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Regam

von Small Potato

Kapitel 17

Dienstag 18:57 Uhr; Nahe der Forschungsstation; Virginia

Das letzte Stück hatten sie sich schleppend langsam vorwärts bewegt, sie mussten den Wagen über unwegsames Gelände lenken, um so nahe wie möglich an die Zielkoordinaten, die einen Zugang zu der Forschungsstation kennzeichnen sollten, heranzukommen.
Mulder stellte schließlich den Motor ab und kontrollierte die Koordinaten.
„Das letzte Stück werde ich zu Fuß nehmen! Behalte den Bunker im Auge!“ Mulder nickte in Richtung der vereinzelten Lichter etwa eine Meile von ihnen entfernt. Er klopfte Frohike auf die Schulter und schlüpfte aus dem Wagen in die Schwärze der anbrechenden Nacht.

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Dienstag 19:09 Uhr; Forschungsstation; Virginia

„Dana.“
Ihre Stimme drang wie durch dichten Nebel an ihr Ohr.
„Dana, steh´ auf! Du musst jetzt aufstehen, sonst werden sie dich finden. Ich bitte dich.“
Scully öffnete nur widerwillig die Augen aber sie musste sich vergewissern, dass wirklich sie es war, die zu ihr sprach.
Melissa ging neben ihr in die Knie, es war finster und trotzdem konnte sie sie deutlich erkennen. Ihr helles, lockiges Haar umspielte ihr Gesicht und ihr Lächeln strahlte eine solch behagliche Wärme aus, das Scully ihre Müdigkeit und Schmerzen für einen Augenblick nicht mehr zu spüren schien.
„Dana, sie kommen! Sie sind schon ganz nah. Bitte, steh auf. Tu´ es für mich. Du bist doch immer so stark gewesen, viel stärker als ich es jemals hätte sein können. Es ist noch nicht vorbei! Fühle die Energie, die noch in deinem Herzen ist, da ist noch Kraft, du musst nur aufstehen!“
`Aber ich bin so müde.´
Melissa streckte ihre Hand aus und strich ihr über die Wange. Scully spürte wie ihr Herz heftiger zu schlagen begann und warmes Blut durch ihre Adern pulsierte, mehr und mehr und mehr Wärme durchströmte ihren Körper. Der Nebel, der ihre Sinne verschleierte, löste sich nach und nach auf und sie nahm ihre Umgebung immer klarer wahr. Ihre Augen schmerzten, sie schloss sie für eine Sekunde, in der Hoffnung wieder eine ungetrübte Sicht zu erlangen.
Doch als sie sie wieder öffnete, war Melissa verschwunden. Erschrocken sah sie sich um, in dem Bewusstsein, sie nicht mehr entdecken zu können.

Mit aufeinander gepressten Lippen stützte sie sich an der Wand ab und zwang sich auf die Beine. Immer eine Hand an der Wand schleppte sie sich vorwärts, weiter, immer weiter.

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Dienstag 19:09 Uhr; Nahe der Forschungsstation; Virginia

Die Luke war stark verrostet und sicherlich einige Jahrzehnte nicht mehr geöffnet worden. Mulder hockte sich darüber und befreite sie von dem Gestrüpp, welches sich darüber ausgebreitet hatte. Alle Kraft aufwendend schob er den schweren Riegel zurück und riss solange an der Tür, bis diese endlich, unter lautstarkem Protest der Scharniere, nachgab und sich Stück für Stück öffnen ließ.
Mit seiner Lampe leuchtete Mulder hinein. Holzstufen führten hinab ins Innere der Erde. Grob beseitigte er einige Spinnweben und stieg hinab in das dunkle Maul, das sich vor ihm öffnete.

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Dienstag 19:27 Uhr; Forschungsstation; Virginia

Nur noch mechanisch bewegte sich Scully vorwärts.
Die letzten Lampen der Notfallbeleuchtung lagen bereits einige hundert Meter zurück. Sie konnte gerade noch einen schwachen Schein in der Ferne ausmachen. Ihr Atem rasselte und ihre Knie wurden weich. Hinsetzen, nur für einen Moment.
Sie ließ sich an der Wand, die mittlerweile roh und unbekachelt war, nieder sinken. Der Boden war feucht und lehmig und Scully dachte daran, dass diese Katakomben nie gänzlich fertiggestellt wurden. Vermutlich würde dieser Gang in absehbarer Zeit in einer Sackgasse enden. Sie hatte sich in ihre eigene Falle geschleppt und wenn Freds Plan aufgehen würde, dann könnte jeden Moment der ganze Bunker wie ein Haus aus Bauklötzchen zusammenkrachen.
Panik stieg wieder in ihr auf. Sie wollte nicht so enden, lebendig begraben, mitten im Nirgendwo unter der Erde. Unbewusst tasteten ihre Finger an ihrem Hals nach dem kleinen kalten Kreuz, doch ihre Suche blieb erfolglos.
Ihre Hände begannen zu zittern, das Gefühl ihrer eigenen Hilflosigkeit und die Kälte und die Angst – sie konnte sich dem nicht mehr zur Wehr setzen.
„Es tut mir Leid, Melissa. Ich bin nicht stark genug. Es tut mir so Leid.“, flüsterte sie und spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen.

