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The X-Files: Virtual Season 10

von Kinona, meiko

Kapitel 7: Flaschenpost

The X-Files: Virtual Season 10

10.07 - Flaschenpost

Written by meiko
Artwork by GabiS



< Juni 2001

Ich vermisse dich, Mulder!

Seitdem du gegangen bist, ist nichts mehr, wie es einmal war. Immer wieder stelle ich mir die Frage: Warum? Natürlich kenne ich die Antwort - so, wie du sie kennst. Doch es ist ein seltsames Gefühl, unserem Sohn in die Augen zu sehen und die Empfindungen, die mich dabei überkommen, nicht teilen zu können. Ich sitze am Bettchen von William und sehe ihm einfach nur zu. Sehe, wie er seine kleinen Arme bewegt, wie er mich mit staunendem Blick anschaut, wie er versucht, nach seinem Mobile zu greifen. Würdest du ihn jetzt gemeinsam mit mir sehen können, sein erstes zaghaftes Lächeln, sein zufriedenes Gesicht... Was gäbe ich darum, dies mit dir gemeinsam zu erleben. Doch so bleibt mir nur, dir diese Nachricht zu schreiben und zu hoffen, dich wenigstens auf diese Weise daran teilhaben zu lassen.

William ist eingeschlafen, satt und zufrieden. Ich kann den Blick kaum von ihm abwenden. Wir beide wissen, welches Wunder der Kleine darstellt. So merkwürdig es ist, aber ich glaube, dass selbst du den Begriff "Wunder" in seinem Fall akzeptierst.

Kannst du dich noch an seine Stimme erinnern? Weißt du noch, wie er unseren Schlaf mit seinem Weinen unterbrochen hat? Wenn er weint, fühle ich mich hilflos und schwach - gar nicht wie die Dana Scully, die du in unseren vergangenen Jahren kennen lerntest. Es ist mir oft schwer gefallen, diese Maske dir gegenüber nicht fallen zu lassen. Und jetzt, da du nicht mehr bei mir bist, wird mir wieder klar, warum: Würdest du in Sorge um mich sein, dann hättest du nicht gehen können.

Doch es ist gut so, fühle ich. Es war der einzige Weg, uns und unseren Sohn zu schützen, so schwer es uns beiden auch gefallen ist. Sorge dich nicht um uns; Mutter ist oft bei mir und hilft mir, wo sie kann. Ich fürchte nur, ich kann ihr nicht zeigen, welch wunderbare Oma sie tatsächlich ist. Auch Agent Doggett und Agent Reyes unterstützen uns, indem sie unsere Arbeit an den X-Akten weiterführen.

Es gibt nur eine Sache, dir mir Angst macht: Obwohl wir dachten, William wäre letztendlich ein einfaches, gesundes Baby, gibt es noch eine andere Wahrheit, die er verbirgt, ohne es zu wissen. Mulder, ich weiß nicht, welche Kräfte er wirklich hat oder noch entwickeln wird!

So bleibt mir nur, dir nochmals zu sagen: Sorge dich nicht um uns, sondern erfülle mir meinen Traum und bleibe am Leben. Ich bete täglich, dass bald der Tag kommen möge, an dem wir uns wiedersehen.

In Liebe, deine Dana >


***

< April 2002

Mein Sohn,

ich schreibe diese Zeilen in der Hoffnung, dass du sie eines Tages erhalten und die Gründe für mein Handeln verstehen wirst. Eine Woche ist seit meiner Entscheidung vergangen. Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, doch noch spüre ich nichts davon. Das Sprichwort ist noch immer nur eine Phrase für mich, nichts als leere Worte...

