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Emily Returns (1/4)

von Jessica Hildbold

Kapitel 2

Als Mulder und Emily durch die Tür von Mulders Wohnung gingen fanden sie einen Briefumschlag, der durch den Türschlitz geschoben worden war. Darin befanden sich Papiere, die alle elterlichen Rechte für Emily Christine Mulder an ihre leiblichen Eltern, Fox William Mulder und Dana Katherine Scully übertrugen. Mulder seufzte leise, er wollte nicht, dass sich die Gerichte einschalteten. Er war sich sicher, dass sie ihn Emily nicht behalten lassen würden.

Mulder legte für Emily einen Videofilm in den Recorder, der sich zwischen ihren Sachen befunden hatte und wählte Scullys Nummer. Wieder meldete sich nur der Anrufbeantworter.

"Scully, ich bin's, Mulder. Ich muss wirklich mit Dir reden. Meine Nummer ist 555-8703. Ruf mich an, wenn du die Nachricht abhörst.

Mulder legte auf und starrte auf das Telefon. Plötzlich kam ihm der Gedanke, dass sie vielleicht an der Uni war. Er wählte die Nummer von ihrem Büro, die er von ihrem Anrufbeantworter erfahren hatte.

"Büro von Professorin Dana Scully. Hier ist Diane. Kann ich Ihnen helfen?", sagte eine junge Frau.

"Ja, kann ich mit Dana Scully sprechen?" fragte Mulder.

"Sie ist nicht da. Wollen Sie eine Nachricht hinterlassen?"

"Wissen Sie, wann sie wieder da sein wird? Es ist sehr wichtig, dass ich mit ihr rede."

"Dr. Scully macht dieses Semester eine Auszeit in Europa, aber Sie können ihr eine Nachricht hinterlassen, ich werde sie ihr mitteilen, wenn sie sich meldet."

"Okay", seufzte Mulder. "Bitte sagen Sie ihr, dass Fox Mulder, ja das ist mein richtiger Name, angerufen hat und es ist extrem wichtig, dass sie sich bei mir meldet. Sie kennt meine Nummer."

"Werde ich machen, Mister Mulder."

"Eins noch, Diane. Wie oft fragt sie nach Nachrichten?"

"Ehrlich gesagt, sie hat bis jetzt noch nicht angerufen, dabei ist sie schon seit über einem Monat weg."

"Danke."

"Auf Wiederhören."

"Ciao."

Mulder hängte den Hörer auf und lehnte sich zurück. Was sollte er jetzt tun? Es könnten Monate vergehen, bevor Scully zurückrief. Wenn sie überhaupt zurückrief. Auf einmal rief der Gedanke Emily alleine großziehen zu müssen Panik in ihm hervor. Ein Teil von ihm glaubte wirklich, dass wenn Scully zurückkam, sie drei eine Familie werden würden. Nun war es denkbar, dass sie nicht zurückkommen würde, oder wenn sie zurückkam, sie ein völlig neues Leben haben würde. Wer ging schon von sich aus nach Europa? Vielleicht hatte sie einen Freund, oder sogar einen Mann, der Emily nicht haben wollte, oder wenn sie Emily mit nach Iowa nehmen würde. Er würde es nicht aushalten, sie zu verlieren.

*Was ist mir dir los Mulder? Du kennst Emily erst seit einem Tag, weniger als einem Tag sogar, und du denkst schon, du könntest ohne sie nicht weiterleben. Du hörst dich an, wie ein Schauspieler in einem schlechten Film. Woher kommen diese starken Gefühle?*

Aber er kannte die Antwort, wenigstens einen Teil davon. Er hatte sich schon immer für die Frauen, die eine Rolle in seinem Leben spielten, verantwortlich gefühlt, seit Samantha verschwand und er hilflos zugucken musste. Nicht anders war es mit Emily. Er hatte sie schon vor drei Jahren geliebt. In dem Augenblick, in dem er hörte, dass Scully ein Kind hatte fühlte er sich irgendwie mit ihr verbunden, obwohl er sie nie zuvor gesehen hatte. Das Band zwischen ihnen wurde noch stärker, als er sie das erste Mal sah. Sie war so wunderschön. Aber es begann genau in der Nacht, als Emily krank wurde und er sie aus ihrem Bett hob, in dieser Nacht hegte er Vatergefühle in sich. Diese Gefühle waren auch nicht verschwunden, als Emily 'starb', er hatte sie nur tief in sich drinnen verborgen.

Emilys Gesang schreckte Mulder aus seinen Gedanken. Er starrte sie an, sie summte die Musik des Filmes mit. Sie wusste den ganzen Text und schien glücklich zu sein. Er konnte kaum glauben, dass das dasselbe Mädchen war, das bis jetzt kaum einen zusammenhängenden Satz zu ihm gesagt hatte, seit er sie kannte. Und das schloss ihr erstes Treffen vor drei Jahren mit ein. Natürlich, sie war auch damals schon sehr schüchtern gewesen, aber er hatte es auf die Umstände geschoben, die damals herrschten. Immerhin waren die einzigen Eltern, die sie jemals gehabt hatte gerade gestorben und sie wurde in ein Kinderheim gesteckt mit Leuten, die sie nicht kannte und denen sie nicht vertraute.

"Hey, Emily" Mulder setzte sich neben sie. Emily drehte sich um und sah ihn an. "Ist das (er zeigte zum Fernseher) deine Lieblingsserie?"

