World of X

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Strength

von XS

Chapter 14

XIV


Als Mulder den Dachboden verlassen hatte atmete ein Teil von Scully erleichtert auf. Wenn sie an die Szene auf der Leiter dachte, schlug ihr Herz schneller und sie spürte, wie immer mehr Blut in ihren Kopf gepumpt wurde, so daß ihr, trotz der Schüttelfrost, unangenehm warm wurde.
Er war so nah bei ihr gewesen. Er hatte direkt hinter ihr gestanden, so nah. Sie hatte sein After-Shave, das zwar nur noch leicht, aber dennoch wahrnehmbar war, gerochen. Vermischt mit *seinem* Geruch. Sie hatte kurz die Augen geschlossen und sich krampfhaft an der Leiter festgehalten, um nichts Falsches zu tun. Sie hatte diesen Moment genossen und als Mulder sich noch ein wenig weiter nach vorne gebeugt hatte, hatte es irgendwo in ihr drinnen zu kribbeln begonnen. Solange er so nahe bei ihr gestanden hatte, hatte sich das Kribbeln in ihrem Körper ausgebreitet. Aber es war ein angenehmes Kribbeln gewesen, das ihren Körper mit einer wohligen Wärme erfüllt hatte. Sie wußte nicht, was passiert wäre, hätte Mulder die Luke nicht so schnell öffnen können. Jedenfalls aus ihrer Sicht. Schließlich konnte sie nicht wissen, ob Mulder diese Situation genauso empfunden hatte wie sie. Sie hoffte es, aber sie wollte sich nicht einreden, daß da etwas vorhanden war, das nur in ihren Vorstellungen existierte. Sie brauchte einen Beweis und wäre er auch noch so klein. Sie konnte sich nun einmal nicht auf Hypothesen und Spekulationen verlassen,. Das hatte sie einmal getan und ihr war sehr weh getan worden. Seitdem brauchte es immer sehr lange, bis sie einem Menschen vertrauen konnte und noch länger, bis sie ihm alles anvertrauen und ihr Herz öffnen konnte. Deshalb brauchte sie so dringend eine Bestätigung, einen kleinen Hinweis nur. Vielleicht brauchte sie diese Bestätigung, diesen Beweis auch nur, weil sie sich selber noch nicht ganz im Klaren darüber war, ob es echt war, was sie fühlte. Sie konnte nicht sicher sein, ob dieses Gefühl wirklich Liebe war oder nur ein Gefühl der Geborgenheit und der tiefen Freundschaft. Sie war einfach zu unsicher, da sie einmal so bitter enttäuscht worden war. Damals hatte sie gedacht, es wäre Liebe, aber diese vorschnelle Schlußfolgerung hatte sich als großer Fehler herausgestellt.
Sie schob den Gedanken beiseite. Obwohl ihr die Situation auf der Leiter unangenehm gewesen war, hatte sie sich eben trotzdem unglaublich glücklich gefühlt. Und dieses Gefühl wollte sie nicht durch andere, negative Gedanken, die der Vergangenheit angehörten, verdrängen. Doch trotzdem schien dieses Gefühl nicht vollständig wiederzukehren. Einerseits war sie erleichtert gewesen, daß Mulder den Dachboden verlassen hatte, aber sie fühlte jetzt auch eine Leere in sich. Etwas fehlte, um dieses Glücksgefühl wieder heraufbeschwören zu können.
Plötzlich spürte sie eine leichte Bewegung hinter sich. Etwas streifte ihren Rücken und riß sie somit aus ihren Gedanken. Sie zuckte merklich zusammen und drehte sich um.
"Hey, ich bin’s nur", beruhigte Mulder sie, dem sie direkt ins Gesicht sah, da er direkt hinter ihr stand. Sie atmete erleichtert auf, als sie ihn erkannte.
*Was hatte sie denn erwartet? Daß die Schmuggler unbemerkt von Mulder durch die verschlossene Tür auf den Dachboden kamen?*
"Ich habe Ihnen nur die Decke mitgebracht. Vielleicht ist Ihnen kalt", erklärte Mulder und legte die Decke nun vollständig um Scully’s Schultern.
*Das war also die Bewegung und die leichte Berührung an ihrem Rücken gewesen. Nur die Decke, die Mulder mitgebracht hatte.*
"Und hier ist noch eine Kerze für Sie, damit Sie wenigstens etwas Licht haben", fügte Mulder hinzu uns setzte eine von zwei Kerzen, die er in der Hand hielt, auf den Boden ab und zündete sie mit den Streichhölzern an.
"Danke. Und... haben Sie etwas herausgefunden?", fragte Scully nach, um das unsichere Gefühl, das Mulder’s plötzliche Auftauchen verursacht hatte, loszuwerden und deutete auf die Mappe in Mulder’s Hand.
