World of X

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Regam

von Small Potato

Kapitel 10

Montag 11:20 Uhr; Scullys Apartment; Georgetown

Mulder eilte den Flur entlang. Auf der Fahrt hierher hatte er sein Telefon heiß laufen lassen und sie unter jeder möglichen Nummer zu erreichen versucht.
Er hoffte inständig, bei Margaret Scully den richtigen Ton getroffen zu haben, als er beiläufig nach ihr fragte. Er wusste um ihr besonders feines Gespür und dass sie sich schnell um ihre Kinder sorgte – vor allem seit dem, was Melissa Scully geschehen war. Wieder hatte er gespürt, wie die Schuld in seinem Nacken saß.

Ihr Wagen hatte nicht vor der Tür gestanden!
Apartment Nummer 5.
Er klopfte nur pro forma und halbherzig an, während er mit der anderen Hand bereits den richtigen Schlüssel an seinem Bund heraussuchte.
Mit einem leicht beklommenen Gefühl öffnete er die Tür zu ihrem Apartment. „Scully?“ Zaghaft sog er den ihm so vertrauten Duft ein, es war kein wirklich zu beschreibender Geruch, es war irgendwie heimelig, es war Scully, es war wie nach Hause kommen. Doch sie war nicht hier, das spürte er. Er ließ seinen Blick schweifen. Es war sein Tatortblick. Alles wie immer – ordentlich, nichts deutete auf etwas Ungewöhnliches hin. Wohnzimmer und Küche waren unauffällig, ein Glas Wasser stand noch auf dem Couchtisch.
Dann schaute er in ihr Schlafzimmer. Ihre Kleidung von Sonntag früh lag unordentlich auf ihrem Bett, der Schrank stand noch offen. Sie schien nicht viel Zeit gehabt zu haben. Sein Blick wanderte weiter durch den kleinen Raum und blieb auf einem Stück Papier vor ihrem Spiegel hängen.
Mit zwei langen Schritten erreichte er die Kommode und griff nach dem Zettel. Ihre Handschrift. Sein Name. Das Herz pochte noch stärker gegen seine Brust, als seine Augen über ihre Worte flogen, in einer Eile, dass sie beinahe stolperten.
`... und auch wenn dass hier, wie Sie es sagen, kein Kreuzzug ist, so ist es aber mein Weg, den ich gehen muss, um Antworten zu finden. Antworten auf Fragen, die momentan all mein Sein beherrschen. Antworten, ohne die ich nicht einfach weiter machen kann. Seien Sie unbesorgt, ich habe Vorkehrungen getroffen und hoffe zurück zu sein, bevor Sie das hier lesen. Scully.´

Mulder schloss die Augen und rieb sich das Gesicht. Sie war so verdammt starrsinnig! Verzweifelt schlug er mit seiner Faust auf die Holzplatte des Möbelstücks und hatte Mühe, sich wieder soweit unter Kontrolle zu bringen, um nicht irgendwelche Verwüstungen anzurichten. Für einen Moment blieb er wie angewurzelt stehen, wo sollte er nun anfangen?

Er verließ das Schlafzimmer, blickte sich nochmals im Rest der Wohnung um. Seine Augen blieben auf dem Telefon neben dem Sofa hängen.
Die Wahlwiederholung wählte eine ihm unbekannte Nummer. Nach dem vierten Klingeln meldete sich eine klanglose aber beunruhigt wirkende Frauenstimme.
„Hallo?“
„Sie hatten Kontakt mit meiner Partnerin.“ Mulder kam gleich zum Punkt, da er sich nicht sicher war, ob die Frau am anderen Ende nicht direkt wieder einhängen würde, wenn er das Gespräch mit Fragen beginnen würde, vorausgesetzt, sie hatte überhaupt eine Verbindung zu Scullys Verschwinden.
„Ich weiß von nichts. Einen angenehmen Tag noch, Sir!“
„Halt! – Bitte, warten Sie. Sie wurden von diesem Apparat aus angerufen. Ich muss wissen, was Scully von Ihnen gewollt hat.“ Und beinahe flehend setzte er hinzu „Ich brauche Ihre Hilfe!“
Die Nervosität der Frau war bis in Scullys Apartment spürbar. „Sind – sind Sie Mulder?“, fragte sie vorsichtig.
„Ja, hören Sie, ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen!“
„Morgen Früh, halb sechs, Naval Observatory!“ Dann wurde die Verbindung unterbrochen.