Sie nickte, unsicher, worauf er es hinaus wollte. Mulder fuhr fort "Könntest du mir etwas darüber erzählen? Ich habe sie nie gesehen."

"Klar", antwortete sie leise. Emily erzählte Mulder alles über die Serie. Mulder fühlte sich, als hätte er eine Art Durchbruch erzielt, als sie sich fast 15 Minuten mit ihm unterhielt. Natürlich war das nicht gerade das längste Vater-Tochter-Gespräch gewesen, dass jemals geführt worden war, aber es war ein Anfang und Mulder fühlte sich gut dabei.

Leider war dies einer der wenigen Erfolge, die Mulders und Emilys Beziehung in der nächsten Zeit haben würde.



Fast einen Monat später hatten Emily und Mulder ein leidlich funktionierendes Leben aufgebaut. Sie sprach jetzt schon viel ungezwungener mit ihm, aber eine große Menge hielt sie noch zurück. Mulder für seinen Teil war sich nicht sicher, wie er ein sechs Jahre altes Kind aufziehen sollte. Emily faszinierte ihn, aber sie verwirrte ihn auch zugleich. Sie mochte es nicht sich von ihm zu trennen, aber richtig öffnen wollte sie sich ihm auch nicht. So wenig, wie sie Mulder zu vertrauen schien, so sehr war er auch der einzige, dem sie vertraute. Es war, als würde er in einen Spiegel schauen.

Mulder schickte sie zur Schule, wie man es ihm gesagt hatte. Außerdem hatte er ihr sein Zimmer überlassen, damit sie ein wenig Privatsphäre hatte. Mulder hatte Angst davor umzuziehen, da er fürchtete Scully würde ihn dann nicht finden, wenn sie irgendwann wiederkommen würde.

Mulder hatte immer wieder, ohne Erfolg, versucht in Kontakt mit Scully zu treten. Entweder rief sie ihre Nachrichten bei sich zu Hause und im Büro nicht ab (er hinterließ an beiden Stellen regelmäßig Nachrichten), oder sie wollte nicht mit ihm sprechen, schon gar nicht im Urlaub. Nicht, dass er sie nicht verstehen konnte, er hatte schon immer ein Problem damit gehabt, sie in Ruhe Urlaub machen zu lassen. Er erwägte es herauszufinden, wo Mrs. Scully wohnte, aber er wollte weder jemanden damit beauftragen, noch hatte er selber Zeit sich damit zu beschäftigen. Außerdem wusste er nicht, wie er Emily zu Scullys Mutter kriegen sollte. Am Ende nahm er sogar all seinen Mut zusammen und versuchte mit Bill, Scullys Bruder, zu reden. Aber Bill legte jedes Mal einfach auf, wenn er anrief und gab ihm damit zu verstehen, dass Mulder sich aus Scullys Leben heraushalten solle. Nach fünf Anrufen gab er auf. Er entschied, dass er nur mit Scully reden würde und das auch nur, wenn sie bereit dafür war.

Außerdem verbrachte Mulder so viel Zeit, wie er konnte mit seiner Tochter. Emily sollte sich bei ihm geborgen fühlen, damit sie sich ihm öffnen könnte. Er wollte sie kennenlernen und er wollte, dass sie ihn kennenlernte. Allerdings wusste er auch, dass es für sie beide ein langer, schwerer Prozess werden würde.

Der größte Durchbruch für die beiden kam, als Mulder es am wenigsten erwartet hatte. Er und Emily hatten es sich angewöhnt Sonntags morgens früh aufzustehen, um in die Kirche zu gehen. Obwohl Mulder nicht katholisch war, glaubte er, dass es ziemlich wichtig für Emily war den Glauben kennenzulernen, an den Scully gelernt hatte zu glauben. Er dachte, es würde Emily helfen, sich Scully näher zu fühlen. Und er fühlte sich so auch näher mit Scully verbunden. Mulder war überrascht herauszufinden, wie aufgeschlossen er der Kirche gegenüber war. Zugegeben, er würde niemals ein absolut gläubiger Mensch werden, aber es war eine nette, stille Zeit, die er und Emily zusammen verbringen konnten. Nach der Kirche gingen sie in einem kleinen Restaurant in der Nähe der Kirche frühstücken und danach liefen sie zu einem Spielplatz in der Nähe ihrer Wohnung und spielten ein paar Stunden im Schnee. Nach dem Abendessen half Mulder Emily dann für gewöhnlich bei den restlichen Hausaufgaben, bevor sie badete und dann ins Bett ging.

Diesen Sonntag änderten sie ihren Zeitplan etwas. Anstatt zum Spielplatz zu gehen begann Mulder Emilys Schlafzimmer zu streichen, damit es ein bisschen mehr nach einem Mädchenschlafzimmer aussah. Emily entschied, dass sie zusammen einen Himmel an die Wand malen würden, und Mulder beschloss, dass das ein tolles Vater-Tochter Projekt werden würde. Sie verbrachten den Großteil des Nachmittags malend und lachend. Mulder hatte Emily noch nie so viel lachen sehen. Sie schien wirklich glücklich und zufrieden zu sein.

Nachdem er die Decke zuende gestrichen hatte kletterte Mulder die Leiter herunter. "Und, was meinst du, Baby Girl?" Es war ihm zur Gewohnheit geworden sie so zu nennen und Emily schien es ihm nicht übel zu nehmen.

"Ich liebe es!"

"Gut", erwiderte er. "Ich wasche jetzt ab und mache Abendessen. Hilfst du mir?"

