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Familienbande IV: Zerfetzte Herzen

von Dawn

Kapitel 16

Revere, Massachusetts
Samstag
17:15 Uhr


*„Fox! Hilf mir!“*

*Ein glühender Strahl von purem weißem Licht umgibt die schlanke Silhouette seiner Schwester und hebt sie in die Luft. Er sieht einen Augenblick lang zu, zugleich erschrocken und fasziniert, bevor er zur Tat schreitet. Er versucht zu dem großen Schrank zu krabbeln, weil er weiß, dass sein Vater dort seine Waffe aufbewahrt, nur um festzustellen, dass eines seiner Handgelenke an einen großen Metallpfahl gefesselt ist, der wie ein bizarrer Baum aus dem Boden schoss. Er zieht heftig daran, und bemerkt jetzt, dass er ein erwachsener Mann und kein Junge ist.*

*„Samantha!“, schreit er, zieht stärker, beachtet nicht wie sich das Metal in das zarte Fleisch seines Handgelenks frisst, bis es blutet.
„Samantha!“*

*„Du hast gesagt, du würdest sie retten! Warum rettest du sie nicht?“*

*Er dreht sich um und sieht in die kalten, wütenden Augen von Jason Westin, der mit einem Finger vorwurfsvoll auf den schnell verschwindenden Körper des Mädchens zeigt.*

*„Mach was! Du konntest deine Schwester nicht retten, ich hätte wissen sollen, dass du meine nicht retten kannst!“*

*Verwirrt schießt sein Blick zurück zu dem kleinen Mädchen und er keucht, verblüfft. Lange dunkle Locken wurden durch kurze ersetzt, verängstigte braune Augen durch blaue.*

*„ Fox, ich will nach Hause! Hilf mir!“*

*Ein Schatten mit einem großen Hut und einem altmodischem Mantel, dem Gewand des verrückten Hutmachers, tritt aus dem Licht und zieht den Körper des Kindes in seine Arme, unterbindet ihren Kampf ohne Anstrengung. Er dreht sich um und offenbart das selbstzufrieden grinsende Gesicht von John Lee Roche.*

*„Ich bringe sie weg von hier, an einen schöneren Ort.“, verkündet er und zieht sich in das Licht zurück.*

*„Fox! Fox, wach auf! Er kommt!“, schreit Callie.*

„Neeeeeein!“

„Du hast sie gehört, wach auf!“

Etwas Hartes traf Mulder in die Seite, telegrafierte eine schmerzhafte Explosion von seinen Rippen zu seinem Kopf und zwang die Luft aus seinen Lungen. Seine Augen flogen auf und er japste nach Luft, stöhnend und hilflos würgend, als auf seine Seite fiel. Helle Funken tanzten vor seinen Augen und verzerrten für einige Minuten seine Sicht, und das plötzliche Rauschen seiner Ohren radierte alle Töne aus. Er lag sehr still, keuchte schwach vor Schmerzen und den Nachwirkungen seines Traums.

„…Zeit, dass Sie aufwachen und an der Party teilnehmen, Agent Mulder.“, sagte Cole freudig. „Wir haben soviel zu besprechen. Und außerdem haben Sie der kleinen Callie Sorgen gemacht.“

Mulder setzte sich vorsichtig auf und zuckte zusammen als sowohl sein Kopf als auch seine Rippen lautstark protestierten. Callie kauerte sich zurück in ihre Ecke und sah mit vor Angst geweiteten Augen zu. Er begegnete ihrem Blick mit einem Zwinkern und sah wie sie verständnisvoll nickte.

„Sie und ich haben offensichtlich eine unterschiedliche Auffassung davon was eine gute Party ist.“, erzählte er Cole und wünschte seine Stimme klänge stärker. „Keine Musik, kein Bier…“

„Sehr witzig, sehr witzig.“, antwortete Cole und schwenkte Mulders Waffe in seiner rechten Hand. „Sie können soviel Witze machen wie Sie wollen, aber ich habe mich schon lange Zeit auf diesen Moment gefreut.“

Wegen Coles angenehmer Stimme und seinem milden Gesichtausdruck war Mulder völlig unvorbereitet auf den Arbeitsschuh, der seine bereits schmerzenden Rippen traf. Mulder schrie.

