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The X-Files: Virtual Season 11

von meiko

Kapitel 10: Sunset

The X-Files: Virtual Season 11

11.10 - Sunset

Written by meiko
Artwork by GabiS




Chile,
Irgendwo in der Atacama-Wüste

Mit grimmiger Entschlossenheit stieg Alvaro Pinones in seinen Wagen und blickte den Staubwolken nach, die sich langsam am Horizont verloren.
‚Mulder und Scully!’, dachte er. ‚Die Namen muss ich mir merken!’
Er ließ den Motor an und wollte gerade losfahren, da bemerkte er eine Veränderung in der Luftströmung. Beunruhigt hob er den Kopf.
‚Merkwürdig’, dachte er. ‚Warum kommen sie zurück?’
Erst, als er den Gedanken zuende gedacht hatte, fiel ihm auf, dass die Staubwolken diesmal aus der anderen Richtung kamen. Endlich schälten sich drei unauffällige Lieferwagen aus dem Geflimmer und umstellten seinen klapprigen Jeep von allen Seiten.
Ein ungutes Gefühl stieg in Alvaro hoch, als er die militärisch gekleideten Hünen aussteigen sah und... Moment mal! Die Frau kannte er doch!
„Juana! Was soll das hier?“, rief er erstaunt, doch seine Chefin verzog keine Miene. Als sie nur noch zwanzig Schritt von ihm entfernt war, blieb sie stehen und nickte dem Truppenführer der Militärs zu.
„Du hast meine Anweisungen missachtet“, rief sie ärgerlich und funkelte Alvaro aus kalten Augen an. „Alles was jetzt geschieht, hast du dir selbst zuzuschreiben!“
„Aber“, wollte er erwidern, doch da hatten ihn die Soldaten schon erreicht, banden ihm brutal die Hände auf dem Rücken zusammen und stießen ihn zu den Lieferwagen.

„Sir, sollen wir den FBI-Agenten folgen?“, fragte ein Sergeant den Kommandanten.
„Was nützt euch das jetzt noch?“, rief Alvaro. „Ihr könnt die Wahrheit nicht mehr unterdrücken!“
Der Kommandant hielt in seiner Bewegung inne und sah ihn lange an. Ein seltsamer Ausdruck überschattete sein Gesicht. Dann ließ er die Schultern hängen und nickte. „Wahrscheinlich hat er recht. Wir können sie nicht mehr aufhalten.“
„Aber wir können die Flughäfen sperren lassen, wir können...“
„So? Können wir auch verhindern, dass sie ihr Wissen per Telefon in die ganze Welt hinausposaunen?“
„Aber Sir, ohne Beweise wird das doch niemand glauben!“
Der Truppenführer straffte die Schultern und schüttelte seine Nachdenklichkeit von sich ab. „Die Beweise werden folgen... und selbst wir können sie nicht mehr aufhalten. - Nein! Wir können nichts mehr tun!“ Er deutete mit dem Daumen auf Alvaro. „Lasst ihn gehen!“
„Aber Sir...“
„Ich sagte: Lasst ihn gehen!“, bellte der Kommandant den Sergeanten an. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und stieg in seinen Wagen.



[Opening Credits]




Columbia River,
Kettle Falls

Der Wind strich kalt über ihre Köpfe. Die donnernden Fluten des Wasserfalls übertönten jedes Geräusch, das in etwa die Dreistigkeit besessen hätte, seine schwache Stimme erheben zu wollen.
Im Osten zogen sich die Waldausläufer mit den Reservaten der Colville-Indianer dahin, während sich im Norden – nahe der Grenze zu British Columbia, Kanada – die Rocky Mountains erstreckten.

