World of X

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Zero Hour

von Mona

Kapitel 3

Teil 3: The Prophecy





Das Erste, das ich wahrnahm, als ich langsam wieder zu mir kam, war der typische, sterile Krankenhausgeruch, der mir schon so vertraut war. Ich bewegte meine Augenlieder und schlagartig war das Pochen in meinem Kopf zurück. Ich fühlte eine kleine, warme Hand, die sich zart auf meine legte und blickte, als ich meine Augen gar aufschlug direkt in Danas Gesicht. Sie lächelte sanft und sah mich an.



„Wie geht’s dir?“, fragte sie dann leise.



Ich fühlte in meinen Körper hinein. Mein Kopf pochte und ich bemerkte, dass ich einen Verband um meine Stirn hatte. Mein Gesicht fühlte sich unnatürlich dick und geschwollen an und auch über meiner linken Backe klebte ein dickes Pflaster. Doch abgesehen davon, ging es mir tatsächlich schon wieder recht gut.



„Ich bin okay.“, antwortete ich mit kratziger Stimme.



Dana strich mir mit ihrer Hand sanft über meinen Kopf und an der Seite meines Gesichtes entlang. Dann blickte sie mich durchdringend an, wobei sich ihre Augen langsam mit Tränen füllten.



„Du hattest verdammt viel Glück.“, begann sie mit tränenerstickter Stimme.

„Wenn sie gewollt hätten, dann hätten sie deinen Kopf zerschmettern können, wie eine Melone.“



Dann ließ sie ihren Kopf sinken und legte ihn auf meinen Bauch, wobei sie meine Hand aber nicht losließ.



„Ich dachte, ich hätte dich verloren.“, schluchzte sie.

„Als ich im Büro anrief und erfuhr, dass du längst gegangen bist, als man deinen Wagen fand und ich dich blutüberströmt auf diesem Stuhl sitzen sah, dachte ich, das wäre das Ende. Das Ende, bevor es überhaupt begonnen hatte.“



„Sssshhhh“, versuchte ich sie zu beruhigen und strich über ihr kupferrotes langes Haar.

„Ich bin noch am Leben und mir geht es gut.“, sagte ich bestärkend.

„Sie hätten mich nicht getötet, denn sie wollten eine Information von mir.“



Scully blieb noch ein paar Sekunden ruhig liegen, dann hob sie den Kopf und sah mich an.



„Wir wissen, was sie wollten.“, begann sie dann.



Ich blickte ihr fragend in die Augen.



„Man hat letzte Woche bei Renovierungsarbeiten im Vatikan ein Dokument gefunden. Angeblich sollte es zur Analyse ins Ägyptische Museum nach New York gebracht werden. Die haben da die besten Gerätschaften dafür. Doch die amerikanische Botschaft hat es als Top Secret eingestuft und direkt an die CIA geschickt.“



„Was ist das für ein Dokument?“, fragte ich mit erweckter Neugier.



Doch Scully zuckte nur mit den Schultern.



„Ich weiß es nicht. Keiner der ACRF weiß es. Nur Director Swansey. Er will mit uns darüber reden.“



Ich kniff nachdenklich die Augen zusammen und sah Scully durchdringend an.



„Dann sollten wir ihn nicht warten lassen.“, sagte ich und versuchte mich aus dem Bett zu schwingen. Doch schon bei der ersten Bewegung, nahm das Pochen in meinem Kopf explosionsartig zu und ich wäre fast wieder zurückgesunken.



„Mulder, du solltest heute Nacht noch hier bleiben. Du hast eine Gehirnerschütterung.“, redete Scully auf mich ein.



Doch ich hatte mich schon aus dem Bett gewuchtet, versuchte die Schmerzen in meinem Kopf so gut es ging zu ignorieren und begann die frischen Klamotten anzuziehen, die Scully mitgebracht hatte.



„Nein, Dana, die Sache ist zu wichtig, als dass sie warten könnte.“, erklärte ich, als ich das frische weiße Hemd überzog.



„Wichtiger als deine Gesundheit?“, fragte Scully provozierend, doch ich sah sie nur an, als ich schnell in das dunkelblaue Sakko schlüpfte und mein Blick gab ihr die Antwort.



