World of X

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Strength

von XS

Chapter 9

IX


Lean on me,
when you’re not strong
And I’ll be you’re friend
I’ll help you carry on
For it won’t be long
‘til I’m gonna need
somebody to lean on

B. Withers



Plötzlich fühlte Scully, wie Mulder seinen Kopf an ihre Schulter lehnte.
Vorsichtig drehte sie ihren Kopf ein wenig und betrachtete sein Gesicht. Er war tatsächlich eingeschlafen. Die letzte Nacht hatte er wohl keinen Schlaf bekommen, und das nur, weil er sich um sie gekümmert hatte. Scully beschloß, ihn nicht zu wecken und die Teller vorerst nur zur Seite zu stellen. Sie griff nach Mulder’s Teller und Löffel und stellte beides auf ihren Teller. Dann legte sie alles rechts neben die Matratze. Sie tat es so geschickt, daß sie sich nicht viel bewegen mußte, so daß Mulder’s Kopf noch immer sicher auf ihre Schulter lag. Dann stützte sie sanft Mulder’s Nacken mit einer Hand und ließ ihn auf die Matratze sinken. Dann schlug sie die Decke zurück und entfernte die Wadenwickel von ihren Beinen, die nur noch die Decke und die Matratze unnötig feucht werden ließen. Sie legte sie in den Wasserbehälter, der noch immer neben der Matratze lag, aber in dem sich nur noch lauwarmes Wasser befand. Dann deckte sie sich wieder zu. Zum Glück hatte sie dies alles im Sitzen tun können, denn sie merkte, daß sie, wenn sie schnelle, ruckartige Bewegungen machte, wieder ein leichter Anflug eines Schwindelgefühls überkam. Doch dies Gefühl war Gott-sei-Dank nicht allzu intensiv.
Nun wandte Scully sich Mulder zu. Er lag bereits vollständig auf der Matratze, aber leider lag er ebenfalls auf einem Teil der Wolldecke. Mit einiger Kraftanstrengung gelang es Scully, die Decke unter Mulder’s Körper hervorzuziehen, ohne diesen von der Matratze zu schieben. Fürsorglich deckte sie ihn dann mit dem größten Teil der Decke zu, da sie nicht wollte, daß er krank wurde. Sein T-Shirt war zwar mittlerweile wieder getrocknet, aber trotzdem hatte sich sein Körper merklich unter die Normaltemperatur abgekühlt.
Anschließend warf sie einen kurzen Blick auf das Feuer im Kamin. Es war schon weit heruntergebrannt und loderte nur noch wenig. Scully beschloß, daß es besser sei, noch einige Holzscheite ins Feuer zu werfen. Nur wußte sie nicht, ob sie es schaffen würde, das kurze Stück bis zum Kamin zu bewältigen, neben dem Mulder vorsorglich einige Holzscheite gestapelt hatte. Sie mußte es einfach versuchen. Wenn sie es geschafft hatte, so lange aufrecht zu sitzen und sich zu bewegen, konnte sie es auch schaffen sich für kurze Zeit vollständig aufzurichten, um etwas Holz ins Feuer zu werfen. Nachdem sie diesen Entschluß gefaßt hatte, schlug sie die Decke zurück und hob ihre Beine von der Matratze. Sie atmete noch einmal tief durch und stützte sich dann mit den Händen an der Matratze ab. Langsam, Stück für Stück, begann sie sich aufzurichten. Sie fühlte sich zwar noch immer schwach, aber das Schwindelgefühl, das sie überkam, bemerkte sie kaum. Vorsichtig und langsam, um keine ruckartigen Bewegungen zu machen, ging Scully auf den Kamin zu. Genauso vorsichtig bückte sie sich und griff nach einigen Holzscheiten, die sie ins Feuer warf. Sie blieb noch einige Sekunden vor dem Kamin stehen und betrachtete die Flammen, die gierig an dem neuen Nährstoff leckten und die schließlich hell aufloderten. Zufrieden drehte sie sich um und kehrte zur Matratze zurück. Erleichtert ließ sie sich auf die Matratze nieder. Der Weg bis zum Kamin war ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen und hatte sie doch mehr mitgenommen, als sie gedacht hatte. Sie war froh, daß sie sich wieder ausruhen konnte, denn in ihrem Kopf fingen die Schmerzen wieder an zu pochen, genau im Rhythmus ihrer Herzschläge. Obwohl sie spürte, daß das Fieber noch nicht vollständig gesunken war, deckte sie sich zu und sank auf Mulder’s Skijacke zurück. Nach einem Blick auf die Uhr, der ihr sagte, daß es erst 05:23 Uhr war, beschloß sie, noch ein wenig zu schlafen. Sie war schließlich durch etwas aufgewacht, obwohl sie noch müde war. Sie hoffte, sich jetzt noch etwas ausruhen zu können. Also schloß sie Augen und versuchte an nichts zu denken. Zuerst lauschte sie noch dem Prasselnd des Feuers, dem Rauschen des Windes und den ruhigen Atemzügen Mulder’s, bis schließlich alle Geräusche immer mehr abnahmen und endlich ganz verstummten. Scully war eingeschlafen.