Monica Reyes atmete tief ein und ließ das Panorama der Wildnis auf sich einwirken. Betäubt vom Getöse des Wasserfalls drehte sie sich schließlich um und beobachtete ihren Gefährten. Doch auch John war zu sehr in den Anblick der stürzenden Wassermassen versunken, um in geschwätziger Stimmung zu sein.
Monica warf einen Blick auf das schlafende Kind, dessen Kopf auf ihre Schulter gesunken war und das nun trotz der Kälte und der frühen Morgenstunde friedlich ruhte.
Eigentlich hatte Monica fragen wollen, warum es gerade die Kettle Falls sein mussten. Sie hätten Scully, Mulder und Alex doch überall treffen können! Warum also hier – in dieser Einöde? Doch als sie ihren Blick in die Ferne schweifen ließ, über das Land, die Berge und die nebligen Wälder... da kannte sie bereits die Antwort, auch ohne dass sie die Frage ausgesprochen hatte.
„Hier wird sie niemand finden“, raunte ihr John ins Ohr und bedachte die schlafende Emily mit einem langen Blick.
‚Es ist, als hätte er meine Gedanken gelesen’, durchfuhr es Monica und sie sah ihren Freund grübelnd an. „Nein, niemand“, bestätigte sie.
‚Eigentlich möchte ich gar nicht hier sein, wenn es zum Wiedersehen zwischen Emily und Scully kommt’, überlegte sie. ‚Es ist einfach ausgeschlossen, dass die Kleine sich noch an ihre Mutter erinnern kann, also warum...’

Dort unten zuckten die Scheinwerfer einiger Autos auf.
„Das werden sie sein“, rief Agent Doggett. „Ich wüsste nicht, wer sich sonst um diese Uhrzeit hierher verirren sollte!“
Er behielt recht, denn kurz darauf tauchten einige Schatten zwischen den Baumstämmen auf und tasteten sich im Schein ihrer Taschenlampen langsam vorwärts.
„Vorsicht!“, rief Doggett. „Ein falscher Schritt und ihr landet dort unten!“
Fox Mulder warf einen unbehaglichen Blick in die brodelnde, feuchte Tiefe. „Danke“, erwiderte er. „Kein Bedarf für heute.“
„Da sind wir, wie verabredet“, warf Dana Scully ein und wies mit der Hand auf eine dritte Person, die hinter ihnen lief:
Es war Alex Krycek, und neben ihm trottete, schwankend vor Müdigkeit, seine Tochter Marie.

„Emily“, flüsterte Monica dem Mädchen auf ihrem Arm ins Ohr und strich ihr sanft über das Haar. „Emily, wach auf. Es möchte dich jemand sehen!“
Das Kind streckte sich, rieb sich gähnend die Augen und blickte sich um. Als sie Alex erkannte, gab sie einen freudigen Laut von sich, rutschte an Monica herunter und warf sich ihrem Vater in die Arme.
„Daddy!“, rief sie mit zitternder Stimme und versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken.
„Ja, meine Große, ja“, antwortete Krycek und drückte Emily an sich, während er mit der Linken noch immer Maries Hand umklammert hielt. „Jetzt bin ich ja da!“
Emily hob ihren Kopf und sah ihn ernst an. „Daddy, wirst du aufpassen, dass sie mich nicht noch einmal holen?“
Alex schluckte schwer und nickte. „Ja“, antwortete er dann mit belegter Stimme. „Ja, mein Kind. Ab jetzt bleiben wir zusammen. Niemand wird uns mehr trennen!“ Dabei fiel sein Blick auf Dana Scully, die am Rande stand und die Szene schweigend beobachtet hatte.
Eine einzelne Träne lief an ihrer Wange herunter. Sie wischte sie mit dem Finger ab; dann näherte sie sich der kleinen Familie, kniete sich nieder und nahm Emilys Hand in die ihre.
„Du hast dich kaum verändert“, sagte sie lächelnd. „Werdet eine glückliche Familie!“ Dann nahm sie Mulder am Arm und kehrte mit ihm zu den Autos zurück.
„Daddy, wer war das?“, fragte Emily beunruhigt. „Und wer ist das?“ Sie zeigte auf Marie.
„Das“, erwiderte Alex lächelnd, „ist deine Schwester!“