„Das ist für die Nummer die Sie mit Ihrem Messer auf meinem Polster abgezogen haben.“, erklärte Cole rundweg.

„Hör auf! Tu Fox nicht weh!“

Callie eilte blitzschnell an Mulders Seite, ihre kleinen Hände in die Hüften gestemmt und ihre Augen funkelten wütend hinter ihren Tränen.

Cole lachte – ein kalter, humorloser Ton. „Nen kleinen Kumpel gefunden, was? Sie wird vielleicht nicht mehr so verrückt nach Ihnen sein, wenn sie einmal rausgefunden hat, dass Sie ihr nicht helfen können. *Fox.*“ Er sah das Kind streng an. „Los setz dich hin.“

Callie zögerte und sah Mulder unsicher an. Er setzte ein irgendwie krankes Lächeln auf und nickte, also zog sie sich langsam zurück. Mulder sog einen tiefen Atemzug ein und bereute die Tat sogleich, als seine Rippen protestierend kreischten. Er arbeitete hart daran seine umherschweifende Aufmerksamkeit zu beherrschen und blinzelte zu Cole hinauf.

„Was meinten Sie, als Sie sagten, Sie hätten auf das hier gewartete?“

Cole lächelte, lehnte sich lässig gegen die Seite des Busses und tippte sich mit der Sig gegen das Kinn. „Ich weiß alles über Sie, Agent Mulder. Nach diesem Tag an dem Sie kamen um mein Auto zu durchsuchen, hat es mich sehr interessiert. Nicht nur der Vorbesitzer, sondern auch der Mann, der ihn zur Strecke brachte. Also habe ich meine eigene kleine Ermittlung begonnen – habe jede kleine Information, die ich über Sie und Roche finden konnte, ausgegraben. Als ich über Sie gelesen habe, wie Sie Roche und all diese anderen Mörder gefasst haben, ist mir eine Sache sehr deutlich geworden.“

„Was denn?“

Das Lächeln wurde zu einem schlitzohrigen Grinsen. „Das ich es besser kann. Das ich alles, was diese Kriminellen taten, und Schlimmeres tun kann, ohne gefasst zu werden. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr las ich, und je mehr ich las, desto mehr Ideen hatte ich. Props, Boggs, Mostow, Roche – Ich hab’ se alle studiert. Aber ich kam immer kam immer wieder zu Roche zurück, dazu wie er Ihnen solange entkommen ist, bevor Sie ihn schließlich gefasst haben.“

„Also haben Sie beschlossen Roches Verbrechen zu kopieren.“, stichelte Mulder und koppelte Sarkasmus mit seiner Stimme. „Das nennt man einen Trittbrettfahrer, Cole. Das ist nichts Besonderes. So was haben wir ständig.“

Cole errötete wegen seiner Zurückweisung. „Das sagen Sie. Aber hier bin *ich* und da sind *Sie*. Wer hat wen überlistet? Egal, da ist mehr dran, als Sie denken. Haben Sie sich nicht gefragt, wie ich es gemacht habe, Agent Mulder? Wie ich all diese Dinge über Sie wusste – über Roche – die ich nicht hätte wissen können?“

Mulder wand sich unruhig, sagte aber nichts und versuchte Cole Kraft seine Geistes dazu zu bringen näher zu kommen, sodass er ihn erreichen konnte. Er erhaschte einen verdeckten Blick auf Callie, erleichtert zu sehen, dass sie dem Geschehen zwischen Cole und ihm genauste Beachtung schenkte.

