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The devil's fire

von Marion Kirchner

Kapitel 16

Kapitel 16
Tiere der Nacht





Die Räder des roten Jeeps bremsten schlagartig und die schlammigen Pfützen ließen ihre brauen Tropfen bis an die oberen Hälften der Fenster vordringen. Wuchtig schlug Mulder die Fahrertür beiseite und stieg aus dem Wagen. Er ließ seinen Blick zufrieden um die in Dunkelheit schimmernde Umgebung schweifen. Es schien düster, leicht unheimlich. Alles war schwarz und farblos und ließ die beiden Agenten fast vollkommen in sich verschwinden. Nun folgte ihm auch Scully. Sie ließ ihre Wanderschuhe vorsichtig in den schlammigen Boden gleiten und trat neben ihren Partner.

Mulder setzte sich nach tiefen Durchatmen in Bewegung und verließ den schmalen Schlammstreifen, den so mancher als Straße bezeichnete. Langsam Schritt für Schritt drang er tiefer in die Finsternis des Waldes ein. Scully versuchte mit etwas Mühe seinen Schritten gleich zuhalten. Beide schoben wirres Gestrüpp beiseite und bahnten sich ihren Weg ins Ungewisse. Es schien fast als schaufle man sich als Abenteurer selbst ein Grab. Mit jedem Schritt ein Zentimeter tiefer in den Friedhofsboden, in die Hölle der Verderbens.



Plötzlich schreckten beide gleichzeitig zurück. Ein wildes Gekrächtze hallte durch den Wald. Eine schwarze Krähe glitt mit ihren Flügeln durch die nächtliche Luft.

Sie kreiste in gleichmäßigen Abständen über die Agenten hinweg und jagte kalte Schauer über ihre Rücken. aber was war an dieser Krähe so beängstigend? Ein kleines Wesen, das unschuldig seine Bahnen zog. Was konnte es schon ausmachen? Zittern unbeschreibliches Zittern, das einen die Blutbahnen gefrieren ließ. Sie öffnete die Tür zur irrationalen Angst.

Scully starrte in die Luft. Die Krähe flog immer noch über ihren Köpfen. Sie konnte die Bedrohung, welche von ihr ausging bis in die obersten Bereiche ihrer Fingerspitzen Vibrieren spüren.

Doch, dann ein Rascheln. Mulder fuhr herum. Was war da? Er trat näher. Die Hände zur Abwehr bereit. Kälte ließ sein Körper erzittern. Er verspürte eine leichte Vibration in seiner Magengegend. Das Gestrüpp raschelte, der Wind sauste. Ein Knurren klang durch die Stille. Mulder war kurz davor zu rennen. Auf einmal, trat es aus dem Gebüsch hervor. Sein Schatten bedeckte Mulders Körper vollkommen. Er hatte die Form eines Monsters, eines widerlichen Monsters das nur darauf wartete ihn und Scully zu verschlingen. Dann kam sein ganzer Körper zum Vorschein, es war einfach unbeschreiblich, unbeschreiblich... niedlich. Mulders Atem sackte erleichtert hinab. Er hatte Angst gehabt, entsetzliche Angst, vor einem Hasen.



„Ist etwas Mulder?“, erkundigte sich eine verwirrte Scully, als sie merkte wie Mulder den Hasen fixierte.

„Nein, ich hatte nur gerade einen Anfall von Paranoia.“, gab er lächelnd als Antwort.

Nun verflossen auch Scullys Ängste im nichts. Denn ihre Ängste waren dumm, nutzlos und verrückt gewesen. Sie beide waren in einem Wald in einem stink normalen Wald. Hier gab es nichts rein gar nichts, noch nicht einmal ernst zunehmende Raubtiere und längst keine Fabelwesen die einen zu verspeisen drohten.



Ebenfalls lachend führten sie gemeinsam ihren Weg fort. Nichtsahnend was für ein tierisches Unglück noch vor ihnen lag und sich gebannt an ihre Fersen klammerte.

