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Regam

von Small Potato

Kapitel 13

Dienstag 03:32 Uhr; Mulders Apartment; Alexandria

Ihre Suche war praktisch ergebnislos geblieben, zwar hatten die Einsamen Schützen und Mulder bis nach Mitternacht etliche Telefonverbindungsdaten des Creansmanterlaboratory gecheckt, doch diese Sisyphus-Arbeit war im Sande verlaufen.
Die Überprüfung der jungen Frau von den Bändern der Psychiatrischen Einrichtung hatte, wovon keiner von ihnen überrascht gewesen war, ebenfalls nichts ergeben, da der Name den sie angegeben hatte, Silvia Morritsch, offensichtlich nicht ihrer wahren Identität entsprach.
Der Versuch Scullys Wagen via Satellit auszumachen war mehr der Griff nach dem Strohhalm, als ein tatsächlich zu realisierendes Unterfangen.
Die Möglichkeit, sie offiziell als vermisste Person zu melden, hatten sie diskutiert, waren aber zu dem Entschluss gekommen, dass es sie vielleicht in Gefahr bringen könnte, wenn zu viel Aufmerksamkeit auf ihr und dieser Sache lag. Schließlich war sie mit einem nicht medikamentierten Soziopathen unterwegs, den sie ohne tatsächliche Befugnis aus einer psychiatrischen Anstalt für Gewaltverbrecher geholt hatte. Das Risiko schien zu groß. Zudem musste es zumindest eine Person innerhalb des FBI geben, die in Verbindung zu den Vorfällen der jüngeren Zeit stand, bislang diese nicht aufgedeckt werden würde, sollten Scullys und Oldbergs Verschwinden besser nicht publik werden. Mulder bestand darauf sein Treffen mit dieser Fremden abzuwarten.

Frustriert war er um kurz nach Mitternacht von den Gunmen aufgebrochen, um zu versuchen, wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, obwohl er wusste, dass ihm das unter diesen Umständen nicht möglich sein würde.

So lag er nun im Dunkeln auf seiner Couch, starrte an die nicht erkennbare Decke und ging nochmals jede Kleinigkeit in seinem Kopf durch.
So angestrengt er auch nachdachte, er konnte nicht erkennen, wohin sie hätten fahren können.
Schließlich driftete er doch in einen kurzen, unruhigen Schlaf, der gespickt war mit schrecklichen Bildern – Duane Barry, der `Stairway to heaven´ pfiff, Samantha, die im Begriff war aus dem Fenster zu schweben, Donnie Pfaster, der mit verspieltem Blick eine Frisierschere in den Händen drehte und sich schließlich herabbeugte über Scully, die auf einem Krankenhausbett lag, mit Kabeln und Schläuchen um sie herum, ihre Augenlider zugeklebt, mit dem Schlauch des Inkubators, der sich aus ihrem Mund schlängelte, wie eine Giftschlange, dann wieder Samantha, die nicht Samantha war, sondern Scully und das Licht, das grelle, allesverschlingende Licht und die Worte Oldbergs, die zischten dass die Zeit knapp sei!
Schweißgebadet schreckte Mulder hoch. Sein Herz raste und er brauchte einen Augenblick um sich zu orientieren und seine Atemfrequenz zu normalisieren. Er blickte auf seinen Wecker. Zwanzig nach vier.

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Dienstag 05:18 Uhr; Naval Observatory; Washington D.C.

Die Dusche hatte nicht vermocht, die Bilder hinfort zu spülen. Sie hatten ihn verfolgt, den ganzen Weg über und auch noch hier, wie er am Naval Observatory stand und angestrengt ins Dunkel starrte, ließen sie ihn nicht los.
Die Nacht war eiskalt und sternenklar. Die Pfützen an den Wegrändern waren erstarrt, und spiegelten das Gefühl wider, dass sich tief in Mulder breitmachte. Kälte, eisige Kälte. Er hatte das Gefühl, selbst erstarren zu müssen. Ohne Scully an seiner Seite war er einsam und leer und wieder einmal wurde ihm bewusst, wie abhängig er doch von dieser einstigen Spionin war. Eine emotionale Abhängigkeit. Es gab niemanden, dem er mehr traute, den er mehr brauchte, mehr liebte als sie. Und als er so da stand, wie ein verlassenes Kind, wurde ihm klar, dass er ohne sie nicht würde leben können.
Diese Kälte fraß ihn auf. Er fröstelte. Seine eigenen Gedanken erschreckten ihn. Augenblicklich straffte er sich, `Ich werde sie finden!´, sagte seine innere Stimme. `Ich werde sie finden und es wird ihr gut gehen und sie wird wie immer den Kopf schütteln und ihre Augen verdrehen über mein impulsives Verhalten!´