"Ja. Ich bin in einer Minute da." Emily sah sich mit einem großen Lächeln auf dem Gesicht im Zimmer um. Mulder wollte gerade das Zimmer verlassen, als Emily ihn aufhielt "Warte", sagte sie sanft. Sie lief auf ihm zu und gab ihm einen Kuss "Danke, Papa."

Mulders Herz schlug schneller und ein Gefühl des Glücks überflutete ihn. Papa. Sie hatte ihn Papa genannt. Nicht, weil sie es musste, sondern weil sie es wollte. Er konnte sich nicht erinnern, sich jemals besser gefühlt zu haben. "Kein Problem, Baby Girl."

Von diesem Zeitpunkt an wurde ihre Beziehung ziemlich eng. Nach einer Zeit konnte sich Mulder kaum daran erinnern, dass sie ihn jemals abgelehnt hatte. Obwohl Emily ihm jetzt sehr vertraute, sprach sie trotzdem nie darüber, wo sie vorher gelebt hatte, und wer Anna war. Mulder bemerkte auch, dass Emily niemals Fragen über ihre Mutter stellte, sich niemals darüber wunderte, dass sie nicht da war. Nie fragte sie nach einem Foto von ihrer Mutter, nicht dass sie eines gebraucht hätte, da sie anscheinend das photographische Gedächtnis ihre Vaters geerbt hatte. Sie wollte auch nie Geschichten über ihre Mutter hören, wie die meisten Kinder, deren Eltern nicht da waren. Das einzige Mal, dass sie Scully erwähnte war einmal, als Mulder sie zu Bett gebracht hatte und Emily ihr Nachtgebet sprach.

"Gott segne Papa und Onkel Frohike und Onkel Langly und Onkel Byers und meine Lehrer und meine Freunde und alle Menschen auf dieser Welt, und beschütze Josh und Jacob", sagte Emily, wie jede Nacht während der letzten zwei Monate, seit sie ihn das erstemal 'Papa' genannt hatte. Mulder wusste nicht, wer Josh und Jacob waren, aber Emily vergaß sie nie. Dann sprach sie leiser weiter. "Und segne meine Mutter. Und bitte beschütze Anna und lass sie wissen, dass ich sie liebe und ganz doll vermisse. Amen."

"Amen", sagte Mulder und deckte sie zu. Er küsste ihre Stirn "Gute Nach, Baby Girl."

"Warte, Papa", rief Emily, als er gehen wollte. "Du hast unser Lied vergessen."

Mulder seufzte. Es war das, was er an ihrem abendlichen Ritual am wenigsten leiden konnte, und Emily dafür am meisten. Er seufzte erneut, gab aber nach. Als er fertig gesungen hatte, versuchte Mulder mehr über Anna herauszufinden. "Hat Anna für dich gesungen?"

Wenigstens wich sie ihm nicht sofort aus. "Anna hat oft für mich gesungen, sie sagte es hilft ihr sich besser zu fühlen."

"Hat Anna sehr viel Zeit mit dir verbracht?"

"Natürlich! Sie war meine ... ach, egal."

"Sie war deine was, Baby Girl?"

"Meine, meine Fürsorgerin. Jeder hatte eine." Emily biss sich auf ihre Lippe und guckte auf ihre Hände. Mulder wusste, dass sie noch viel mehr verbarg, aber er wusste auch, dass er sie zu nichts zwingen konnte. Wieder küsste er ihre Stirn und stand auf. Das kleine Nachttischlämpchen ließ er an "Gute Nacht."

Als er die Tür schloss sagte er zu sich selbst "Okay, Anna. Wer bist du? Und wieso hast du so einen großen Einfluss auf mein kleines Mädchen?"



Mulder wachte mitten in der Nacht auf. Emily rief nach ihm. Er sprang vom Sofa auf und rannte in ihr Schlafzimmer. Sie schlug in ihrem Bett wild um sich. Es war wohl ein schlimmer Albtraum, sie hatte schon einige in den letzten eineinhalb Monaten gehabt, in denen es immer um Anna ging. Es ging ihr genauso wie Mulder früher mit Samantha. Anna war etwas passiert, da war sich Emily ganz sicher.

"Es war nur ein Traum, Baby Girl. Ich bin mir sicher, es geht Anna gut." versuchte Mulder Emily zu beruhigen, als Emily ihm ihren Traum beschrieb.

"Woher weißt du das?"

"Vertrau mir", antwortete Mulder. Er lächelte und Emily lächelte zurück. Mulder deckte sie wieder zu. "Und jetzt schließ deine Augen und denk an etwas Schönes. Ich bleibe bei dir, bis du wieder einschläfst."

"Nein, Papa. Kannst du nicht die ganze Nacht hier bleiben?"

"Okay." Er legte sich neben sie. "Jetzt schließe deine Augen."

Emily war einen Moment lang still. "Papa? Kann ich dich etwas fragen?"

"Natürlich, Baby Girl." Mulder hatte das Gefühl, dass es noch etwas dauern würde, bis Emily einschlief.

"Wieso ist sie nicht hier?"

"Wer denn?"

"Meine, meine Mutter", erwiderte sie leise. Mulder guckte sie nicht an, er war sich nicht sicher, was er sagen sollte. "Deine Mutter macht eine lange Reise und ich kann nicht mit ihr reden. Aber keine Angst. Sobald deine Mutter wiederkommt, wird sie für dich da sein. Nichts wird sie davon abhalten, ihr kleines Mädchen wiederzusehen."

