World of X

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Das Kind des Mörders

von Tangerine Krycek

Ungerechtigkeit des Schicksal

Mühsam hatte sie einige Schlucke Tee getrunken, Weintrauben und trockenes Brot gegessen. Dass sie tatsächlich schwanger war, hatte sie an manchen Tagen kaum begreifen können, denn die Essensgelüste, die Andere prophezeit hatten, verspürte Amber selten. Sie lobte sich jeden Moment an dem sie nicht von Übelkeit geplagt wurde. Doch nun musste sie etwas zu sich nehmen, auch wenn sie sämtlichen Lebensmitteln inzwischen mit Ekel begegnete.

Es war kurz nach 23 Uhr und Dana war schlaflos. Leise setzte sie sich im Bett auf und strich sich mit beiden Händen durchs Haar. Nachdem sie aufgestanden war, schlich sie ins Wohnzimmer. Sie blieb kurz an einem der Fenster stehen und sah gedankenverloren in den Nachthimmel. Irgendwo am anderen Ende der Stadt musste sich Amber aufhalten. Dana seufzte und suchte in einem der Schränke nach einem Fotoalbum. Sie überkamen Gewissensbisse als sie an das dachte, was heute geschehen war. Innerlich war sie geneigt sich einzugestehen, dass sie ihrer Tochter vielleicht doch Unrecht getan hatten. Alles was sie wollte, war eine intakte Familie, doch was sie bisher unternommen hatte, um diese zu bekommen, schien sich nun nach so viele Jahren als verkehrt zu erweisen.

Mit dem Album in der Hand, setzte sie sich auf die weiche, beigefarbene Couch und begann darin zu blättern. Ein zartes Schmunzeln zeichnete ihren Mund, als sie die Bilder betrachtete, auf denen Amber als Baby und Kleinkind zu sehen war. Sie hatten stets versucht ihr eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen, in der es ihrer Tochter an nichts mangeln sollte. Und sie waren es, die Amber immer und immer wieder zum Weitermachen motiviert hatten, selbst wenn sie auf dem College häufig geneigt war aufzugeben, da es Fächer gab, mit denen sie sich nur schwer hatte anfreunden können. Schließlich schaffte sie jedoch all ihre Abschlüsse mit Bravour. Und nun verbrachte sie ihre Zeit in der Vermittlungszentrale des FBI und ging dort einer Arbeit nach, die sie zutiefst frustrierte. Selbst die Gespräche mit ihren Vorgesetzten hatten Amber nicht zu einer Versetzung verhelfen können, weshalb sich ihre Stimmung in den vergangenen Jahren mehr und mehr verschlechtert hatte und sie beinahe auf jeden mit Argwohn und Wut reagierte. Besonders ihren Eltern gegenüber.

Dana stellte sich nun immer wieder die Frage, ob sich Amber auf Alex Krycek eingelassen hätte, wenn sie zuvor um das was er getan hatte, gewusst hätte. Sie fühlte sich mitschuldig für das Misstrauen ihrer Tochter und dennoch löste der Gedanke, dass diese sich einem Mörder hingab, ein Gefühl des Ekels in ihr aus. Ambers Augen waren offen und doch schien sie so blind zu sein.

Und wenn sie dieses Kind bekam, wüsste sie dann überhaupt welche Verantwortung damit einhergehen würde? Welche Antworten gäben sie ihm, finge es eines Tages an Fragen zu stellen? Und hätte Alex Krycek tatsächlich die Courage seinem eigen Fleisch und Blut die vollkommene Wahrheit zu erzählen?

Dana schlug das Album wieder zu und presste es fest an ihre Brust, fast so, als wäre sie dadurch in der Lage Amber beschützen zu können. Sie wollte ihre Tochter gehen lassen und dennoch schmerzte sie der Gedanke, sie an jemanden zu verlieren dessen Leben von zahllosen Schattenseiten geprägt war, zutiefst. Sie wünschte sich, dass sie Amber diese Furcht hätte zeigen und erklären können, jedoch ahnte Dana, dass sie ihre Chance dazu schon lange Zeit vertan hatte.

Noch einmal blickte sie über die Häuserschluchten in den Nachthimmel und flüsterte dann leise:

,Gute Nacht Amber.'

Die Lichter der Stadt warfen einen trüben, grau blauen Schein in Alex Apartment und durch das offene Fenster strömte eine sanft kühle Brise. Es war ein ereignissreicher Tag gewesen, an dem sich jedoch Hoffnungen zerschlagen hatten.

Amber versuchte Schlaf zu finden, doch was sie auch tat und so müde sie sich fühlte, sie fand keine Ruhe in dieser Nacht. Abwechselnd pulsierten Hitze und Kälte in den Venen ihres Körpers und sie begann sich mehr und mehr unwohl zu fühlen. Langsam stand sie auf und ging auf wackeligen Beinen ins Badezimmer. Irgendetwas stimmte nicht. Plötzlich spürte sie einen stechenden Schmerz im Unterbauch. Sie verkrampfte sich, ging in die Knie und umschlang sich in gebeugter Haltung. Schwerfällig rutschte sie über den kalten Fliesenboden und griff mit großer Anstrengung und zittrigen Händen nach dem Lichtschalter. Es wurde hell und sie stöhnte schmerzerfüllt auf. Etwas an ihr fühlte sich feucht, warm und klebrig an.

Blut!

Ihr Blick trübte sich und Amber erkannte nur schwerlich, dass ihr Nachthemd sowie ihre Hot Pant rot verschmiert waren. Das, was sie noch am Abend zuvor geahnt hatte, schien sich nun, innerhalb kürzester Zeit, in etwas Schreckliches zu manifestieren. Ihr wurde schlecht und mit letzter Kraft rief sie heiser, und dennoch so laut sie es in jenem Moment konnte, nach Alex. Sie schloss die Augen. Dann wurde es dunkel und still.

Er schreckte hoch und atmete schwer. Vergrub sein Gesicht kurz in beiden Händen und sah dann im Dämmerlicht der Nacht zur anderen Bettseite. Zunächst glaubte er, er habe schlecht geträumt und warf fragend Ambers Namen in den Raum. Keine Antwort. Seine Augen waren trübe und es dauerte, bis er durch den schmalen Flur einen gelblichen Lichtfetzen erahnen konnte. Erneut rief er ihren Namen, doch wieder antwortete niemand.

Alex beschlich ein seltsames Gefühl und er strich die Bettdecke von sich. Zögernd stand er auf und nährte sich dem Licht. Sein Herz begann schneller zu schlagen und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.
Es war, als zöge ihm jemand den Boden unter den Füßen weg als er ihren leblosen Körper auf den Fliesen des Badezimmers sah und dazu das Blut, das in Schlieren um sie verteilt war.

Alex ließ sich auf die Knie fallen und versuchte Ambers Kopf anzuheben und diese anzusprechen, doch sie schien gänzlich das Bewusstsein verloren zu haben. Was er auch tat und versuchte, sie reagierte auf nichts. Er, der all die Jahre Richter über Leben und Tod gewesen war, hatte nun die Aufgabe ein solches zu retten, um damit vielleicht etwas aus der Vergangenheit gut machen zu können. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen und er spürte eine unbändige Verlustangst. Er wollte dieses neue Leben nicht an die Ungerechtigkeit des Schicksals verlieren. Dann legte er seine Hand auf ihren Bauch und küsste ihre kalte Stirn. Seine grünen Augen wurden wässrig und er flüsterte:

,Alles wird gut.'
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