World of X

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Das Kind des Mörders

von Tangerine Krycek

Rose Hill

Sie fuhren durch die Nacht, hinein in die Morgendämmerung. Während dieser Zeit sprachen sie kein einziges Wort miteinander. Es fühlte sich seltsam an. Plötzlich schien sich das Blatt gewendet zu haben und Alex nicht zu wissen was er von Fox halten sollte. Irgendetwas, ein dumpfes Bauchgefühl aus Furcht und Schmerz, bedrückte ihn. Aber diesem konnte er sich nun nicht ergeben, denn er wollte Amber und ihr ungeborenes Kind retten und dieses Mal würde er diesen Weg nicht alleine gehen können. Er musste vertrauen.
Das Auto kam auf einem mit Pfützen übersähten Hinterhof zum Stehen. Die Mauern der Gebäude waren grau und schmutzig und wirkten nur wenig einladend. Alex sah mit gerunzelter Stirn aus dem Seitenfenster, atmete tief durch und zog die schwarze Lederjacke, die er trug, zusammen. Beinahe so als würde er frösteln. Sein Körper war hier, seine Gedanken jedoch ganz woanders.

,Kommen Sie Krycek!' forderte ihn Fox auf und stieg aus. Alex tat es ihm gleich.

Während Fox an eine Stahltür, deren Farbe bereits abplatzte, klopfte, sah sich Alex noch einmal prüfend um und erspähte dabei eine Kamera, die auf sie gerichtet war. Sie vernahmen eine Vielzahl klickender Geräusche, die vermuten ließen, dass sich hier jemand zu schützen und abzuschotten versuchte. Das letzte Klacken klang zögerlich, dann öffnete sich die Tür. Ein kleiner Mann, mit Halbglatze und Brille stand vor ihnen. Ohne Alex anfänglich zu beachten fiel er Fox um den Hals und sagte überschwänglich:
,Mulder! Was verschafft uns die Ehre deines Besuchs?'

,Lass mich erst mal rein, dann können wir reden, okay Frohike?'

Am Klang seiner Stimme konnte der kleine Mann ausmachen, dass etwas nicht stimmte und er wich einen Schritt zurück, um Fox Eintritt zu gewähren. Bevor Alex ihm folgen konnte, baute sich Frohike vor ihm auf, betrachtete ihn skeptisch und fragte:

,Diesen Sunny Boy etwa auch?'

Mulder drehte sich um, nickte stumm und auch Alex betrat, ohne auf die vorherige Äußerung einzugehen, den sporadisch erhellten Raum.
Die Luft war warm und stickig, was aber an den zahlreichen Computern lag, die hier untergebracht waren. In der hintersten Ecke des Raumes konnte Alex noch zwei andere, ihm nicht bekannte, Gestalten ausmachen. Doch anstatt offensiv auf diese zu zugehen, blieb er vor der Eingangstür stehen und wartete. Schüchternheit, die aus dem Gefühl von Unbehaglichkeit resultierte, war bisher fremd für ihn, doch er ertrug diese Emotionen – für Amber.

Endlich ergriff Fox das Wort und für den Bruchteil von Sekunden fühlte sich Alex erleichtert.

,Jungs, Ihr müsst mir helfen! Es geht um Amber.'

,Amber?' wiederholte Frohike, bevor er sich auf einen Tisch setzte und hinzufügte:

,Was hat die hübsche junge Dame denn ausgefressen? Ich hoffe doch nicht, dass sie von zu Hause weg gelaufen ist?'

Es klang schon beinahe ironisch, was ihm jedoch eigentlich niemand hätte verübeln können, denn bisher wusste er noch nicht einmal weshalb sie hier waren und dennoch fauchte ihn Fox an:
,Halt die Klappe Frohike, das ist nicht witzig!'

Dieser hob beide Hände als Geste einer Entschuldigung, dann fuhr Fox fort:

,Wir wissen, dass sie entführt worden ist und das, so vermuten wir, in einer absolut brutalen wie auch bedenklichen Art und Weise...'

Er wollte fort fahren, doch ihm versagte die Stimme und plötzlich wandelte sich die Euphorie etwas für seine Tochter tun zu können in ein bitteres Gefühl um.

Die beiden anderen Männer sahen mit geöffneten Mündern und erschrockenem Gesichtsausdruck von ihren Monitoren auf, bis sie sich schließlich erhoben und aus dem Hintergrund hervortraten. Zunächst dachten sie, dass sie sich verhört hätten, doch sie verstanden rasch dass dem nicht so war. Der Verlust von Amber machte ihnen ebenso große Sorgen wie Fox und Alex, denn schließlich kannten sie sie seit ihrer Geburt.

,Und wer würde ausgerechnet ihr so etwas antun und wieso?' fragte Byers, einer der beiden anderen Anwesenden, der von zierlicher Statur war und einen Vollbart trug.
Schließlich ergriff auch Alex das Wort und sagte, mit dem Gefühl von Reue und Schuld im Magen:

,Es ist wegen mir.'

Alle Blicke waren plötzlich auf ihn gerichtet und es fühlte sich an als würden sie ihn zerschneiden. Fox Hände ballten sich zu Fäusten und er biss sich auf die Unterlippe. Wieder flammte das unbändige Gefühl von Wut und Hass in ihm auf, doch er begriff ebenso dass ihm dieses in jenem Moment auch nicht helfen würde Amber wieder zu finden. Frohike begann mit zusammen gekniffenen Augen um Alex herum zu schleichen. Ähnlich wie es Hyänen bei Aas taten, das sie witterten. Dann baute er sich vor ihm auf und zischte:

,Und was genau haben Sie damit zu tun?'