"Oh", antwortete Emily ohne irgendeine Emotion. Ein paar Minuten lang schwieg sie. "Werde ich bei ihr wohnen müssen?"

"Nicht, wenn du das nicht willst." Das hier ist dein zuhause und du musst es nicht verlassen. *Was zum Teufel tust du hier Mulder? Du hast nicht das Recht ihr das zu versprechen. Du hast noch nicht mit Scully darüber gesprochen. Du hast überhaupt noch nicht mit ihr über Emilys Rückkehr gesprochen!*

Emily lächelte "Papa, liebst du sie?"

Mulder zögerte. Diese Frage hatte er nicht erwartet und er wusste nicht, wie er antworten sollte. "Was?"

"Anna hat gesagt, dass ihr euch sehr, sehr liebt, aber dass keiner von euch beiden jemals darüber geredet hat, noch nicht mal mit jemand anderem. Stimmt das?"

"Anna hat dir bestimmt eine Menge erzählt", antwortete Mulder ausweichend.

"Anna hat gesagt sie wollte, dass ich vorbereitet bin, wenn ich wiederkomme, damit ich nicht eine Menge Fragen stelle, die meine Eltern nicht beantworten wollen."

"Sie hat dir das gesagt?"

"Nein, ich habe sie eine Nacht belauscht, als sie mit Josh gesprochen hat."

"Wer ist Josh?"

"Einer von den Erwachsenen im Haus. Die Erwachsenen waren verantwortlich für die Kinder."

"War Jacob einer von den Erwachsenen?"

"Nein, er war auch ein Kind."

"Anna war eine von den Erwachsenen?"

"Natürlich. Manchmal musste sie fortgehen, aber nicht für lange. Anna hat gesagt, sie hasst es getrennt von mir zu sein. Aber sie musste jemanden suchen."

"Wen?"

"Ich weiß es nicht, sie wollte es mir nicht sagen. Hey! Du hast das Thema gewechselt!"

"Stimmt, das habe ich." Er guckte Emily an. "Ja, Emily, ich liebe deine Mutter. Das habe ich immer getan, und das werde ich immer tun."

"Anna hat gesagt, dass ihr zusammengehört und das ich diejenige sein soll, die euch zusammenbringt."

Mulder lächelte in sich hinein. Wo hatte er das nur schon einmal gehört? "Es ist spät, Baby Girl. Mach deine Augen zu und schlafe."



Mulder wachte früher auf als Emily. Er hatte nicht unbedingt gut geschlafen die letzte Nacht, da er über Anna nachgedacht hatte. Wer war sie und was bedeutete ihr Emily? Emily wusste es, aber sie wollte ihm nichts sagen. Irgendwie hatte es diese Anna geschafft, ein sechsjähriges Mädchen davon zu überzeugen, wie wichtig es war, ihre Identität geheim zu halten.

"Guten Morgen, Baby Girl", sagte Mulder fröhlich, als sie aus dem Schlafzimmer kam. Er stoppte, als er einen Blick auf ihr Hemd warf. Die Aufschrift lautete "Produkt von Regierungsexperimenten". "Wo hast du das Hemd her?"

"Onkel Frohike hat es mir gegeben", antwortete sie. "Er hat gesagt, es würde dich wahnsinnig machen. (Sie kicherte) Ich denke, er hatte Recht."

"Ja, das glaube ich auch", sagte Mulder kopfschüttelnd. Sein Freund hatte manchmal eine kranke Art von Humor. "Geh und zieh dir bitte ein anderes Hemd an. Wir wollen doch nicht zu spät kommen."

Nach dem Frühstück kämmte Mulder Emilys Haare und flocht ihr zwei Zöpfe, eines von vielen Dingen, die er in den letzten Monaten gelernt hatte und von denen er nie gedacht hatte sie jemals lernen zu müssen. Er und Emily gingen aus der Tür um die anderen Kinder der Fahrgemeinschaft aufzugabeln, die Mulder morgens und eine Mutter, Frau Ellwood, nachmittags führte. Als Mulder wiederkam, las er sich innerhalb der nächsten Stunden einige Berichte über die Gruppe, der Anna anzugehören schien durch. Die Berichte hatte er von den Lone Gunmen erhalten. Er war immer noch nicht viel weitergekommen mit der Frage, wer sie war, als er die Berichte durchhatte. Anna war sehr gut, wenn es darum ging Spuren zu verwischen.

Es war fast halb vier als Mulder auf seine Uhr sah und feststellte, dass Emily in einer halben Stunde nach Hause kommen würde. Er begann das Wohnzimmer sauberzumachen, als es an der Tür schellte. Mulder legte Emilys Spielzeug in die Spielzeugkiste in ihrem Zimmer und rief "Ich bin gleich da."

Er ging sich noch einmal mit seiner Hand durch die Haare und ordnete seine Kleidung, bevor er langsam die Tür öffnete.

"Scully", flüsterte er. Sein Herz schlug schneller.

"Hallo Mulder", erwiderte sie.

"Was tust du hier?"

"Ich habe deine Nachrichten gekriegt. Ich bin in der Stadt um ein paar Freunde zu besuchen und dachte, dass ich dich besuchen sollte, bevor ich nach Iowa zurückgehe. Ich war in Europa, aber das weißt du ja. Ich hoffte, dass du zuhause bist. Der Anzahl deiner Anrufe nach schien es zu wichtig zu sein, als das ein Anruf genügt hätte."

