World of X

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Regam

von Small Potato

Kapitel 4

Samstag 00:32 Uhr; Creansmanterlaboratory; Bowie, Maryland

Die Sitze wurden langsam wirklich unbequem. Vor nun bald zwei Stunden hatten sie den Wagen im Schutze einer alten Eiche geparkt und starrten hinaus ins Dunkel, hinüber zu dem Gebäude. Sollte es die Antworten bergen, für den Tod dreier FBI Agenten?
Oldberg hatte Scully einen Zettel mit eben dieser Adresse zugesteckt. Sollte er Recht behalten, würden sich im Inneren dieses Gebäudes Beweise befinden, die auf einen Komplott der Regierung gegen die eigene Bevölkerung hinweisen würden. Jedoch hatten die Recherchen, die Mulder und Scully den Tag über betrieben hatten, auf keine kriminellen Machenschaften hingedeutet. Zudem ließ die Überprüfung Oldbergs starke Zweifel an seiner Geschichte aufkommen.

Viel hatten sie nicht über ihn in Erfahrung bringen können, da sich seine Akte Ende 1994 buchstäblich in Rauch aufgelöst hatte, als die Anstalt, in der er zuvor untergebracht war, bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Nur etwa ein Drittel aller, sich im Gebäude befindlichen Personen, hatte damals den Flammen entkommen können. Einzig Name und Begründung der Unterbringung in einer Psychiatrischen Anstalt für Gewaltverbrecher, waren in die neue Akte in Silver Spring übertragen worden. – Es war kein schöner Vorfall, der sich Anfang des Jahres 1994 in einem Hospital in Montclaire ereignet hatte. Oldberg hatte eine Krankenschwester, wie auch eine Seelsorgerin in seinem Krankenzimmer stranguliert, entkleidet und ihnen die Ohren abgetrennt.
Trotz der lautwerdenden Zweifel hatte Mulder entschieden, dass es sinnvoll sei, sich ein Bild vor Ort zu machen. So waren sie am späten Abend nach Bowie aufgebrochen.
Von hier draußen wirkte das Creansmanterlaboratory jedoch alles andere als die Quelle geheimer Experimente an hilflosen Menschen. Aber Mulder und Scully hatten im Laufe der Jahre gelernt, dass die Dinge häufig eben nicht so sind, wie sie scheinen zu sein.

Scullys Lider wurden langsam schwer, sie war noch nie gut im Observieren gewesen, das Starren in die Dunkelheit ließ sie schneller ermüden, als ihr lieb war. Mehr als einmal war sie während gemeinsamer Überwachungseinheiten eingenickt, was zwar jedes Mal ein wenig an ihrem Selbstbewusstsein kratzte, wogegen sie jedoch nichts tun konnte. Auf jeden Fall war Mulder taktvoll genug, um diese Situationen nicht peinlicher werden zu lassen, als sie ihr ohnehin gewesen waren.
Nun ließ sie ihren Kopf kreisen und blickte zu ihrem Partner hinüber. Nichts schien sich seit ihrer Ankunft geregt zu haben.
„Mulder, wir können hier nicht die ganze Nacht sitzen! Es ist lausig kalt!“
„Hmm“
„Mulder!“, ihre Stimmlage wurde leicht vorwurfsvoll. „Ich möchte nicht die ganze Nacht hier sitzen!“
„Gut, ich auch nicht!“, antwortete er lässig und lächelte sie an. „Lassen Sie uns reingehen und nachschauen!“
„Jetzt?“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Wie wollen Sie da rein kommen? Wir werden unter diesen Voraussetzungen niemals einen Durchsuchungsbefehl bekommen, vor allem nicht um diese Uhrzeit! Dafür sind die Informationen viel zu vage. Sie klingen höchstens nach Vermutungen, kein Richter wird daraufhin handeln!“ Sie ahnte, dass ihr seine Antwort nicht gefallen würde.
„Wer sagt, dass wir eine Erlaubnis brauchen? Wir werden uns einfach ein wenig umsehen.“
Sie hatte sich nicht getäuscht! Sie schloss die Augen und atmete tief durch. „Mulder, das wäre unerlaubtes Betreten.“ Als keine Reaktion folgte wurde sie konkreter. „Es wäre Einbruch!“
Er grinste, wie ein Junge, der einen Streich ausheckte. „Nein, es wären nur Nachforschungen, niemand wird es erfahren!“ Damit hatte er bereits die Fahrertür geöffnet und schlüpfte hinaus in das Dunkel der Nacht.
„Na toll!“ Scully öffnete ihrerseits die Wagentür und folgte Mulder auf die andere Straßenseite.