Mulder zitterte er starrte gebannt auf die Wanderkarte. Alles schien sehr verwirrend, da man die Ränder leicht mit einem Feuerzeug erhitzt hatte um das Stück Papier möglichst alt aussehen zu lassen. Mulder konzentrierte sich voll darauf den auf der Karte markierten Weg einzuhalten. Er wusste nicht warum aber irgendein dunkles Gefühl in den tiefsten Windungen seiner Seele sagte ihm, dass einer Wegabweichung das schlimmste Grauen seines Lebens folgen würde.



Auch Scully ging es nicht wesentlich besser. Ihr Körper war von den Zehen bis in die Haarspitzen mit tiefster beunruhigender Kälte erfüllt. Jener Kälte die man immer verspürte wenn etwas ungewissen auf seinem Weg lag. Und weiß Gott, es war mehr als ungewiss. Was würde sie hier draußen erwarten? Weite irrationale Ängste über die man sich im nachhinein lustig machte? Wilde Tiere die sie zu zerfleischen drohten? Schattengestalten in schwarzen Anzügen die ihnen auf Schritt und Tritt folgten nur um ihnen eine Kugel in den Kopf zu jagen? Oder etwas furchterregendes unbeschreibliches dem man hoffnungslos unterlegen war und in dessen Anblick der letzte Hoffnungsschimmer der Tod war? Nein so einen sentimentalen Unsinn durfte sie sich nicht einreden. Sie war ein vernünftiger rational denkender Mensch, der stets seine Handlungen in Kontrolle eiskalter Logik festhielt. Hier draußen war nicht, nichts außer Blätter, Bäumen und Waldtieren. Harmlosen Waldtieren die nach Futter suchten. Nach Futter das aus Pflanzen oder Kleintieren bestand und absolut nichts mit ihr und Mulder zu tun hatte.



"Ja rede dir das nur weiter ein. Du wirst hier nichts finden. Jedenfalls nicht, das dein allzu rationaler Verstand erfassen kann. Hier draußen lauert etwas viel schlimmeres. Keine harmlosen Waldtiere denen sich bei dem Gedanken dich und Mulder zu verspeisen der Magen umdrehen würde. Hinter dir ist etwas her, ja genau hinter dir und deinem dummen gläubigen Partner. Es will euch verspeisen, nur euch."



Scully zuckte zusammen und schüttelte ihren Kopf als wollte sie ein paar lästige Insekten verscheuchen, die es auf ihr süßliches Blut angesehen hatten.

Mulder fuhr herum und starrte seiner Partnerin entsetzte entgegen.



„Ist alles OK mit ihnen Scully?“, fragte er verdutzt während seine Partnerin ihren Schüttelkrampf langsam unter Kontrolle bekam.

„Ja“ bibberte sie, „Ich habe nur gedacht ich hätte etwas gehört, aber ich habe es mir wohl eingebildet schätze ich. Im Wald hört man vieles was gar nicht da ist.“ Sie versuchte zu lächeln, ließ dadurch aber ihr mehlweißes Gesicht noch verkrampfter aussehen.

Sie versuchte krampfhaft ihren Worten Glauben zu schenken, driftete aber immer weiter in ihre bedrohlich weit hervortretende irrationale Angst ab.



Mulder erschauderte es bei dem Gedanken, dass sogar die sonst so coole Scully in diesen Wäldern nicht normal zu reagieren schien. Irgendetwas stimmte nicht. Es schien als sei die Welt auf den Kopf gestellt. Sein Mut, sein Kampfgeist waren wie weggeblasen und er wäre am liebsten auf der Stelle weggerannt um sich irgendwo zu verkriechen.



Plötzlich nahm er es war. Anfangs nur als leises Flüstern das seine Gehirnzellen zu vernebeln schien, doch dann dröhnte sie durch seine Kopf wie eine Sirene. Diese Stimme.