„Weißt du überhaupt, wie spät es ist?“, rief sie mir hinterher, als ich an ihr vorübereilte und die Türe öffnete.



„Zu spät“, sagte ich und eilte auf den Korridor hinaus.



„Mulder, es ist fünf Uhr morgens.“, sagte sie und stellte sich mir in den Weg.

„Es ist noch niemand im Büro.“



Ich sah sie durchdringend an und senkte den Kopf.



„Mulder, was nützt es, wenn du jetzt deine ganzen Kräfte aufzehrst und sie dir im richtigen Moment fehlen.“, sagte sie sanft.

„Du solltest noch etwas schlafen.“



Ich nickte. Sie hatte Recht. Im Moment konnten wir nichts tun, außer warten.





**********





„Herein“, erklang Director Swanseys Stimme, nachdem ich angeklopft hatte.



„Agent Mulder, Agent Scully, ich hatte Sie schon erwartet.“, begrüßte er uns am nächsten Morgen und deutete auf die zwei unbesetzten Stühle vor seinem Schreibtisch.



„Wo sind die Anderen?“, fragte ich verwundert und setzte mich auf meinen Platz.



„Wie geht es Ihnen, Agent Mulder?“, stellte Swansey eine Gegenfrage.



„Ganz gut, Sir“, antwortete ich knapp.



Swansey nickte kurz und sah uns eindringlich an.



„Wollen Sie uns etwas über die Dokumente aus Rom mitteilen, Sir?“, fragte Scully, als der Director nicht begann.



Er senkte den Kopf.



„Ja“, sagte er dann und holte eine alte, schwarze Ledermappe aus seiner Schreibtischschublade, auf der das Wappen der heiligen Inquisition prangte.



Scully warf mir einen fragenden Blick zu, dann sah sie wieder auf die Mappe, die Swansey vor uns auf den Schreibtisch gelegt hatte.



„Man hat sie bei Renovierungsarbeiten im Vatikan gefunden.“, begann der Director.

„Glücklicherweise hatten wir gerade einen Agenten dort, der den Auftrag hatte, die „Schätze“ der katholischen Kirche mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Es wäre nicht auszudenken, was gewesen wäre, wäre dieses Dokument in die falschen Hände geraten.“



„Was ist das für ein Dokument, Sir?“, fragte Scully.



„Sie werden es nicht glauben.“, antwortete er, als zweifle er selbst an seinem Verstand und schüttelte verständnislos den Kopf.

„Wir haben es untersuchen lassen. Streng vertraulich natürlich. Es stammt aus dem Jahre 1570. Es ist ein französisches Schriftstück. Verfasst von einem gewissen Jean – Baptiste de Lumière.“



„Das war ein Schüler von Nostradamus.“, unterbrach ich ihn.



Director Swansey sah kurz auf und nickte.



„Ja, das stimmt.“, antwortete er dann knapp und wirkte irgendwie abwesend.



„Ist es eine Prophezeiung, Sir?“, fragte ich weiter.



Doch Swansey starrte nur die schwarze Ledermappe vor sich auf dem Tisch an und schien über irgendetwas zu grübeln.



„Sir?“, sagte ich nochmals, als er nicht reagierte.



Er sah kurz auf und blickte abwechselnd Scully und dann mir in die Augen.



„Ja, es ist eine Prophezeiung.“, sagte er dann bestätigend.

„Über die Kolonialisierung. Und sie nennt sogar das genau Datum: 12.12 2012.“, fügte er dann mit einer erdrückenden Endgültigkeit in der Stimme hinzu.



Ich schluckte und nahm in den Augenwinkeln war, wie auch Scully kurz zusammenfuhr, sich aber sofort wieder in der Gewalt hatte.



„Und? Was sagt sie?“, fragte sie.



