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Regam

von Small Potato

Kapitel 9

Montag 08:00 Uhr; Anhörungssaal Correctional Facility; Washington D.C.

Mulder hatte in dieser Nacht keinen Schlaf finden können, er schlief ohnehin nie wirklich gut. Nicht seit Samantha geholt worden war.
Doch diese Nacht hatte er sich besonders unruhig hin- und hergeworfen, war die Ereignisse der letzten Tage wieder und wieder durchgegangen, das Gespräch mit Oldberg hatte er etliche Male Revue passieren lassen – war er glaubwürdig oder ein gefährlicher Psychopath?
Der eigentliche Grund für seine schlaflose Nacht aber war sein Gespräch mit Scully gewesen. Er wusste, dass sie eine hervorragende und obendrein starke Agentin war doch hatte ihn diese Unterhaltung trotzdem in Sorge versetzt.
Sollte sie sich auf Oldberg einlassen wollen und den Hinweisen, die er ihr vielleicht gab, im Alleingang nachgehen? Sah sie die Gefahr, die von ihm ausgehen könnte? Er malte sich aus, wie es zu den beiden grausigen Morden gekommen sein möge. Was war der Auslöser? Waren es die einzigen Morde gewesen, oder gingen noch mehr auf sein Konto?
Der Gedanke, dass er ein pathologischer Serienmörder sein könne, ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Was würde dies für Scully bedeuten? Seine Gedanken drehten sich im Kreis und letztlich hatte er den Rest der Nacht nur mit Hilfe des wiederholten Zappens durch sämtliche Kanäle überstanden, wobei die Bilder lediglich seine Netzhaut erreicht hatten.


Nun stand er auf dem Gang der Justizbehörde und wartete darauf, dass seine Anhörung beginnen würde. Immer wieder schaute er den Flur hinunter. `Das sieht ihr nicht ähnlich! Wenn es einen pünktlichen Menschen gibt, dann ist das Dana Scully.´ Er sah auf seine Uhr, hörte Absätze sich nähern und atmete vor Erleichterung auf, als er jedoch aufblickte, kam eine ältere Dame in Robe den Gang entlang auf ihn zu. Im Schlepptau zwei Herren die Mulder nicht kannte, doch sie stanken schon von Weitem furchtbar nach Anwälten. Er konnte diese Sorte Mensch noch nie besonders leiden und rümpfte die Nase. Dahinter erblickte er A.D. Skinner.
Die Dame trat näher und schüttelte Mulder die Hand. „Sie sind wohl Agent Mulder? Ich bin Richterin Roseham. Bringen wir die Sache hinter uns!“ Mulder nickte stumm. Er kam sich vor, wie ein Schuljunge, der zur Direktorin gerufen wurde.

Die Richterin betrat mit den Anwälten den kleinen Anhörungssaal. Mulder kam Skinner entgegen, der einen hochroten Kopf hatte.
„Sir, haben Sie etwas von Agent Scully gehört? Sie ist noch nicht hier ...“
„Wir werden jetzt nicht warten! Sie gehen da nun rein und ich will kein Wort von Ihnen hören, seit denn Sie werden explizit gefragt. Haben Sie mich verstanden? Ich habe schon den ganzen Morgen mit den Anwälten diskutiert, wenn Sie das jetzt verbocken haben Sie keinen Job mehr! Habe ich mich klar ausgedrückt?!“ Sein Blick ließ keine Widerworte zu, dann stürmte er an ihm vorbei, in den Raum, um die Sache so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
Mulder schaute noch einmal den Gang hinab – nichts.