„Vor zwei Jahren hatten meine Eltern und ich einen Autounfall, wurden von einem betrunkenen Fahrer getroffen.“, fuhr Cole fort, löste sich von der Wand und schritt quer durch den Bus. „Wir starben alle drei am Unfallort. Sie konnten meine Familie nicht wieder beleben, aber sie haben es geschafft mich zurückzuholen. Aber ich bin nicht alleine zurückgekommen.“

Mulder leckte seine Lippen, sein Herz schlug wild in seiner Brust. „Wovon reden Sie?“

Cole starrte ihn an, seine Augen verloren ihren Fokus und rollten dann in seinen Kopf zurück um das Weiße zu entblößen. Sein Körper zuckte einmal, veränderte sich dann. Die Schultern zogen sich zurück, die Wirbelsäule wurde gerade, und das Kinn senkte sich leicht nach unten. Cole blinzelte schwerfällig, und wandte seine seinen Blick dann Mulders Gesicht zu, nur der kleinste Hinweis von Belustigung umspielte seine Mundwinkel.

„Mulder. Lange nicht gesehen.“

Schrecken durchflutete Mulder von Kopf bis Fuß. Er hatte am ganzen Körper Gänsehaut und die kurzen Haare in seinem Nacken stellten sich auf. Diese Stimme – Coles und auch wieder nicht. Der Klang, der Tonfall waren unterschiedlich wie Tag und Nacht. Er hatte Leberessende Mutanten und riesige Sprudelwürm, Zirkusfreaks und Seeungeheuer mit Tentakeln gejagt, doch nichts löste annähernd so viel Angst aus wie diese Stimme.

Roches Augen blickten aus Coles Gesicht und er lächelte. „Was ist los, Mulder? Freuen Sie sich nicht mich zu sehen?“

„Nein.“, sagte Mulder und schüttelte trotz dem Schwindel, den die Bewegung auslöste, den Kopf. „Nein, das ist nicht möglich.“

Das Lächeln wurde breiter bis es schadenfroh wurde. Roches Lächeln. „Warum können Sie das nicht glauben, Mulder? Sie jagen Besucher aus dem Weltall, oder? Warum nicht Besucher aus dem Jenseits?“

„Wie…?“

„Wissen Sie nicht mehr, was Sie mir gesagt haben? Sie sagten, es habe sich eine Verbindung zwischen uns aufgebaut, ein Nexus, weil sie mein Profil erstellt haben. Tja, mein Kumpel Steve hier hat selbst auch ein kleines Profil gemacht. Vermute das ist vielleicht der Grund warum ich in der Lage war mich ihm anzuschließen, als er fast gestorben ist. Glück für mich, richtig? Ich versprach, ich würde ihm zeigen was zu tun ist, und er war Feuer und Flamme für die Idee.“

Mulder schluckte, ballte seine zitternden Hände zu Fäusten. „Warum? Was wollen Sie von mir, Roche, wenn das wirklich Sie sind? Was könnten Sie möglicherweise dabei gewinnen? Sie sind tot.“

Roches Grinsen verflog und seine Augen wurden hart. „Ich will was mir zusteht, Mulder. Was Sie mir in diesem Bus genommen haben. Das ist meine zweite Chance.“ Er hielt absichtlich Mulders Blick während er seinen Kopf in Callies Richtung neigte. „Und dieses Mal werden Sie mich nicht aufhalten.“

„Sie Scheißkerl!“

Ein roter Schleier von Wut bedeckte Mulders Sicht und ließ den Schmerz verfliegen während er fluchte und wild an seinem gefesselten Handgelenk zog. Roche beobachtete einfach nur, sein Grinsen war zurückgekehrt. Mulders körperliche Verletzungen bezwang schließlich seine Wut und er sank um Atem ringend zurück gegen den Pfahl.