Die Dunkelheit schien die beiden Agenten zu verschlucken, als sie sich geduckt auf das Creansmanterlaboratory zubewegten. Sie schlichen auf die Rückseite des Gebäudes zu einem Kellereingang. Das schwache Licht eines Bewegungsmelders spendete genug Helligkeit, sodass Mulder mit geübten Handgriffen in Windeseile die Tür geöffnet hatte.

Er spürte, wie sie zögerte „Kommen Sie schon, das ist wie eine Mutprobe von Früher. `Wer traut sich bei Nacht ins Haus von Glasaugen Henry?´
„So etwas habe ich nie gespielt!“, log sie und hoffte, dass sie trotz der Lampe unentdeckt geblieben waren.
Scully war sich dieser Aktion und der drohenden Konsequenzen bewusst. Wieso nur ließ sie sich immer wieder von Mulder zu solch illegalen Aktivitäten überreden? Diese Frage hatte sie sich nicht wirklich ernsthaft gestellt, da es ihr eigener dringlichster Wunsch war, diejenigen dingfest zu machen, denen ihr Freund seinen viel zu frühen Tod zu verdanken hatte. Und, sollte dieser Oldberg die Wahrheit sagen, so würden diese Kerle noch viel schmutzigere Hände haben, als sie ohnehin schon zu haben schienen.

Die beiden knipsten ihre Taschenlampen an und tauschten kurze Blicke aus. Sie benötigten nie vieler Worte, was ihnen besonders in Situationen wie dieser, zu Gute kam. Sie ließen die Kegel ihrer Lampen durch den Raum wandern. Es war ein karger Kellerraum, in dem sie sich befanden, außer ein paar Pappkartons und Heizungsrohren war hier nichts zu sehen. Am Ende des Raumes befand sich eine Eisentür, sie gab bereitwillig nach und öffnete den Weg zu einer hinaufführenden Treppe.

Es war ein durchschnittliches Institutsgebäude, die Nachtbeleuchtung schien das Wochenende über ihren Dienst zu verrichten und hinter einigen Türen liefen noch Maschinen, die selbsttätig Untersuchungen durchführten. Mulder und Scully gingen von Raum zu Raum, sahen sich um, kontrollierten Proben, Ausdrucke der Maschinen und konnten keinerlei Auffälligkeiten entdecken.
In einem Büro angekommen, öffneten sie die Aktenschränke, überflogen deren Inhalte, bis sie ein plötzliches Geräusch innehalten ließ.
Mulder deutete Scully an, sich nicht zu rühren und spähte hinaus auf den Flur. Ein Schatten huschte einige Meter von ihm entfernt in einen der Räume. Leise schob Mulder die Tür auf, mit schnellen, lautlosen Schritten erreichte er den Raum, in dem die Gestalt verschwunden war.
Mit einem Blick durch das in die Tür eingelassene Glasfenster konnte er sehen, wie ein stämmiger Mann etwas auf einen Tisch legte und sich darüber beugte. Mulder kniff die Augen zusammen, er meinte eine kleine Hand zu sehen, `Ein Kind!´, schoss es ihm in den Kopf. Der Mann zog mit einer Hand eine Spritze auf, in diesem Moment stieß Mulder die Tür weit auf, die Waffe im Anschlag.
„Fallen lassen!“, seine Stimme war laut und bestimmt.
Erschrocken drehte sich der Mann zu ihm um, seine Augen hinter seiner Hornbrille panisch geweitet.
„Waffe runter!“, ertönte es hinter Mulder, er warf einen Blick über seine Schulter und sah einem Wachmann direkt in die Mündung seiner Sig Sauer, ohne seine eigene Waffe von dem Anderen zu nehmen.
„Special Agent Mulder, FBI!“
„Wer auch immer Sie sind, Sie haben keine Befugnis, dieses Gebäude zu betreten. Es ist Regierungseigentum!“, erwiderte der Wachmann mit starker Stimme und zielte seinerseits weiter auf Mulder, dessen Blick wieder auf den Mann mit der Spritze glitt. Er war im Begriff die Injektion zu verpassen, verdeckte mit seinem Körper jedoch die Sicht auf das Wesen, das vor ihm auf dem Tisch lag.
„Mulder, hören Sie auf das, was er sagt!“, es war Scully, ein anderer Wachmann hatte sie am Oberarm gepackt und sah grimmig drein. „Die machen hier nur ihre Arbeit.“, versuchte Scully ihn zu besänftigen.
„Legen Sie die Spritze weg und treten Sie von diesem Tisch zurück!“, fuhr Mulder jedoch den Forscher an, was dieser mit Blick auf Mulders Waffe tat und somit die Sicht freigab – auf einen kleinen Rhesusaffen, der regungslos liegen blieb.
„Die Tests müssen in einem genauen Zeitmuster erfolgen!“
Irritiert schaute Mulder von dem Tier über den wütenden Forscher und die Wachleute, hin zu Scully, die ihn eindringlich bittend ansah. Schließlich senkte er seine Waffe und sicherte sie.