Die Anhörung war eine kurze Sache gewesen. Es wurden die Anschuldigungen vorgetragen, dann hatte der Anwalt, der Mulder vom FBI gestellt wurde, eine rasche Entschuldigung heruntergerattert, die herzlich wenig von dem beinhaltete, wieso Mulder und Scully überhaupt in diese Lage geraten waren.
Doch das alles kümmerte Mulder nicht, er starrte immer wieder auf die Tür und auf seine Uhr. `Irgendetwas stimmt da nicht. Das ist nicht Scullys Art, ganz und gar nicht! Sie würde zu einem Termin wie diesem kommen!´
Dann wurde etwas davon geredet, dass keine der beiden Parteien große Lust auf ein Strafverfahren habe und dass sich außergerichtlich geeinigt werden würde, auf eine Summe, die es noch zu verhandeln galt.
`Ist Scully wirklich auf diesen Typen eingegangen? Verfolgt sie neue Hinweise? Im Alleingang?´
Das Schlagen des Holzhämmerchens riss ihn zurück in die Realität.
Alle erhoben sich und Mulder ging auf Skinner zu. „Kann ich gehen?“, fragte er schnell.
„Haben Sie überhaupt zugehört Agent Mulder?“ Skinner hielt sich im Zaum, lief aber schon wieder rot an. Er schob Mulder unsanft auf den Flur hinaus. „Sie können von Glück reden, dass keiner hier scharf auf die Aufmerksamkeit ist, die ein solcher Fall aufrühren kann. Die Entscheidung wird in den nächsten Stunden fallen, solange müssen Sie ausharren!“ Er wand sich zum Gehen aber Mulder hielt ihn am Arm zurück.
„Was ist mit Agent Scully?“
„Sie hat Urlaub!“, zischte dieser. „Falls Sie auch das nicht mitbekommen haben sollten! Sie wurde nicht zu dieser Anhörung berufen. Es scheint, dass sie die Einzige ist, die aus dieser Sache etwas gelernt hat und sich meinen Anweisungen nicht wieder widersetzt. Ich glaube fast, sie möchte ihren Job behalten!“
Mit diesen Worten verabschiedete er sich und im gleichen Moment wurde Mulder von einem Gerichtsdiener aufgefordert ihn wieder zurück in seine Arrestzelle zu begleiten.

„Hey Mulder!“
Er drehte sich um und sah die drei Einsamen Schützen auf ihn zueilen.
„Einen Augenblick bitte!“, bat Mulder den Gerichtsdiener, der kurz nickte. Er hatte für heute sowieso nicht viel zu tun und er hatte hier schließlich einen FBI Agenten und keinen Schwerverbrecher vor sich.
„Jungs, was ist geschehen?“ Byers sah ihn verdutzt an.
„Das fragst du uns? Wir haben heute früh erst erfahren, wo du bist! In was seid ihr da nur wieder reingerutscht? Scully hat uns nichts davon gesagt!“
Mulder schaute leicht irritiert. „Wann hat sie euch nichts davon gesagt? Sie war bei euch?“ Er klang aufgebracht.
Mit einem leicht mulmigen Gefühl schaute Byers zu seinen Kumpanen als bitte er um Erlaubnis, ihm zu beichten, dann sah er Mulder wieder an. „Sie ist gestern Früh bei uns gewesen und bat um eine Kamera... Wir hatten angenommen...“
„Oh, verdammt! Was hatte sie vor? Was hat sie euch gesagt?“
Verlegen schaute Langly auf seine Füße. „Naja, nichts, wir dachten nicht, dass es ein Problem wäre. Und, sie hat uns keine Wahl gelassen...“
„Keine Wahl?“, fragte Mulder ungläubig „Keine Wahl? Was – hat sie euch bedroht, oder was?“ Sarkasmus legte sich auf seine Stimme.
„Naja, sie war ziemlich bestimmend!“
Mulder verdrehte die Augen. „Duckmäuser!“ Er senkte den Kopf, legte seine Finger an die Stirn und rieb sich die Stelle zwischen seinen Augen. „Hört zu, ich brauche alles, war ihr über einen Frederick Oldberg herausbekommen könnt. Er ist in der Psychiatrischen Einrichtung von Silver Spring untergebracht.“
„Mister Mulder,“, meldete sich der Gerichtsdiener zu Wort, „wir müssen nun wirklich los, sonst bekomme ich Probleme!“
Mulder warf einen Blick auf den jungen Kerl und ließ sich halbwegs bereitwillig abführen.
„Und versucht Scully zu erreichen!“, rief er über seine Schulter hinweg.

Unschlüssig blieben die drei auf dem Flur zurück. Jeder hing der gleichen Frage nach. Bayers sprach sie letztlich aus. „Ob wir ihm hätten sagen sollen, dass wir bereits dort waren?“
Aber Frohike schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, das würde ihn in dieser Situation nur in Schwierigkeiten bringen. Ihr kennt ihn, Ruhe ist nicht seine Stärke.“
„Hmm!“, stimmte Langly zu. „Lasst uns versuchen, Scullys Aufenthalt zu bestimmen. Je mehr wir in der Hand haben, desto so besser!“

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Montag 08:21 Uhr; Forschungsstation; Virginia