Doggett und Reyes drückten Alex die Hand.
„Viel Glück“, sagte John – und diesmal meinte er es ernst. Da war nicht mehr der alte Funke des Hasses, der all die Zeit nicht zum Erlöschen gekommen war. Jetzt lag nur noch Stille und Abschied in seinem Blick – und Monica erging es nicht anders
„Also das Colville-Indianerreservat?” Alex Krycek versuchte, die Nacht mit seinen Augen zu durchdringen.
“Ja”, nickte Doggett. „So wird es das Beste sein: Niemand wird hier nach euch suchen und niemand wird hier Fragen stellen!“
„Dann endet unser Weg hier?“, fragte Alex und sah die beiden Agenten fast bedauernd an.
„Alpha und Omega“, antwortete Monica. „Wer weiß?“

Sie warf noch einen letzten Blick zurück. Da stand er – ihr ehemaliger erbitterter Feind: Ein Ausgestoßener, ein Verräter und Mörder und... ein Vater. Emily und Marie standen neben ihm und hielten seine Hand.
Monica drehte sich um und folgte Mulder und Scully den Pfad zum Auto hinunter. John lief neben ihr und sie hakte sich bei ihm ein.
„Er wird seinen Weg finden“, beantwortete er ihre ungestellte Frage. „So wie jedes mal!“



Einen Tag später...
North Carolina,
Buddhistisches Kloster "Khyentse"

< Wer bist du? > fragte die grinsende Fratze vor ihm und fixierte ihn mit ihren leeren Augenhöhlen.
< Das weiß ich nicht > antwortete er und schauderte. Der Anblick des entsetzlichen Wesens ließ ihm das Blut in den Adern erstarren – und doch konnte er den Blick nicht vom Antlitz des Todes lösen.
< Wer bist du und was tust du hier? > wiederholte das Gespenst seine monotone Frage.
Matheson lief der Schweiß in Strömen an seinen Gliedmaßen herunter. Sein Atem ging stoßweise und bei jedem verkrampften Schnappen nach Luft dünstete er eine Wolke aus, die nach Verwesung stank.
< Es ist schlimm, das eigene Ende riechen zu müssen > sinnierte Richard Matheson und ließ seine Gedanken schweifen, um sich die emsige Arbeit der winzigen, mikroskopisch kleinen Naniten in seinem Blute vorzustellen.
< Was hält mich denn noch hier? Muss ich tatsächlich hier sitzen und still zusehen, wie das Ende kommt? – Was würdest du tun? > fragte er den Schemen, der noch immer in seinem kargen Zimmer saß und ihn von der anderen Wand aus anstarrte.
< Laufen > erwiderte das schwarze Wesen ohne zu zögern. Dann entblößte es seine verfaulten Zahnstümpfe und verschwand.
Richard Matheson erhob sich schwankend. Ein wenig bedauerte er es, dass sein Gegenüber schon fort war. Sicher, er hatte mit seinen Sekretärinnen früher schon angenehmere Stunden verbracht, doch irgendwie...
Er schüttelte den Kopf und schritt zur Tür.
„Zeit zu gehen“, flüsterte er heiser. „Zeit um zu tun, was getan werden muss!“

***

Dana Scully drückte den Ex-Senator sanft, aber bestimmt auf einen Stuhl.
„Sind Sie sich da ganz sicher?“, vergewisserte sich Mulder.
„Absolut“, keuchte Matheson. „Überlegen Sie doch mal, welche Chancen Sie ansonsten hätten, bevor es zu spät ist! In vielleicht zwei oder drei Wochen landen hier die ersten Truppen der außerirdischen Invasoren. Was dann geschehen wird, können Sie sich ja sicher vorstellen: Es gibt Krieg! Krieg, wie ihn die Menschheit noch nie zuvor erlebt hat! Kalten, grausamen und erbarmungslosen Krieg zwischen den Aliens und der zu Supersoldaten umgewandelten Bevölkerung! Wir haben nicht mehr viel Zeit, deshalb... bitte... Was kann ich sonst tun, um es wieder gut zu machen?“
Scully schloss die Augen.
„Nichts“, warf Mulder ein.
„Gut“, stöhnte Matheson. Er machte sich nun nicht mehr die Mühe, seinen Schweiß vom Gesicht abzuwischen, sondern ließ die kleinen Rinnsale einfach tropfen. „Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Forschungslabors?“



