World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Cath na Gnéithe

von Dana Skinner

Camp „Sunshine“

Auf der Fahrt ins Wald-Camp studierte Scully die X-Akte gründlich und zog ein paar Mal die Stirn beim Lesen kraus, weil sie kaum glauben konnte, was dort stand. Ein junges Mädchen war einfach so zu Eis erstarrt? Noch dazu wurde sie von einem Rankengeflecht umgeben, welches wie aus dem Nichts in ein paar Stunden gewuchert war. Zudem blühten hellblaue Rosen an ihnen! Das klang wie aus einem Märchen der Gebrüder Grimm, welche sie von ihrem Dad als Kind immer vorgelesen bekommen hatte. Unglaublich! Mulder warf seiner Partnerin ab und zu amüsierte Seitenblicke zu, wenn der Straßenverkehr es ihm erlaubte. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie von dem mysteriösen Fall erst einmal rein gar nichts hielt. Vorerst zumindest. Wenn sie das junge Mädchen live vor Augen haben würde, würde sie ihre Meinung nach und nach wahrscheinlich ändern.

„Mulder… was meinen Sie zu dem Fall? Haben Sie sich schon eine wahnwitzige Theorie zurecht gelegt? Oder tappen Sie noch völlig im Dunkeln?“, zog sie ihn gespielt ernst auf und verstaute die Akte im Handschuhfach, um sich danach zurückzulehnen und die Augen zu schließen. Er räusperte sich und dachte einen winzigen Augenblick nach. „Um ehrlich zu sein: ich habe keinen blassen Schimmer, wie ein Mensch in so kurzer Zeit komplett zu Eis erstarren und dann von Rosenranken umwachsen werden kann. Eine passende Theorie müsste ich mir tatsächlich noch zurechtlegen, Scully.“, erklärte er ihr und grinste in sich hinein, während er den Wagen in einen Waldweg lenkte, der direkt zum Camp führte. Gleich waren sie da und konnten sich die Beine vertreten. Zwar waren es keine anderthalb Stunden Fahrt gewesen, aber dennoch waren seine Glieder steif wie Bretter.

„Das ich das noch erleben darf“, grinste Scully und öffnete die Beifahrertür, als Mulder das Auto geparkt und den Motor abgestellt hatte. Da waren sie also. Mitten im Wald – in einem Camp für Jugendliche. „Willkommen im Camp Sunshine“ stand auf einem Holzschild über der Eingangstür der großen Holzhütte. Auf der Tür selbst stand „Empfang/Anmeldung“. Schweigend blickten sie sich um und genossen die Natur. Dann löste sich Mulder aus seiner Faszinierung, schritt auf den Eingang zu und klopfte an. Als sich nichts rührte, hob er die Hand und wollte noch einmal anklopfen, als die Tür aufging und ihm ein junger Mann gegenüberstand.

„Guten Tag. Mein Name ist Duncan McTire. Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?“, begrüßte er die beiden Agenten lächelnd und bat sie mit einer einladenden Handbewegung in die Hütte. „Treten Sie bitte ein.“ Scully und Mulder betraten die Hütte und sahen sich interessiert um. Von außen sah diese Hütte bei weitem kleiner aus, als sie es von innen tatsächlich war. „Hallo. Ich bin Special Agent Fox Mulder und das hier“, er deutete auf seine Partnerin, die sich gerade eine Karte an der Wand anschaute „ist meine Partnerin Special Agent Dana Scully. Wir sind vom FBI hergeschickt worden, weil leider ein tragisches Unglück hier in der Nähe auf einer Lichtung stattfand.“ Duncans Gesicht spiegelte für Sekundenbruchteile tiefe Traurigkeit wider und Mulder empfand Mitleid mit dem Jungen. Sicherlich kannte er das Opfer aus dem Camp. „Ja… da haben Sie wohl leider Recht, Agent Mulder. Ich hoffe, Sie kommen schnell dahinter, wer so etwas Grausames tut und bringen ihn oder sie hinter Schloss und Riegel! Lumi war gerade einmal sechzehn. Was werden ihre Eltern jetzt denken und tun? Sie war ihre einzige Tochter – ihr Augenstern.“ Scully musterte Duncan unauffällig und legte ihren Kopf leicht schräg. War er in Lumi verliebt? Sie konnte es nicht mit absoluter Bestimmtheit sagen, vermutete es allerdings.

„Wir werden unser Bestes tun und alles in unserer Macht stehende tun, um den Tod von Lumi aufzuklären, Mr. McTire.“, nickte Mulder und sah ihn mitfühlend an. „Nennen Sie mich ruhig Duncan, Agent Mulder. Ich bin erst siebzehn und fühle mich noch nicht so alt.“, lächelte er und zwinkerte kurz. Dann wurde er wieder ernst. „Ich danke Ihnen beiden. Lumi soll ihren Frieden finden und ihr Mörder soll dafür bezahlen. Das ist alles, was wir wollen. Das Camp ist ein Ort, an dem Jugendliche zur Ruhe kommen sollen, um sich zu entspannen und den Kopf frei zu bekommen. Nach diesem Urlaub wird es für sie ernst. Es geht ins Berufsleben und dort weht bekanntlich ja ein ganz anderer Wind, als auf dem College oder vergleichbarem.“ Die beiden Agenten nickten zustimmend. „Richtig, Duncan. Würdest du uns unsere Hütten zeigen, damit wir unsere Koffer abstellen können? Danach würden wir uns gern ein wenig im Camp umsehen, bevor wir zum Tatort aufbrechen. Ist das okay für die ganzen Kids hier?“, erkundigte Mulder sich interessiert. „Natürlich, Agent Mulder. Ich werde Ihnen ihre Hütten zeigen.“, nickte Duncan und ging zuerst zum Wagen der Beiden, um die Koffer zu holen. Danach führte er sie zu zwei nebeneinander liegenden Einzelhütten und verabschiedete sich vorerst, da er in der Küche mithelfen wollte.