,Er ist der Vater des Kindes und der Mörder meines Vaters.' kam ihm Fox zuvor, noch bevor Alex antworten konnte.

Er vernahm diese Worte und erst jetzt, nach so langer Zeit, gestand er sich selbst ein wie pervers es klang.

Fragend sahen alle zu Fox und Frohike vergewisserte sich noch ein Mal um sicher zu gehen dass er sich nicht verhört hatte, indem er die Worte 'Der Vater des Kindes' mit Erstaunen wiederholte. Fox antwortete nicht und blickte über die Schulter des kleinen Mannes, schneidend in Alex Augen.

Dieser konnte seinem Blick für kurze Zeit nicht Stand halten und sah für einen Sekundenbruchteil betreten zur Seite. Er schluckte, atmete tief durch und ergriff dann wieder das Wort.

,Ja, ich bin der Vater dieses Kindes und Amber ist mir keineswegs egal! Deshalb kam ich mit Ihnen hier her Mulder! Um Hilfe zu suchen, um wenigstens einen Anhaltspunkt zu haben wo sie sich aufhalten könnte... weil ich Ihnen... ' er stutze, suchte Fox Augen und biss sich kurz auf die Unterlippe bevor er stotternd und leise hinzufügte:

,... weil ich Ihnen... vertraue. Also hören Sie verdammt noch mal auf mit diesen miesen Psychospielchen und lassen Sie meine Vergangenheit ruhen!'

Fox schüttelte den Kopf und zog einen Mundwinkel nach oben, bevor er Alex antwortete:

,Wie soll ich die Vergangenheit ruhen lassen, wenn Sie plötzlich aufkreuzen, alles durcheinander bringen, und diese lebendiger als je zuvor machen, indem Sie meine Tochter in etwas reinziehen, was sie niemals hätte etwas angehen müssen. Es ist Ihre Schuld Krycek!'

,Was sie niemals hätte etwas angehen müssen?' wiederholte Alex ungläubig bevor er fast atemlos hinzufügte:

,Haben Sie Amber etwa niemals von dem erzählt was Sie beide durchgemacht haben?'

,Wir haben ihr genügend gesagt. Allerdings kam unsere Warnung vor Ihnen, Krycek, zu spät.'
Alex war sprachlos. Bisher konnte ihn nur wenig verwundern und aus der Bahn werfen, doch nun verstand auch er die emotionale Kälte, die Amber ihrem Elternhaus so oft gegenüber empfunden hatte. Für sie musste es sich angefühlt haben als wäre sie nie wirklich ein Teil dieser Familie gewesen, weil man sie stets unwissend ließ. Es kränkte sie und schien sie manchmal verrückt gemacht zu haben, sodass sie immer nach einem Anker suchte, der sie vor den tosenden Fluten des Wahnsinns retten konnte. Alex war wie ein Engel der in ihr Leben trat. Ein dunkler Engel mit einer tief schwarzen Vergangenheit und dennoch brachte er so viel Licht in ihr Leben, und sie, mit all ihrem Charme, ihrer Zierlichkeit und ihren manchmal kleinkindlichen Gesten, die auf ihn so beschützenswert wirkten, in das Seine. Alles was bisher passiert war ergab mehr und mehr einen Sinn und schien einem schicksalhaften Zufall zu gleichen.

Bevor Alex antworten konnte fuhr Frohike dazwischen.

,Ich unterbreche Eure kleine Meinungsverschiedenheit jetzt einfach mal und bitte Euch, bei all dem offensichtlichen Groll und Hass den Ihr füreinander empfindet, an Amber zu denken, sonst wird sie wieder unverschuldet die Leidtragende sein! Ihr kamt hier her weil Ihr Hilfe brauchtet und die werden wir Euch, im Rahmen unserer technischen Möglichkeiten, auch geben. Aber hört bitte auf mit dem was Ihr gerade tut, denn jede Minute die wir jetzt verschwenden wird eine sein, die Amber vielleicht das Leben kosten könnte... '
Alex Blick wurde wässrig und er verschränkte die Arme vor der Brust. Dann sah er zu Fox, dessen Gesichtsausdruck vorübergehend ernüchtert wirkte, bevor er sich den anderen beiden Männern der Gruppe zuwandte und sagte:

,Wir versuchen es über die Ortung ihres Handys, das sie hoffentlich bei sich trägt, okay Jungs? Sicherlich hätte ich das auch jemand anderen machen lassen können, aber Euren ausgeklügelten Systemen vertraue ich am meisten. Also legt los!'

Byers und Langly, der Dritte aus der Gruppe der Lone Gunmen - wie sie sich nannten - sahen sich kurz an, nickten und begannen sich dann in verschiedene Systeme, die Handyortung ermöglichten, zu hacken. Ihnen blieb nur zu hoffen, dass diese vertrauenswürdig und nicht manipuliert waren, um Fox und Alex den tatsächlichen Ort nennen zu können an dem sich Amber aufhalten würde.