Irgendwoher schien ein Licht auf sie zu. Das war das Ende. `Nein!´, fasste sie ihren Entschluss, `Nein, kampflos werdet ich mich nicht bekommen!´
Letzte Kräfte mobilisierend raffte sie sich wieder auf, stützte sich weiter an die Wand und kämpfte sich vorwärts. Das Blut rauschte ohrenbetäubend durch ihren Schädel. `Weiter! Einfach immer weiter!´

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Dienstag 19:29 Uhr; Forschungsstation; Virginia

Etliche Minuten hastete Mulder nun schon durch den niedrigen Tunnel. Sein Hirn prägte sich die Stellen an denen sich Wege schnitten ein, in der Hoffnung irgendwann auch wieder hinaus zu finden. Wieder eine T-Kreuzung. Er leuchtete auf den Plan in seiner Hand.
Links, weiter in Richtung Gebäudetrakt!
Trotzdem zögerte er für einen Augenblick, ließ den Schein seiner Taschenlampe in den rechten Tunnelabschnitt wandern. Er kniff die Augen zusammen, um schärfer sehen zu können und bewegte sich einige Meter in diese Richtung fort.
Nein, er hatte sich nicht getäuscht! Jemand kauerte dort auf dem Boden.
Das Licht direkt darauf zuhaltend, rannte und rannte er nun in diese Richtung. Die Person richtete sich auf und eilte tiefer in den Tunnel hinein. Sein Herz tat schmerzhafte Schläge in seiner Brust, alles in ihm schien sich zusammen zu ziehen.
Rote Haare! Rote Haare!
`Oh Gott!´, es war tatsächlich eine Art Stoßgebet, der Hoffnung und Dankbarkeit. Er stürzte auf sie zu und packte sie bei der Schulter „Scully!“

„Neeeeeein!“, schrie Scully und schlug die Hände weg, die sie fassten. Blindlings begann sie zu schlagen, zu treten und zu schreien, setzte sich mit all ihrer Kraft zur Wehr.

Im Affekt zog Mulder sie an sich heran, schlang beide Arme um sie.
„Scully, ich bin´s! Schhhhh! Ich bin es! Es ist vorbei!“
Als ihre Gegenwehr nachließ, lockerte er seinen Griff, sie sank kraftlos zu Boden und Mulder hockte sich neben sie, nahm ihr Gesicht in beide Hände und legte seine Stirn an die ihre.
Er spürte seinen eigenen Körper zittern, unendliche Liebe und Dankbarkeit, Angst und Freude stürzten tosend auf ihn ein. Gott, er hatte sie gefunden!
Das Licht, der achtlos auf den Boden geworfenen Taschenlampe verlor sich an der Wand, sodass er sie kaum sehen konnte. Doch er spürte ihren Atem, er ging hastig.
„Ich bin es!“, wiederholte er beschwörend. Er legte ihr seine linke Hand in den Nacken und strich mit rechten durch ihr Haar und über ihre Wange. Dann zog er sie wieder näher an sich, vergrub seine Nase in ihrem Haar, den nunmehr verblassenden, Duft tief in sich aufzunehmend.

Verwirrt versuchte Scully einen klaren Gedanken zu fassen. Und dieser Gedanke kam, „Wir müssen hier raus!“, stammelte sie mit kaum verständlicher Stimme.
„Ich bringe dich hier raus!“, versprach er ruhig.
„Nein!“, schrie sie hektisch. „Wir müssen sofort hier raus! Es kann jeden Moment zu spät sein!“
„Ist gut. Kannst du laufen?“
Zur Antwort erhob sie sich mühsam. Mulder nahm seine Taschenlampe und stützte Scully so gut es ging. Gemeinsam eilten sie den Weg zurück, den Mulder gekommen war. Er schleppte sie mehr mit sich, als dass sie tatsächlich selbst lief.

Schier unendlich zog sich diese Strecke hin. Mulder fragte sich, ob er auch tatsächlich die richtigen Abzweigungen genommen hatte. Zwar war sein Gedächtnis hervorragend, manchmal etwas zu brillant ausgebildet, doch unter diesen Umständen traute er sich selbst nicht mehr ganz.

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Dienstag 20:21 Uhr; Nahe der Forschungsstation; Virginia

Frohike starrte weiter in die Dunkelheit, warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr, Mulder hatte den Wagen vor weit über einer Stunde verlassen. Den letzten Funkkontakt hatten sie etwa zehn Minuten später gehabt, als Mulder ihm mitteilte, nun in die Bodenklappe, die er gefunden hatte, hinabzusteigen. Seither nichts.
„Hey, Langly, Byers, hat sich bei euch etwas getan?“, raunte er in sein Funkgerät.
„Nein, nichts! Wie ausgestorben. Abgesehen von dem Patrouillenfahrzeug, dass hier brav seine Runden dreht!“
Angestrengt stierte er wieder in die Richtung, in die Mulder verschwunden war, doch die Dunkelheit war so allumfassend, dass er im Grunde gar nichts sah.

Ein Schlag durchbrach die Stille der Nacht, beinahe zeitgleich stiegen Feuerbälle in einiger Entfernung empor.

„Heilige Scheiße!“, rief er.
Der Boden erzitterte unter mehreren Schlägen, dichter Rauch stieg dort, wo das Gebäude gestanden haben musste empor. Frohike glaubte kurzzeitig, einen Herzinfarkt zu erleiden. Er brauchte einige Sekunden um sich wieder zu fangen.
Seine Hände gingen unwillkürlich tastend auf die Suche nach dem Funkgerät. Erleichtert schlossen sich seine Finger um das kleine Plastikkästchen.
„Hey,“, schrie er hinein. „Ist bei euch alles klar?“ – keine Antwort. „Verdammt noch mal, antwortet! Seid ihr noch da?“
„Ja – ja, wir sind hier!“, klang Langlys ungläubige Stimme aus dem Kästchen.
„Seht zu, dass ihr da wegkommt! Wer weiß, was uns noch erwartet!“
„Was ist mit Mulder und Scully?“
„Verfluchte Scheiße, ich habe keine Ahnung Langly! Haut da ab, ich melde mich bei euch!“

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