Dieser warf nur einen kurzen Blick darauf und schüttelte enttäuscht den Kopf.
"Nein, das ist alles in japanisch geschrieben, glaube ich zumindest", erklärte er dann, "und es ist nichts dabei, das irgendwie Aufschluß darüber geben könnte, um was es sich ungefähr handelt."
Scully nickte verständnisvoll. In diesen Akten konnten also unglaublich wichtige Informationen stecken, die sie nicht entziffern konnten. So nah und doch unendlich weit entfernt. Sie schauderte, obwohl sie nicht einmal genau wußte wieso, und zog die Decke fest um sich. Die Schüttelfrost hatte sie noch immer fest im Griff und Scully war Mulder jetzt unendlich dankbar dafür, daß er ihr die Decke gebracht hatte. Sie hatte es sich selber nicht eingestehen wollen, aber durch die fehlende Wärme der Decke und des Kaminfeuers war ihr doch unangenehm kalt gewesen.
"Vielleicht finden wir doch noch etwas, das uns über dieses Serum Aufschluß geben kann. Und ich glaube kaum, daß diese Informationen dann in japanisch verfaßt sind", startete Scully einen versuch, um Mulder und sich selber wieder Mut zu geben.
Mulder nickte nur und begab sich wieder zu dem Stapel Kisten, bei denen er begonnen hatte. Er setzte auch seine Kerze auf dem Boden ab und entzündete auch diese.
Wieder breitete sich eine Stille über sie aus, da beide vertieft in ihre Arbeit waren. Als Mulder nach einiger Zeit zu Scully hinüberblickte, hatte sie sich im Schneidersitz, in die Decke eingehüllt, vor ein Kiste gesetzt. Und als hätte Scully seinen Blick gespürt, drehte sie sich zu ihm um und lächelte ihm flüchtig zu, bevor sie sich wieder dem Inhalt des Kartons zuwandte. Auch Mulder ließ sich nicht weiter ablenken und wandte sich wieder "seinen" Kartons zu. Still arbeiteten sie weiter. Nur ein leises Rascheln war ab und zu, zu hören sowie der Wind, der wieder um das Haus strich und die Holzbretter zum Knarren brachte.
Langsam verging die Zeit und Scully dachte eigentlich über nichts nach. Sie ließ zwar ihren Gedanken freien Lauf, aber es gab nichts, das ihre Gedanken an eine Stelle gehalten hätten; nichts, um das sie sich hätten drehen können. Sie mochte dieses völlige Entspanntsein. Nichts, das sie beschäftigen oder gar bedrücken konnte. Es war zwar merkwürdig in Anbetracht ihrer Situation, aber Scully wußte, ...sie spürte, daß sie gerettet würden. Rechtzeitig gerettet würden. Aus diesem Grund sah sie dies mehr als ein Abenteuer an, verbunden mit etwas Ruhe. Also eine Art Abenteuerurlaub. Natürlich wußte sie, daß es ein fataler Fehler sein konnte, ihre Situation auf die leichte Schulter zu nehmen, aber sie war sich in einem Teil ihres Unterbewußtseins der Gefahr der Situation wohl bewußt. Aber vordringlich dachte sie eben auch an die angenehme Seite ihres Ausflugs. Deshalb bewegten sich ihre Gedanken scheinbar leichtfüßig und schwebten von einer Sache zur nächsten. Plötzlich kamen ihr uralte Kindheitserinnerungen in den Sinn. Doch auch dort blieben Gedanken nicht lange hängen, sondern wanderten weiter, während sie unermüdlich die Kisten durchstöberte. Ab und zu zog sie die Decke fester um sich, wenn ihr ein Schauer über den Rücken lief. Dann fuhr sie mit ihrer Arbeit fort. Doch eigentlich sah sie dies auch nicht als Arbeit an. Auf eine Art fühlte sie sich wie die Hauptfigur in einem Kinderroman. In einer Abenteuergeschichte. Sie waren in ein verlassenes Haus eingebrochen, konnten jetzt nicht mehr hinaus und mußten versuchen auf dem Dachboden nach Hinweisen für die Verbrecher zu suchen oder einer Möglichkeit wieder aus diesem Haus herauszukommen.
Scully hätte beinahe laut aufgelacht. Es klang wirklich alles nach einer klischeehaften Kindergeschichte, in der Mulder und sie die Hauptrollen spielten. Aber statt laut aufzulachen grinste sie nur, hielt kurz in ihrer Arbeit inne und schüttelte auf Grund der absurden Idee den Kopf.
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