Die Minuten die sie dafür brauchten kamen ihnen beinahe ewig und endlos vor, doch immerhin bestand die Möglichkeit dass es sich lohnen und sie somit einen Anhaltspunkt finden würden. Alex sank langsam auf ein Sofa, welches sich in einer der hintersten Ecke des Raumes befand und starrte gedankenverloren vor sich her. In seinem ganzen Leben hatte er nie zuvor eine derartige Verlustangst empfunden, und noch nie zuvor hatte er jemanden so geliebt. Ein solches Gefühl machte ihn angreifbar und das auf eine sehr spezielle Art und Weise. Doch sich jetzt zu fürchten glich schon fast purem Egoismus. Außerdem gab es noch immer etwas, das er beweisen wollte.

Seine Augen drohten müde zu werden, als ihn ein plötzlicher Aufschrei zusammen fahren ließ. Rasch sprang er vom Sofa auf und eilte zu Fox, Byers, Langly und Frohike.

,Was ist denn?' fragte er und sein Herz begann zu rasen.

Byers sah Alex mit hochgezogenen Augenbrauen an, blickte dann wieder auf den Monitor und tippte mit dem Zeigefinger auf eine Stelle.

,Von hier aus wurde das letzte Signal empfangen – Rose Hill, Virginia. Allerdings ist das schon eine ganze Weile her.'

,Und was heißt das nun?' fuhr Fox dazwischen, noch bevor Alex dies tun konnte.

,Das sie vermutlich in diese Umgebung verschleppt worden ist. Es sei denn jemand ist einen Umweg gefahren, um ihr Handy zu entsorgen und Euch somit einen Streich zu spielen. Das Signal reißt auch ziemlich abrupt ab, was vermuten lässt dass der Akku leer war oder... '

, … oder jemand ihr Handy zerstört hat, um sicher zu gehen, dass sie niemanden zur Hilfe rufen kann, wenn sie es denn überhaupt könnte... ' ergänzte Fox nachdenklich und betroffen.

Für einen Moment schwiegen alle und sahen auf den Monitor, bis Fox dieses Schweigen durchbrach und sagte:

,Aber es ist wenigstens ein Anhaltspunkt. Eine Spur, der wir nachgehen sollten. Druckt mir das aus und dann kommen Sie mit mir, Krycek!'
In Windeseile zog Alex seine Lederjacke über und eilte Fox hinterher. Kurz bevor er die Tür erreicht hatte, drehte er sich noch ein mal kurz zu den Dreien um, nickte kaum merklich mit dem Kopf und sagte leise:

,Danke.'

Sie sahen sich daraufhin nur kurz an, blieben aber stumm.

Alex stieg zu Fox ins Auto, der bereits ungeduldig wartete und dann unsanft aufs Gaspedal trat und los raste. Währenddessen fasste er in die Brusttasche seines Mantels um sein Telefon zu suchen, und überfuhr dabei einige Rotphasen der Ampeln. Doch es war ihm egal. Rasch fand er es, wählte geistesgegenwärtig Danas Nummer und übergab dann Alex das Handy. Dieser sah in zunächst nur verwundert an, wusste dann aber intuitiv was er sagen sollte und nahm es, wenngleich seine Hände vor lauter Unbehagen schwitzig waren. Er hatte schon einmal mit Ambers Mum telefonieren müssen und es fühlte sich genauso seltsam an wie damals, denn er war sich sicher, dass sie ihn ebenso hasste wie es Fox tat.

Als Alex ihre Stimme hörte stockte ihm kurz der Atem, doch dann sagte er rasch und pausenlos, dass sie sich auf dem Weg nach Rose Hill, Virginia, befinden würden. So schnell er dies gesagt hatte, hätte er auch am liebsten das Gespräch mit ihr beendet, doch sie bat ihn aufgebracht darum an eine Flasche Wasser für Amber zu denken. Dana wusste selbst nicht weshalb sie das tat, aber irgendetwas in ihr, verriet ihr, dass sie diese noch brauchen würden, fänden sie Amber dort wo sie es vermuteten.

Alex legte auf und sah dann zu Fox.

,Haben sie etwas zu trinken dabei?' fragte er diesen, während er suchend um sich tastete und auch das Handschuhfach öffnete.

Eigentlich war Fox nicht zum Lachen zumute und dennoch zog er einen Mundwinkel nach oben und fragte mit amüsiertem Unterton:

,Sie wollen mich auf den Arm nehmen Krycek. Wie können Sie in einer Situation wie dieser auch nur im Entferntesten an so etwas denken?'

Alex wurde wütend und konnte die Ironie in Fox Stimme nicht nachempfinden. Kurze Zeit war es fast wie früher. Er empfand den gleichen Groll für ihn und seine Dickköpfigkeit wie einst. Doch er musste sich beherrschen, schluckte kurz und antwortete:

,Das ist verdammt noch mal nicht für mich, sondern für Amber!'

So schnell die Ironie und der Zynismus kamen, verschwanden sie auch wieder und Fox begriff, dass Dana Alex darum gebeten haben musste.

Er machte an der nächsten Tankstelle einen rasanten Stopp, sodass die Reifen quietschten, sah zu Alex und sagte mit ungeduldigem Unterton:
,Aber beeilen Sie sich!'