"Äh, komm doch herein", bat Mulder sie hinein. Sein Herz schlug schnell und seine Handflächen fühlten sich verschwitzt an. *Wie sollte er ihr das mit Emily erzählen? Er überlegte. Wie sollte er Emily von Scully erzählen?* "Setz dich doch. Ich-"

Das Telefon klingelte.

"Ich bin gleich wieder da", versprach Mulder und ging in Emilys Schlafzimmer, dankbar noch einen Moment Aufschub zu bekommen. Scully setzte sich auf das Sofa nachdem sie eine Decke zur Seite geschoben hatte. *Du schläfst noch immer auf dem Sofa, Mulder? dachte sie.* Scully verlagerte ihr Gewicht, als sie sich auf das Sofa setzte und bemerkte, dass sie sich auf etwas drauf gesetzt hatte.

"Was zum Teufel?" sagte sie und hob eine Puppe mit roten Haaren und blauen Augen auf. Scully starrte die Puppe an und wunderte sich, warum Mulder so etwas in seiner Wohnung hatte. Ihr Blick wanderte zu dem Fernseher, auf dem mehrere Fotos standen. Scully ging hin und nahm das in der Mitte in die Hand, immer noch die Puppe in der linken haltend. Es war ein Foto von Mulder und Emily nach ihrer ersten Ballettstunde.

"Scully", begann Mulder zu sagen, als er in das Zimmer zurückkam. Er blieb in der Tür stehen, als er sie mit dem Foto sah. Sie sah ihn fragend an. Obwohl er ihr alles erzählen wollte, brachte er kein Wort über seine Lippen. Sie starrten sich einige Minuten lang schweigend an. Dann ging die Tür auf und Emily kam herein. Beide, Scully und Mulder drehten sich zu ihr und sahen sie an.

"Papa, ich bin zuhause!" Rief sie und schmiss ihre Schultasche und ihre Jacke achtlos auf den Boden. "Frau Ellwood hat gesagt, dass du noch Kekse für unseren Kuchenverkauf am Montag machen musst!"

Emily stoppte, als sie Scully im Wohnzimmer sah. Ihr Gesicht wurde blass.

"Papa" wimmerte sie. Emily rannte zu Mulder, der sie hochhob und an sich drückte.

Scully guckte die beiden geschockt an. Tränen stiegen in ihre Augen und sie musste darum kämpfen nicht umzufallen. Wut stieg in ihr auf. Es war ihr kleines Mädchen, ihre Emily. Wenigstens sah sie so aus wie Emily. Sie hatte Emilys Gesicht, nur eben älter. Diese Augen, sie hatten das gleiche babyblau, das sie immer gehabt hatten. Konnte dass das Kind sein, das sie drei Jahre vorher verloren hatte? Aber sie war tot, sie konnte es nicht sein. Und dann war ihr Körper aus dem Sarg verschwunden. Was, wenn sie nicht tot gewesen war, als sie sie herausgenommen hatten. Was wenn Scully noch drei Jahre von dem Leben ihrer Tochter verpasst hatte? Oder was, wenn das hier gar nicht Emily war, sondern ein Klon oder ein anderes Kind, das genauso aussah?

Und was tat sie da mit Mulder? Wieso nannte sie ihn 'Papa'? Was in Gottes Namen ging hier vor? Dem Foto nach zu schließen war dieses Kind schon seit einiger Zeit hier. In ihrem Kopf drehte sich alles.

"Scully, ich kann alles erklären", sagte Mulder. Sie sah ihn an, sie hatte Angst zu antworten. "Baby Girl, ich muss mit deiner Mutter reden. Kannst du auf mich in deinem Zimmer warten?"

"Klar, Papa.", erwiderte Emily, die versuchte ihre Tränen zu unterdrücken. Mulder nahm Scully die Puppe aus der Hand. "Hier, nimm Katherine mit."

Emily nahm die Puppe aus Mulders Hand. Bevor sie sich umdrehte und in ihr Zimmer ging, warf sie Scully noch einen undefinierbaren Blick zu. Mulder wandte sich wieder Scully zu. "Setz dich bitte. Wir müssen über eine Menge reden."

Scully setzte sich neben Mulder auf das Sofa. "Was geht hier vor, Mulder? Wer ist das Mädchen?"

"Du weißt, wer sie ist Scully. Sie ist Emily Sim. Nun ja, wenigstens war sie das. Jetzt heißt sie Emily Christine Mulder."

"Wie kann das sein? Ich habe sie sterben sehen. Ich saß neben ihr, als sie anfing langsamer zu atmen und ihr Herzschlag immer langsamer kam. Sie war tot!"

"Als du, als wir, dachten, dass Emily tot war lagen wir falsch. Sie fiel in ein tiefes Koma. Anscheinend war es ein Verteidigungsmechanismus der Krankheit, welche sie hatte, so dass die Männer bei jedem Kind, das in die falschen Hände fiel, Zeit hatten es zurückzuholen. Nur, dass sie Emily nicht zurückgeholt haben."

"Wer dann?"

"Eine Frau namens Anna und ihre Gruppe. Laut ihr, den Lone Gunmen und den Fakten, die ich bis jetzt über sie gesammelt habe sind die Mitglieder dieser Gruppe die Ergebnisse früherer Regierungsexperimente. Sie konnten fliehen und haben es zu ihrem Lebensziel gemacht andere Kinder vor diesen Experimenten zu retten, sie zu heilen, und sie ihren leiblichen Eltern zurückzugeben."