Ich habe die Entscheidung, dich zur Adoption freizugeben, ganz allein getroffen. Ich hatte bisher noch nicht einmal den Mut, es deinem Vater zu sagen. Ich weiß nicht, wie ich es ihm beibringen soll, doch kann ich den Moment der Wahrheit jetzt noch vor mir herschieben. Denn dein Vater, Fox Mulder, hat uns verlassen müssen. Er ist wenige Tage nach deiner Geburt verschwunden, um uns und sich selbst nicht in unnötige Gefahr zu bringen. Unser Leben ist kompliziert geworden - und schwieriger, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Dein Leben war in den letzten Monaten mehr als nur einmal bedroht und die Ereignisse der letzten Tage haben mir keine andere Wahl mehr gelassen. Seit dein Vater und ich einer Verschwörung finsterer Mächte auf die Spur gekommen sind, habe ich in den Nächten keine Stunde mehr ruhig schlafen können, ohne voller Angst um dich aufzuschrecken. Wenn ich dich dann friedlich in deinem Bett schlafen sah, brach mir die Vorstellung, dir könnte etwas zustoßen, fast das Herz. Glaube mir, das ist mehr, als eine Mutter ertragen kann. Erstmals beginne ich nun auch zu verstehen, wie sich meine Familie gefühlt haben muss, als ich ihnen mitteilte, ich würde beim FBI arbeiten.

Ein Teil von mir wird es sich nie verzeihen, was ich tun musste. Wenn du diesen Brief eines Tages liest, wirst du vielleicht sagen, es gäbe immer eine Wahl. Doch für uns war es dazu zu spät. Auf dem Weg, den Mulder und ich eingeschlagen hatten, gab es kein Zurück mehr.

Jeden Augenblick, in dem mein Geist zur Ruhe kommt, bin ich in Gedanken bei dir und versuche mir dein neues Leben vorzustellen. Ich weiß nicht, wo du jetzt bist, doch ich habe Vertrauen zu deiner neuen Familie. Sie werden dir das Glück geben, das ich und dein Vater dir nicht geben durften. Für mich selbst gibt es kein zweites Mal; nie wieder werde ich ein Kind bekommen. Und so werde ich mit den Erinnerungen an dich leben müssen, mit nichts als Erinnerungen...

Ich weiß, ich brauche dich nicht um Verzeihung zu bitten. Vielmehr muss ich mich an mich selbst und an deinen Vater wenden und hoffen, dort Vergebung zu finden. Wer weiß... vielleicht kommt der Tag, an dem wir uns wieder begegnen und uns ohne Worte erkennen werden.

Ich versiegele diesen Brief in einer Flasche und werfe sie ins Meer, sobald ich kann.

In ewiger Liebe
Deine Mutter Dana Scully >


***

< April 2002

Mulder,

ich weiß nicht, ob oder wann du diese Nachricht erhalten wirst. Noch nie in meinem Leben habe ich mir so sehr gewünscht, du würdest jetzt bei mir sein. Allein deine Nähe zu fühlen, deine Umarmung zu spüren würde vielleicht den Schmerz etwas lindern. Doch so trage ich ihn allein, wie ich es gewohnt bin.

Ich muss mich kurz fassen, denn jedes Wort, das ich schreibe, sticht in meinem Herzen wie eine Nadel. Worte können das Geschehene nicht mehr rückgängig machen.

William ist jetzt sicher. Er wird eine glückliche, behütete Kindheit haben.

Mulder, ich habe unseren Sohn zur Adoption freigegeben.
Verzeih mir, wenn du kannst.

Dana >


***

< Februar 1997

Liebe Dana,

es tut mir leid, aber nachdem unsere Mutter ins Krankenzimmer kam, konnte ich unmöglich weiter mit dir sprechen. Ich hatte dich gefragt, ob es all das wert ist... Die ständigen Gefahren bei deiner Arbeit mit diesem Mulder, die ständige Bedrohung, der du ausgesetzt bist und die den Krebs bei dir verursacht hat. Du hast mich mit deinen wundervollen, starken blauen Augen angesehen und hattest die Kraft, mich anzulügen. Denn ich glaube, das war es - eine Lüge. Auch wenn du das selbst noch nicht weißt. Auch wenn du überzeugt bist, du hättest während deiner Arbeit genug Dinge gesehen, die all das rechtfertigen.

Dana, was ich in diesem Moment in deinen Augen sah, war nicht nur das starke Mädchen, das ihrer Mutter und ihren Geschwistern selbst im Leiden noch Halt geben will. Was ich sah, war deine Verletzlichkeit, deine Enttäuschung und deine tiefe Angst. In diesem Moment sah ich wieder meine kleine Schwester vor mir und musste an unsere Kindheit denken. Wie du geweint hast, als dir klar wurde, dass du ein Lebewesen getötet hast. Und wie ich später im Badezimmer geweint habe, weil ich deinen Schmerz nicht lindern konnte.