„Sie sollten es wirklich langsam angehen lassen, Mulder.“, sagte Roche mild. „Sie bekommen einen erste Reihe Platz bei den Festlichkeiten und es wäre eine Schande wenn Sie ohnmächtig werden würden. Schließlich mache ich das für Sie.“

„Sie wollen Rache? Sie wollen Wiedergutmachung für das was ich Ihnen ihrer Meinung nach genommen habe? Dann halten Sie die Waffe einfach an meinen Kopf?“, zischte Mulder. „Lassen Sie Callie da raus.“

Roch schüttelte seinen Kopf und zupfte an dem Dreck unter seinem Daumennagel. „Mulder, Mulder. Das würde doch den ganzen Spaß verderben. Egal, ich kenne Sie. Sie zu töten würde weit weniger schmerzen als Sie zusehen zu lassen. Tatsächlich werde ich Sie vielleicht überhaupt nicht töten. Stellen Sie sich nur mal die Erinnerungen vor, mit denen ich Sie für die nächsten dreißig oder vierzig Jahre zurücklassen kann.“

Mulder kämpfte gegen eine Welle von Übelkeit und Eckel, suchte verzweifelt nach einem Weg um Roche näher zu locken. „Sie waren schon immer ein Feigling, Roche. Ein starker Mann mit kleinen Mädchen, aber ohne Rückgrat, wenn Sie mit jemandem in Ihrer Größe umgehen müssen. Ich habe gehört wie beliebt Sie im Gefängnis waren.“

Roches Augen wurden schmal und er machte einen Schritt nach vorne. „Sie holen aus, Mulder. Sie versuchen mich zu reizen.“

*Nur noch ein bisschen.* dachte Mulder.

„Nicht wenn es nach den Wärtern geht, wenn man die so reden hört, hat es Sie nicht wirklich gestört…“

„Meinen Sie den Wärter, der in die andere Richtung gesehen hat, als Sie mich geschlagen haben?“, fragte Roche, dessen Belustigung jetzt stark angespannt war. Er zuckte mit den Schultern, machte noch einen Schritt und lehnte sich spöttisch hinunter. „Einige…“

Mulder schlug zu, steckte all seine angestaute Wut und Frustration in die Bewegung als er seinen Kopf in Roches Mitte rammte und seinen freien Arm um seine Taille schlang um ihn zu überwältigen. Der Aufprall seines Kopfs, der eine feste Wand von Fleisch traf, ließ ihn Sterne sehen, doch er schaffte es seinen Körper über dem von Roche zu halten, als der Killer sich wand.

„Lauf!“, schrie Mulder und registrierte vage eine verschwommene Person, die vorbeischoss.

Roche wand sich, versuchte Mulders Waffe, die momentan von Mulders linkem Arm am Boden gehalten wurde, anzuheben. Mulder kämpfte darum seinen Griff zu halten, und kugelte sich dabei fast den rechten Arm aus. Er verlagerte seinen Körper nach links, zwei Dinge passiert schnell hinter einander. Roches Arm glitt unter seinem eigenen hervor und richtete die Waffe auf Mulders Kopf, als Mulder gerade klar wurde, dass sein Knie zwischen den Beinen des Killers stehen geblieben war. Er reagiert ohne innezuhalten um darüber nachzudenken, Mulder schlug plötzlich zu und zog sein Knie ruckartig hoch.

Roche schrie, seine Hand zuckte hoch und sein Finger schloss sich reflexartig um den Abzug, feuerte schnell hintereinander zwei Schüsse ab, bevor die Waffe aus seiner Hand fiel. Stöhnend rollte er sich zu einer Kugel zusammen und wehrte sich nicht, als Mulder die Waffe aufsammelte um, fast außer sich, zurück zu dem Pfahl zu kriechen und den Schmerz in seiner Schulter und seinem Handgelenk zu lindern.

Für einige Minuten bewegte sich keiner der Männer, Roche stöhnte presste die Hände zwischen seine Beine und Mulder war kurz davor das Bewusstsein zu verlieren. Roche war der erste, der seine Mobilität wiederfand, und rollte sich langsam in eine sitzende Position.

Mulder hob die Waffe, die er mit der linken Hand umklammert hielt, doch sie wankte stark.
„Nicht bewegen.“

„Sie werden die nicht benutzen, Mulder.“, sagte Roche bevormundend. „Sie sind Rechtshänder, nicht wahr? Egal, Sie können sie kaum halten.“

„Halt die Klappe und gib mir den Schlüssel zu den Handschellen.“, grummelte Mulder und blinzelte als der stechende Schweiß ihm in die Augen rann.