Quantico,
FBI-Academy, Nachtwache

Sam Stackleton schreckte mit Kopfschmerzen aus dem Schlaf hoch.
„Was... Wo...“ Als die Erinnerung zurückkehrte, griff er seufzend nach dem Telefonhörer und nahm den Anruf entgegen.
„Hallo?“, schnappte er mit kratziger Stimme. „Hört mal, Jungs. Wenn das ein Scherz sein soll, hier mitten in der Nacht anzurufen...“
Am anderen Ende der Leitung regte sich etwas und Stackleton hielt inne.
„Sam, ich bin’s“, sagte Dana Scully leise.
„Dana? Aber wo...“ Er hielt verwirrt inne – ihm fehlten die Worte.
„Leider kann ich es euch nicht erklären. Nicht jetzt“, antwortete sie. „Wie ist die Lage bei euch? Werdet Ihr überwacht, so wie die Zentrale in D.C.?“
„Nein“, sagte Sam und begann sich unbehaglich zu fühlen. „Vielleicht hält man uns für nicht wichtig genug. Trotzdem, man weiß nie...“
„Schon gut, wir haben auch gar keine andere Wahl“, gab Scully zurück. „Inzwischen dürfte es auch nahezu egal sein, wie viel der Gegner weiß und wie viel wir verheimlichen können. Wir können jetzt nichts weiter mehr tun, als alles auf eine Karte zu setzen, denn nur Ihr in Quantico habt die Ausrüstung, die wir brauchen!“
„Was in Gottes Namen ist denn bloß los?“, platzte Stackleton aufgebracht dazwischen. „Glaubst du, hier erfährt man irgend etwas?“
„Sie verschleiern es“, erklärte Dana. „Doch das wird ihnen nichts nützen, wenn wir ihnen einen Schritt voraus sind!“
„Ich verstehe gar nichts mehr“, warf Sam entmutigt ein.
„Du wirst alles erfahren, doch jetzt bleibt keine Zeit“, drängte Scully. „Sam, hast du noch Zugang zum Labortrakt mit der Nanotechnologie?“



North Carolina,
Buddhistisches Kloster "Khyentse"

“Auffälliger ging es wohl nicht?”, brummte Mulder, doch sein Spott ging im hektischen Surren der Rotorblätter des erbeuteten Hubschraubers unter.
„Verladen?“, brüllte Kersh und lugte aus der Pilotenkanzel heraus.
Mulder hob den Daumen: Es konnte losgehen!
Kersh nickte Walter Skinner, der neben ihm im Hubschrauber saß zu, dann beschleunigte die Rotationsbewegung der Propeller und das stählerne Ungetüm erhob sich in die Lüfte.
Skinner drehte sich um und inspizierte seine „Fracht“ mit einem forschenden Blick. Der Senator lag reglos – festgebunden – auf seiner Pritsche: Die Augen geöffnet, im Gesicht die Anzeichen mühsam unterdrückter Schmerzen.
Doch Matheson war bereit. Sollten sie kommen, sollten sie ruhig kommen – er würde es ihnen zeigen und er würde lange genug leben, um seinen Triumph über die Strugholds dieser Welt auszukosten...
In Quantico!



Dort draußen...

Noch ahnte das Volk des blauen Planeten nichts von der tödlichen Bedrohung, die sich immer näher schob – lautlos durch die Tiefe des Weltalls. Das Leben an Bord der gewaltigen, lichtschluckenden Schiffe begann wieder zu erwachen und erhob sich, begierig und hungrig.
Der blaue Punkt auf den Bildern, die von den Sensoren hereinkamen, nahm mit jedem verstreichenden Zeitintervall an Umfang und Masse zu.
„Wie lange noch?”, knurrte Z’KlaHan und richtete sich zu seiner vollen Größe auf.

