World of X

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Regam

von Small Potato

Kapitel 5


Samstag 14:19 Uhr; Psychiatrische Einrichtung; Silver Spring, Maryland

„Oh, Sie sind wieder hier!“ Oldbergs Stimme klang nicht wirklich überrascht. Er lächelte Scully zu, die voller Wut, jedoch an sich haltend, die Zelle betrat. „Ich erkenne es in Ihren Augen, Sie haben es selbst gesehen, nicht wahr!“
„Was ich gesehen habe, bestätigt nur, dass dieser Ort hier wohl der richtige für Sie ist!“, fuhr sie ihn wütend an.
„Wie meinen Sie das?“ Der junge Mann schien irritiert.
„Sie haben uns bei unserem ersten Besuch wohl nicht die Wahrheit gesagt, obwohl Sie doch angeblich so viel zu erzählen hätten. Wieso haben Sie uns nicht erzählt, was sich 1994 in einem Krankenzimmer abgespielt hat? Wieso sagten Sie nichts davon, dass Sie ein Mörder und Leichenschänder sind?“
„Sie hätten mir nicht geglaubt! Ich weiß, es war eine schreckliche Sache! Aber mir blieb keine andere Wahl!“ Er schien wirklich betroffen, seine Stimme versagte ihm beinahe.
Scully nickte. „Weil Sie unter Wahnvorstellungen leiden und somit andere in beträchtliche Gefahr bringen! Behalten Sie ihre Geschichten für sich und lassen Sie sich helfen!“ Scully war noch immer aufgewühlt und zornig, die letzten Tage hatten ihr stark zugesetzt.
Oldberg schluckte, er musterte sie genau. „Sie waren in Gefahr? Das heißt, Sie haben es gesehen!“
Scully ließ die Schultern hängen, schloss kurz die Augen und atmete tief durch. „Nein! Wir haben nichts finden können, dass Ihre Aussagen bestätigt. Was uns begegnete, waren ein paar wirklich aufgebrachte Wachleute und eine Nacht in einer Arrestzelle! Mein Partner wird dort auf sein Disziplinarverfahren warten müssen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Und ich habe auch keine Lust auf Ihre Spielchen. Wieso auch immer Sie mich aufgesucht haben, es hat ganz sicher nichts mit dem zu tun, was sich in Washington zugetragen hat!“
„Spielchen?“, rief Oldberg empört aus. „Ich bringe mich selbst in höchste Gefahr, dass ich mit Ihnen überhaupt rede!“
Scully schüttelte resigniert den Kopf und wand sich zum Gehen um, doch er fasste sie am Arm und hielt sie zurück. „Hören Sie, ich weiß, dass ich nicht die beste Ausgangsposition habe, um mir zu vertrauen, aber Sie müssen mir glauben, ich will das Gleiche wie Sie! Ich muss diese Monster entlarven. Das, was Die mir und anderen angetan haben! Ich will Die vor Gericht sehen und die Öffentlichkeit darüber aufklären, den Menschen die Augen öffnen, für das, was hier in unserem Lande passiert! Sie sind die Einzige, die mir bisher zugehört hat! Ich verspreche Ihnen, ich kann Ihnen die Beweise liefern! Ich führe Sie dorthin!“
„Wohin?“
„Das kann ich Ihnen hier nicht sagen,“, flüsterte er, „aber etwas kann ich Ihnen sagen. Die vernichten die Beweise und zwar nicht nur im Hoover Building. Das Projekt scheint abgeschlossen, nun heißt es nach und nach alle Spuren zu verwischen. In ein paar Tagen wird nichts mehr davon übrig sein.“
Scully beugte sich vor sie sprach leise, beinahe flüsternd. „Wieso wissen Sie soviel darüber?“
„Ich war Teil des Ganzen, aber hören Sie, das hier ist nicht der richtige Ort. Ich werde Ihnen alle Ihre Fragen beantworten. Holen Sie mich hier raus! Und ich zeige Ihnen wo Sie die Verantwortlichen für den Tod Ihres Freundes finden.“

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Samstag 23:16 Uhr; Scullys Apartment; Georgetown, Washington D.C.