„Uh-oh. Das glaube ich nicht. Dieser kleine Schlüssel ist die einzige Sicherheit die ich noch habe.“ Roche stand vorsichtig auf. „Warum sagen wir nicht einfach es steht unentschieden, Mulder? Sie haben meine Neugestaltung des Abends ruiniert, also werde ich mich einfach auf den Weg machen. Ich bin sicher sie werden Sie bald finden.“

„Stopp!“, blaffte Mulder, überrascht, als das Wort mehr geflüstert als gebrüllt raus kam. „Ich warne Sie, Roche. Bringen Sie mich nicht dazu, dass noch mal zu machen. Setzen Sie sich jetzt hin und werfen Sie den Schlüssel zu mir.“

Roche hielt inne, machte jedoch keine Anstalten sich zu setzen. „Wollen Sie es nicht wissen, Mulder?“

Mulder biss die Zähne zusammen, mit jeder Minute, in der Roche mauerte, wurde die Waffe schwerer. „Was wissen?“

„Ihre Schwester. Wollen Sie nicht wissen, ob sie hier ist?“

Mulders Finger schloss sich etwas um Abzug. „Halt die Klappe!“

„Ich kann es Ihnen sagen. Sie würden ein für alle mal wissen, ob sich noch lebt. Aber wenn Sie mich jetzt erschießen, werden Sie sich weiter fragen.“, beharrte Roche, seine Stimme war weich wie Honig, als er einen kleinen Schritt näher kam.

Mulder blinzelte verwirrt, die Waffe sank unmerklich, als er gegen die Schmerzen in seinem Oberkörper und das Rauschen in seinen Ohren kämpfte. „Nein. Nein, ich…“

Diese Mal war Roche an der Reihe zuzuschlagen.



Revere, Massachusetts
Samstag
18:36 Uhr


„Das ist es, genau da!“, schrie Scully auf.

Sie schoss in dem Moment aus dem Auto, als Skinner am Bordstein hielt, und trat ruhelos von einem Fuß auf den anderen bis Grey und Skinner sie erreichten. Einer nach dem Anderen kletterten sie über den Zaun, ließen sich auf die andere Seite fallen und untersuchten das Durcheinander von Bussen aus dem öffentlichen Verkehr, die wie gigantische Käfer da hockten, einige waren noch fahrtüchtig und andere waren alterschwach und durchgerostet, weil sie nicht benutz wurden.

„Wo sollen wir überhaupt anfangen?“, fragte Grey. „Wir werden nie…“

„Warte! Hör mal.“, unterbrach Scully und bedeutete ihm still zu sein.

Über dem Gesumm des Verkehrs schwebte ein schwaches Wimmern, gefolgt von dem Klang von Fäusten, die auf Holz schlugen. Das Wimmern wurde zu herzzerreißendem Schluchzen.

„Hier lang.“, sagte Skinner und bog um die Ecke.

Beim Anblick der kleinen Person, die am Ende des Zauns kauerte, rannten alle drei los. Das Kind, ein kleines Mädchen mit lockigen brauen Haaren und großen blauen Augen, japste und kauerte sich an die Bretter. Durch eine unausgesprochene Vereinbarung ließen sich Skinner und Grey zurückfallen, damit Scully sich dem Kind nähern konnte.

„Callie?“, fragte sie sanft. „Bist du Callie?“ Als das kleine Mädchen nickte, schenkte Scully ihr ein strahlendes Lächeln. „Es ist in Ordnung, du bist jetzt in Sicherheit. Mein Name ist Dana, und das sind Walter und Grey. Wir sind FBI Agenten und wir haben nach dir gesucht, Liebes.“

Zu Scullys Erstaunen sprang Callie bei der Erwähnung des FBI auf ihre Füße, begann hysterisch zu plappern, griff nach ihrer Hand und zog daran.