Neben ihm erklangen die Zischlaute seiner Heimatsprache: „Übe dich in Geduld, mein Sohn!“ Um sicher zu gehen, dass er die volle, ihm gebührende Aufmerksamkeit erhielt, schwang sein Vater einen Tentakel in seine Richtung. „Übe dich in Geduld und stelle sicher, dass du die Prinzipien unserer Vorfahren nicht missachtest!“
Z’KlaHan dachte lange nach, bis er endlich ein schallendes Gelächter über die Brücke seines Schiffes schickte. „Du hast recht, Vater; niemand wird uns jetzt noch aufhalten! Die Erde und ihr Volk gehören uns. Es ist gut, wieder daheim zu sein!“



North Carolina,
Buddhistisches Kloster "Khyentse"

Mulder, Scully, Doggett und Reyes hatten sich um den großen Bildschirm herum gruppiert und beobachteten gespannt, wie Sam Stackleton hinter seiner Schutzwand die Kontrollen für den Molekularscanner bediente.
„Ich beginne jetzt mit der Abtastung“, klang seine Stimme gedämpft zu ihnen herüber – doch auch die instabile RAS-Verbindung konnte die Sorge und Anspannung in seiner Stimme nicht überdecken. Er drehte sich zur Kamera und justierte sie um eine Kleinigkeit, so dass sie nun den Bereich der gewaltigen Metallröhre bis ins Detail erfassen konnte.

Richard Matheson lag auf der weißbespannten Liegefläche und wurde in diesem Augenblick in das Innere des Apparates geschoben. Ein tiefes Summen erklang und die Verschalung des Scanners begann langsam zu rotieren.
„Ich empfange die ersten Daten von seinen Nanosonden und beginne mit der parallelen Aufzeichnung“, murmelte Stackleton und betätigte einige Kontrollfelder.
Das Summen verstärkte sich noch und schwoll zu einer Kakophonie tief grollender Töne an, in die sich gequälte Schreie mischten – zuerst vereinzelt, dann immer zusammenhängender.
„Mein Gott, was geschieht dort mit ihm?“, presste John Doggett hervor.
„Das kann ich dir sagen. Sie nehmen ihn buchstäblich auseinander“, antwortete Scully mit belegter Stimme.
„Wozu soll denn das noch gut sein?“, warf Monica Reyes ein und drückte ihre Hände gegen die Schläfen, als die Schreie immer öfter aufeinander folgten.
Mulder bemühte sich, ein professionelles Gesicht zu machen, was ihm um Haaresbreite gelungen wäre. „Aber Matheson hatte recht! Er ist unser einziges und letztes Mittel, um den Wahnsinn der Schattenregierung zu stoppen!“
Doggett erhob sich. „Um die Umwandlung der Menschen zu Supersoldaten aufzuhalten? Darum geht es?“
„Um sie aufzuhalten und rückgängig zu machen!“
„Und dann?“ John fuhr sich verwirrt durchs Haar. “Manchmal denke ich, dass die Kräfte der Supersoldaten das einzige Mittel sind, um die Invasoren aufzuhalten.” Er hob erschöpft die Schultern, während die Schreie aus den Lautsprechern immer unmenschlicher klangen. „Vielleicht hatten Strughold und Matheson damals doch recht... Was können wir Menschen allein den Aliens schon entgegensetzen? Vielleicht... ja, vielleicht sind die Supersoldaten unsere letzte Chance!“

Sie waren aufgestanden und maßen sich mit den Blicken.
Dana drehte sich um und schaltete die Lautsprecher ab, woraufhin die Ruhe wie ein fremdartiges Tier in den Raum zurückkehrte.
„Nein“, betonte sie leise und drehte sich zur Gruppe um. „Ich könnte nicht weiterleben, wenn wir es nicht wenigstens versuchen würden. Matheson hat es offenbar genauso gesehen, sonst hätte er sich nicht für die Tests zur Verfügung gestellt. - Aber was auch geschieht: Wir können den Invasoren keine Truppen entgegensetzen! Keine Armeen, keine Waffen, die auch nur irgend eine nennenswerte Wirkung hätten... und auch keine Supersoldaten!“
„Warum nicht?“, erwiderte John störrisch. „Woher willst du das wissen?“
Dana schloss für einen kurzen Moment die Augen und sah in ihrem Inneren die schrecklichen Bilder zerstörter Städte... New York, rauchgeschwärzt und in Ruinen...
„Ich weiß es einfach“, sagte sie leise und wandte sich ab.
John runzelte die Stirn: „Und wenn wir nun wirklich Erfolg haben – wenn wir tatsächlich ein Mittel finden, um die Supersoldaten unschädlich zu machen... wie dann weiter?“
„Dann nutzen wir Kershs Agrarflugzeuge, die er für uns hat reservieren lassen und verteilen den Impfstoff durch die Luft!“, stellte Mulder fest und verschränkte die Arme vor der Brust.
Doggett schlug mit der Hand auf den Tisch. „Habt ihr denn auch die Konsequenzen zuende gedacht? Ihr habt doch gar keine Zeit, alles zu testen. Wir haben keine Möglichkeiten dafür und deine Spezialisten in Quantico auch nicht! Was ist, wenn der Impfstoff nicht wirkt... oder verheerende Nebenwirkungen zeigt?“