Ich kann mit Mutter nicht über deine Krankheit reden, doch das liegt nicht an ihr. Ich würde gern ihr starker Sohn sein, der sie tröstet. Aber du kennst mich, ich habe Angst, dass ich dann die Beherrschung verlieren könnte. Du weißt, trotz meiner Angriffe gegen deinen Beruf mache ich dich nicht für deine Krankheit verantwortlich, wohl aber deinen Partner. Ich weiß nicht, welche Beziehung ihr zueinander habt und ehrlich gesagt, ich möchte es auch gar nicht wissen. Ich weiß auch nicht, wo er jetzt ist... ob er an deinem Bett sitzt und über dich wacht, wie es seine Pflicht wäre, oder ob er wieder irgendwelchen Hirngespinsten hinterher läuft.

Dana, vielleicht bin ich altmodisch, doch wenn du Mulder wirklich so viel bedeuten würdest, wie du es dir wünschst, dann würde er Verantwortung übernehmen. Er würde alles daran setzen, dein Leben zu schützen. Es mag sein, dass er jetzt - da es dir so schlecht geht - aufhören wird, nur an sich zu denken um wenigstens einen Teil der Schuld an dir abzubezahlen. An dir und an deiner Familie.

Doch ich fürchte, ich gehe zu weit. Es ist leicht für mich, den Ankläger zu spielen, wenn ich dich nicht sehen kann, wenn ich deine Stimme nicht hören kann, mit der du mir versicherst, es sei alles in Ordnung.

Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll, in meinem Kopf herrscht so ein Durcheinander. Sei eine brave Schwester und werde wieder gesund.

Bill >


***

< April 1996

Scully,

ich habe einen unverzeihlichen Fehler begangen. Ich weiß kaum, wie ich anfangen soll, weil ich mich so schäme. Vermutlich ist das auch der Grund, warum ich Feigling gewartet habe, bis Sie für ein paar Tage aus meinen Leben verschwinden um das Anatomieseminar zu besuchen. Nein, protestieren Sie nicht, ich bin ein Feigling. Ich habe seitdem nämlich jeden Gedanken an die vergangenen Ereignisse säuberlich aus meinen Erinnerungen herausgetrennt. So wie Sie eine Autopsie durchführen und die einzelnen Hautschichten voneinander trennen.

Scully, was bin ich nur für ein Egoist. Ich glaube, Ihr Bruder ist ein viel besserer Beobachter, als mir bisher klar war. Was ist geschehen? Wieder einmal folgten Sie mir auf meinem taumelnden Weg durch die Abgründe des Paranormalen und wieder einmal ließ ich mich von meinem Verlangen mitreißen, Beweise für die Wahrheit zu finden. Dass wir Zwei dabei in Gefahr gerieten, ist ja für uns nichts Neues mehr, dass ich mich aber so in mein Ziel verrenne, dass ich die Geschehnisse in meiner unmittelbaren Umgebung zu ignorieren beginne, ist auch für mich neu. Und erschreckend.

Scully, mir krampft sich das Herz zusammen, wenn ich mir die Erinnerung an diese Stunden wieder ins Gedächtnis zurückrufe. Sie sitzen traurig und geschockt auf Ihrem Bett und erzählen mir, dass Queequeg tot ist und ich... Ich weiß nicht, was Sie über mich gedacht haben, aber es kann kaum schlimmer sein als das, was ich jetzt über mich selbst denke. Ich weiß doch, wie Tiere uns Menschen ans Herz wachsen, wie uns der Verlust eines Tieres so hart treffen kann wie der Verlust eines Menschen. In meinem Inneren weiß ich, dass es viel zu spät kommt, dennoch: Es tut mir aufrichtig leid, Scully. Um Queequeg, der Ihnen vielleicht in seinem kurzen Hundeleben etwas gegeben hat, was ich Ihnen nie geben konnte...

Scully, was schreibe ich da bloß wieder? Der Brief fliegt in den Abfall, zu all den anderen... >


***

Jetzt…

Appalachian Mountains, Cheoah Bald
Berghütte
9:39 p.m.