Scully wälzte sich ruhelos in ihrem Bett hin und her. Eigentlich war sie entsetzlich müde, doch konnte sie ihre Gedanken einfach nicht abschalten.
Immer wieder schossen ihr Bilder in den Kopf. – Der Blick von Michael Skopnitz, verängstigt und entschlossen zugleich – George wie er dort auf dem Flurboden lag, das Blut welches unablässig aus der Wunde in seinem Unterleib quoll – sie selbst, wie sie mit Leibeskräften um ihn kämpfte. Schließlich vergebens. Er war einfach gestorben. Unter ihren Händen weggestorben. Sie hatte nichts ausrichten können, hatte alles gegeben, was sie in dieser Situation hätte tun können.
Und dann erinnerte sie sich an die letzten Worte, die sie gewechselt hatten. `„Aber hey, wenn du irgendwann mal Zeit haben solltest, müssen wir über eine Probe reden, die wir vorletzte Woche rein bekommen haben. Ich kann noch nicht genau sagen, woher das kommt, doch es ist ein Teufelszeug, wirklich eine X-Akte wert!“ „Ja, das machen wir mal.“´ Wovon hatte George gesprochen? War dieses Teufelszeug, wie er es genannt hatte, der Grund dafür, dass er hatte sterben müssen?
Hätte sie es verhindern können? War dieses Gefühl, dass sie bei dem kurzen Zusammentreffen mit Skopnitz gehabt hatte stark genug gewesen, um zu ahnen, dass etwas Schreckliches passieren würde? Hätte sie ihn aufhalten können? War sie nicht indirekt mitverantwortlich?
Was hatte dieses Labor damit zu tun? In welcher Verbindung dazu standen diese Männer? Und welche Rolle spielte die Regierung und vielleicht sogar das FBI? Arbeitete sie selbst tatsächlich für die Menschen, die für den Tod von George und den der anderen beiden Agenten verantwortlich waren? Und wenn das stimmte, was dieser Oldberg ihnen erzählte, dann war dies nur die Spitze des Eisbergs!
Sie ging im Kopf alle Möglichkeiten durch, die ihr zur Verfügung standen. Doch wie sie die Sache auch drehte und wendete, es gab im Grunde nur einen Weg. Sie musste herausfinden, was sich hinter dieser Geschichte verbarg, bevor es zu spät war. Denn mit diesen Zweifeln, dieser Last auf ihren Schultern, könnte sie nicht einfach weiter machen. Die Zeit drängte. Sie konnte nicht sagen wieso sie diesem fremden Kerl traute, woran es lag, dass sie tief in ihrem Inneren spürte, dass er die Antworten auf die Fragen liefern konnte, die nun bleiern auf ihrer Seele lagen.
Waren dies die Gefühle, die Mulder hin und wieder heimsuchten? War dieser unbändige Drang nach der Wahrheit den sie nun selbst empfand vergleichbar mit dem seinen? Würde er es verstehen, dass sie keine Zeit hatte, auf ihn zu warten? Würde sie es ihm sagen können?
Es war als führe sie in einer Achterbahn. Nicht in der Lage sie abzuschalten oder in irgendeiner Form zu kontrollieren. Ihr Kopf rauschte und Schwindel überkam sie. Die Fragen drehten sich weiter und verfolgten sie in einen ruhelosen Schlaf.

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Sonntag 08:32 Uhr; Quartier der Einsamen Schützen; Washington D.C.