Ein Luftzug ließ sie herumfahren. Walter Skinner stand in der geöffneten Tür und musterte die Anwesenden eindringlich. Als er dann sprach, war seine Stimme kalt und schneidend wie Eis.
„Lieber sterbe ich bei dem Versuch, es richtig zu machen, als in dem Bewusstsein, es niemals versucht zu haben!“



Appalachian Mountains, Cheoah Bald
Stützpunkt der Schattenregierung

Bosman baute sich vor Strughold auf und sah ihn mit kalten Augen an. „Es wäre nie so weit gekommen, wenn Sie rechtzeitig die richtigen Entscheidungen getroffen hätten!“, zischte er.
„Ach ja?“, warf Strughold verächtlich ein. „Und das sagen ausgerechnet Sie? Es ist noch gar nicht lange her, da musste ich ihnen erklären, wie man die Zügel straff hält! Maine, erinnern Sie sich noch?“
Bosman zuckte mit den Schultern. „Das tut jetzt nichts mehr zur Sache. Fest steht, dass uns die Geschichte mehr und mehr aus dem Ruder zu laufen beginnt! – Den Wirkstoff sollen sie sogar schon extrahiert haben, sagen unsere Quellen.“
„Unmöglich“, winkte Strughold ab. „Das können sie nicht, ohne einen Supersoldaten oder Nanitenträger zu töten, und wer hätte...“ Er wurde fahl im Gesicht und verstummte nachdenklich.
Bosman grinste gehässig und tippte mit dem Zeigefinger in die Luft. „Erraten!“, säuselte er und genoss das Gesicht seines Vorgesetzten.
Strughold stützte den Kopf in die Hände. „Ich hätte Matheson eliminieren sollen, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte! Uns so in den Rücken zu fallen...“
Bosman hob ungeduldig die Hände. „Was haben Sie denn erwartet, Sir?“
Die beiden Männer schwiegen sich an und warteten gegenseitig auf eine Reaktion.
„Nun, Sir?“, bohrte Bosman nach. „Wie gehen wir gegen den Plan vor?“



Einige Tage später...
Quantico,
Kanalisation...

Walter Skinner zog die Kapuze fester um den Kopf. Hier unten zog es entsetzlich, und wenn er nicht über ein künstlich aufgebessertes Immunsystem verfügt hätte, dann wäre er tatsächlich über seine Gesundheit besorgt gewesen.
‚Wie halten die es hier bloß aus?’, überlegte er und verspürte Hochachtung vor all den Namenlosen, die sich der Untergrundbewegung angeschlossen hatten und nun im Verborgenen gegen die Übermacht der Schattenregierung ankämpften.
Er blieb kurz stehen und orientierte sich. Ja, links – und am nächsten Zufluss abbiegen!

