile mitgebracht haben, dürfte sich inzwischen schon auf der ganzen Welt verbreitet haben. Danke, Internet!“

Dana Scully trat an die Fensternische und warf einen traurigen Blick nach draußen.
„Hierher hat uns der Weg also geführt“, murmelte sie. Sie zwang sich, hinauszusehen, obwohl sie wusste, welcher Anblick sie dort erwarten würde: Die Truppen aus den Alienschiffen, die sich wie ein Strom über das Land ergossen und Stück für Stück alle strategisch wichtigen Eckpunkte besetzten!
„So sollen unsere Visionen also doch Wirklichkeit werden?“, fragte sie und blickte zu Mulder auf, der neben sie getreten war.
„Wir wissen nicht, was geschehen wird“, gab er müde zurück. Sie sah ihn an und wusste, dass sich in diesem Moment Furcht und Hoffnung in ihm einen heftigen Kampf lieferten.
„Komm her“, flüsterte sie und er versank dankbar in ihrer weichen Umarmung.
„Ich liebe dich“, raunte er ihr ins Ohr. Dann verschloss sie seinen Mund mit einem langen Kuss.

„Wann werden sie hierher kommen?“, fragte Monica leise und griff nach Johns Hand. „Und wird der Impfstoff irgend etwas bewirken?“
John sah sie an. Was sollte er sagen? Er konnte und wollte sie nicht mit einem ‚Ich weiß es nicht’ abspeisen, auch wenn es die Wahrheit war.
Also lächelte er zaghaft und ergriff ihre andere Hand. „Bleib bei mir“, sagte er. „Was auch geschieht!“

Aus dem Halbdunkel war tiefe Nacht geworden. Die Umrisse der vier schweigenden Beobachter zeichneten sich schemenhaft vor der flackernden Kulisse des Horizonts ab.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, dachte Stephen Minh und klappte sein Tagebuch zu.



Zuhause...

Es wird kalt, dachte Dana, als sie aus dem Fenster sah und den Kindern im Garten beim Spielen zusah. Die Sonne des Vormittags hatte sich in eine graue, wirbelnde Masse am Himmel verwandelt. Ja, es wird kalt, dachte Dana wieder. Der Spätsommer neigt sich seinem Ende zu. - William machte sie keine Vorwürfe. Mit seinen 3 Jahren hatte er wichtigere Dinge im Kopf als sich um die Nöte seiner besorgten Mutter zu kümmern. Doch Emily. Emily war alt genug, um auf sich und ihren Bruder achtzugeben und wenigstens einen warmen Pullover anzuziehen.
Was wohl ihr Vater dazu sagen mochte? Dana verzog den Mund zu einem bekümmerten Lächeln. Er war ja nicht hier, und das wussten die Kinder. Wussten sie, wie viel sie ihr bedeuteten? Wussten Emily und William um die Liebe und Sorgfalt, die sie jeden Tag in... nun, zum Beispiel in dieses Omelette steckte, das sie gerade zubereitete?
"Mittagessen!", rief Dana und steckte den Kopf aus dem Fenster.
Kalt. Es war kalt und dunkel dort draußen, wo eigentlich das Licht des Tages hätte leuchten sollen. Wo waren ihre Kinder?
"Emily? ... William??? ..."
Etwas war ganz und gar nicht in Ordnung. Langsam spürte sie das Eis in ihren Körper dringen, sich langsam ausbreiten...
"WILLIAM???"

Schweißgebadet wachte Dana Scully auf und sah sich verwirrt um. Es dauerte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass sie sich nicht dort befand, wo sie zu sein glaubte. Die kahlen, roh behauenen Wände des alten Klosters glänzten matt im Mondesschein und verstärkten noch den unwirklichen Eindruck, der über allem lag.
„Dieser verdammte Traum“, stöhnte sie und ließ sich wieder auf ihre Decke sinken.

Wie seltsam... Das Gefühl der nackten Angst verschwand einfach nicht aus ihrem Nacken.
Irgend etwas wollte dieser Traum ihr sagen, soviel schien klar! Und je mehr sie darüber nachgrübelte, desto deutlicher sah sie schließlich die Antwort vor sich: Ihr Traum hatte recht! Irgend etwas stimmte ganz und gar nicht...

Schlagartig fiel ihr ein, was da nicht stimmte. Oh Gott, so musste es sein!
Zitternd blieb sie auf der Bettkante sitzen und stützte den Kopf in die Hände.

„Die Kinder“, flüsterte sie mit trockener Kehle. „Sie sind weg!“



Fortsetzung folgt...




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