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Montag 13:09 Uhr; Forschungsstation; Virginia

Wie viel Zeit mochte vergangen sein? Stunden? Oder doch Tage?
Scully kauerte in einer Ecke ihrer neuen Unterkunft und knibbelte unbewusst an der Haut neben ihren Fingernägeln um sich zu beruhigen.
Sie hatte sich komplett durch den nackten Raum getastet. Zweimal. Der einzige Ausgang war eine eisenbeschlagene Holztür, die sich keinen Millimeter bewegen ließ. Mit aller Kraft hatte sie es versucht und schließlich aufgegeben.
Resigniert saß sie nun seit geraumer Zeit in dieser Ecke, haderte mit sich, ob sie auf sich aufmerksam machen oder besser abwarten sollte. Der Gedanke, einer dieser Kerle könnte kommen, machte ihr Angst. Die Vorstellung, dass sie auf unbestimmte Zeit hier allein im Dunkeln sitzen musste aber ebenso.
Wie hatte das nur geschehen können? Darauf war sie einfach nicht vorbereitet gewesen.
Wo zur Hölle steckte Fred?

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Montag 13:10 Uhr; Quartier der Einsamen; Washington D.C.

Das Dauerschellen der Klingel ging durch Mark und Bein.
„Ja, ja, ich beeil mich ja schon!“, rief Langly und warf einen Blick auf den Monitor der Überwachungskamera.
Ein äußerst ungeduldiger Fox Mulder, der mit ernster Mine Langly in die Augen starrte und brüllte „Macht schon, Jungs!“
Langly schluckte, als er die Tür endlich öffnete und Mulder Einlass gewährte. „Also, was habt ihr rausbekommen?“ Er sah in ihren Augen, dass er sich nicht auf positive Informationen vorbereiten sollte.