Swansey öffnete langsam die Mappe, zog das alte an den Rändern oft schon eingerissene Blatt Papier heraus und reichte es uns. Es war mit großen, schwarzen schnörkeligen Lettern beschrieben, auf den 23. 08. 1570 datiert und deutlich lesbar mit Jean – Baptiste de Lumière unterzeichnet. Scully und ich sahen uns etwas hilflos an, da unser Altfranzösisch eher schlecht als Recht war und de Lumière, genau wie sein Lehrmeister Nostradamus, in Rätseln schrieb, doch Swansey zog ein weiteres Blatt – diesmal ein neues, mit Computerschrift bedrucktes – hervor und begann zu erklären:



„Wir haben die Verse natürlich von einem CIA – internen Experten analysieren lassen und er sagte, der Text laute ungefähr so:



Und Ihr werdet in den Himmel starren und darauf warten, dass eure Welt untergeht, dass der Himmel einstürzt, euch auf den Körper fällt und euch für immer unter sich begräbt. Mit Feuer und Asche sehet ihr euch bedeckt, als Sklaven einer fremden Macht. Doch es wird geben, einen Einzelnen, dessen Glaube euch Hoffnung gibt. Er wird da sein, wenn die Welt bald in Asche liegt. Er wird den Mut finden sich dem Führer des Bösen zu stellen, gegen ihn zu kämpfen und versuchen ihm seinen Sieg aufzuzwingen. Der Auserwählte wird das Schicksal der Menschheit in seinen Händen tragen und für es einstehen, wenn die Zeit kommt, an einem kalten 12. Tage im Dezember, in einem Äon, das man als das 21. bezeichnen wird.“



Swansey schloss seinen Vortrag ab und wagte kaum uns anzusehen. Es lag ein unheimliches Schweigen im Raum und für eine Weile traute sich keiner auch nur ein Wort zu sprechen.



„Das ist paradox.“, stellte Scully dann mit einem leichten Zittern in der Stimme fest.

„Vor fast 500 Jahren gab es Menschen, die alles wussten und heute gibt es immer noch welche, die nicht die leiseste Ahnung haben.“



Swansey schluckte und räusperte sich.



„Das ist noch nicht alles.“, sagte er dann trocken und sah uns an.



„Was?“, fragte ich.



„Der Auserwählte - “



„Wissen wir, wer es ist?“, unterbrach ich Swansey, mit einem Funken der Hoffnung, der sich in mir ausbreitete.



Director Swansey sah uns nur schweigend und irgendwie hilflos an, dann zog er ein weiteres altes Blatt Papier aus der Ledermappe und legte er vor uns auf den Schreibtisch.



Und plötzlich fühlte ich mich, als würde mir jemand den Boden unter den Füßen wegziehen. Es wurde gleichzeitig heiß und kalt und alles begann sich zu drehen. Wie gebannt starrte ich auf die Kohlezeichnung und konnte meinen Blick nicht von ihr losreißen, selbst wenn ich mich noch so bemühte. Sie hielt mich gefangen, fesselte mich an sie. Ich musste einfach hinsehen, um es auch nur annähernd begreifen zu können. Schließlich, ich weiß nicht, wie lange wir einfach nur dasaßen und das alte Blatt Papier ansahen, drehte ich langsam meinen Kopf und blickte zu Scully. Sie starrte unverändert mit weit aufgerissenen Augen auf das Portrait. Ihre Lippen waren etwas geöffnet und hatten leicht zu zittern begonnen. Als sie meinen Blick bemerkte, sah sie mich mit einer Mischung aus unbeantworteten Fragen, purer Angst und Fassungslosigkeit an. Sie erwartete eine Antwort. Ich sah erneut auf das Papier und dachte nach. Dann wandte ich mich wieder Scully zu und nickte schweigend.







**********





„Dana, jetzt warte doch mal!“, rief ich und eilte ihr auf dem langen Korridor in unser Büro hinterher. Sie war urplötzlich aufgestanden und hatte die Bürotür hinter sich ins Schloss geknallt.



„Worauf? Dass du ein Ziel anstrebst, dass du nie verwirklichen kannst? Nur, um diese verdammte Prophezeiung zu erfüllen?“, fuhr sie mich an und warf die Tür hinter uns zu.



„Verstehst du denn nicht, dass ich es tun muss? Dass ich die letzte Chance ergreifen muss, die uns noch bleibt?“, fragte ich scharf und sah sie dabei eindringlich an.



„Uns bleibt keine Chance mehr, Mulder. Und das weißt du genauso gut wie ich es tue. Nur, weil dieses uralte Schriftstück davon schreibt, heißt es noch lange nicht, dass es auch stimmt. Sie können einen Fehler bei der Entschlüsselung gemacht haben, oder bei der Übersetzung, oder . . . - “



„Dana“, sagte ich sanft und nahm sie fest an den Schultern.



