World of X

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Das Kind des Mörders

von Tangerine Krycek

Wir waren niemals alleine

,Ja, so scheint es tatsächlich zu sein.' erwiderte Amber und löste sich aus seiner Umarmung, bevor sie fortfuhr:

,Wenn wir uns niemals begegnet wären, hätte ich all dies vielleicht niemals erfahren... '

Sie sah für einige Augenblicke abwesend durch den Raum. Es wirkte fast so als zweifelte sie ihren zuvor geäußerten Willen, William finden zu wollen, an. Alex griff erneut nach ihrer Hand und holte sie damit aus ihren Gedanken. Ebenso das leichte Klopfen an der Küchentür.

Dana streckte vorsichtig ihren Kopf durch die Tür, bevor sie diese gänzlich öffnete. In ihren Händen hielt sie die Ultraschallbilder von Amber, welche sie ihr bisher verheimlicht hatte. Fast schien es so als habe sie geweint. Fox stand hinter ihr und folgte jedem ihrer Schritte schleichend.Als Amber erkannte was ihre Mum dort in den Händen hatte, schnappte sie kurz Luft durch den Mund, bevor sie ihre Blicke wieder beschämt Alex zuwandte.

Etwas erdrückendes lag in dieser Stille.

Fox trat hinter Dana hervor und ging auf seine Tochter zu. Er baute sich vor ihr auf, griff mit Daumen und Zeigefinger an ihr Kinn und zog ihren Kopf zu sich. Sie sah ängstlich zu ihm empor. Entgegen ihrer Erwartung nahm er sie zunächst in die Arme, doch dann griff er durch ihren Haarschopf und flüsterte in ihr Ohr:

,Ich wünschte, dass du nicht her gekommen wärst... '

Unter Herzklopfen entzog sie sich seiner Umarmung, runzelte die Stirn und warf ein verwundertes 'Wieso' in den Raum.

Fox rieb sich über die Stirn und sprach lediglich mit Blicken, die er Dana und Alex zuwarf. Trotz der Anwesenheit der Anderen fühlte sich Amber plötzlich alleine und unwissend und kehrte in ihre verschlossene Körperhaltung zurück.

,Was ist denn nur los?' begann Amber zu stammeln, doch niemand antwortete ihr.

Dann, ohne sie vorzuwarnen, griff Fox unsanft nach ihrer Hand und zerrte sie aus der Küche ins Wohnzimmer, dessen Ordnung inzwischen nun mehr dem völligen Chaos glich. Er blieb an einer Wand stehen, an der sich sonst ein Schrank befand hinter dem sich die Telefondose verbarg. Amber blickte mit Schmollmund zu ihrem Dad empor und rieb sich über die schmerzende Hand.

,Und, was soll ich jetzt sehen?' fragte sie irritiert, doch wieder antwortete und sprach niemand.

Er liebte seine Tochter und er hatte Angst um sie. Er wollte liebevoll und rücksichtsvoll zu ihr sein, da sie schwanger war, wenngleich er diese Tatsache, obwohl ihr Bauch inzwischen nicht mehr zu übersehen war, verabscheute, und dennoch konnte er nicht anders und die Wut, die sich über die vergangenen Monate aufgebaut hatte, übermannte ihn und er packte Amber im Genick und drückte sie zu Boden. Sie bekam Angst und es war das erste Mal, dass sie sich nicht vor etwas Unbekanntem fürchtete, sondern vor ihrem Dad, den sie nie zuvor so erlebt hatte. Ihr Herz raste und das Schlucken fiel ihr schwer. Sie verweilte einen Moment auf allen Vieren auf dem Fußboden und drehte ihren Kopf dann langsam in die Richtung in der sich Alex und ihre Mum befanden. Beide senkten ihre Blicke und keiner von ihnen ließ auch nur eine Silbe verlauten.

Das Haar, das sie sich zuvor hinter die Ohren gestrichen hatte, löste sich und verdeckte einen Teil ihres Gesichts. Sie versteckte sich hinter den Strähnen und schaute dann wieder zu ihrem Dad und wollte gerade den Mund öffnen, um zu sprechen, doch er legte seine Hand auf diesen und zeigte nur stumm auf die demolierte Telefondose und auf die Wanze, die sich dort befand. Zunächst wusste sie nicht was es war, bis sie plötzlich begriff weshalb alle so plötzlich begonnen hatte zu schweigen und weshalb sie es war, die sich selbst mit ihrem Übereifer und dem Rausch von Glückseligkeit erneut in Gefahr gebracht hatte.

Alex und Fox mussten diese Entdeckung erst kurz zuvor, bevor Dana und Amber eintrafen, gemacht haben, denn einer Sache war sie sich absolut sicher – keiner von beiden hätte sie in solch eine Falle tappen lassen. Ihre Gedanken rasten und die Fragen in ihrem Kopf überschlugen sich.

Mit ihrem Mund formte sie lautlos einen Satz und sah das Nicken ihres Dads. Er war an etwas aus seiner Vergangenheit erinnert worden und nun widerfuhr seiner Tochter etwas ähnliches. Auch wenn er ihr zuvor weh getan hatte, begriff sie, dass dies keine böse Absicht war.

Diese eine Entdeckung eröffnete ein neues Unbehagen und Amber wurde sich bewusst darüber, dass sie von Anfang an, seit sie sich zum ersten Mal begegnet waren, ausspioniert wurden. Alles was sie bisher getan hatten. Jedes Wort und jeder Atemzug. Jede Offenbarung die aus Alex' Wissen über die Vergangenheit resultierte und die er ihr anvertraut hatte, und mit der er Amber, ohne es gewollt zu haben, in Gefahr brachte.

Hektisch begann Amber um sich zu tasten, in der Hoffnung sie würde einen Stift sowie ein Stück Papier finden. Als sie etwas fand, schrieb sie in unsauberer Schrift zwei Fragen auf einen Zettel und sah ihren Dad mit großen Augen an. Er las die verschmierten Letter, rieb sich über den Mund und zuckte mit den Schultern.Über jede Stelle ihres Körpers ergoss sich ein frostiger Schauer und sie sank für ein paar Minuten seufzend auf dem Boden zusammen, bevor sie aufstand und müden Schrittes zu Alex ging. Amber suchte Zuflucht in seinen Armen, während sie das was passiert war zu verstehen versuchte und dabei immer wieder über das Warum grübelte. Seine Hände versanken in ihrem Haarschopf und beide hielten aneinander fest. Dann stellte sich Amber auf die Zehenspitzen, schmiegte ihre Wange dicht an Alex' und flüsterte so leise sie konnte in sein Ohr:

,Weg von hier! Aber nicht ohne dich... '

Er drückte sie ein Stück weit weg von sich und griff fest an ihre Schultern. Der Ausdruck seiner Augen verriet, dass er sich hilflos fühlte, Ambers Blicke hingegen waren flehend. Er begann zu ahnen was sie von ihm wollte, doch es schien zu grotesk und verworren...
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