„Schnell, schnell! Ihr müsst Fox helfen! Ich hab versprochen Hilfe zu holen!“

Scully Herz machte einen Sprung vor unerwarteter Hoffnung, aber sie zwang sich ruhig zu bleiben. „Du hast Fox gesehen? Wo ist er Callie? Geht es ihm gut?“

„Steve hat ihm wehgetan. Ich habe Angst, dass er was wirklich Böses macht, wenn er sieht, dass ich weg bin. Schnell!“

Zwei laute Knalle unterbrachen Scullys Antwort und hallten von dem Zaun und dem umstehenden Bussen wieder.

„Zeig’s mir.“, sagte Scully, die Callies fanatischem Ziehen nicht länger widerstand, scharf.

Callie führte sie unbeugsam drei Reihen von Bussen entlang und dann an vieren vorbei zudem hinteren Teil des Platzes, wo die älteren, ausrangierten Gefährte parkten. Als sie auf Bus 176 zeigte, hockte sich Scully hin, sodass sie in die Augen des Mädchens gucken konnte.

„Weiter als bis hier wirst du nicht gehen, Callie. Ich will, dass du hier hinter diesem Bus wartest. Walter, Grey und ich werden uns um Fox kümmern.“

Als das kleine Mädchen in sicherer Entfernung war, drehte sich Scully zu Skinner, der gerade damit fertig war Verstärkung zu rufen. „Ich schlage vor wir teilen uns auf, Sir.“

Skinner nickte. „Da stimme ich zu.“

„Ich nehme die hinter Tür.“, meldete sich Grey freiwillig. „Ihr zwei nehmt die Front. Er kennt Scully, aber mich wird er nicht erwarten.“

Sie trennte sich und begaben sich vorsichtig in Position. Grey stöhnte innerlich beim Anblick des großen Vorhängeschlosses, das an einer Kette hing, die sich durch die Hintertür zog. Er winkte Skinner und Scully weiter und zog schnell einen kleinen Dietrich aus seinem Mantel. Tief durchatmend aber dennoch mit zitternden Händen, begann er seine Arbeit.

Skinner öffnete die Metalltür und zuckte leicht zusammen, als sie ein leises Quietschen von sich gab. Er ging zwei Schritte hoch, Scully dicht hinter ihm, hockte sich hin um hinter dem Element, das normalerweise den Fahrer von der ersten Reihe trennte, versteckt zu bleiben. Er spähte um die Ecke, um Mulder an einen Metallpfahl gesunken zu sehen, seine rechte Hand war gefesselt, die linke zielte mit einer Waffe auf Steve Cole. Mulders Körper hielt Skinner davon ab zu sehen ob Cole ähnlich bewaffnet war.

„Ihre Schwester.“, hörte Skinner Cole mit selbstzufriedener Stimme zu Mulder sagen. „Wollen Sie nicht wissen ob Sie hier ist?“

*Worüber zum Teufel redet er?* dachte Skinner, während er Mulders gestammelte Antwort, sogar als er versuchte Coles Hände zu sehen, aufnahm.

„Ich kann es Ihnen sagen. Sie würden ein für alle mal wissen, ob sich noch lebt. Aber wenn Sie mich jetzt erschießen, werden Sie sich weiter fragen.“, beharrte Roche.

Mulder Körpers verlagerte sich und in diesem Moment sah Skinner A: dass Mulder den Halt seiner Waffe verlor und B: dass Cole unbewaffnet war, aber dabei war einen Zug zu machen.

„Jetzt, Scully!“, sagte er und sprang auf die Beine. „Federal Agent! Keine Bewegung!“

Die nächsten sechzig Sekunden vergingen für Skinner in Zeitlupe. Er spürte wie Scully ihre eigene Waffe hob. Er sah Mulders linke Hand wild schwingen und in seinen Schoß fallen. Cole zögerte einen Moment, seine Augen schossen hoch um ihre Entfernung abzuschätzen, bevor sie sich verengten und er auf Mulder zusprang. Skinners Finger schloss sich um den Abzug, doch er zog sich zurück als ein Schuss erklang. Cole taumelte und fiel dann mit einem überraschten Gesichtsausdruck auf die Knie, um Grey zu entblößen, der hinter ihm stand und immer noch seine Waffe auf den schlaffen Körper richtete.