„Du weißt, dass es wahr ist.“, fuhr ich dann fort.

„Du hast das Bild gesehen. Es könnte ein Foto von mir sein.“



Scully sah mich an, senkte dann für ein paar Sekunden den Blick und schaute mir dann direkt in die Augen.



„Was willst du für diese Sache noch alles opfern, Mulder? Ist es nicht schon genug? Fast zwanzig Jahre versuchen wir die Wahrheit zu finden . . . und was hat es uns gebracht? Wir sind so gut wie keinen Schritt weitergekommen. Wir müssen über das Schicksal der Menschen entscheiden. Seit fast zehn Jahren arbeiten wir daran ihr Fortbestehen zu sichern. Und was haben wir? Wir haben nichts! Nur verloren: deine Schwester, deine Mum, unser Leben, . . . William.“, sagte sie mit Tränen in den Augen.

„Soll das alles nie enden? Nur wegen dieser Mission, von der du glaubst, dass sie dein Leben ist? Eine Mission, die nur scheitern kann?“



Dana sah mich fast flehend und durchdringend an.



„Ist es das alles wert?“, schluchzte sie dann.



Eine Weile blickte ich nur schweigend in ihre Augen. Dann senkte ich den Blick und nahm ihre Hand.



„Meinst du nicht, ich muss es versuchen? Was haben wir für eine Alternative?“, fragte ich leise.

„Entweder wir tun nichts und lassen SIE kommen, oder wir nutzen die letzte Chance, die uns vielleicht bleibt, alles zu verhindern. Selbst, wenn es scheitert: was haben wir zu verlieren?“



Ich hob meinen Blick wieder und sah in Scullys Augen. Sie füllten sich mehr und mehr mit Tränen und einige davon kullerten schon über ihre Wangen und tropften zu Boden. Sie sah mich an mit einer Mischung aus Verständnis und Angst. Dann machte sie langsam einen Schritt auf mich zu, fiel mir um den Hals und lehnte ihren Kopf schluchzend gegen meine Schulter. Sie legte ihre ganze Angst und innere Zerrissenheit in meine Arme und ich konnte nicht anders, als sie nur festzuhalten. Ich schloss meine Augen, fühlte ihren warme Atem auf meiner Brust und ihre Tränen, die auf mein Hemd flossen.



„Ich will dich doch nur nicht auch noch verlieren.“, schluchzte sie.

„Das könnte ich nicht noch einmal ertragen.“



Ich hob meinen Arm und strich ihr sanft über ihr rotes Haar.



„Ich weiß“, flüsterte ich, „ich weiß. Aber das wird nie passieren, hörst du? Ich werde dir nie mehr so wehtun, wie damals. Aber du musst mich noch dieses eine Mal gehen lassen. Nur noch dieses eine Mal.“



Scully hatte sich mittlerweile wieder etwas beruhigt. Sie hatte sich an meinem Hemd festgekrallt und atmete ruhig and gleichmäßig. Dann schob sie sich sanft von mir weg, fuhr mit ihrer Hand durch mein Haar und an meinem Gesicht entlang und sah mich an.



„Aber versprich mir, dass es das letzte Mal ist.“, sagte sie dann leise.



Ich lächelte sanft.



„Ich verspreche es.“



Scully nickte langsam.



„Dann tu, was du tun musst.“, stellte sie fest, drückte noch einmal sanft meine Hand und ging dann langsam aus dem Büro.



Ich wusste, wie ihr zumute war. Mir ging es nicht anders. Ich hatte Angst, verdammte Angst. Angst, dass alles zu Ende gehen würde, bevor es überhaupt begonnen hatte. Doch gleichzeitig war etwas in mir, das mir sagte, dass ich nicht aufgeben durfte, dass ich alle Chancen nutzen musste, die mir blieben. Es war das letzte Fünkchen Hoffnung, das sich in meinem Herzen breit machte und das mir tatsächlich den Glauben gab, dass ich es schaffen könnte. Dass wir es schaffen würden, und dass dann alles gut werden würde.
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