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The X-Files: Virtual Season 10

von Kinona, meiko

Kapitel 6: Dämmerung

The X-Files: Virtual Season 10

10.06 - Dämmerung

Written by meiko
Artwork by GabiS



Jetzt...
Appalachian Mountains, Cheoah Bald
7:42 p.m.

Die untergehende Sonne warf ihre letzten wärmenden Strahlen über die Berge und färbte die Umgebung und sein Gesicht leuchtend rot. Auf einen Wanderstock gestützt stand er am Rande des Felsabhangs und betrachtete das stolze Land unter sich, die Berge und die waldbestandenen Plateaus. Walter Skinner schloss die Augen und hielt den Atem an. Wenn er ganz still war, konnte er das Flüstern der Winde in den Baumkronen hören, all die Geräusche des Waldes und der Bergwelt, die sich sonst dem Ohr des Stadtmenschen verschlossen.

‚Wie friedlich es hier oben ist’, dachte Skinner und öffnete langsam die Augen. Am Horizont verschwand die rötliche Sonnenkugel hinter den Bergen und machte Platz für ihren Bruder, den Mond. Das Singen der Vögel verstummte und selbst der schwache Windhauch schien einzuschlafen. Die Natur bereitete sich auf die Nacht vor.

‚Das sollte ich auch tun’, dachte Skinner und schulterte seinen Rucksack. Für einige wunderbare Minuten hatte er die hektische Welt vergessen, hatte Leid und Sorgen hinter sich zurückgelassen. ‚Ich sollte mich beeilen, um die Hütte noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen.’

Skinner wandte sich um und ein heftiges Schwindelgefühl packte ihn. Blitzartig kam ihm wieder zu Bewusstsein, warum er hier war. Er strauchelte und sank in die Knie, wo er einige Sekunden schwer atmend verharrte. Er wischte sich über die glasigen Augen, doch seine Sicht blieb getrübt. ‚Ich muss die Hütte erreichen!’ Mit aller Kraft stemmte sich Skinner wieder hoch, stützte sich auf den Stock und stolperte vorwärts.

[Opening Credits]


48 Stunden zuvor...
Washington, D.C.
FBI Headquarters
9:16 a.m.

Agent Reyes lehnte an der Wand und ließ ihren Blick in dem leeren Kellerbüro umherwandern. Man hatte die Möbel entfernt, die Aktenschränke... und sogar die Tapete von den Wänden gerissen. Das ganze Büro war nun nichts weiter mehr als eine verblassende Erinnerung an längst vergangene Zeiten; ein vergilbtes Foto, das man zufällig in einem Trödelladen entdeckte.
"Wann immer ich hier herkomme, kann ich sie noch spüren. Die alten Fälle, die Menschen, die hier jahrelang gearbeitet haben." Monica hustete. Es war staubig hier unten. Seitdem man die Abteilung X-Akten geschlossen hatte, schienen sogar die Reinigungskräfte einen großen Bogen um das Büro zu machen.
Agent Doggett lehnte sich neben sie an die Wand. "Ich weiß, was du meinst", sagte er dann leise. "Es war auch unsere Zeit. Sie haben versucht, uns einen Teil unserer Vergangenheit zu nehmen um die Zukunft zu beeinflussen."
"Aber das gelingt ihnen nicht." Monica lächelte bitter. "Ob die das Büro noch immer überwachen?"
Doggett beugte sich zu ihrem Ohr und flüsterte - fast unhörbar: "Das ist mir egal! Es war auch ein netter Versuch, die X-Akten zu vernichten! Glauben die denn wirklich, dass wir keine Kopien der Akten haben?"

Assistant Director Walter Skinner öffnete die Tür und sah sich um. Falls dieser Ort ihn auf irgend eine Weise berührte, ließ er sich nichts anmerken. Sein Gesicht schien wie eine geschnitzte Maske, als er den Agenten ein Zeichen gab, ihm zu folgen. "Es ist soweit. Man erwartet Sie."


FBI Headquarters
9:33 a.m.

