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Regam

von Small Potato

Kapitel 16

Dienstag 18:33 Uhr; Forschungsstation; Virginia

Ein leises Knarzen ließ sie schlagartig erwachen, sofort begann ihr Herz wieder zu rasen. Ein Lichtstrahl kroch auf sie zu und breitete sich über ihrem Körper aus.
`Sie kommen!´, aber sie würde keine Gegenwehr leisten, sie würde es über sich ergehen lassen, was auch geschehen sollte. Kein Funken Energie schien mehr in ihrem kraftlosen Körper zu stecken. Sie lag einfach da, mit offenen Augen und schmerzhaft schlagendem Herzen.

Ein Schatten näherte sich langsam und geduckt. Jetzt kniete er sich neben sie, streckte seinen Arm aus. Eine warme, raue Hand rüttelte ihre Schulter.
„Agent Scully?“
`Ich kenne diese Stimme!´, schoss es ihr durch den Kopf, `Woher kenne ich diese Stimme?´ Es arbeitete in ihr, während der Schatten erneut ihren Oberkörper zu rütteln begann.
„Hey, verdammt noch mal, sind Sie hier? Können Sie mich hören?“
`Wer zum Teufel ist das?´
„Wir haben nicht viel Zeit, na los!“
Er begann sie hoch zu ziehen, was Scully langsam wieder zu Sinnen kommen ließ, sie rieb sich ihren schmerzenden, pochenden Kopf und dann lichtete sich der Schleier `Fred!´ Eine Welle der Erleichterung erfasste sie. „Kommen Sie, ich sagte doch, ich bringe Sie hier raus!“

Scully ließ sich in eine aufrechte Position hieven, nun erkannte sie sein Gesicht, das sie mitleidig anblickte.
„Das gehörte nicht zu dem Plan!“, gab er kleinlaut, aber ehrlich entschuldigend zu.
„Welcher Plan?“ War das wirklich ihre Stimme? Es war mehr ein Krächzen, kaum verständlich. Sie räusperte sich und bereute es im selben Moment, da sich ein brennender Schmerz durch ihre Kehle, bis hin in den Magen zog.
„Das Projekt zu vernichten! Sie alle zur Rechenschaft zu ziehen! Heute ist ihr Zahltag!“
Verstört sah sie ihm in die Augen.
„Wenn wir jetzt nicht hier wegkommen, fliegen wir mit Allem in die Luft!“
Scully konnte Freds Ausdruck nicht wirklich deuten. Seine Augen wirkten tiefschwarz vor Hass, seine Lippen schien ein Lächeln zu umspielen und zugleich wirkte er wie ein verängstigtes Kind, das aus seinem Albtraum noch nicht wieder in die Realität zurückgefunden hatte.
„Haben Sie mich gehört?“, raunte er ungeduldig.
Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren „Aber,...“, hauchte sie, nicht sicher woher die Bilder die sich heraufdrängten kamen - hatte sie es tatsächlich gesehen? „... aber was ist mit den anderen? Da waren doch mehr Menschen?!“ Sie schaute ihn zweifelnd an.
„Die sind schon seit langer Zeit tot!“, presste er heraus, während er sie auf die Beine zerrte. „Wenn Sie leben wollen, müssen Sie jetzt laufen!“ Sie blickte ihn an und nickte unsicher.

Er nahm sie bei der Hand, spähte in den Gang hinaus und zog sie dann rasch mit sich. Scully stolperte hinter ihm her, darum bemüht, das Gleichgewicht zu halten.

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Dienstag 18:34 Uhr; Waldgebiet nahe der Forschungsstation; Virginia

„Es kann nicht mehr weit sein!“, erklärte Bayers und blickte von dem Koordinatengerät wieder auf die Straße.
„Ja,...“, tönte es von der Rückbank, „... laut Karte muss es direkt hinter diesem Waldgebiet dort liegen.“ Langly deutete aus dem rechten Fenster.
„Wir müssen die genauen Koordinaten finden, um den Zugang, überhaupt entdecken zu können!“, entgegnete Mulder, den Blick starr vor sich auf die Straße gerichtet.
Die Tachonadel war selten unter hundertzwanzig Meilen die Stunde gefallen.
„Moment mal!“, rief Langly.
„Was?“ Mulder nahm den Fuß vom Gas.
„Du sagtest, dass Scully mit ihrem Wagen unterwegs ist? Ich kann mich täuschen, aber ich meine ich habe dort am Waldrand einen silberblauen PKW stehen sehen, möglich, dass es ihrer ist...“
Abrupt bremste Mulder den Wagen, wendete mit quietschenden Reifen auf der Landstraße und bog dann links auf den Kiesweg, den Scully nicht mal achtundvierzig Stunden zuvor passiert hatte.