Oh du bist gut kleiner. Hier ist etwas. Du bist wirklich gut. Hier ist etwas das dich umgibt. Mulder drehte sich verzweifelt um seine eigene Achse um Erkennen zu können woher die Stimme kam. Doch da war nichts. Sie war nicht dort draußen sie war in ihm. Und sie sprach weiter.

Du brauchst dich nicht umzudrehen. Du brauchst es nicht zu suchen. Es ist überall. Es wartet darauf euch heimzusuchen. Euren sanften Geruch tief in seine Nüstern zu ziehen, und euren süßen Geschmack auf seiner Zunge zu spüren. Wisst ihr wenn ihr Angst habt schmeckt ihr besonders gut. Nach Erdbeere, Melone wundervoll.



Mulder wollte schreien. Doch dann schreckte er erneut zurück. Etwas war auf seinem Arm. Es drückte und rüttelte ihn. Er wollte weg, weg von hier. Weg von diesen Geräuschen dieser Dunkelheit, der Angst, der Stimme raus aus diesem Wald des Grauens.

Angstvoll öffnete er seine Augen. Er wollte den Tod sehen bevor er ihn sich holte.

Sein Erstaunen war groß, größer als er sich es je erträumt hatte. Denn er sah Scully, die entsetzt an seinem Arm zerrte um ihn aus der Trance zu ziehen.



„Mulder? Können sie mich verstehen?“, fragte sie schwer atmend.

Mulder begann sich verwirrt zu schütteln. Sein Blick war noch leicht verschwommen und er versuchte sich zu vergewissern, dass es wirklich Scully war, die vor ihm stand.

„Mulder, ist alles in Ordnung?“

„Ich denke schon.“ Antwortete er noch leicht unsicher.

Sie sahen sich einen Moment nur an und versuchten sich klar zu machen was sie beide eben ergriffen hatte. Plötzlich schreckten beide zurück. Ein laut. Leises Knacken, rasseln von Blätter. Bewegungen, Schatten. Etwas kam auf sie zu. Groß bedrohlich angsteinflößend bahnte es sich seinen Weg durch den Wald.

Die Agenten fuhren herum, versuchten verzweifelt etwas hinter den Büschen wahrzunehmen. Da war etwas, da musste etwas sein. Nun kam das Geräusch von der anderen Seite. Nichts. Wo war es? Was hatte es vor?

Plötzliche Stille ließ die Umgebung noch unheimlicher erscheinen. Ein eiskalter Windzug hauchte durch den Wald und ließ die Agenten bis auf die Knochen erschaudern. Sie starrten gebannt. Gebannt in die Dunkelheit des Unterholzes. Auge in Auge mit der Angst.

Plötzlich ließ das Gefühl beobachtet zu werden nach. Was immer es auch gewesen war. Es hatte sich zurückgezogen.



„Mulder, was war das?“ Scully fand nach dem erschreckenden Ereignis als erstes ihre Stimme wieder.

„Ich habe keine Ahnung Scully, aber ich schätze etwas beunruhigendes.“



Plötzlich zuckten beide zusammen. Eine riesige Krähe war nur zwei Zentimeter an ihren Köpfen vorbeigeschabt. Wie aus dem Nichts tauchte der nächste schwarze Vogel auf und verfehlte sie nur knapp. Dann der dritte, der vierte und schließlich stürzte sich ein ganzer Schwarm auf die Agenten nieder. Sie bohrten ihre spitzen Schnäbel in ihre Kopfhaut. Und waren nicht zu verscheuchen. Die Agenten begannen zu rennen. Ziellos durch den Wald. Die Vögel folgten ihnen und hämmerten unaufhörlich auf sie ein.

Als das Szenario zu einem unerträglichen Überlebenskampf wurde, beherrschte plötzlich erneut die unheimliche Stille den Wald. Die Krähen waren fort, so schnell wie sie gekommen waren.