Die wenigen Minuten, die Alex benötigte, verbrachte Fox damit zu grübeln und kurzzeitig in seine eigene Welt abzutauchen, um zu überlegen weshalb es jemand ausgerechnet auf seine Tochter abgesehen haben musste. Ihm wurde auch klar weshalb Dana so darauf gedrungen haben musste, dass Amber Flüssigkeit zu sich nahm. Sie hatte sich seit Beginn ihrer Schwangerschaft oft übergeben müssen und war trotz ihres Bauchs, der unübersehbar wuchs, mehr und mehr ein Schatten ihrer selbst geworden. Wenn sie wenigstens trinken würde, um nicht zu dehydrieren und so ihr eigenes und das Leben ihres Babys zu gefährden...

Alex riss die Beifahrertür unsanft auf und holte Fox somit aus der Welt seiner Gedanken.

,Weiter geht’s! Ich hoffe, dass wir noch nicht zu viel Zeit verloren haben... '

Dieser setzte die Fahrt ohne ein weiteres Wort fort. Noch angespannter und hektischer als je zuvor.

Die Nacht wurde nur schleppend zum Tag und schwermütig graue Wolkenschleier verhingen den kompletten Himmel. Es war ein fast typischer Abschluss des Herbstes, der somit noch mehr Tristesse zu prophezeien schien.

Fox war noch nie zuvor in Rose Hill. Nichts kam ihm vertraut vor und er fühlte sich, trotz Alex Anwesenheit, verloren. Wie hätte er sich auch behaglich fühlen können, in dessen Nähe und einer Situation wie dieser?

Das Papier mit den Koordinaten und der Route war bereits zerknittert und aufgrund seines Unbehagens schweißdurchtränkt. Anhand Alex suchender Blicke konnte er ausmachen, dass es ihm ähnlich erging. Manchmal war ein Teil in ihm geneigt ihm glauben zu wollen, dass er sich von grundauf verändert habe, doch dann überschattete das Wissen um seine Vergangenheit wieder alles.

Sie fuhren in ein bewaldetes Gebiet. Tiefer und tiefer. Die Straße war unbelebt und der Regen zeichnete Muster aus Tropfen auf die Autoscheiben.
Plötzlich brachte Fox das Fahrzeug abrupt zum Stehen und blickte noch einmal auf die Karte und den beiliegenden Kompass. Er schien verwirrt.

,Was ist?' fragte Alex, erfüllt von Nervosität.

Fox atmete tief durch und antwortete dann:

,Ich war zwar nie gut im Kartenlesen, aber hier in der Nähe müsste es sein. Inmitten dieser seltsamen Wälder und die scheinen ziemlich... '

,... groß und tief zu sein.' fügte Alex leise hinzu und blickte mit gerunzelter Stirn zu den Baumkronen empor, die das wenige Tageslicht geradezu gierig verschlangen.

Fox sah ihn abwartend an.

,Amber ist hier, das spüre ich. Die Frage ist nur, ob die Richtung von der das letzte Funksignal ihres Handys gesendet worden ist, auch der Ort ist in dessen Nähe sie sich befindet. Immerhin werden uns alle Fehler die wir jetzt machen, sollten wir uns irren oder einer falschen Fährte folgen, kostbare Zeit stehlen.'

Er fuhr im Schritttempo weiter und suchte nach Spuren am Straßenrand und Plastikteilen, die es ihm ermöglichen würden einen Tathergang zu rekonstruieren. Zunächst sah er nichts. Doch dann, als er kurz davor war zu glauben, dass sie einem falschen Pfad gefolgt seien, offenbarte ihnen plötzlich die vom Regen durchnässte Erde eine Reifenspur, die direkt in die tiefen, gespenstischen Wälder führte, und jetzt wo er genauer hinsah, konnte er ebenso einige umgeknickte Büsche und Sträucher ausmachen. So gut es ihm möglich war, folgte er dieser Spur und auch Alex erkannte was er vorhatte und krallte sich an der Wasserflasche fest.

Gerade als er sich zielsicher fühlte, blieb das Auto abrupt stehen. Fox versuchte Gas zu geben, doch nichts tat sich.

,Was verdammt nochmal... ' sagte er zischend, doch bevor er es weiter probierte, stieg er aus und schlich um das Fahrzeug. Alex tat es ihm gleich.

,Lassen Sie den Wagen im Schlamm stecken Mulder! Wir können später, wenn wir Amber gefunden haben sollten, noch immer genügend Zeit damit verbringen ihn dort wieder raus zu holen. Außerdem können Sie doch Scully zur Hilfe rufen.'

Es war das erste Mal, dass Fox keine Wiederworte einfielen. Er nickte lediglich kaum merklich, griff noch einmal ins Auto und nahm den Ausdruck, die Wasserflasche, den Kompass sowie eine Taschenlampe.

,Wohin sollen wir gehen?' fragte Alex und blinzelte die Regentropfen weg, die von seinem Haar über seine Stirn, direkt in seine Augen liefen.

Fox stand für einen Moment ratlos da, sah sich suchend um, ob es irgendwelche Indizien geben würde wie weit sie die Spur des Autos, das zuvor diesen schlammigen, unebenen Weg passiert haben musste, führen würde. Dann sah er Alex an, warf ihm die Wasserflasche zu und deutete mit einer Kopfbewegung an:

,Da entlang!'