Mulder hatte sich abgeschnallt, bevor er den Wagen zum Stehen gebracht hatte und sprang heraus. Mit wenigen Schritten hatte er ihr Auto erreicht. Verschlossen und seelenruhig wartete es dort auf die Rückkehr seiner Besitzerin.
Mulder blickte sich um, suchte mit den Augen die Umgebung ab. Seine Gedanken drehten sich wie ein Kettenkarussell.
„Scuuulllly! Scuuullleey?“, er erwartete keine Antwort und doch lauschte er in die Stille der aufkommenden Dämmerung.

Unschlüssig standen die drei Einsamen Schützen an Mulders Wagen. Er sah zu ihnen hinüber. „Langly, Bayers, ihr seht euch hier um! Frohike und ich werden zu dem Zugang des Tunnelsystems fahren. Ich muss da rein!“

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Dienstag 18:51 Uhr; Forschungsstation; Virginia

Fred schleifte Scully vorwärts.
„Wir müssen durch einen der Tunnelausgänge hier rausgelangen! Na los, beeilen Sie sich!“
Scully nahm all ihre Kraft zusammen und lief, so schnell ihre Beine sie trugen.
„Hören Sie, es ist perfekt, Die sind alle hier! Die haben jeden nur möglichen Mitarbeiter zur Suche herkommen lassen. Die sind so dumm!“ Er grinste übers ganze Gesicht. „Die glauben, Die werden mich kriegen. Aber da irren Die sich, denn ich bekomme Die!“
Scully wusste nicht, ob er mit ihr oder sich selbst sprach, aber all ihre Konzentration und Energie steckte sie ins Laufen, ihm zu antworten war ihr unmöglich. Und so fuhr er fort, während er sie weiter mit sich zog.
„Ich hoffe nur, Paul ist schon draußen. Wissen Sie, er ist ein guter Kerl, jemand, auf den man sich verlassen kann!“
Für einen Moment war er still.
„Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir noch haben und wie lange ich Sie gesucht habe.“ Er verfluchte sich im Stillen dafür, dass er Paul die Uhr hatte mitnehmen lassen und hoffte inständig, dass dieser es schon geschafft hatte rauszukommen.
„Es dürfte nicht mehr so sehr weit sein! Dort vorne, sehen Sie!“, er deutete auf einen kleinen Gang, der links vom Hauptkorridor abging. „Da müssen wir rein. Es ist schon etwas her, seit ich hier unten gewesen bin, aber dann müssen wir glaube ich wieder den vierten Gang rechts und dann den dritten wieder links.“ Er stockte. „Oder war es andersrum? Wie dem auch sei, ich werde es erkennen, wenn wir da sind!“, versicherte er.
Scully wünschte, er würde endlich den Mund halten, sie ertrug sein Gequassel nicht, es machte sie wahnsinnig!

„Da vorne!“, brüllte jemand.
„Oh Scheiße!“, er verfrachtete Scully bis zu dem kleinen Gang und gab ihr einen Schubs. „Laufen Sie, Agent Scully! Sie schaffen das! Immer weiter!“ Und dann war er weg.
In blinder Panik begann Scully zu rennen, ihre Angst trieb sie zu Höchstleistungen an. Weiter und weiter. `Erster Gang!´ und weiter `Zweiter!´
Ein Schuss hallte durch das Tunnelsystem und Scully blieb wie angewurzelt stehen. Ein zweiter! Irritiert löste sie sich aus ihrer Starre, nahm das Tempo wieder auf, doch ihre Sicht wurde wässrig und verschwamm.

Blindlinks hastete sie weiter, nahm verschiedene Abzweigungen, ohne die geringste Ahnung zu haben, wohin sie diese führen würden. Was Fred gesagt hatte, war mit dem ersten Schuss, den sie vernommen hatte, wie aus ihrem Gehirn gelöscht worden. Das Einzige, was sie mit Bestimmtheit wusste, war, dass er tot war. Dass er für sie gestorben war.

Als sie sich sicher war, dass sie niemand verfolgte, lehnte sie sich an die Wand und ließ sich daran hinab auf den Boden gleiten, stützte ihr Gesicht in ihre Hände und begann lautlos zu schluchzen.

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