"Und das ist mit Emily passiert?" Er nickte. Scully fuhr fort. "Wie kannst du dir da so sicher sein?"

"Eine Probe ihres Blutes haben wir zu den Lone Gunmen geschickt, bevor sie 'starb', so dass sie es vergleichen konnten. Anscheinend gibt es eine Art von Nebenprodukt, das entsteht, wenn ein Klon erzeugt wird, etwas so kleines, dass man es gezielt suchen muss und Emily weist keine Anzeichen davon auf. Das ist das Kind, von dem du dachtest, es wäre vor drei Jahren gestorben, nur dass sie jetzt vollkommen gesund ist. Abgesehen von einer kleinen Erkältung, die jedes Kind mal durchmacht."

"Wie ist sie hierher gekommen, Mulder?"

"Sie wurde eines Nachts von dieser Frau, Anna, zu mir zurückgebracht. Ich erhielt einen Anruf, dass ich mich mit jemanden treffen sollte, der einige Informationen für mich haben sollte. Das einzige was ich darüber erfuhr war, dass es etwas mit dir zu tun hatte. Als ich dort eine Weile gewartet hatte, kam sie mit Emily auf mich zu. Sie erzählte mir von ihrer Gruppe, die mir später von den Lone Gunmen bestätigt wurde, und sie erzählte mir, dass Emily nicht nur deine, sondern auch meine Tochter ist."

"Wann war das?"

Mulder seufzte. "Im Januar."

"Es ist Ende Mai, Mulder. Du hast mein Kind jetzt seit über vier Monaten und hast mir nichts davon gesagt."

"Ich habe versucht dich zu erreichen. Ich habe jede Menge Nachrichten in deinem Büro und bei dir zuhause hinterlassen. Du hast selbst gesagt, dass du sie erhalten hast. Was sollte ich tun? 'Hey Scully, hier ist Mulder. Ich wollte dir nur sagen, dass Emily noch am Leben ist. Ruf zurück, sobald du kannst.' sagen? Ich habe getan, was ich konnte."

"Wieso hast du nicht mit meiner Mutter geredet?"

"Ich habe ihre neue Nummer nicht. Und ich wollte nicht jemanden damit beauftragen, sie zu suchen. Ich hatte keine Zeit sie selber aufzuspüren. Außerdem wäre es auch nicht besser gewesen, deiner Mutter eine Nachricht zu hinterlassen, ich habe ihr schon genug Schmerzen zugefügt. Ich wusste nicht, wie ich ihr das erklären sollte."

Scully seufzte, sie wusste er hatte Recht. Mulder fuhr fort mit seiner Erklärung. "Ich habe sogar deinen Bruder Bill drei- oder viermal angerufen, aber er hat nur den Hörer wieder auf das Telefon geknallt, als er nur meine Stimme gehörte hatte. Ich dachte das beste, was ich tun könnte wäre Emily so gut wie ich konnte aufzuziehen und darauf zu warten, dass du wiederkommst. Ich weiß, dass du es lieber direkt erfahren hättest, als sie wieder auftauchte, aber dafür ist es jetzt zu spät. Du kannst dein kleines Mädchen immer noch kennenlernen. Ja, es ist wahr, dass Emily und ich uns ein eigenes Leben aufgebaut haben, aber das heißt nicht, dass du keinen Platz darin hast."

Scully biss sich auf ihre Lippe. "Ich habe auch ein neues Leben aufgebaut, in Iowa. Was für eine Mutter könnte ich ihr sein?"

"Meinst du damit, dass Emily nicht in dein neues Leben passt?"

"Nein! Ich weiß nur nicht wie viel ihr eine Mutter nützen würde, die nie da ist."

"Scully, wieso machst du dir nicht erst mal Gedanken darüber, wie du deine Tochter neu kennenlernen kannst, bevor du dir Sorgen darüber machst, wie die Zukunft aussehen wird. Kannst du die nächsten paar Wochen in Washington bleiben? Nächste Woche ist Emilys letzte Woche vor den Ferien."

"Kann ich in zwei Stunden zurückkommen? Nein, warte, ich sollte ihr mehr Zeit geben. Kann ich morgen wiederkommen? Ich brauche etwas Zeit meine Gedanken zu sortieren, und Emily braucht wohl auch etwas Zeit sich mit der neuen Situation anzufreunden."

"Das wäre gut. Das gibt mir genug Zeit Emily alles zu erklären."

"Okay, wir sehen uns dann morgen." Scully stand auf und ging in Richtung Tür. "Bye Mulder. Sag Emily, dass ich Morgen wiederkomme."

Er nickte und stand auf, als sie weg war. Er atmete noch einmal tief ein und ging dann in Emilys Schlafzimmer.

Mulder versuchte Emily davon zu überzeugen unter der Bettdecke hervorzukommen. Sie hatte sich dort versteckt.

"Komm schon, Baby Girl", sagte Mulder. Er kniete neben ihrem Bett nieder. "Es ist okay, wenn du herauskommst, wir sind allein."

"Aber sie kommt wieder", erwiderte Emily.

"Sie kommt wieder um dich zu sehen. Sie will dich genauso kennenlernen, wie ich. Willst du sie nicht kennenlernen?"

"Nein! Ich will, dass sie geht.!"

Mulder seufzte. Er verstand nicht, warum Emily sich so dagegen wehrte mit ihrer Mutter zu reden. "Wollte Anna nicht etwa, dass du sie kennen lernst? Ist es nicht das, warum sie dich hierher gebracht hat?"