Alex fragte nicht weiter wieso, sondern lief Fox hinterher. Alles an diesem Wald war seltsam, beängstigend. Manche Bäume waren schwindelerregend hoch gewachsen. Büsche, Moose und Wucherungen verschlangen sich gegenseitig. Dieser Wald lebte, aber er konnte vermutlich ebenso das Todesurteil für jemanden bedeuteten, der sich hier drin verlief oder zu schwach war, um wieder hinaus zu finden. Selbst die Vögel schienen die Furcht zu spüren und verharrten in Stille.

Die Luft fühlte sich eigenartig auf ihren schwitzenden Gesichtern an und ihre Lungen brannten von der Atemlosigkeit, doch sie konnten nicht aufhören zu rennen. Der Wille Amber zu finden und die Hoffnung, dass sie und ihr Baby noch am Leben wären, schürten unglaubliche, fast übermenschliche, Kräfte und Ausdauer in Fox und Alex. In jenem Moment wurde ihnen klar, dass auch Angst etwas sein konnte, das zwei Menschen verband.

Sie waren lange gelaufen. Hörten das Pochen ihrer Herzen und das Rauschen ihres Blutes in den Ohren. Fox blieb einen Moment lang stehen, beugte sich nach unten und stützte sich kurz auf den Knien ab. Dann spürte er eine Berührung auf seinem Rücken. Es war Alex.

,Sehen Sie nur Mulder, vielleicht haben wir schon etwas gefunden.'

Zunächst blickte Mulder flüchtig und angewidert zu Alex empor, doch dann folgte er seinem Blick und sah ebenfalls was dieser zuvor entdeckt hatte.

Eine vermoderte, mit Moosen übersähte, Holzhütte. Gut versteckt in den tiefen Wäldern von Rose Hill.

Die Natur hatte sich inzwischen schon einen Großteil von dem Holz, das verwendet wurde um sie zu bauen, zurück geholt und es an manchen Stellen morsch werden und faulen lassen. Die letzten Schritte um dort hin zu gelangen schienen die schwersten zu sein.

Ringsum die Hütte war der Weg geebneter und sie befand sich, wie Fox und Alex jetzt sahen, unter einer schmalen Lichtung. Doch auch hier war die Erde von der Regennässe durchtränkt, sodass diese gierig jeden Fuß verschlang, der es wagte sie zu betreten.

Sie kamen von hier an nur langsam voran. Setzten dabei einen Fuß vor den Anderen. Hin und wieder schaute sich Alex suchend um. Er suchte nach Hinweisen ob sie tatsächlich hier gewesen sein könnten und fürchtete sich doch, dass ihn sein Bauchgefühl getrügt hatte und er bitter enttäuscht wäre, fänden sie Amber nicht hier.

Mit einem letzten großen Schritt, schaffte er es den erhöhten Eingangsbereich der Hütte zu erreichen. Auf dem Boden entdeckte er Zigarettenkippen und kaum merkliche Spuren von Blut und ließ daraufhin die Wasserflasche zu Boden fallen. Es war nicht viel, aber es genügte, um sein Herz rasen zu lassen. Auch wenn er sich ekelte, so hob er die Überreste der Zigaretten auf und zeigte sie Fox, der schon aus der Ferne erahnen konnte, um was es sich handelte.

,Dieser Schweinehund war hier... ' gab Alex zischend von sich, erhob sich wieder und berührte die Tür der Hütte.

Auch wenn er mit jemandem zusammen war, der ihn hasste, und dessen war er sich noch immer sicher, so war er dennoch erleichtert nicht alleine zu sein. Fox zog seine Waffe und deutete Alex an beiseite zu gehen. Unter dem starken Tritt gab das vermoderte Holz sofort nach und brach an einigen Stellen des Türrahmens. Ihnen schlug ein unangenehmer, stickig warmer Geruch in die Nase, der beinahe hätte vermuten lassen, dass hier her schon öfter Menschen verschleppt worden waren, um diese ihrem Schicksal zu überlassen.

In die Hütte führte ein kurzer, enger Flur. Alles schien seit Jahren zu verwittern. Es war dunkel und sogar die Reste von Tapeten, die noch geradeso auszumachen waren, schälten sich von den feuchten, pilzbefallenen Wänden.

Fox ging langsam vor und bat Alex mit einem Blick darum ihm Deckung zu geben. Dieser hatte sich eigentlich geschworen nie wieder eine Waffe anzurühren und doch trug er sie dieses Mal bei sich. Er hatte sie heimlich in seiner Jackentasche verschwinden lassen, bevor er und Amber sich auf den Weg ins FBI gemacht hatten. Es war eine Intuition, die ihm sagte, dass er diese noch brauchen würde. Vielleicht jetzt, vielleicht hier.

Er blieb vor einer der insgesamt vier Türen stehen, ging kurz in sich und versuchte das Unbehagen und schmerzhafte Pochen seines Herzens weg zu atmen. Vergeblich. Dann schluckte er, sah kurz zu Alex und stieß auch gegen diese Tür, hinter welcher sich ein dunkler Raum verbarg, der nur spärlich diffuses Licht durch die, mit Brettern vernagelten, Fenster fallen ließ.

,Amber?' fragte er heiser, obwohl er wusste, dass sie ihn in dieser Lautstärke nicht hören können würde.

Er leuchtete in die Ecken des Raumes und tastete an den Wänden.