"Scully? ...Scully?", eine Hand berührte leicht ihre Schulter. Sie spürte die Berührung, aber sie konnte, wollte sich nicht bewegen. Von der Hand ging soviel Wärme aus. Soviel Wärme, wie sie auch in der Stimme lag, die ihren Namen aussprach.
"Scully...", diesmal ein sanftes Rütteln.
Doch sie konnte sich noch immer nicht bewegen. Wenn sie sich bewegte, dann würde die Kälte von ihr Besitz ergreifen. Wenn sie aber ruhig liegenblieb, ohne sich zu regen, dann würde das nicht geschehen. Aber sie wollte der Stimme sagen, daß sie wach war. Wollte ihr sagen, daß sie die Hand auf ihrer Schulter lassen sollte, da die Wärme langsam ihren Körper durchströmte.
"Mumm...", mehr brachte sie nicht zustande.
Sie hatte das Gefühl, daß selbst das Sprechen der Kälte den Einzug in ihren Körper gewähren würde.
"Scully, ist alles in Ordnung? Sie zittern so stark!"
Ja, sie zitterte. Die Kälte war zwar nur außerhalb ihres Körpers, aber sie umgab sie wie eine zweite Haut. Sie nagte an der Oberfläche ihres Körpers, um irgendwo Einlaß zu finden. Sie wollte Mulder antworten, doch als sie zum Sprechen ansetzte, schlugen ihre Zähne aufeinander, so daß sie nichts mehr sagen mußte. Mulder reagierte sofort.
"Warten Sie, ich werde dafür sorgen, daß Ihnen wieder warm wird."
Sie spürte, wie er die Decke richtig über sie ausbreitete und sie fest darin einwickelte.
Mit klappernden Zähnen begann Scully nun, doch etwas zu sagen.
"Mir ist so kalt...", flüsterte sie durch das Klappern ihrer Zähne.
"Ja, ich weiß", redete Mulder sanft und beschwichtigend auf sie ein, "aber ich habe schon etwas Holz ins Feuer geworfen."
Er schien für einen Moment zu überlegen, bevor er fortfuhr.
"...Vermutlich haben Sie Schüttelfrost und Sie sind noch immer krank."
Ihr war das jetzt egal. Das einzige, das sie momentan interessierte, war die Tatsache, daß ihr kalt war. Sie wollte nur, daß ihr wieder warm wurde.
"Soll ich Sie wärmen?", drang Mulder’s Stimme in ihre Gedanken.
Scully nickte und war froh, als sie Mulder’s wärmende Arme spürte, die sich sanft von hinten um ihren Oberkörper schlangen. Vorsichtig rückte er näher an sie heran, so daß sein ganzer Körper den ihren wärmte. Scully kuschelte sich in seinen Griff und spürte die Wärme, die von ihm ausging. Vor sich sah sie das Feuer des Kamins, das sie ein wenig wärmte, als sie kurz die Augen öffnete. Zudem spürte sie hinter sich Mulder, der sie ebenfalls wärmte. Um seine wärmenden Arme bei sich zu behalten legte sie ihre Hände auf seine. Erst jetzt, als ihre Hände Kontakt mit Mulder’s hatten, merkte sie, wie kalt auch diese waren. Mulder lockerte kurz seinen Griff und schloß auch ihre Arme und Hände in seine wärmende Umarmung ein.
Scully hatte die Beine angezogen und lag nun wie ein Baby in Mulder’s Armen; noch immer zitternd und angespannt. Mulder spürte wie verkrampft Scully war und wie sie in seiner Umarmung zitterte. Er wollte sie so gerne wärmen. Er konnte es nicht mit ansehen, wie sie so dalag, zitternd wie ein kleines Reh, das verlassen im Wald lag. Instinktiv verstärkte er seinen Griff und zog sie gleichzeitig näher zu sich heran.
Scully zuckte zusammen: "Au!"
Abrupt löste Mulder seine Umarmung.
"Entschuldigung, ...was ist den passiert?", besorgt beugte sich Mulder über sie und betrachtete ihr Gesicht, das aber bereits nicht mehr von Schmerz gezeichnet war.
"Es ist schon wieder in Ordnung", beruhigte Scully ihn und wandte ihren Kopf, um ihn ansehen zu können, "Sie haben nur meine Rippen etwas gequetscht."
Sie sah in seine angsterfüllten, grünen Augen und versuchte, ihre Stimme normal klingen zu lassen. Er sollte sich keine Sorgen um sie machen. Eine Prellung der Rippen war ja auch nicht weiter schlimm. Aber noch immer sah er sie besorgt an.