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Samstag 07:24 Uhr; Zugangszelle Metropolitan Police Department; Maryland

„Agent Mulder!“ Die Stimme des Assistant Directors war bedrohlich tief und das ließ auf nichts Gutes schließen – nicht dass einer der beiden Agenten das angenommen hätte. Skinner räusperte sich und schob die Brille zurecht, sein Gesicht wies leicht purpurne Flecken auf. Er war in Rage.
Mulder lag auf einer Stuhlreihe ausgestreckt und starrte an die Decke. Scully saß auf einem ausklappbaren Stuhl an der gegenüberliegenden Wandseite, presste die Lippen zusammen und schaute ihren Vorgesetzten entschuldigend an, die Stirn in Falten legend. Sie atmete einmal tief durch. „Sir, ich ...“
„Von Ihnen will ich nichts hören! Ich bin der Entschuldigungen Leid, Agent Scully!“, wurde sie barsch von ihm unterbrochen, er hielt an sich um nicht zu Brüllen. Er war nicht gerade der Typ Mann, der diplomatisch mit seinen Gefühlen umgehen konnte.
Mulder lag noch immer regungslos da, als würde ihn die ganze Szenerie nichts angehen, was Skinner nicht gerade dazu bewegte sich abzukühlen.
„Diesmal sind Sie zu weit gegangen, Agent Mulder! Es ist nicht mein Job immer und immer wieder ein und denselben meiner Agenten aus der Scheiße zu ziehen!“ Er atmete durch und fuhr etwas ruhiger jedoch nicht weniger wütend fort, „Herr-Gott, wie konnten Sie nur einen Forscher der Regierung mit ihrer Waffe bedrohen?! Nicht, dass der unbefugte Zutritt zu einer Regierungseinrichtung nicht schon Vergehen genug sei, Sie setzen dem ganzen die Krone auf, indem Sie mit ihrer Knarre herumwedeln und sich dann noch der Dienstpolizei widersetzen!“
„Wir waren auf der Suche nach etwas.“, antwortete Mulder in ruhigem Ton.
Skinner nahm seine Brille ab und fuhr sich mit seiner rechten Hand über sein Gesicht. „Haben Sie gefunden, was Sie suchten?“
„Nein, Sir.“
Skinner schüttelte entnervt den Kopf, es war immer das Gleiche mit diesen verdammten X-Akten! Er setzte sich seine Brille wieder auf. „Ich habe getan, was ich konnte. Scully, Sie können von Glück reden, dass Sie mit einer Verwarnung und einem zweiwöchigen, unbezahlten Urlaub davon kommen! Es wird darüber hinaus eine Notiz zu diesem Vorfall in Ihrer Akte erscheinen.“ Es folgte eine kurze Pause. „Was Sie betrifft, Agent Mulder, durch Ihren kleinen Auftritt, haben Sie es sich vermasselt. Es wird Montag früh eine Anhörung zu der Sache geben. Bis auf Weiteres stehen Sie unter Arrest!“
Mulder schloss seine Augen. `Schöne Scheiße!´
Skinner atmete tief durch. „Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann!“
„Danke, Sir!“

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