< Scully, Mulder,

es mag sein, dass dies ein Abschiedsbrief wird. Ich schreibe ihn unter großer Anstrengung und mit dem letzten verbliebenen Rest meiner Kraft in einer Berghütte auf dem Cheoah Bald. Ich hatte gehofft, hier in der Einsamkeit Ruhe und Erholung zu finden, doch die Reise hat mich mehr erschöpft, als ich geahnt hätte. Ich kann Ihnen nicht sagen, was mit mir geschehen ist und an welcher Krankheit ich leide; ich weiß nur, ich sollte in diesem Zustand besser nicht in Ihrer Nähe sein. Denn so kann ich Sie unmöglich schützen, kann meinen Pflichten nicht nachkommen... Ich fühle, etwas hat Besitz von meinem Körper ergriffen und lässt mich schwächer und immer schwächer werden. Die letzten Wochen waren qualvoll genug für mich.

John und Monica wurden vor zwei Tagen Sarah Maslin, ihrer neuen Assistant Director zugeteilt - das erleichtert mir diesen Schritt. Ich habe Kersh darüber in Kenntnis gesetzt, dass ich meine Arbeit beim FBI auf unbestimmte Zeit niederlege.

Ich möchte, dass Sie eines wissen: Trotzdem mir die Leitung über Sie und die X-Akten entzogen worden ist, fühle ich mich Ihnen und Ihrer Arbeit noch immer verbunden. Sollte ich dies hier überstehen, werde ich alles daran setzen, auch weiterhin Ihren Kampf zu kämpfen. Sie erhalten diesen Brief über Agent Doggett und Agent Reyes, denen ich eine kurze Notiz geschrieben und sie über Ihr Versteck informiert habe. Ich fürchte, Sie können nicht mehr lange auf meinem Boot bleiben - versuchen Sie, eine neue Unterkunft zu finden. Es hat sich nichts geändert: Sie sind zu vielen Personen im Wege.

Ich denke, es ist nun an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Es gäbe noch vieles zu sagen, doch mir zittert die Hand und ich kann die Worte auf dem Papier nicht mehr erkennen. Auch diese Kräfte verlassen mich. Es ist möglich, dass wir uns nicht wieder sehen. Leben Sie wohl, meine Freunde.

Skinner. >


***

Jetzt...

< Meine liebe Lisa,

ich muss mich zwingen, dir zu schreiben, denn wie immer fällt es mir schwer, meine Gedanken zu ordnen und auf das Papier zu bringen. Doch ich fühle es - wenn ich nicht schreibe, wird mich die Erinnerung an das, was ich getan habe, irgendwann zerstören.

Jetzt, da ich dies schreibe, muss ich lächeln. Ein Paradoxon. Wie könnte jemand wie ich von etwas so Kleinem und Geringem wie einer Erinnerung zerstört werden? Diese Erfahrung ist auch für mich neu.

Und nun sitze ich hier und versuche, mir eine Last von der Seele zu schreiben, für die mich andere meiner Art nur auslachen würden. Kannst du das verstehen? Du, die du keine Supersoldatin bist? Lisa, du hast es schon oft vermutet, doch bisher konnte ich dir nie eine Antwort auf deine Fragen geben: Ja, ich habe die Seiten gewechselt, um wenigstens einen Teil meiner Schuld abzutragen. Das ist vielleicht ein Gedanke, den du mit deinen menschlichen Genen... mit deiner Menschlichkeit eher verstehen wirst.

Wenn wir zusammen sind und du mit deiner zarten Hand mein Gesicht berührst, dann kann ich in der Illusion leben, eines Tages Verzeihung zu finden. Doch was ist, sollte ich den Mann wiedersehen, den ich auf Geheiß seines kettenrauchenden Vaters vernichtet habe? An dem ich Experimente durchführen ließ, die ihn zitternd, verstümmelt und das Tageslicht scheuend zurückließen.
Lisa, wir beide müssen uns der Tatsache stellen: Deine Shannon hat Angst! Ich habe Angst, Jeffrey Spender in die Augen zu sehen! >

Ende.


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