Kälte. Kälte und Durst waren die ersten Dinge, die sie wahrnahm, als Scully langsam wieder zu sich kam. Dunkelheit. Kalter Betonboden. Feuchte Luft. Stille.
Mit zitternden Händen begann sie sich abzutasten. `Keine offensichtlich ernsthaften Verletzungen.´ Sie atmete tief durch.
Wo genau war sie?
Alles in ihrem Kopf war wirr, als hätte jemand einen Mixer in ihr Hirn gesteckt und ein paar Mal die Schnellmixtaste gedrückt. Langsam blitzten einzelne Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Fragmente, nichts Zusammenhängendes. Fred – die Hast durch den Wald – Mulder in der Zelle – Oh Gott, weggetretene Menschen – Räume, ausgestattet wie Frankensteins Labor – und dann das junge Mädchen!
Sie ließ ihre Hand über ihren linken Oberarm gleiten, ja eine Injektionsstelle. Was zum Teufel ging hier nur vor, unter welchen Drogen stand sie? Sie zweifelte daran, dass das hier die Realität war. Vielleicht war sie wie die anderen Menschen, apathisch auf einer dieser Liegen festgeschnallt.
Vorsichtig versuchte sie auf die Beine zu kommen. Ihr Körper schmerzte, die Beine waren zittrig doch sie hielten. Jetzt erst bemerkte sie, dass sie barfuß war und nur eine Art Kittel trug. Ihre Kleidung, ihre Kette – das Aufnahmegerät, alles weg!
Stück für Stück tastete sie sich an der rohen Wand entlang, erkundete den Raum, suchte nach irgendeiner Art Ausweichmöglichkeit, auch wenn sie sich tief im Innern darüber bewusst war, dass es keinen Weg hier heraus geben würde. Sie wagte es nicht zu sprechen, noch nicht! `Keine Aufmerksamkeit auf dich lenken!´

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Montag 10:00 Uhr; Arrestzelle Correctional Facility; Washington D.C.

Endlich, das ersehnte Geräusch der sich öffnenden Tür.
Seit Mulder zurückgebracht worden war, rasten seine Gedanken. Unruhig war er in seiner Zelle von zwei mal drei Metern auf und ab gelaufen. Was konnte innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden geschehen sein? Welche Hinweise hatte dieser Oldberg Scully gegeben? Vielleicht eine Falle? Oder war sie tatsächlich, wie Skinner es ihr aufgetragen hatte einige Tage in Klausur gegangen?
Nein. Das hatte er gleich wieder ausgeschlossen. Dieser Fall hatte sie einfach zu persönlich getroffen. Sie hatte es ihm klar formuliert. Sie war auf der Suche nach Antworten. Nach der Wahrheit! – Nun wurden seine kreisenden Gedanken durch die sich öffnende Tür schlagartig unterbrochen.

Mit ernster Mine trat Skinner ein und dankte mit einem Nicken dem Aufseher.
„Mulder!“ Streng sah er seinen Agenten an. „Kommen Sie!“
In schnellen Schritten liefen sie den Gang hinab, Entlassungspapiere wurden fertig gemacht, die persönlichen Sachen überreicht, die Mulder bei seiner Festnahme hatte abgeben müssen und dann verließen sie endlich den Untersuchungshaft-Trakt durch den Haupteingang.
Skinner klang bestimmend, als er Mulder ganz klar seine Schranken aufwies. „Das war das letzte Mal, Agent Mulder! Ich konnte diese Sache hier mehr oder weniger unter der Hand regeln. Aber ich bin es Leid immer meinen Kopf für Ihre wahnwitzigen Aktionen hinzuhalten. Ich werde es rechtfertigen müssen, wenn die Frage nach dieser ungeheuren Summe auf dem Plan stehen wird. Ich erwarte von Ihnen ab sofort einen ausführlichen Bericht und eine persönliche Genehmigung von mir, bevor Sie sich irgendwohin Zutritt verschaffen!“
„Sir, ich glaube nicht, dass Sie verstehen...“
„Nein!“, blaffte dieser zurück. „Ich glaube, dass Sie nicht verstehen, Agent Mulder! Ihr Job hängt an einem seidenen Faden. Ich erwarte einen haarkleinen Bericht von Ihnen, bis morgen früh auf meinem Schreibtisch und dann werden Sie mir Rede und Antwort stehen! Anschließend werde ich eine Entscheidung treffen, wie es weitergehen wird!“
Sie liefen über den großen Parkplatz, der sich neben dem Justizgebäude befand und steuerten auf Mulders Auto zu, dessen Schlüssel er an der Ausgabe zurückerhalten hatte.
Wortlos schloss Mulder den Wagen auf, stieg ein und schlug die Tür zu. Mit quietschenden Reifen nahm der Wagen Fahrt auf und ließ den schäumenden Assistant Director stehen.

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