World of X

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Strength

von XS

Chapter 5

V


"Scully?", leise sprach Mulder sie an.
"Scully?", diesmal etwas lauter.
Immer noch keine Reaktion. Sanft berührte er sie an der Schulter.
"Was?!", schreckte sie hoch und stöhnte im gleichen Moment auf, da sie ihren Kopf bewegt hatte.
"Entschuldigung, ich habe Sie geweckt. Aber ich habe einen Erste-Hilfe-Koffer gefunden und wollte ihre Kopfwunde verbinden."
"Ja", antwortete Scully mit schwacher Stimme.
Besorgt betrachtete Mulder sie. Sie war immer noch beunruhigend blaß, aber trotzdem schien es ihr besser zu gehen.
"Ist Ihnen jetzt warm?"
"Ja", wieder eine schwache Antwort, doch Scully brachte ein zaghaftes Lächeln zustande.
Behutsam fühlte er ihre Stirn und Wangen.
*Ja, endlich schien wieder Wärme in ihren Körper zu strömen.*
"Können Sie sich aufrichten?"
"Ich kann es versuchen, aber...", Scully stockte und sah ihn zweifelnd an, "...aber ich glaube nicht, daß ich es schaffe. ... Jedenfalls nicht ohne Hilfe."
"In Ordnung", Mulder nickte und kniete neben der Matratze nieder. Dann schob er eine Hand unter Scully’s Oberkörper. Mit dem anderen Arm griff er von der anderen Seite unter ihren Nacken, um ihren Kopf zu stützen.
Unendlich langsam versuchte Scully sich aufzurichten, was ihr letztendlich nur durch Mulder’s Hilfe gelang. Als sie schließlich aufrecht saß, konnte sie sich nur mit Mühe und durch Mulder’s stützenden Arm in dieser Position halten. Erneut überkam sie ein Schwindelgefühl. Diesmal stärker als es zuvor gewesen war. Mulder nahm nun seinen anderen Arm von Scully’s Nacken und setzte sich neben sie auf die Matratze, da diese breit genug für zwei Personen war.
Leicht stöhnend lehnte Scully ihren Kopf an Mulder’s Schulter.
"Hey, alles in Ordnung?", fragte Mulder sie besorgt und verstärkte den Griff, mit dem er sie festhielt.
"...Ja. ... Es ist nur ... mir ist so schwindelig..."
"Ich beeile mich", versicherte Mulder kurz und griff mit seiner freien Hand nach dem Erste-Hilfe-Kasten, den er neben der Matratze abgestellt hatte. Er zog ihn zu sich hinüber und öffnete ihn umständlich mit einer Hand.
*Verdammt, das hättest Du auch früher machen können.*
Aber irgendwie genoß er es auch, wie Scully an ihn gelehnt da saß. Der Duft ihrer Haare stieg ihm in die Nase. Außerdem konnte er den leichten, süßlichen Geruch ihres Parfüms riechen. Tief sog er den Duft ein. Dann besann er sich wieder, wo er sich befand und konzentrierte sich auf den Erste-Hilfe-Koffer.
Plötzlich sprang der Verschluß auf, so daß Mulder den Kasten öffnen und den Inhalt inspizieren konnte.
Einige Mullbinden, Salben und weiteres, sterilisiertes und luftdicht verschlossenes, medizinische Zubehör lag säuberlich geordnet in dem Kasten.
Mit einer Hand griff Mulder nach einer Mullbinde. Dann hielt er sie vor Scully’s Körper, um die Packung zusammen mit der anderen Hand, mit der er Scully noch immer stützte, aufreißen zu können. Vorsichtig entfernte er die Verpackung und legte die Mullbinde wieder zurück in den Kasten.
Dann sah er auf Scully hinab, deren Kopf noch immer auf seiner Schulter ruhte. Vorsichtig beugte er sich ein wenig nach hinten und drehte ihren Kopf behutsam ein Stück, so daß er die Wunde begutachten konnte. Nein, sie hatte nicht viel Blut verloren. Aber dennoch genug, so daß ein kleiner Fleck an der Stelle zu sehen war, an der Scully gelegen hatte. Auch schien kein Schmutz in die Wunde gelangt zu sein. Aber sicher war sicher. Mulder griff nach einem leicht angefeuchteten Tuch, das er neben den Erste-Hilfe-Kasten in eine Schüssel gelegt hatte. Die Schüssel war mit Wasser gefüllt, das er durch das Schmelzen von Schnee gewonnen hatte. Er wand sich wieder Scully’s Wunde zu und tupfte vorsichtig das Blut und den wenigen Schmutz, der darum klebte, ab.
Scully merkte nichts von alledem. Sie war wieder eingeschlafen und Mulder versorgte sie so behutsam, daß sie keine Schmerzen spürte.