"Agent Doggett, Agent Reyes, bitte folgen Sie mir".
Alvin Kersh ließ Skinner im Vorraum seines Büros stehen, wartete, bis Monica und John in seinem Büro verschwunden waren und schloss die Tür geräuschlos hinter sich. Dann bedeutet er ihnen, sich zu setzen und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
John wechselte einen vielsagenden Blick mit Monica. Neben Kershs Schreibtisch saß auf einem Sessel eine Frau in mittleren Jahren, die sie erwartungsvoll anblickte.

"Agents, ich möchte Sie nicht mit der Aufzählung von Fakten langweilen, die Sie bereits kennen. Die Ihnen zugewiesene Abteilung X-Akten wurde aufgelöst und damit werden Sie ab sofort anderen Aufgabengebieten zugeteilt. Assistant Director Skinner ist somit nicht mehr Ihr direkter Vorgesetzter. Diese Aufgabe übernimmt mit sofortiger Wirkung Assistant Director Sarah Maslin von der Abteilung Gewaltverbrechen." Kersh machte eine Pause und suchte in den Gesichtern von John und Monica nach einer Reaktion. Als diese ausblieb, fuhr er fort: "Mrs. Maslin wird Ihnen dazu alles Nähere erläutern." Mit einer Handbewegung deutete er auf Maslin. "Bitte sehr."

Sarah Maslin legte die Handflächen zusammen. "Ich möchte Ihnen zuerst sagen, dass mich Ihre bisherige Zusammenarbeit überzeugt hat, Sie als Partner in meiner Abteilung ermitteln zu lassen. Sie werden allerdings verstehen müssen, dass ich aufgrund Ihrer eigenwilligen Arbeitsmethoden Ihre Tätigkeit bei mir genau prüfen werde."

Monica blickte verstohlen zu John. 'Wie schafft er es nur, so unbeteiligt auszusehen?' überlegte sie. Doch sie kannte Doggett inzwischen besser als andere Leute und konnte weit besser unter seine Oberfläche blicken. Sie sah seine unterdrückte Wut brodeln, sie spürte seinen mühsamen Kampf, mit dem er sie in seinem Inneren verborgen hielt. Monica wusste: wenn man ihn jetzt zwingen würde, zu sprechen, dann würde er platzen! Also antwortete sie an seiner Stelle. "Assistant Director, glauben Sie mir bitte; wenn unsere Fälle mit herkömmlichen Mitteln zu bewältigen gewesen wären, dann hätten wir diese Mittel auch genutzt!"

Director Kersh lehnte sich in seinem Sessel zurück und musterte seine Abteilungsleiterin. Maslin lächelte und räusperte sich. "Irgendwie habe ich diese Antwort von Ihnen erwartet, Agent Reyes. Bitte lassen Sie mich hier eines klarstellen: Es mag sein, dass Ihr früherer Abteilungsleiter kulant genug war, mit dieser Antwort zufrieden zu sein. Ich bin es nicht!" Ihre Stimme nahm einen nachdrücklichen Klang an. "Ich erwarte von Ihnen, dass Sie so lange nach geeigneten - und ich meine für das FBI geeigneten - Wegen suchen, Ihre Fälle zu bearbeiten, bis Sie diese gefunden haben! Das wäre dann alles. Ich danke Ihnen."

Kersh und Maslin erhoben sich und auch Monica schaffte es irgendwie, auf die Beine zu kommen. Ein schneller Blick auf John verriet ihr, dass er nicht vorhatte, sein Schweigen zu brechen.

'Skinner hat nicht auf uns gewartet', dachte Monica enttäuscht, als sie in das Vorzimmer zurücktraten und ihre Vorgesetzte auf den Gang begleiteten. Dort drehte sich A.D. Maslin zu ihnen um.
"Ich werde einen Teufel tun und im Büro des Directors die falschen Worte wählen", sagte sie leise und registrierte mit Genugtuung die Überraschung im Gesicht von Agent Doggett - die erste Gefühlsregung, die sie heute bei ihm beobachten konnte. "Ihre Art von Paranoia liegt mir zwar fern, aber ich bin mir sicher, dass Kershs Büro abgehört wird! Spätestens seit der noch immer ungeklärten Flucht von Fox Mulder aus dem Gefängnis."
John zuckte die Schultern. "Wie konnte er uns nur Skinners Abteilung entziehen? Er weiß doch, was auf dem Spiel steht."
"Richtig. Und weil er das weiß, hat Kersh diese Versetzung angeordnet! Verstehen Sie nicht, John? Er versucht, Sie beide zu schützen!"


