World of X

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Strength

von XS

Chapter 10

X


Auch wenn beide die gleichen Ängste hatten, sprach sie keiner aus. Einerseits, um den anderen nicht zu beunruhigen und andererseits schienen diese Ängste nicht ganz so wirklich, wenn man sie nicht laut aussprach. Außerdem schienen die Befürchtungen, die sie beide hegten, so unwirklich, weil sie sich auf eine Art sicher fühlten. Vielleicht gerade weil Scully Schüttelfrost, fühlte sie sich in Mulder’s Armen besonders wohl. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wäre sie auch genauso in seinen Armen eingeschlafen, aber sie war nicht mehr müde und sie hatte sich außerdem fest vorgenommen, nicht den ganzen Tag liegend zu verbringen. Sie hatte Mulder bitten wollen, ihr aufzuhelfen, aber sie hatte ja bereits festgestellt, daß sie es alleine schaffte, wenn auch nur langsam und vorsichtig und nur für kurze Zeit.
"Mulder...?"
"Mm mmm..." Mulder nickte und vergrub sein Gesicht noch tiefer in ihren warmen, rotbraun-glänzenden, wohlduftenden Haaren.
"Haben Sie schon nachgesehen, was sich auf dem Dachboden befindet?", fragte Scully, da ihr Blick auf eine schmale und steile Holzleiter gefallen war, die zum Obergeschoß führte. Sie hatte diese erst jetzt bemerkt, da sie hinter einem Stützbalken versteckt lag.
Sie spürte, wie Mulder ruckartig sein Kopf bewegte.
"Nein, das habe ich total vergessen", gab er unverwandt zu, "...aber das kann ich auch noch später machen", fügte er hinzu, obwohl Scully spürte, wie sehr er jetzt darauf brannte, den Dachboden nach Hinweisen zu durchsuchen. Scully lächelte, als sie seine Ungeduld, die einem Kind am Weihnachtsmorgen gleich kam, aus seiner Stimme heraushörte und auch durch seine Ausstrahlung spürte.
"Wir", verbessert sie ihn.
"Sorry, was meinen Sie?"
Unverständnis zeichnete sich auf seinem Gesicht ab und obwohl Scully sein Gesicht nicht sehen konnte, wußte sie genau, welcher Gesichtsausdruck sie jetzt erwartete, würde sie sich jetzt zu ihm umdrehen.
"Wir können den Dachboden durchsuchen", wiederholte sie, noch immer lächelnd.
"Glauben Sie denn, daß Sie sich aufrichten können?", hakte Mulder besorgt nach.
"Wer, glauben Sie denn, hat heute früh, nachdem Sie eingeschlafen waren, neues Holz in den Kamin geworfen, so daß wir nicht erfrieren?", erkundigte sich Scully forsch.
Einen Moment erwiderte Mulder nichts und Scully malte sich seinen verblüfften Gesichtsausdruck aus, der jetzt zu sehen sein mußte.
"Das hätten Sie nicht tun sollen", sagte er dann aber mit leiser Stimme und einem strengen und besorgten Ton, ganz im Gegensatz zu dem, was Scully erwartet hatte.
Sie drehte sich zu ihm um, um ihn ansehen zu können.
"Und wer hätte dann dafür gesorgt, daß das Feuer nicht ausgeht?", fragte Scully dann, obwohl Mulder’s besorgter Ton und auch der Ausdruck, der in seinen Augen zu lesen war sie beunruhigten.
"Na, Sie hätten mich ja wecken können...", begann Mulder mit einem, für Scully’s Geschmack, ziemlich dürftigen Vorschlag.
"Das habe ich ja versucht, indem ich Sie fast von der Matratze heruntergeworfen hätte, aber Sie waren einfach nicht wach zu bekommen."
"Aber es hätte etwas passieren können. Sie hätten sich verletzen können, wenn Sie gefallen wären!", protestierte Mulder.
"Ich bin aber nicht hingefallen und es ist auch nichts passiert", entgegnete Scully bestimmt und hielt seinem eindringlichem Blick stand.
Wieder schwieg Mulder und wandte seinen Blick ab, als schien er zu überlegen. Nach einigen Sekunden sah er ihr wieder direkt in die Augen.
"Scully?", fragte er dann leise.
"Ja?" Beunruhigt sah sie in seine grünen Augen, die sie ernst ansahen.
"Versprechen Sie mir etwas?"
"Was denn?" Immer noch dieser bohrende Blick.
Mulder löste den Griff, mit dem er Scully noch immer umschlungen hielt und hielt ihr Gesicht fest.
"Versprechen Sie mir, daß Sie so etwas nicht mehr alleine tun! Wecken Sie mich wenigstens, so daß ich im Notfall eingreifen kann. Ich möchte doch nur nicht, daß Ihnen etwas passiert."
Er sah sie eindringlich an und zwang sie durch seinen Griff, seinen Blick zu erwidern.
In Mulder’s Stimme schwang soviel Angst mit, aber trotzdem war seine Stimme leise und seine Worte waren wohl überlegt gewesen.
"Ja", antwortete Scully ebenso leise und sah ihn mit erschrockenen Augen an. Seine Sorge machte ihr Angst. Und erst als er ihr Gesicht losließ, seinen Blick abwandte und sie wieder näher zu sich heranzog, seufzte sie erleichtert auf.