Skinner stieg schnell die restlichen Stufen hoch und zog Coles ausgestreckte Leiche zur Seite. Greys Kugel hatte einen Teil des Schädels des Mörders abgelöst, und Skinner musste nicht nach einem Puls suchen, um zu bestimmen, dass Cole tot war. Scully, die Cole nur eines oberflächlichen Blickes würdigte, kniete sich hin um Mulder mit sanften Händen zu untersuchen

Als sich Grey nicht bewegte und weiterhin mit leerem Blick auf Coles leblosen Körper starrte, stand Skinner auf und trat nach rechts um seine Sicht zu verdecken.

„Grey.“

Grey zog seine Augen hoch um Skinners zu begegnen. „Ja.“

„Warum gehst du dich nicht um Callie kümmern und wartest auf die Polizei, die werden uns in diesen Durcheinander nie finden.“

Grey leckte seine Lippen und nickte. „Klar. Ist Fox in Ordnung?“

„Er hält durch.“, rief Scully über ihre Schulter. Sie sah Skinner an. „Können Sie ihm die Handschellen abnehmen, Sir?“

Skinner durchsuchte Coles abkühlende Leiche und kniff in dem schnell schlechter werdenden Licht die Augen zusammen. Als er die Schlüssel in der Jacke des Mannes gefunden hatte, drehte er sich um und griff nach Mulders Handgelenk.

„Mein Gott.“, murmelte er, für einen Moment vom Anblick des aufgerissen, blutendem Fleisch paralyziert.

„Vorsichtig.“, warnte Scully als er behutsam das Metallarmband entfernte. „Ich glaube er hat sich diese Schulter ausgerenkt.“

Skinner presste die Kiefer zusammen. Wenn Mulders Handgelenk und Schulter ein Merkmal waren, dann hatte der Agent wie besessen gekämpft.

Mulder hatte nicht gesprochen oder ihre Anwesenheit zur Kenntnis genommen. Seine brauen Augen wirkten glasig und unfokussiert und sein Kopf rollte, als sei er betrunken. Scully legte sanft ihre Hand an sein Kinn und bemerkte erweiterte Pupillen. „Mulder, hier ist Scully. Bist du bei uns?“

Mulder antwortete lethargisch. Er blinzelte und seine Augen wanderten zu Scullys Gesicht. Bewusstsein sickerte hinein wie Wasser durch einen schwergängigen Abfluss.

„Scully?“, murmelte er, eine kleine Falte durchzog seine Stirn. Er versuchte nach ihr zu greifen, nur um eine unterdrücktes Stöhnen hervorzubringen und das bisschen Farbe, das er noch im Gesicht hatte, zu verlieren.

„Sir!“, sagte Scully scharf, aber Skinner war schon da, schob seine Schulter hinter Mulder, damit er nicht weiter nach links sackte.

„Ruhig, Mulder.“, sagte er rau.

„Mulder, wo tut es weh?“, fragte Scully. Als sie sah, dass seine Augen wieder unscharf wurden, nahm sie sein linkes Ohrläppchen zwischen Daumen und Zeigefinger und kniff zu.

„Au!“, schrie Mulder auf und schlug ziellos mit der linken Hand umher. Doch sein Blick schärfte sich. „Was solln das?“

„Tut mir Leid. Du musst bei mir bleiben, Mulder. Ich kann sehen, dass du einen Schlag auf den Kopf bekommen hast. Wo bist du sonst noch verletzt?“

„Überall.“, grummelte Mulder. Auf ihren verärgerten Gesichtsausdruck hin, seufzte er. „Rippen. Und mein Arm fühlt sich an, als sei er an der Schulter abgerissen worden.“

„Das hast du davon, wenn du ihn auskugelst.“, antworte Scully leicht und strich mit ihrem Daumen über seine Wange.