Scully atmete tief durch, bevor sie die Klingel betätigte. Sie wusste, dass die Zusammentreffen mit Mulders Freunden mitunter anstrengend sein konnten. Auch wenn sie sie im tiefsten Inneren doch sehr mochte – nach dem gesunden Menschenverstand zu urteilen, waren alle Mitglieder dieser Dreier-WG absolut verrückt! Einer übertrumpfte dabei den anderen, sie standen sich in nichts nach.
Schon allein die Wartezeit hier draußen in der Kälte nervte sie. Sie konnte leise Geräusche hinter dieser Tür vernehmen und vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie Frohike sich an den zahlreichen Sicherheitsschlössern zu schaffen machte. Nach einer weiteren Minute öffnete sich die schwere Tür nun endgültig. Tatsächlich war es jedoch Byers, der ihr öffnete und sie freundlich und zuvorkommend herein bat.
Scully verdrehte die Augen, ihr Ton klang etwas schroffer als gewollt. „Sagt mal Jungs, wenn hier drin jemals ein Feuer ausbrechen würde,...“, sie atmete tief durch und sie setzte ihre `Zweifler-Mine´ auf – die sie eigentlich zu meist für Mulder bereithielt, „... naja,... Es würde doch keiner von Ihnen schaffen?!“
Die Drei sahen ratlos vom einen zum anderen.
Byers lächelte sie unentschlossen an, unsicher, wie er mit dieser Aussage umgehen sollte und er fragte sich, wo Mulder sei, um ihm da raus zu helfen. Er lehnte sich etwas vor, um an Scully vorbei zu schielen – Nichts...
Scully wusste um ihren Stärkevorteil und ging energischen Schrittes in die Mitte des `Büros´. „Also, ich brauche Ihre Hilfe!“, kam sie zur Sache.
Frohike, der sie aus einem gewissen Sicherheitsabstand heraus schmachtend betrachtet hatte, straffte sich. Der etwas dümmlich wirkende Ausdruck verschwand mit einem Mal von seinem Gesicht. Er stand auf und ging mit ernster Mine auf sie zu. „Was können wir tun? Ist Mulder in Schwierigkeiten?“
Schnell schüttelte Scully den Kopf. „Nein,...“, sie zögerte, suchte nach den richtigen Worten, „... er hatte keine Zeit, mich her zu begleiten. Aber da ist etwas, das ich brauche.“
Wieder tauschten die drei Blicke untereinander, nicht sicher was folgen würde.
„Also“, Scullys Stimme wurde bestimmend, „ich brauche eine Kamera, möglichst klein, so dass ich mich frei bewegen kann. Dazu brauche ich ein Aufnahmegerät, mit einem anständigen Speicher.“ Ihr Ton war forsch, etwas zu forsch für die drei verlegen wirkenden Einsamen Schützen, so fügte sie etwas entschuldigend, mit gerunzelter Stirn hinzu „Habt Ihr da etwas in der Art?“
Langly machte sich bereits an die Arbeit, und kramte in einem Metallspint.
„Wo ist Mulder?“, fragte Byers misstrauisch und zog die Augenbrauen zusammen.
Scully zögerte einen Moment. „Er ist ... verhindert.“, antwortete sie dann schnell und hoffte, dass sie keine weiteren Fragen stellen würden, da sie weder Lust noch Zeit hatte, ihnen die ganze Geschichte zu erzählen.
„Wo genau sind Sie beide dran?“ Frohike näherte sich, mit skeptischem Blick.
„Es geht um ein Projekt der Regierung, auf Grund dessen mehrere Menschen sterben mussten. Wir haben da jemanden, der uns Antworten liefern kann!“ Schnell fügte sie hinzu „Die Zeit drängt! Also, haben Sie etwas für mich?“ Sie benutzte wieder ihre Agenten-Tonlage, die keine Widerworte zuließ.
Langly hielt die Hand hoch, einige Kabel baumelten herab „Hab´s!“

Scullys Handy klingelte. „Einen Augenblick.“, entschuldigte sie sich und zog sich in eine Ecke zurück, um den Anruf in Ruhe anzunehmen. „Danny, danke dass du zurückrufst. Ich weiß, es ist Wochenende, doch ich hab da etwas, das nicht warten kann...“
Frohike runzelte die Stirn. „Kommt nur mir das Ganze irgendwie schräg vor?“
„Meint ihr Mulder steckt irgendwie in der Klemme?“, fragte Langly mit leichter Besorgnis.
„Das glaube ich nicht, sie wirkt zwar beunruhigt, aber nicht in dem Maße, dass ich annehmen würde Mulder hätte ernsthafte Schwierigkeiten. Ich denke es ist etwas anderes.“, argumentierte Byers.
„Wo zum Teufel steckt er dann?“
– „Nein,“, hörten sie Scully gedämpft, noch immer am Telefon. „... ich brauche die Unterlagen so schnell wie möglich. – Oldberg, Frederick. – Ja eine Verlegung von der Psychiatrischen Einrichtung von Silver Spring ins Fairfax Psychiatric Hospital. – Nein, die sind dort noch nicht informiert. – Mach mir bitte einfach die Papiere fertig, es ist dringend! Ich kümmere mich um alles Weitere. – Danke, bis später!“, damit war ihr Telefonat beendet und sie kam wieder auf die drei einsamen Schützen zu. „Ist das Ding startklar?“ Sie zeigte auf das Gerät in Langlys Hand.

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