Er machte sich zu viele Sorgen um sie. Schließlich waren sie schon in weitaus schlimmeren Situationen gewesen. Vor allem hatte Mulder sich immer in Gefahr begeben und hatte nicht auf sie gehört. Denn wenn es um die Wahrheit ging, hörte er auf niemanden mehr. Ihm schien dann alles völlig gleichgültig zu sein. Wenn er in solchen Situationen doch nur auch einmal auf sie hören würde. Aber sie hatte es schon zu oft miterlebt, als daß sie jetzt hoffen konnte, ihm ebenfalls ein Versprechen abringen zu können.
"Wollen Sie jetzt den Dachboden durchsuchen?", kam Scully wieder auf das ursprüngliche Thema zurück, um die bedrückende Stille zu durchbrechen, die sich ausgebreitet hatte.
"Nein", murmelte Mulder leise und hauchte einen Schwall warmer Luft in ihren Nacken, bei dem Scully ihren Kopf leicht bewegte, da dies ein unangenehmes Kribbeln verursacht hatte.
"Ihnen ist doch noch kalt und da ich Sie offensichtlich nicht davon abhalten kann, mit auf den Dachboden zu kommen, werde ich wenigstens dafür sorgen, daß Sie erst dann dort hinauf gehen, wenn Sie wieder gesund sind.
"Vielleicht ist es ja besser, wenn ich mich ein wenig bewege", entgegnete Scully, "Es ist bestimmt besser, als hier den ganzen Tag nur auf der Matratze zu liegen. Mein Kreislauf sackt sonst völlig ab."
Obwohl sie zuerst nur nach Ausreden hatte suchen wollen, um Mulder umzustimmen, merkte sie, daß sie von dem eben Gesagten wirklich überzeugt war. Es war vermutlich wirklich besser, sich zu bewegen. Außerdem ging es ihr schon viel besser und sie wußte genau, wie viel sie sich zutrauen konnte. Sie war schließlich die Ärztin und nicht Mulder.
Als hätte Mulder ihre Gedanken gelesen, fragte er: "Glauben Sie wirklich, daß sie sich das zutrauen können?"
"Ja, wirklich."
"Ich gebe ja zu, daß ich auch gerne sofort den Dachboden untersuchen möchte, aber Ihre Gesundheit ist mir wichtiger."
"Ich weiß, aber ich schaffe es schon", beruhigte Scully ihn noch einmal.
"Also gut. Aber wenn Ihnen schwindelig wird oder Sie sich sonst nicht gut fühlen, sagen Sie mir Bescheid, in Ordnung?"
"Ja", stimmte Scully zu, "aber vorher sollte ich mich wärmer anziehen. Ist meine Hose schon wieder trocken?"
"Moment, ich werde nachsehen", erwiderte Mulder und löste sich schweren Herzens von Scully, die alleine und noch immer leicht zitternd zurückblieb.
Er erhob sich, umrundete die Matratze und ging zum Kamin, neben dem der Stuhl mit Scully’s Kleidung stand. Er tastete nach der Hose und stellte fest, daß sie bereits getrocknet war. Er nahm sie vom Stuhl und drehte sich zu Scully um.
"Sie ist trocken! Das Abenteuer *Dachboden* kann also beginnen!"
Scully lächelte ein wenig, während Mulder auf sie zukam. Er half Scully, sich aufzusetzen. Dann schlug er die Decke zurück und es tat ihm in der Seele weh, das tun zu müssen, da sie noch stärker zu zittern schien. Er sah sie an.
*Wollen Sie das wirklich?*, lag unausgesprochen in seinem Blick. Scully nickte kaum merklich. Sie hatte seine stille Botschaft verstanden.
Vorsichtig half Mulder Scully, die Hose anzuziehen. Nachdem das endlich geschafft war, half er ihr aufzustehen. An ihren Füßen trug sie nur dicke Wollsocken, da er ihr die Schuhe in der Nacht ausgezogen hatte, so daß sie besser schlafen konnte. Auch er hatte irgendwann in der Nacht beschlossen, sich seiner Schuhe zu entledigen, da diese ziemlich feucht gewesen waren. Beide Schuhpaare lagen unachtsam am Fußende der Matratze verstreut. Doch darum konnten sie sich auch noch später kümmern. Mulder reichte Scully eine Hand. Dankbar griff Scully nach seinem Arm und hielt sich daran fest, als sie von der Matratze auf den Holzboden stieg. Sie spürte ein leichtes Schwindelgefühl und versuchte es zu unterdrücken, was ihr glücklicherweise auch gelang. Sie nahm die Hand von Mulder’s Arm und machte einen vorsichtigen Schritt vorwärts. Sie drehte sich nicht zu Mulder um, doch sie spürte seinen besorgten und wachsamen Blick auf ihr ruhen. Um ihm und sich selber zu beweisen, daß es ihr gut ging und er sich keine Sorgen machen mußte, trat sie noch einen Schritt näher an die Leiter heran, diesmal sehr energisch und weit ausholend. Dann drehte sie sich mit blitzenden Augen und herausforderndem Gesichtsausdruck um.
"Worauf warten Sie noch, Mulder? Wollen Sie nicht wissen, was sich auf dem Dachboden befindet? Sie können auch hier unten warten, ich werde dann alleine nachsehen!"
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