Mulders Augen, die zufallen wollten, flogen weit auf. „Callie! Wo ist Roche? Habt ihr Roche erwischt?“

Skinner schlang einen Arm um Mulders Brust und versuchte sein wildes Strampeln zu beruhigen. Verwirrt sah er Scully finster an.

„Roche? Wovon redet er?“

Scully schüttelte ihren Kopf. „Mulder. MULDER, STOP!“

Ihr barscher Befehl stoppte Mulders Strampeln, doch seine Augen wanderten immer noch rastlos umher.

„Callie ist *sicher*, sie ist bei Grey.“, fuhr Scully fort, wobei sie langsam und deutlich sprach.

„Was ist mit Roche?“, verlangte Mulder.

Scully biss sich auf die Lippe. Ihr anfänglicher Eindruck war gewesen, dass keine von Mulders Verletzungen lebensbedrohlich waren, doch seine offensichtliche Verwirrung machte ihr Sorgen. Eine Sirene heulte in der Ferne auf und kam näher.

„Mulder, du redest Unsinn. *Cole* ist tot. Grey hat ihn erschossen.“

Mulder sackte zusammen, die Erleichterung angesichts ihrer Worte war ihm anzusehen. „Dann ist Roche auch weg.“, murmelte er zitternd.

Scully streichelte seine Stirn und Wangen, die Haut war und klamm und kühl unter ihren Fingerspitzen. „Er steht unter Schock.“, sagte sie, zog ihren Mantel aus und schlang ihn um Mulders Körper.

Draußen hörte sie Grey Richtungsangaben rufen und den Klang von rennenden Füßen. Mulder schweifte wieder ab, doch dieses Mal ließ sie ihn gehen und machte Platz für die Rettungssanitäter, während sie schnell seinen Zustand beschrieb.

Nachdem sie die Verantwortung für seine Behandlung abgegeben hatte, konnte sie nur mit zitternd mit ihrer Faust fest an ihre Lippen gepresst dastehen, während die Sanitäter Mulders Vitalfunktionen überprüften und seine Schulter effizient stilllegten. Grey kletterte in den Bus und wich Leiche und Ausrüstung aus, um zu Scully und Skinner zu gelangen.

„Sie bringen Callie aufs Revier.“, sagte er. „Sie haben ihre Eltern kontaktiert und dafür gesorgt, dass sie sie abholen. Wie geht’s Fox?“

„Er macht seinem Ruf als menschliches Pendant zur Timex Uhr alle Ehre.“, antwortete Scully trocken, doch ihre Stimme zitterte.

„Was sollte das alles, Scully?“, fragte Skinner, wobei er seine Stimme leise hielt, um nicht mit angehört zu werden. „Warum hat Mulder Cole Roche genannt?“

„Er ist durch den Schlag auf seinen Kopf desorientiert und hat große Schmerzen, Sir. Er wusste nicht, was er sagt.“, antwortete Scully, doch ihr Gesicht war besorgt.

„Wir sind bereit zum Transport, Ma’am.“, unterbrach ein dunkelhaariger Sanitäter, der durch Scullys wilde Augen, wie fünfzehn aussah. „Wir werden ihn ins Boston General bringen.“

„Ich komme mit Ihnen.“

Skinner unterdrückte angesichts der stählernen Härte ihres Tonfalls und der hastigen Akzeptanz des Sanitäters ein Grinsen. Scully im Arztmodus, war eine Kraft mit der man rechnen musste.

„Cleveres Kerlchen.“, murmelte Grey und Skinner verlor die Kontrolle über sein Schmunzeln.

„Definitiv.“

Die Sanitäter manövrierten Mulder, mit Scully auf den Fersen, aus der hinteren Tür des Busses. Skinner ging rüber um den leitenden Officer zu begrüßen und begann den langwierigen Prozess den Tatort zu sicher, jedoch war er nicht in der Lage Mulders Worte aus seinem Kopf zu verbannen.
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