"Das ist mir egal!"

Mulder seufzte noch einmal und wartete einige Minuten, bevor er weitersprach. Seine Stimme wurde sanft. "Was ist los, Emily? Wieso willst du nicht, dass sie hier ist?"

Emily fing an zu weinen. "Ich will nicht von dir weg, Papa."

"Baby Girl, das wirst du auch nicht. Du kannst für immer bei mir bleiben, wenn du willst."

"Nein, sie wird machen, dass du weggehst!"

"Wieso Baby Girl? Wieso sagst du das?"

"Weil das letzte Mal, dass sie da war mein anderer Vater wegging und dann musste ich ins Krankenhaus, und man tat mir weh, Papa. Es tat sehr weh. Und dann hat auch sie mich verlassen." Mulder zog ihr die Decke weg und trocknete ihre Tränen. "Sie hat dich nicht verlassen, Emily. und sie ist es nicht schuld, dass dein anderer Vater wegging. Die Männer, die dich früher verletzt haben, diejenigen vor denen deine andere Mutter Angst hatte, die haben dir deinen anderen Vater weggenommen. Deine Mutter, Scully, hat versucht dir zu helfen, als du krank warst. Sie wollte dich nicht verlassen; sie wollte dich beschützen. Deine Mutter liebt dich wirklich sehr. Und sie wird dich mir nicht wegnehmen, wenn du das nicht willst. Sie will dich nur glücklich machen. Willst du ihr nicht wenigstens eine Chance geben? Vielleicht magst du sie ja."

"Das hat Anna auch gesagt", erwiderte Emily. Sie nickte. "Ja, ich werde ihr eine Chance geben."

"Gut, sie kommt morgen noch einmal."

"Du wirst nicht weggehen, oder?"

"Nein, Baby Girl, ich werde so lange bei dir bleiben, wie du willst", versprach Mulder. Er stand auf und hob sie hoch und trug sie ins Badezimmer. "Wie müssen die noch dein Gesicht waschen, bevor deine Onkel hierher kommen. Es ist Freitag Abend, oder hast du das vergessen?"

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Am nächsten Tag standen Mulder und Emily früh auf, um auf Scully zu warten. Er fragte sie, ob sie einen Film gucken oder ein Spiel spielen wolle, aber sie wollte nicht. Emilys einziger Wunsch war es auf Mulders Schoss zu sitzen und ihm beim Singen zuzuhören. Dass er dabei nicht immer den richtigen Ton traf schien sie nicht zu stören, sie starrte einfach nur ins Nichts, wie als Langly ihr Blut abgenommen hatte. Es machte ihm Angst. Aber es gab nichts, was er tun konnte, außer sie zu halten und zu singen.

Nachdem sie zwei Stunden dort gesessen und gewartet hatten stand Scully vor der Tür. Sie richtete sich noch einmal ihre Haare und klopfte nervös an die Tür. "Mulder, ich bins."

Er guckte Emily an. "Fertig?"

Sie nickte, machte aber keine Anstalten sich zu bewegen. Allerdings war sie aus ihrer Trance aufgewacht.

"Komm rein, es ist offen", rief Mulder.

Scully ging vorsichtig durch die Tür. Emily saß zusammengekauert auf Mulders Schoss und Scully fühlte einen Stich in ihren Herzen. *Wieso bin ich eifersüchtig? fragte sich Scully. Ich weiß nichts darüber, wie man ein Kind aufzieht. Außerdem haben Emily und Mulder sich schon ein Leben aufgebaut und kaum bin ich hier bringe ich alles durcheinander. Ich sollte mich umdrehen, durch die Tür gehen und sie alleine lassen.* Scully setzte sich an das Ende der Couch. "Hi Emily."

Emily guckte sie nur kurz an, bevor sie sich enger an Mulder schmiegte.

Mulder räusperte sich. "Hast du es geschafft dir die nächsten paar Wochen freizuhalten, um hier zu bleiben?"

"Ja." Sie vertiefte es nicht weiter und Mulder fragte auch nicht. Die drei saßen die nächsten paar Minuten einfach nur still da. Das Telefon klingelte und Mulder versuchte aufzustehen um abzunehmen, aber Emily versteifte sich plötzlich. Mulder stand auf und setzte sie auf einen Stuhl. Sie guckte ihn mit großen, angsterfüllten Augen an. "Geh nicht, Papa", flüsterte sie.

"Es ist alles in Ordnung, Emily. Beschäftige dich ein bisschen mit deinen Malbüchern, ich bin gleich wieder da." Mulder ging aus dem Raum. *Gott sei Dank gibt es Vertreter, dachte er.* Emily rannte zum Schreibtisch und nahm die Buntstifte und ihr Malbuch unter ein paar Akten von Mulder hervor. Sie setzte sich auf den Boden und begann zu malen.

"Was für ein Buch ist das?" fragte Scully vorsichtig. Emily sah sie an, antwortete aber nicht.

So schnell gab Scully nicht auf. Sie stand von der Couch auf. "Kann ich mich hierhin setzen?"

Emily zuckte mit den Achseln und malte weiter. Ein paar Minuten lang sah Scully ihr zu. "Du bist die beste Malerin, die ich kenne."

Emily versuchte ihr Lächeln zu verbergen. "Anna hebt alle Bilder auf, die ich für sie male", sagte sie offen.