Nachdem Mulder die Wunde so gut es ging gereinigt hatte, griff er nun wieder nach der Mullbinde. Mit geübten Handgriffen, obwohl er nur eine Hand richtig zur Verfügung hatte, verband er Scully’s Wunde. Vermutlich hätte auch ein Pflaster ausgereicht, aber Mulder wollte nicht riskieren, daß Scully noch mehr Blut verlor, falls die Wunde wieder aufbrach.
Endlich hatte er den Verband richtig befestigt.
Behutsam begann er dann damit Scully wieder auf die Matratze zurücksinken zu lassen. Um ihren Kopf zu schützen, hatte er eine Hand unter ihren Nacken geschoben, so daß ihr Kopf nicht hin- und herpendeln konnte. Endlich lag sie sicher auf der Matratze. Sie schlief noch immer.
Mulder fühlte noch einmal ihr Gesicht und Hände. Ja, sie wurden wieder warm. Er deckte Scully fürsorglich bis zum Hals zu. Dann stand er auf und holte noch etwas Feuerholz, das er neben dem Kamin aufschichtete. Nun setzte er sich auf die Matratze und betrachtete Scully.
Sie sah so hilflos aus, wie sie da lag. Noch blaß im Gesicht und ihr Kopf in einen dicken Verband gehüllt. Aber es schien ihr gut zu gehen. Sie atmete tief und regelmäßig die durch das Feuer angewärmte Luft ein. Bis auf die leisen Atemgeräusche von Mulder und Scully herrschte Stille.
Nein, nur der Wind hatte für einen Augenblick ausgesetzt. Jetzt setzte er wieder ein; schwoll an und ließ das Haus erzittern.
Ein kalter Schauer lief Mulder über den Rücken. Und das, obwohl er direkt neben dem Kamin saß.
Seufzend erhob er sich wieder, um das Haus gründlich zu durchsuchen. Er wollte feststellen, wie viele Lebensmittel vorhanden waren und ob nicht vielleicht doch die Möglichkeit bestand, Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen. Bevor er jedoch sein Vorhaben verwirklichen konnte, fiel sein Blick auf Scully’s feuchte Kleidung, die noch immer achtlos neben der Matratze auf dem Boden lag. Er bückte sich und hob die tropfnasse Hose sowie die Jacke auf und legte sich beides über den linken Arm. Mit der anderen Hand zog er einen Stuhl nahe an den Kamin und hängte beide Kleidungsstücke darüber, so daß diese trocknen konnten. Noch ein kurzer Blick zu Scully bestätigte ihm , daß sie ruhig schlief, also konnte er jetzt beginnen.
Die gesamte Hütte bestand nur aus dem Erdgeschoß, in dem sie sich momentan befanden, und einem kleinen Dachgeschoß, daß vermutlich nur als Lagerraum diente. Das Erdgeschoß umfaßte nun einen Wohnraum, der den größten Teil des Hauses ausmachte, einem kleinen Badezimmer und einer kleinen Kochnische, die aber durch keine Tür vom Wohnraum abgetrennt war. Ein einfacher Durchgang ermöglichte den Zutritt dorthin.
Im Wohnraum waren der Kamin, ein Tisch und zwei Stühle zu finden, die mehr oder weniger benutzungsfähig aussahen; eher weniger. Dann natürlich der Stapel Feuerholz in einer Ecke des Raumes. In der Nähe des Kamins lagen einige Feuerhaken unachtsam auf dem Boden, für die ein Eisenring in der Wand vorgesehen war. Mulder war an diesen Eisenring gefesselt worden; ein paar Handschellen hing noch daran, als stummer Zeuge dieses Zustands. Sonst war der Raum, bis auf die Matratze, leer.
Mulder drehte sich um und betrachtete nun die Kochnische; blieb aber vor dieser stehen. Obwohl der Raum nicht sonderlich groß war, war er bis in die letzten Winkel vollgestopft. Ein Gasherd gehörte zu den modernsten Geräten in der Küche. Nachdem er sich entschlossen hatte, die Küche doch zu betreten, öffnete Mulder nun der Reihe nach die Schränke, was ihm einige Mühe bereitete, da diese offensichtlich schon lange nicht mehr geöffnet worden waren. Ein modriger und staubiger Geruch schlug ihm entgegen und auf den ersten Blick schienen die Schränke nur unbedeutendes Zeug zu enthalten. Waschpulver, Spülmittel, Geschirrtücher, ein Fotoapparat und einige schwarzweiß Filme sowie eine alte Taschenlampe, deren Birne durchgebrannt war. Doch als Mulder auch in die restlichen Schränke gesehen hatte, entdeckte er doch einige im weitesten Sinne nützliche Gegenstände. Einige Packungen Streichhölzer, Massen von Batterien, Kerzen, ein altes Radio mit Kassettendeck, genügend Lebensmittel, um zwei bis drei Monate zu überstehen, bei denen Gott-sei-Dank das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen war. Aus dem Schrank, in dem diese verstaut waren, war ihm auch kein fauliger und abgestandener Geruch entgegengekommen. Schließlich noch eine weitere wertvolle Entdeckung, ein CB-Funkgerät, das aber leider nicht mehr funktionierte.