„Nett.“, meinte Scully und stellte ihren Koffer neben dem spartanischen Bett ab, um ans Fenster zu treten. Von hier saß man eigentlich nur Baumstämme. Kein Ausblick, der nach mehr Aufmerksamkeit schrie. Wenigstens war das Zimmer erhellt genug vom schummrigen Tageslicht und keine düstere Pappschachtel. Während sie sich passendere Kleidung aus dem Koffer zurechtlegte, erkundete Mulder nebenan sein eigenes Zimmer. Keinen Fernseher, dafür ein älteres Radio, welches aber voll funktionstüchtig war, wie er nach dem Einschalten des Gerätes feststellen konnte. Er besah sich die Umgebungskarte des Camps und stellte fest, dass es ein ziemlich weitläufiger Wald war, in dem sie sich befanden. Der eigentlich perfekte Ort für einen Mord. Allerdings unter anderen, weniger auffälligeren, Umständen. „Dann wollen wir uns mal umziehen“, dachte er sich und packte leise pfeifend einige waldfeste Kleidungsstücke, sowie festes Schuhwerk aus. Als er fertig umgezogen war, betrachtete er sich in dem großen Wandspiegel neben der Zimmertür. Ja, so konnte man wohl diese Hütte verlassen, um in den tiefen Wald zu spazieren. Er nahm sich seine Trekkingumhängetasche und trat aus der Hütte.

Zufrieden begutachtete Scully ihr Spiegelbild und musste schmunzeln. So hatte sie ihr Partner jedenfalls noch nie gesehen. Sie trug eine ziemlich kurze hellbraune Shorts – man könnte sie Hotpants nennen – und eine enge beige Wanderbluse. Dazu hatte sie sich Trekkingschuhe in hellbraun angezogen und alles mit einem kleinen dunkelbraunen Vorratsrucksack abgerundet. Darin verwahrte sie ein Messer, zwei 0,5 Liter-Flaschen Mineralwasser, eine Packung Kekse, Kaugummis, Streichhölzer, einen Notizblock, einen Kugelschreiber, Pflaster und einen Verband mit Wund- und Heilsalbe. Man konnte ja nie wissen.

Zufrieden mit sich selbst verließ sie die Hütte und blickte sich suchend nach Mulder um. Wo steckte er nur? Er müsste normalerweise vor ihr fertig gewesen sein. Wahrscheinlich sah er sich ein wenig im Camp um und hatte die Zeit vergessen. Langsam ging sie zur Sammelstelle in der Mitte des Camps und ließ den Blick schweifen. Es war alles ruhig, nur das leise Klappern der Küchenutensilien war zu hören. Augenblicklich fühlte sie sich in ihre Jugend zurückversetzt. Damals, mit fünfzehn, war sie auch in einem Jugend-Ferien-Camp gewesen für mehrere Wochen. Ihre damals beste Freundin Kiara und sie waren so glücklich gewesen, zusammen Urlaub machen zu können und hatten viel Spaß gemeinsam. Ein wehmütiges Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Wie gern würde sie ihre Stimme noch einmal hören… ihr Gesicht sehen und sie umarmen. Doch das wird nicht möglich sein – nie mehr… denn… „Hey, Scully! Da sind Sie ja! Ich habe Sie bereits überall gesucht“, rief Mulder ihr zu und hob die Hand zum Gruß. Erschrocken sah sie in seine Richtung und riss sich zusammen. „Contenance, Dana“, wies sie sich in Gedanken zurecht.

„Ja, hier bin ich, Mulder. Ich hatte Sie gesucht – aber ich glaube, da hatten wir Beide die gleiche Idee und uns somit verpasst“, lächelte sie. „Sieht wohl ganz so aus, Partnerin“, grinste er und rückte seinen Indiana Jones Hut zurecht, der ihr jetzt erst auffiel. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und versteckte somit ein amüsiertes Grinsen vor ihm. Doch er hatte es bemerkt. „Scully, machen Sie sich etwa gerade über meinen tollen Indy-Hut lustig?“, schmollte er und verschränkte die Arme vor der Brust, um sie vorwurfsvoll anzuschauen. Scully räusperte sich, ließ die Hand sinken und blickte ihn mit großen Augen unschuldig an. „Iiiiich? Niemals, Mulder. So etwas würde ich nie tun!“, lächelte sie ehrlich und hob abwehrend ihre Hände.

Mulders Aufmerksamkeit fiel erst jetzt auf ihr Outfit. „Verdammt“, dachte er und ihm wurde gleichzeitig heiß und kalt. „Was für ein heißer Zweiteiler!“ Er bemerkte, wie kurz die Shorts waren und musste schlucken. Ihre Beine waren zwar kurz, aber dafür trainiert und es ließ sich kein Gramm Fett an ihnen ausmachen. Ihre Taille war schmal und er verspürte den Drang, sie zu umfassen und fest an sich zu ziehen. Gedankenversunken starrte er sie regelrecht an, was sie zunehmend irritierte. Hatte sie irgendwo einen Fleck oder ein Triangel in der Kleidung? Fragend sah sie an sich herab und Mulder schrak leicht zusammen. „Ich habe sie angestarrt“, fuhr es ihm siedend heiß durch den Kopf und räusperte sich lautstark. „Nun ja. Dann wollen wir mal losspazieren, oder? Ich habe eine Karte, auf dem der genaue Tatort eingezeichnet ist, Scully.“, erklärte er und zog eine gefaltete Karte aus der Tasche seiner Trekkinghose.
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