Erneut heulte eine eiskalte Windböe durch den nächtlichen Wald. Die Nacht war still, zu still.



„Irgendetwas stimmt hier nicht“ Mulder sprach leise und schwer atmend. Die von blutigen Kratzern übersäte Scully, stand etwas abseits. Sie zitterte leicht und lauschte in die Dunkelheit.

„Scully, hören sie mich?“ Mulder blickte verdutzt zu seiner Partnerin hinüber.

„Psst!“ Scully wirkte sehr konzentriert und brachte ich mit einem Handzeichen dazu neben sie zu treten. Nun lauschte auch Mulder in die Nacht. Ein schwaches Summen durchdrang den Panzer der düsteren Stille.

„Hören sie das auch?“ erkundigte sich Mulder.

„Ja. Ich glaube das sind Insekten. Sie scheinen näher zu kommen.“

Die Agenten lauschten weiter. Dann war das Summen kaum mehr zu überhören. Langsam bildete sich ein Teppich aus Tausenden von fliegenden Biestern. Wespen, ein riesiger Schwarm stürzte sich auf die Agenten. Sie stachen zu, ohne Vergeltung immer wieder. Es schmerzte und ließ beide für einige Sekunden erstarren. Geistesabwesend begannen sie erneut zu rennen, zu rennen in die Dunkelheit.

Die Viecher waren nicht abzuhängen. Hemmungslos ließen sie ihr Gift unter die Haut der Agenten fließen. Verzweifelt wedelten sie vor Ohren Gesicht herum, doch die Wespen störten sich nicht daran.

Doch dann war sie wieder da. Sie sprach langsam und gemächlich, fast als wäre ihr langweilig. Die Stimme formte sich erneut in Mulders Kopf.



Ach herje. Jetzt steckst du ganz schön in der Patsche. (gähnt ausgiebig) Entschuldigung. Mir ist schrecklich langweilig. Was? Du willst das diese Viecher verschwinden? Komm schon, willst du mir etwa den letzten Spaß rauben?

Na gut ich erfülle dir deinen Wunsch. Hör genau zu denn ich sage es nur einmal, Kleiner.

Du kannst ihnen entkommen, du kannst diesem Wald dieser Dunkelheit, dieser Angst entkommen.

Gehe in die Höhle. Da bist du sicher. Vor allem auch von ihm.



Mulder zitterte. Sollte er auf die Stimme hören? Würde Scully ihm folgen?

Eigentlich waren dies unnützliche Gedanken die er verschwendete. Denn Scully ging es gleich. Auch in ihrem Kopf nistete sich der unbekannte Sprecher ein.



Hallo. Ja ich bin es wieder. Wollte dich nur kurz stören. Ja, ich weiß wie du diesen Tieren entkommen kannst. Was du willst es allein schaffen? Nicht doch Schätzchen. Du kannst es nicht allein schaffen. Sie sind zu stark, es ist zu stark. Es wird dich töten, wenn du nicht auf mich hörst! Du musst in die Höhle. Mit ihm. Ja Mulder weiß es. Ich gehöre auch zu ihm. Ja geh weiter. Los!

Rettet euch in die Höhle!!!!! Dröhnte es in beiden Köpfen gleichzeitig.



Beide Agenten waren vollkommen geistesabwesend. Sie wussten nicht was sie taten. Sie hatten keine Zeit. Keine Zeit zum fliehen und erst recht nicht zum Denken. Wie in Trance bewegten sich beide in die selbe Richtung. Plötzlich tat sich das Geflecht der Bäume auf und eine kleine Lichtung kam zum Vorschein. Sie war durchwühlt, durchwühlt von Dreck. Sie rannten auf eine Steinwand zu, die halb mit Moos bedeckt war. Mulder und Scully merkten nicht, dass sie die Wespen längst abgehängt hatten. Das es nur die Stimme in ihren Köpfen war die das Summen verursachte. Die schrie : Kommt, kommt, ja hier seid ihr sicher!
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