Mulder griff in den Schrank, in dem die Lebensmittel lagerten und beförderte eine Packung mit Teebeuteln heraus.
*Pfefferminztee, ja das war das Richtige.*
Mulder nahm zwei Tassen aus einem anderen Schrank und legte jeweils einen Teebeutel hinein. Dann suchte er nach einem Topf und wurde auch nach kurzer Suche fündig.
Wasser. Obwohl er bereits einmal Schnee geschmolzen hatte, um Scully’s Kopfwunde zu reinigen, konnte er das Wasser nicht für den Tee benutzen. Also mußte er wohl oder übel nach einmal raus in die Kälte gehen, um etwas Schnee zu holen. Er nahm den Topf von der Anrichte und ging auf die Tür zu, die nach draußen führte. Er sah sich noch einmal um. Scully schlief noch immer tief und fest. Dann machte er sich bereit, um nach draußen in die Kälte zu gehen. Schnell öffnete er mit seiner freien, rechten Hand die Tür und verließ ebenso schnell das Haus. Er zog die Tür hinter sich zu, um die Kälte nicht ins Haus eindringen zu lassen. Draußen tobte noch immer der Schneesturm und Mulder hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Schnell stieg er die wenigen Stufen der Treppe hinunter, die zum Boden führte.
Mulder befand sich erst wenige Sekunde draußen, doch ihm war bereits eiskalt. Schnell bückte er sich und füllte den Topf mit Schnee, indem er ihn einmal durch den Schnee hindurchzog. Dann nahm er ihn wieder in die linke Hand und lief zur Tür zurück. Schnell öffnete er erneut die Tür und verschwand im Haus. Er schloß die Tür hinter sich, legte den Riegel vor und atmete tief durch.
Scully war glücklicherweise von dem Lärm, den er verursacht hatte, nicht aufgewacht. Vorsichtig, um keine Holzbretter unnötig zum Knarren zu bringen, ging er zurück in die Küche. Er stellte den Topf auf den Gasherd und hoffte, daß noch genug Gas in der Gasflasche war, die an den Herd angeschlossen war und diesen mit Gas versorgen sollte. Er drehte an einigen Schaltern und hielt kurz darauf ein Streichholz an die Platte. Ja, es funktionierte. Mulder schob den Topf auf die Platte und wartete, daß das Wasser oder vielmehr der Schnee anfangen würde zu kochen. Bis es soweit war, wollte er sich nun etwas sorgfältiger in dem kleinen Badezimmer umsehen, in dem er auch den Erste-Hilfe-Koffer gefunden hatte. Er verließ also die Küche und betrat das Badezimmer. Eigentlich befand sich darin nur ein Chemieklo und eine altmodische Waschschüssel, da es keine Möglichkeit für eine Wasserleitung gab, die noch dazu bei diesen Temperaturen zufrieren würde. Besser als gar nichts. Mulder kehrte in die Küche zurück. Das Wasser fing gerade an zu kochen. Nachdem er noch einige Zeit gewartet hatte, nahm Mulder den Topf von der Herdplatte und schaltete den Herd aus und drehte die Gasflasche zu, um nicht unnötig Gas zu verschwenden. Dann goß er das Wasser in die Tassen und ging zurück ins Kaminzimmer. Er stellte die Tassen auf den Tisch und zog einen der beiden Stühle an die Matratze heran. Jetzt holte er die Tassen erneut vom Tisch und stellte sie auf die Sitzfläche des Stuhles. Er nahm die Teebeutel aus den Tassen, da der Tee lange genug gezogen hatte. Er trug sie in die Küche und entsorgte sie dort in einem kleinen Eimer, der als Abfalleimer diente.
Dann kehrte Mulder zur Matratze zurück und setzte sich neben die noch immer schlafende Scully. Sie sah noch immer schwach aus, aber langsam kehrte wieder etwas Farbe in ihr Gesicht.
Er wollte sie nicht aufwecken, aber der Tee würde ihr gut tun; und ihm auch. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, ohne Jacke nach draußen zu gehen. Er hätte wenigstens Scully’s Jacke nehmen können; so wäre er zumindest gegen den Sturm geschützt gewesen. Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.
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