FBI Headquarters
11:02 a.m.

Sie waren wieder in das Kellerbüro zurückgekehrt. Wie ein abgenagtes, in der Wüstensonne gebleichtes Skelett besudelte der Raum den Anblick der restlichen schicken und hochmodernen FBI-Büros. Eine Zuflucht.

"He!" rief Doggett und hob ein Blatt Papier vom Boden auf. Neugierig beugte sich Monica zu ihm, als er es entfaltete und die Zeilen darauf vorlas.

< Agent Doggett, Agent Reyes. Während Sie bei Kersh waren, habe ich bei seiner Sekretärin meinen Urlaub eingereicht. Ich warte seine Antwort nicht ab, sondern verlasse das Hauptquartier sofort. Ich werde verreisen und sende Ihnen unterwegs eine Nachricht. Skinner. >

Doggett und Reyes sahen sich verblüfft an. "Das klingt fast wie eine Flucht!" sagte Monica.
"Ja", antwortete John. "Aber das sieht ihm so gar nicht ähnlich. Überstürzt... und kein Hinweis auf sein Ziel..." Ratlos schüttelte er den Kopf und sah Monica an. "Und was nun?"


Jetzt...
Appalachian Mountains
8:04 p.m.

Die Sonne war untergegangen und hüllte die Umgebung in ein zauberhaftes violettes Licht. Friedlich schien sich die Natur in ihr Schicksal gefügt zu haben und ruhte in stiller Erhabenheit.

Aus der Ferne drang Motorenlärm, zuerst leise und verhalten, dann aber immer lauter anschwellend. Staubwolken wirbelten durch die klare Luft, als drei schwarze Limousinen an einer Kreuzung des Sandweges anhielten und mehrere Männer in schwarzen Anzügen und Sonnenbrillen ausspuckten. Sie mussten lange Zeit in ihren Autos gesessen haben, denn sie streckten erleichtert die verkrampften Gliedmaßen.

Ein älterer, gut gekleideter Mann entstieg der zweiten Limousine, zog eine Landkarte aus seiner Aktentasche und entfaltete sie auf dem Dach des Wagens. Mechanisch strich er den teuren Stoff seines grauen Anzuges glatt. Er sah sich in der Umgebung um und deutete schließlich auf einen bestimmten Punkt auf der Karte. Einer der Männer in Schwarz nickte zustimmend und rief halblaut eine Anweisung, woraufhin sie ihre Fahrt wieder aufnahmen.


Appalachian Mountains, Cheoah Bald
Berghütte
8:43 p.m.

Walter Skinner saß zitternd an einem roh zurechtgezimmerten Holztisch. Sein sonst so kraftstrotzendes Gesicht wirkte eingefallen und grau. Man musste kein Arzt sein, um erkennen zu können, dass er Fieber hatte und eigentlich nicht hier sein sollte. Mit einer fahrigen Bewegung steckte er den Brief, den er soeben geschrieben hatte, in einen Umschlag und legte ihn in die Schublade.

Er blickte auf und hielt in seiner Bewegung inne. Ein Geräusch an der Tür! Mühsam wandte er sich um und fuhr zusammen, als er die Gestalt hinter sich entdeckte. Ein Monster! Doch als das Zimmer aufhörte, sich um ihn zu drehen, erkannte Walter, dass es ein Mann war, ein furchtbar verunstalteter Mann. Er stand einfach nur da und sah mit traurigen Augen auf Skinner herab. Jemand oder etwas hatte seinen Körper misshandelt und verstümmelt; was von seinem Gesicht noch übrig war, war eine einzige Ruine.

"Spender", krächzte Skinner und versuchte, sich zu erheben. Schnell war Jeffrey Spender bei ihm, um ihn zu stützen.
"Sie sind hier nicht mehr sicher, Mr. Skinner!", sagte Spender mit dumpfer Stimme. Die Verstümmelung seines Körpers schien vor seinen Stimmbändern nicht Halt gemacht zu haben. "Ich bitte Sie, verlassen Sie mit mir diese Hütte!"