Wenige Minuten später stand er vor einem der verborgenen Widerstandsnester und gab das verabredete Klopfzeichen.
Sam Stackleton öffnete die Tür.
„Mein Gott, Sam...“, hauchte Skinner.
„... Wie sehen Sie denn aus?“, vollendete Stackleton den Satz, denn Skinner sah keineswegs weniger heruntergekommen aus als er selbst.
„Haben Sie das Mittel?“, unterbrach Walter den unnützen Wortwechsel.
Sam nickte, verschwand im Halbdunkel des alten Speichertraktes und kam nach einer Minute in Begleitung von drei weiteren Wissenschaftlern wieder zurück. Gemeinsam trugen sie keuchend zwei Metallkoffer und setzen sie umständlich vor Skinner ab.
„Hier ist es“, hechelte Sam und deutete zu Boden. „Wie wollen Sie das wegbekommen?“
Ein leichtes Lächeln huschte über Skinners Gesicht und er hob die Koffer mühelos an. „Danke“, sagte er einfach und warf den Männern und Frauen einen langen Blick zu. „Sollten wir uns noch einmal sehen, dann hoffe ich, dass es unter besseren Vorzeichen geschehen wird! Passt auf euch auf!“
‚Sie sind die wahren Helden’, dachte er. Dann drehte er sich um und verschwand in der feuchten Dunkelheit der Kanalisation.



Appalachian Mountains, Cheoah Bald
Stützpunkt der Schattenregierung

Strughold legte die Stirn in Falten und dachte lange nach. „Den Impfstoff durch die Atemluft zu verteilen? ... Das klingt wie der Plan von Kindern! Halten Sie das allen ernstes für möglich?“
Bosman pochte ungeduldig mit den Knöcheln auf einen Aktenstapel. „Niemand wird Ihnen versprechen können, dass sie erfolglos bleiben, also sollten wir darauf gefasst sein, dass ihr Plan aufgeht!“
Sein Gegenüber schüttelte den Kopf und schloss die fiebrig glänzenden Augen. „So kleine Dinge“, flüsterte er. „Und so große Folgen... Es ist besser, wenn Sie mich jetzt allein lassen, ich muss nachdenken!“

Strughold wirkte alt und zusammengesunken, als er schweigend den Besprechungsraum verließ. Bosman sah im entgeistert nach und beobachtete, wie sein Boss auf der Balustrade stehen blieb und in Betrachtungen der Natur zu versinken schien.

Bosmans Gesicht färbte sich grau und er stürmte aus dem Zimmer. Als er sein Büro erreicht hatte, griff er zum Telefon und wählte eine Nummer.
„Bosman hier“, knurrte er übellaunig in den Hörer. „Harry, du kannst deine Schulden jetzt einlösen! Trommle deine Mannschaft so schnell wie möglich zusammen und lass die Fliegerstaffel ausschwärmen! ... Ja, ja, kein Problem, die Bestätigung von Strughold schicke ich dir, wenn wir hier fertig sind. Es ist diesmal aber wirklich eilig, also würde ich mich freuen, wenn... Was? ... Nein, ich weiß noch nicht, wo genau ihr zu suchen habt! Aber achtet besonders auf kleine Agrarflugzeuge. – Richtig, wir gehen davon aus, dass sie den Wirkstoff bereits gefunden haben. Vermutlich wollen sie ihn weiträumig über North Carolina verteilen!“
Bosman hielt in seiner Tirade inne und lauschte auf die Stimme des Navy-Funktionärs am anderen Ende der Leitung. Der Schweiß trat ihm auf die Stirn und tief in ihm wuchs die Wut auf seinen Chef. Der hätte sich diese Frage stellen lassen sollen und der hätte sie auch beantworten müssen: Wie es überhaupt zu dieser wahnsinnigen Situation hatte kommen können, wollte man von ihm wissen! Ausgerechnet von ihm!
Bosman murmelte ein paar Ausreden und vertröstete seinen alten Kameraden mit der lahmen Aussicht, dass Strughold sich schnellstmöglich bei ihm melden würde. Schließlich beendete er das Gespräch, dankbar, mit heiler Haut davongekommen zu sein: „Danke, Harry! Jetzt schulden wir dir was! Also, Strughold ruft dich an. Inzwischen schickst du schon mal deine Staffel los, in Ordnung?“

Er presste den Daumen entnervt auf die rote Taste des Telefons und ließ die angestaute Luft pfeifend aus seinen Lungen entweichen.
Sollte die Geschichte auch diesmal gut ausgehen, dann würde er sich endlich die Zeit nehmen und ein ernstes Gespräch mit Strughold führen, das hatte er sich fest vorgenommen!



Fortsetzung folgt...




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