,Sie ist nicht hier... ' warf Alex ernüchtert in den Raum und fuhr dann fort:

,Aber wir haben noch drei Türen vor uns.'

Fox ging kurz in sich, nährte sich Alex, streifte diesen kurz an der Schulter und sah sich dann im Flur um. Der morsche Boden knarrte beängstigend und gab unter ihrem Gewicht an einigen Stellen nach. Irgendetwas schien an diesem Ort nicht zu stimmen. Fox ging kurz in sich und begann erneut zu grübeln, während Alex etwas an der Wand entdeckte, was ihnen, obwohl es so offensichtlich schien, zuvor nicht aufgefallen war. Jemand musste sich die Mühe gemacht haben etwas, das zuvor offen war, mit Holzbrettern und Nägeln zu verschließen. Was bei näherem Betrachten auffiel, war, dass das Holz zwar alt war und ebenfalls aus der Hütte stammen musste, die Nägel aber neu zu sein schienen, was ihr leichter Glanz verriet.

Ohne Fox darauf hinzuweisen begann Alex gegen das feuchte Holz zu drücken. Das Ächzen und Knarren aus dem Hintergrund, ließ Fox zusammenfahren und er drehte sich um.

,Was machen Sie da Krycek?' fragte er und ging auf ihn zu.

In diesem Moment brach bereits eines der Holzbretter. Allerdings so, dass sich ein Stück davon unsanft in Alex Hand bohrte, sodass sich dieser kurzzeitig zischend zurück zog und seine Hand betrachtete, die verletzt war und zu bluten begann. Fox sah kurz zu ihm, fing dann aber an das zweite Brett zu lösen.

Durch das bereits herausgebrochene Holz ließ er einen schwachen Lichtkegel über den Boden des Raumes gleiten, der sich dahinter befand. Noch war die Öffnung zu klein, um hindurch zu passen. Fox hob die Hand und bat Alex flüsternd für einen Moment inne zu halten, noch nicht einmal Luft zu holen. Er tat was Fox wollte und presste dabei die blutende Hand an den Stoff seiner Hose.

Plötzlich war Fox sich sicher etwas röchelndes zu vernehmen, etwas das wie ein sehr leiser, angestrengter Atemzug klang. Sofort schossen ihm sämtliche Bilder in den Kopf wie es zu dem hier gekommen sein musste, sodass eine plötzliche Wut in ihm hochkochte, er mit seiner ganzen Körperkraft ausholte und gegen die verbliebenen Hölzer stieß, die unter dieser Wucht widerstandslos brachen. Er und Alex streckten vorsichtig die Köpfe durch die Öffnung. Nun vernahm auch Alex das Geräusch, welches Fox zuvor gehört haben musste und er wusste, dass sie es war. Sie ließen ihre Füße über den Boden schleifen und Fox leuchtete in die Ecke aus der er den röchelnden Atem vernahm. Noch bevor er sich besinnen konnte, schoss Alex an ihm vorbei, fiel auf den Boden und sagte heiser:

,Amber... !'

Dort lag sie, kauernd und frierend, mit verschlossenen Augen, entblößten Schultern, blasser, feuchter Haut und Blut sowie Schmutz getränktem Haar. Sie war vollkommen weg getreten und unterkühlt. Dieses Bild war so erschreckend, dass Fox eine Weile brauchte, um zu begreifen was hier vor sich ging. Dann nährte auch er sich seiner Tochter und kniete sich neben sie mit einem bitteren Gefühl im Magen.

Alex zog seine Lederjacke aus und legte diese auf Amber, in der Hoffnung sie würde sie etwas wärmen. Dabei berührte er ebenfalls ihren Bauch, der sich inzwischen unübersehbar wölbte. Er versuchte sie anzusprechen, wieder und wieder, doch sie regte sich nicht. Nur ihr flacher Atem verriet beiden, dass sie noch am Leben war. Es war ein Anblick des Schreckens, der sie hätte zum Weinen bringen können, doch Tränen waren in jenem Moment etwas, das niemandem half.

Immer wieder sagte Alex ihren Namen und schüttelte sie dabei sanft. Fox berührte ihr Handgelenk. Ihr Puls war langsam und schwach. Dann streifte er die Lederjacke von Ambers Körper und betrachtete, während er die Taschenlampe mit seinem Mund hielt, ihre Arme.

,Was suchen Sie Mulder?' fragte Alex und sah zu ihm auf.

Fox antwortete nicht, sondern ließ seine Hand an ihren Armen hinab gleiten. An einer Stelle des Oberarms blieb er ruckartig stehen, hob diesen an, zeigte Alex eine winzige, blutunterlaufende Einstichstelle und entgegnete ihm:

,Genau danach habe ich gesucht. Krycek, haben sie das Wasser dabei?'

Alex tastete zunächst um sich, dann fiel ihm wieder ein, dass er dieses hatte vor der Eingangstür fallen lassen. So schnell er konnte holte er die Flasche und öffnete sie. Fox hatte Amber inzwischen wieder mit der Jacke bedeckt und drückte diese sanft an ihren Körper. Sie versuchten ihren Kopf leicht zur Seite zu drehen und anzuheben, um so etwas Flüssigkeit in ihren Mund laufen zu lassen, dabei offenbarte sich ihnen auch die tiefe Platzwunde an Ambers Schläfe, in der sich Blut und Schmutz gesammelt hatten.