"Mulder...", begann sie.
"Darf ich mir das wenigstens einmal ansehen?", unterbrach Mulder sie und blickte sie fragend an.
Wenn er es unbedingt wollte. Er war anscheinend nicht davon abzubringen.
"Also gut", stimmte sie schließlich zu.
Vorsichtig schlug Mulder die Decke zurück und richtete sich auf. Mir noch größerer Vorsicht zog er dann den Pullover, den Scully trug, etwas hoch; genauso wie das Ripp-Shirt, das sie darunter trug.
Um sich zu vergewissern, daß er ihr keine Schmerzen zufügte, warf er einen Blick auf ihr Gesicht, doch sie lag ruhig da und schaute in die Flammen.
Jetzt betrachtete Mulder ihre Rippen und erschrak bei dem Anblick, der sich ihm bot. Quer über die Rippen, an der linken Seite ihres Körpers befand sich ein großer Bluterguß, der für Mulder’s Geschmack viel zu schmerzhaft aussah.
Einige Sekunden vergingen, in denen Mulder noch immer ungläubig auf den dunklen, rotblauen Fleck starrte. Plötzlich bewegte sich Scully ein wenig, um Mulder ansehen zu können.
"Was ist los? Ist es etwas Schlimmes?"
Angst schwang in ihrer Stimme mit. Ungewißheit.
"Nein", beruhigte Mulder sie und wandte sich ihr zu, "es ist nur...", er suchte nach den richtigen Worten, die das, was er gesehen hatte, möglichst harmlos erschienen ließen. Er wollte sie nicht anlügen, aber er wollte sie und vielleicht auch sich selber beruhigen.
"...nur ein leichter Bluterguß, aber es scheint nichts gebrochen zu sein."
Scully erwiderte nichts und sah ihn einige Sekunden an, um in seinen Augen lesen zu können. Dann, nachdem sie offensichtlich herausgefunden hatte, ob er die Wahrheit sagte oder nicht, wandte sie sich wieder ab.
"Haben Sie denn noch Schmerzen?"
Scully schüttelte den Kopf: "Nein, es ist wieder alles in Ordnung."
"Soll ich Ihnen vielleicht etwas Eis darauf legen?", hakte Mulder besorgt nach.
Scully mußte lächeln und als Mulder über das nachdachte, was er gerade gesagt hatte, mußte auch er lächeln.
Schweigend zog er das Shirt und den Pullover wieder hinunter und deckte Scully wieder zu.
Dann legte auch er sich wieder neben sie und schlang, diesmal noch behutsamer als zuvor, seine Arme um ihren schlanken, zierlichen Körper, um sie wieder zu wärmen. Vorsichtig verstärkte Mulder den Druck so weit, daß er Scully’s Rippen nicht zu sehr berührte und zog sie zu sich heran. Er legte seinen Kopf neben ihren. Sein Gesicht sank in ihre Haare ein, so daß er diesmal noch stärker als zuvor, ihren Geruch einatmen konnte. Wieder dieser beinahe betörende Duft ihres wohlriechenden Parfüms, der sich langsam mit dem Geruch ihres Haarshampoos vermischte. Er tat einen tiefen Atemzug und drückte Scully noch etwas mehr an sich. Sie zitterte noch immer.
"Mulder? ...Was machen Sie da?", flüsterte Scully leise.
"Ich wärme Sie...", antwortete Mulder einfach.
Scully nickte mit einem Lächeln auf dem Gesicht und schloß ihre Augen. Für Sie hatte das nicht ganz danach ausgesehen, obwohl ihr dieser andere Ansatz auch nicht gerade mißfiel.
Eigentlich fand sie es ‚unheimlich‘ romantisch, hier mit Mulder zusammengekauert auf einer Matratze zu liegen, ein Feuer im Kamin brennen zu sehen, er wärmte sie, während draußen ein Schneesturm tobte.
Das richtige Wort war wirklich ‚unheimlich‘. Wer wußte schließlich, wie lange sie hier oben im Nirgendwo ausharren mußten, bis Hilfe kam? Und trotzdem wirkte das alles nicht beängstigend auf sie. Lag das etwa nur daran, daß Mulder bei ihr war? Nein, das war es nicht. Es war etwas anderes. Die ganze Atmosphäre wirkte auf sie irgendwie beruhigend und auf eine Art und Weise auch romantisch.
Schweigend lagen sie, eng umschlungen, da und jeder hing seinen Gedanken nach. Wann würde Hilfe eintreffen? Würde sie überhaupt jemand vermissen? Würden Sie rechtzeitig gefunden werden? Konnten sie das CB-Funkgerät reparieren? Wie lange würde das Feuerholz ausreichen? Konnten sie hier oben bei dem Schneesturm überhaupt erreicht werden? Würde dieser nicht vielleicht sogar eine Lawine auslösen?
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