Walter hätte gerne Fragen gestellt - wie hatte Mulders Bruder ihn hier gefunden? Was bedeuteten seine Worte? Doch seine Stimme versagte und er konnte nur hilflos den Kopf schütteln.
Panik schien Spender zu erfassen. "Schnell, schnell!" Er legte Skinners Arm um seine Schultern und versuchte, ihn mit sich zur Tür zu ziehen. Doch Skinners Beine gaben unter ihm nach und beide stürzten sie polternd zu Boden.

Die Tür der Hütte wurde eingetreten und fiel mit zersplittertem Rahmen dröhnend ins Innere. Die Männer in den schwarzen Anzügen traten mit entsicherten Pistolen in das Zimmer, versetzten Spender einen Tritt in den Bauch und zerrten Walter von ihm weg.

"Vielen Dank, meine Herren", ertönte vom Eingang her eine sanfte Stimme. Der ältere Mann mit dem teuren Anzug stand in der Tür und musterte die Anwesenden gewissenhaft. "Mr. Skinner, ich freue mich, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen. Obwohl ich wünschte, unser Treffen würde unter weniger tragischen Umständen stattfinden. Sie haben wirkliches Glück, dass wir rechtzeitig gekommen sind und Sie vor diesem... Individuum bewahrt haben!" Seine Stimme ließ Ekel erkennen, als er Spender ansah. "Wir werden Sie mit uns nehmen und in ein Krankenhaus bringen!"

Zwei der schweigsamen Männer hoben Skinner mühelos auf und trugen ihn aus der Hütte.
" Nein!" rief Spender verzweifelt. "NEIN!" Der erste Tritt eines schweren Militärstiefels ließ Jeffrey Spender verstummen, die nachfolgenden Tritte brachten nicht mehr als ein klägliches Wimmern aus dem geschundenen Körper hervor.
"Es reicht nun, danke", sagte er ältere Mann freundlich. "Bitte lassen Sie uns einen Moment allein. Ich bin gleich bei Ihnen am Wagen."

Als das karge Zimmer bis auf den halb bewusstlosen Spender und den älteren Herrn leer war, ging dieser in die Hocke und zog Jeffreys Kopf an den Haaren hoch. Die Prothese in Spenders Gesicht war verrutscht und gab einen tiefen Einblick in die Löcher preis, wo sich einmal seine Nase befunden hatte. Der ältere Herr stieß angewidert die Luft aus: "Wagen Sie es nicht wieder, sich uns in den Weg zu stellen, junger Mann!"
Spender spuckte einen Klumpen Blut auf die Dielen. "Senator Matheson", flüsterte er undeutlich. "Sie dürfen Skinner nicht wegbringen!"
Der Senator hob die Augenbrauen. "Aber er braucht ärztliche Hilfe! Wenn wir ihn hier oder bei Ihnen lassen, dann würde Skinner sterben! Wollen Sie das denn?"
Spender packte Mathesons Handgelenk und richtete sich halb auf. "Sie wissen besser als ich, dass kein menschlicher Arzt Skinner helfen kann. Lieber tot, als solch ein Leben!"

Entschieden schüttelte der Senator Jeffreys Hand von sich ab und erhob sich. "Mr. Spender, ich werde meine Warnung nicht wiederholen. Halten Sie sich fern von den Dingen, die Sie nicht das Geringste angehen. Lassen Sie uns unsere Arbeit machen und verschwinden Sie für immer aus meinen Augen!" Matheson erhob sich und ließ Spender am Boden der Berghütte liegen. "Leben Sie wohl!"

Dann trat er ins Freie und lief zu den wartenden Wagen. Das Violett des Abendhimmels war in ein dunkles, fast schwarzes Blau übergegangen. Ein Blau, in dem bereits die ersten Sterne ihre Botschaften zu den Menschen herabfunkelten. Tief im Westen ein matt glühender, immer kleiner werdender Punkt. Der letzte Schein des Tagesgestirns.


Ende.






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