Fast gleichzeitig blickten Alex und Fox auf und sahen einander tief in die Augen.

,Denken Sie jetzt eigentlich noch immer, dass ich etwas mit dem hier zu tun habe, Mulder? Ich verrate Ihnen so viel, - ich trage meine Waffe bei mir, aber glauben Sie mir, ich habe und hatte nie das Interesse diese gegen Sie zu richten. Das Magazin was darin steckt ist für jemand Anderen bestimmt und glauben Sie mir, ich werde das Schwein finden der Amber das angetan hat.'

Gerade als Fox zu einer Antwort ansetzen wollte, erschraken er und Alex, denn Ambers Körper wurde plötzlich von einem heftigen Zittern durchzogen und sie fing an zu husten. Es schien beinahe so als habe sie einen epileptischen Anfall, denn die Bewegungen waren unkontrolliert. Sofort hielten sie sie fest und warfen wieder ihren Namen in den Raum. Ihre Augenlider begannen unruhig zu zucken und ließen erahnen welch ein Kampf es für sie in jenem Moment bedeutete diese zu öffnen. Als es ihr nach mehreren Versuchen gelungen war und sie verwaschen und in bunten Farben zwei Gesichter über sich erkannte, fuhr sie mit letzter Kraft und einem spitzen Schrei hoch, krallte sich an Alex Lederjacke fest und presste sich verängstigt gegen eine Wand.

Die beiden Männer sahen sich zunächst fragend an und folgten ihr. Ihr gesamter Körper bebte und sie schien verwirrt.

,Wer seid Ihr und was wollt Ihr von mir?' fragte sie, zog das Gesicht beiseite als Alex dieses berühren wollte und begann hektisch zu atmen.

In Fox baute sich nach dem er dieses Szenario gesehen und Ambers Worte vernommen hatte, sofort ein bitterer Verdacht auf und er versuchte nach ihrem Kinn zu greifen, um ihren Kopf zu sich zu drehen und ihre Pupillen betrachten zu können. Nach dem zweiten Versuch gelang es ihm endlich und er ließ den Schein der Taschenlampe an ihrem Gesicht vorbeigleiten und erkannte das was er vermutet hatte. Sie sah ihren Vater eine Weile lang blinzelnd an, erkannte jedoch nicht wer er war. Dann blickte sie zu Alex und schließlich an sich selbst und ihrem Körper hinunter. Sie schob Alex Jacke beiseite und ihre Augen verweilten einen Moment auf ihrem Bauch, dann runzelte sie die Stirn, führte ihre knochigen Hände zu diesem und berührte ihn. Ihr Gesichtsausdruck verriet ihnen, dass sie sich zu jenem Zeitpunkt über nichts im Klaren oder bewusst war. Sie wusste vermutlich noch nicht einmal wer sie war.

Fox nahm Alex beiseite und sagte im Flüsterton:

,Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich vermute, dass sie ein Schädel-Hirn-Trauma hat. Hinzu kommt noch, dass ich glaube, dass ihr jemand Halluzinogene verabreicht hat und das in einer bedenklich hohen Dosis, was die Einstichstelle an ihrem Arm erklären würde. Sie sollte vermutlich nicht nur ruhig gestellt werden... ' Er presste kurz die Lippen aufeinander und sah besorgt zu seiner Tochter. Dann fuhr er fort: ,Ich rufe jetzt Dana an und werde sie bitten uns mit ihrem Wagen entgegen zu kommen.'

Alex vernahm was Fox gesagt hatte und es fühlte sich an als bohrten sich tausend spitze Messer durch seine Eingeweide. Er ging wieder zu Amber und versuchte sie erneut vorsichtig zu berühren. Dieses Mal ließ sie es zu, wenngleich sie Mühe hatte die Augen offen zu halten. Dann fragte er sie, bemüht sanft zu klingen:

,Amber, kannst du aufstehen und selbst ein paar Schritte gehen?'

Er wusste nicht ob sie überhaupt verstand was er von ihr wollte, deshalb griff er nach ihren Händen und versuchte sie an diesen hoch zu ziehen. Aufgrund ihres Untergewichts und trotz fortgeschrittener Schwangerschaft war es ein leichtes für ihn. Sie stand vor ihm, klein und zierlich und er hielt sie fest. Amber sah kurz zu ihm auf. Das Weiße ihrer Augen war gerötet, dann schloss sie sie wieder und sackte mit einem Stöhnen zusammen. Geistesgegenwärtig umfasste Alex ihre Oberarme, hielt sie an diesen fest und zog sie wieder hoch, während er sie schützend an sich drückte. Dabei spürte er ihren Babybauch an seinem Körper, was, auch wenn es in dieser Situation unpassend und schon beinahe ironisch erschien, ein warmes, beflügelndes Gefühl in sein Herz Einzug halten ließ. Auf der anderen Seite fühlte er sich traurig, erschüttert und wütend. Dann flüsterte er:
,Alles wird gut werden, das verspreche ich dir, außerdem bin ich bei dir.'

Fast schien es so, als fiele Amber immer wieder in eine Art Sekundenschlaf. In einem Moment war sie wach und im nächsten schwanden ihre Kräfte. Fox nannte Dana noch ein paar Details und sie machten einen Treffpunkt aus, an dem sie Amber übernehmen und in ein Krankenhaus bringen würde. Sie würde keine Minute von ihrer Seite weichen, dass schwor sie sich nach den Grausamkeiten, die ihr Fox am Telefon geschildert hatte.