Bayers holte aus, um sich zu erklären. „Scully bat uns gestern Früh um eine Kameraausstattung, mit der sie sich frei würde bewegen können. Sie wollte uns ihr genaues Vorhaben nicht preisgeben, das Einzige, was wir rausbekamen war, dass ihr an einer Regierungsgeschichte dran seid und dass sie um die Verlegung eines Patienten bemüht war.“
Mulder atmete tief durch, um seine Ungeduld in den Griff zu bekommen. „Weiter!“, forderte er.
„Es ging in diesem Telefonat um diesen Oldberg, den auch du uns genannt hast!“
„Wir dachten, du wüsstest Bescheid!“, wand Langly ein.
„Trotzdem kam uns die Sache etwas seltsam vor. Es ist ja nicht unbedingt üblich, dass Scully uns aufsucht.“
„Aber eine nette Abwechslung!“, warf Frohike ein und bereute es im selben Augenblick, da Mulder ihm einen gefährlichen Blick zuwarf.
Langly beeilte sich, weiter fortzufahren, „Wir waren neugierig und haben unsere eigenen Nachforschungen angestrengt. – Schließlich müssen wir von etwas leben!“, rechtfertigte er sich sogleich.
„Komm zum Punkt Langly! Welche Art der Nachforschung?“ Dieses Herumgeeier strapazierte Mulders Nerven.
„Nun ja, wir haben Bayers in diese Anstalt geschleust!“
„Als offiziellen FBI Ermittler!“, verteidigte sich Byers, als er Mulders Blick sah.
„Es war nicht sonderlich schwierig, die Sicherheitshürden sind dort nicht die höchsten.“, fuhr Langly fort. „Mit einem Ausweis und in Bezugnahme auf Scully und dich haben sie ihn bereitwillig die Zelle eures Freundes in Augenschein nehmen lassen. Wir hatten Glück, sie wollten gerade den Reinigungstrupp durchschicken, um die Hütte wieder neu zu vermieten.“, lächelte Langly schief.
Mulder ahnte die Antwort bereits, musste es aber mit Bestimmtheit hören. „Oldberg war nicht mehr da!?“
„Scully hatte ihn bereits gegen Mittag als seine Ärztin zur Verlegung abgeholt!“, übernahm Byers die Fortführung der Geschehnisse.
Mulder kaute auf seiner Unterlippe, versuchte so seine Nervosität im Zaum zu halten.
„Also, ich habe die komplette Zelle auf den Kopf gestellt. Es war nicht viel zu finden! Was ich jedoch finden konnte, waren die hier!“ Er nahm ein Tütchen von einem der Schreibtische und reichte es Mulder. Weiße und blassgelbe Pillen, vielleicht drei Dutzend. „Haloperidol und Amisulprid. Die Ration von mindestens zwei Wochen!“
„Er nahm seine Medikamente nicht?“
„Nein, nicht mehr!“
„Was sollen die bewirken?“
„Es sind Neuroleptika. Olbergs Diagnose bescheinigt ihm Paranoide Schizophrenie. Er leidet unter Wahn- und Angstzuständen, wurde mit diesen Dingern aber soweit ruhig gestellt, dass er keine Gefahr mehr für sich und andere darstellte. Welche Ausmaße sein Zustand ohne diese Dinger hervorrufen kann, weißt du vermutlich?“
Mulder nickte gedankenverloren. „Ja, 1994 die beiden Frauen!“
„Genau. Seit der Medikation hat sich sein Zustand stabilisiert. Er gehörte zu den sogenannten leichteren Fällen dort. Doch seit wann er die Einnahme beendet hat, können wir nur mutmaßen.“ Er kramte etwas vom Schreibtisch hervor. „In einem Buch fand ich diesen Zeitungsartikel.“ Er reichte ihn an Mulder weiter, der die Headline überflog `weibliche Leiche im Shenandoah-River´.
„Es könnte etwas mit diesem Ereignis zu tun haben. Wir fanden heraus, dass es sich um Laurie Sunkbarn handelte. Es wurde als Selbstmord eingestuft. Doch unsere heutigen Nachforschungen könnten daran Zweifel wecken, da der Gerichtsmediziner spuren von LSD in ihrem Blut nachweisen konnte. Das alleine schließt nicht auf einen Mord, aber in dem Zusammenhang zu Oldberg und dem Creansmanterlaboratory könnte es doch noch eine Erklärung geben, die in eine andere Richtung führt!“
„Sie wurde dazu gebracht!“, schlussfolgerte Mulder.
„Nun ja,...“ Langly nickte, „...mit Bestimmtheit kann man das natürlich nicht sagen vielleicht war sie ja einfach eine flotte Partymaus, aber wir wissen, dass LSD auch für manipulative Zwecke genutzt werden kann. Aber das sind, wie gesagt alles nur Spekulationen.“
„Okay, gute Arbeit, klingt jedenfalls nicht abwegig. Das heißt, ihr geht davon aus, dass dieser Artikel der Auslöser sein kann für die verweigerte Medikamenteneinnahme?!“
Die drei nickten.
„Und noch was, Mulder...“, übernahm Langly wieder. „Vom Fairfax Psychiatric Hospital haben wir erfahren, dass Scully und Oldberg nie dort angekommen sind, dass er nicht einmal dort erwartet wurde. Über ihren Verbleib haben wir keine Hinweise. An ihren Handydaten sind wir gescheitert, da eure Telefone nicht zurückzuverfolgen sind. Verkehrsüberwachungsdaten brachten uns auch nicht weiter. Scullys Wagen wurde nirgends im Umkreis erfasst. Auch die Überprüfung der Abfluglisten ergab keine Erfolge.“
Nun blickten die drei Mulder abwartend an. Dieser fuhr sich mit beiden Händen durch sein dichtes, dunkles Haar und versuchte die Informationen zu sortieren, die er bisher hatte.

Was war an diesem Oldberg dran? Dass sie entgegen aller Vernunft ohne irgendeine Form der Absicherung auf diese Geschichten einging und ihn selbst, ihren Partner, ihren Freund, abhängte?
Sie hatte unter Zeitdruck gestanden! Oldberg hatte bereits zuvor davon gesprochen, dass Beweise vernichtet würden. Das hieß, dass es einen Ort geben musste, von dem Scully davon ausging, dass sie noch Beweise auffinden konnte.

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