"Wer ist Anna?" Scully war verwirrt. War Anna ihre Babysitterin? Oder hatte Mulder eine Freundin? Wer war sie?

Emily senkte ihren Kopf und schüttelte ihn.

"Du kannst es mir ruhig sagen", versucht Scully es weiter.

Emily warf ihre Buntstifte auf den Boden. "Nein!" schrie sie und rannte in ihr Schlafzimmer. Scully blieb geschockt auf dem Fußboden sitzen. Sie war sich nicht sicher, was da gerade passiert war. Mulder kam in das Zimmer, da er den Schrei gehört hatte und nun sehen wollte, was passiert war. Bis jetzt hatte er in der Küche gewartet um Scully und Emily ein bisschen Zeit alleine verbringen zu lassen.

"Was ist passiert?", fragte er.

"Ich weiß es nicht." Scully setzte sich auf das Sofa und Mulder auf einen Stuhl. "Wir haben über das Malbuch geredet, nun ja, eigentlich habe ich geredet. Dann habe ich sie gefragt, wer Anna ist. Sie wurde wütend und stürmte aus dem Zimmer. Wer ist Anna?"

"Anna ist die Frau, die Emily zu mir gebracht hat."

"Stimmt. Wie konnte ich das vergessen?"

"Sie ist noch mehr, aber ich bin mir nicht sicher, was. Ich weiß, dass sie Emily aufgezogen hat von dem Zeitpunkt an, an dem sie Emily aus dem Sarg geholt haben, bis sie sie mir übergeben hat. Emily sagt, sie war ihre 'Fürsorgerin', aber ich glaube sie ist mehr als das. Emily hat mir gesagt, was sie und Anna gemacht haben, aber sie hat Anna versprochen nicht zu sagen, wer sie ist."

"Oh." Scully verstummte für ein paar Minuten. "Sie hasst mich."

"Sie hasst dich nicht. Wieso sagst du das?"

"Mulder, schau dir doch an, wie sie sich in meiner Gegenwart verhält. Sie kann es kaum akzeptieren, wenn ich in dem selben Raum bin."

"Scully, dies ist der erste Tag, an dem sie wieder Kontakt mit dir hat. Sie muss sich wieder an dich gewöhnen. Sie muss sich daran gewöhnen wieder eine Mutter zu haben. Genauso wie Anna eine wichtige Person in ihrem Leben war, sie war niemals ihre Mutter. Emily hat mir das oft erzählt. Außerdem ist sie ein sehr schüchternes Kind. Es hat mehr als einen Tag gedauert bis sie überhaupt mit mir gesprochen hat und noch viel länger, bis sie mir vertraut hat; mir richtig vertraut hat."

"Sie ist nie vor dir weggelaufen, oder?"

Mulder seufzte und antwortete nicht. Es war wahr. Emily zeigte ihm nie ihre Wut und ihre Verärgerung wie sie es bei Scully tat.

"Das dachte ich mir."

"Ich werde dir etwas sagen, was Emily mir erzählt hat. Ich sollte das wahrscheinlich nicht tun, aber vielleicht verstehst du sie dann besser. Gestern Abend, nachdem du gegangen warst haben Emily und ich uns unterhalten. Sie erinnert sich an fast alles, was mit ihr passiert ist, als sie drei war. Das arme Kind hat mein photographisches Gedächtnis geerbt. Scully, als du in ihr Leben getreten bist hatte sie gerade ihre Adoptivmutter verloren und kurz darauf verlor sie ihren Adoptivvater. Die einzigen Eltern, die sie je hatte. Dann kam sie zurück ins Krankenhaus, einen Ort, den sie hasst. Wir beide wissen, wie schrecklich ihr Aufenthalt dort war. Sie verbindet all diese schrecklichen Erinnerungen mit dir. Und sie ist wütend. Sie ist sehr wütend auf dich. Es wird sehr lange dauern, bis du ihr Vertrauen gewonnen hast, und es wird schwer werden. Aber wenn du dich bemühst und nicht aufgibst, dann wird sie ihre Wut überwinden."

"Denkst du das wirklich?"

"Ja."

"Okay." Scully stand auf. "Ich sollte jetzt gehen. Ich habe Emily für heute genug verärgert. Sie wird nicht mehr mit mir reden."

"Sie wird. (Sie sah ihn skeptisch an) Okay, sie wird wohl nicht. Wieso bleibst du nicht hier? Statt in einem Hotel meine ich." Auch Mulder stand auf. "Das wird dir die Chance geben Emilys Tagesablauf kennenzulernen und es wird euch beiden die Möglichkeit geben euch besser kennenzulernen."

Sie sah ihn skeptisch an.

"Emily wird damit einverstanden sein", fuhr Mulder fort, "und ich kann in einem Schlafsack in Emilys Zimmer schlafen. Ich habe das schon mehrmals gemacht. Du kannst auf dem Sofa schlafen. Deine Kleidung wirst du allerdings zusammen mit meiner in den Schrank quetschen müssen."

"Wieso hast du dir nicht eine größere Wohnung gemietet?"

"Ich wollte sichergehen, dass du weißt wo du mich finden konntest, wenn du wiederkommen würdest", erwiderte er. "Heißt das, du bleibst?"

"Ja, ich bleibe."

"Großartig!"

Scully grinste. "Ich habe mein Hotelzimmer bis morgen gemietet. Ich werde die Nacht dort bleiben und komme dann Morgen Nachmittag wieder. Emily braucht mehr Zeit und ich auch."
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