Er legte auf und nährte sich Alex und Amber, die ihren Körper unter der Lederjacke eng umschlungen hielt und fröstelte. Noch immer ließ er sie nicht los. Ihre Augenlider wurden schwer, sodass sie diese nicht offen halten konnte und immer wieder in bunte Strudel driftete, die von weit entfernten, ihr unverständlichen Stimmen begleitet wurden.

,Ich denke sie ist zu schwach um selbst zu gehen, deshalb werde ich sie tragen.' sagte Alex und blickte besorgt zu Amber, deren Kehle hin und wieder murmelnde, jedoch undefinierbare Laute entwichen.

,Wir tragen sie beide hier raus und zwar so schnell wie es geht, denn es wird schon bald dunkel werden und dann möchte ich von hier verschwunden sein.'

Sie griffen ihr unter die Arme und trugen sie aufrecht aus der Hütte. Nur hin und wieder, wenn einem von beiden selbst die Kräfte zu schwinden drohten, schliff einer von Ambers Füßen auf dem feuchten Waldboden.

Es fing bereits an zu dämmern. Sie waren vom Regen durchnässt und das Licht färbte sich erneut in ein schmutziges Grau. Fox wusste zwar nicht ob der Weg, den sie zurück gingen der selbe wie vorher war, doch einer Sache war er sich sicher – je weiter sie sich von der Hütte entfernen würden, umso besser wäre es.
Gerade als er glaubte Alex beichten zu müssen, dass sie sich verirrt hätten, zog vorübergehend das Gefühl von Erleichterung in ihn ein.
,Da vorne ist der Wagen!' stieß er erleichtert hervor, denn allmählich drohten seine Arme müde zu werden und auch seine Muskeln brannten schmerzhaft.

,Gleich haben wir es geschafft Amber.' sagte Alex außer Atem und vernahm von ihr ein zaghaftes Stöhnen.

Am Auto angekommen, öffnete Fox die Hintertür. Sie halfen ihr sich zunächst seitwärts auf die Rückbank zu setzen. Sie lehnte sich mit einer Schulter an die Polster der Lehne, öffnete langsam die Augen und schaute sich suchend und gleichzeitig ängstlich um. Alex hockte vor ihr und sah besorgt zu ihr empor. Gerade als er nach ihren Händen greifen wollte, kam sie ihm zuvor und umfasste die Seinen so fest sie konnte. Für einen Augenblick dachte er, dass er sie wieder zurück hätte, doch irgend etwas an ihr verriet ihm, dass dem nicht so war.
Amber war hier, und doch schien sie Millionen Meilen entfernt zu sein. Er versuchte ihr etwas zu trinken zu geben, denn ihre spröden Lippen ließen ihn erahnen, dass sie durstig sein musste. Er hielt ihr die Flasche an den Mund und sie nippte ein paar Mal, doch anstatt zu trinken, spuckte sie die Flüssigkeit wieder aus. Direkt vor Alex Füße. Dieser sah mit gerunzelter Stirn in ihre glasigen Augen und unternahm einen zweiten Versuch sie zum Trinken zu bewegen, doch sie zog den Kopf beiseite und schob die Unterlippe vor, sodass ihr Gesichtsausdruck in jenem Moment dem eines kleinen Kindes glich, das seinen Willen nicht bekam. Dann zog sie die Beine an und sank langsam auf das Polster der Rückbank, während ihre Lider schwer müde zufielen und sie erneut unverständliches vor sich her murmelte. Er bedeckte sie mit seiner Lederjacke und schloss die Hintertür. Dann ging Alex zu Fox, welcher grübelnd vor seinem Fahrzeug stand, dessen Räder fast bis zur Hälfte im Schlamm versunken waren. Ohne ein weiteres Wort, stellte er sich hinter den Wagen und begann mit letzter Kraft dagegen zu drücken. Anfangs jedoch vergeblich. Nur ein fragender Blick, den er Fox zuwarf, verriet dass er ihm helfen solle. Dieser zweifelte zwar daran, dass sie beide alleine es schaffen würden das Auto auf diese Weise zu befreien, doch augenblicklich war im jedes Mittel recht, um von hier verschwinden zu können.

Wie durch ein Wunder, das Anschieben und gelegentliche, vorsichtige Gas geben, gelang es ihnen nach einer halben Ewigkeit den Wagen zu befreien. Für einen Augenblick sahen sie sich erleichtert an, eilten dann aber fast gleichzeitig zu den vorderen Türen, die sie hastig öffneten und stiegen dann mit schlammbedeckter, verschwitzter Kleidung und fast atemlos ein.

,Nichts wie weg von hier!' sagte Fox, drehte sich zu Amber um, die von alle dem nichts mit bekommen hatte und fuhr los.

Erst nachdem sie einen großen Teil der düsteren Wälder hinter sich gelassen, wurden ihre Herzen ruhiger. Sie hatten Amber wieder. Fox seine Tochter, die er, auch wenn es ihm in letzter Zeit aufgrund ihres Verhaltens sehr schwer fiel, über alles liebte und Alex seine Partnerin, die, trotz allem was er ihr gestanden hatte, zu ihm hielt, auch wenn sie selbst daran zu zerbrechen drohte...
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