Er spürte einen Blick auf sich ruhen, drehte sich um und sah sich einer schmalen Frau gegenüber, etwa sein Alter. Ihre Wangen waren eingefallen und ihr Haar hing strähnig bis auf ihre Schultern herab. Tiefe Ringe zierten ihr Gesicht. Aus aschgrauen Augen sah sie ihn fragend an.
„Agent Mulder?“
Mulder kam einen Schritt auf sie zu und gemeinsam liefen sie zu einer Baumgruppe, die sie in ihren Schatten verschwinden ließ.
„Was ist geschehen?“, fragte sie ängstlich.
Mulder ging durch den Kopf, dass immer alle ihn fragten, obwohl doch er auf der Suche nach Antworten war. „Das hatte ich gehofft, von Ihnen zu erfahren.“, erwiderte er vorsichtig und sah sie eingehend an. „Sie sind die Frau von den Bändern! Sie haben Oldberg besucht! Sie haben Scully den Hinweis gegeben!“
„Er ist mein Bruder.“
„Oldberg hat keine Familie. Ich habe das geprüft.“
„Ja, Frederick nicht. Aber Alfred schon!“
Er legte die Stirn in Falten, das wollte er verstehen. „Was wollen Sie damit sagen? Wer ist er?“
Sie trat vom einen Fuß auf den anderen. Ob wegen der Kälte oder aus Unsicherheit war nicht auszumachen. Nervös fummelte sie eine Packung Zigaretten aus ihrer Jackentasche und steckte sich eine daraus zwischen die Lippen, ihre Finger zitterten als sie sie sich ansteckte. Tief inhalierte sie den blauen Dunst und stieß ihn mit einem entspannenden Seufzen gen Nachthimmel.
„Er ist ein Opfer, hören Sie! Er will nur Gerechtigkeit! Das zumindest hat er mir gesagt.“
Das beklemmende Gefühl steigerte sich in Mulder, doch er zwang sich ruhig zu bleiben, um sie nicht zu verschrecken. „Bitte, ich habe das Gefühl nicht viel Zeit zu haben. Ich muss meine Partnerin finden und Sie sind im Moment meine einzige Chance. Was hat Frederick oder Alfred, wie Sie ihn nennen vor? Wohin sind sie gefahren?“
Sie nahm einen weiteren tiefen Zug und schaute ihn verzweifelt an. „Ich weiß nur, dass er es beenden will. Die haben ihm alles genommen, seine Arbeit, sein Leben und...“, ein weiterer tiefer Zug. „... und Laurie. Das Projekt hat sein Leben vernichtet und das vieler anderer.“
„Sie meinen die Arbeit im Creansmanterlaboratory?“ Mulder wollte, nein er brauchte Klarheit.
„Nein, dort hat er vor langer Zeit gearbeitet. Es geht um etwas viel Größeres. Einmal sprach er darüber, dass `Regam´ die Hölle sei, aber wen oder was er genau damit meinte, habe ich nicht erfahren. Er hat mir niemals etwas Genaues erzählt, er wollte mich schützen. Er sagte, wenn ich zu viel wisse, würde ich in Gefahr sein. Es hat ihn so belastet!“
Sie brach ab, wischte sich einige Tränen von den Augen und sog die Zigarette bis zum Filter.
„Er hatte damals irgendeine Art Plan, er wollte es stoppen! Aber es ist schiefgegangen. Die haben es wie Selbstmord aussehen lassen, streng genommen war es das auch aber er war nicht er selbst, wenn Sie verstehen? Die haben ihn dazu gebracht! Er war tot!“ Sie atmete tief, um sich zu beruhigen und wischte sich mit dem Ärmel ihrer Jacke weitere Tränen aus ihrem Gesicht. Mit bebender Stimme fuhr sie fort. „Er war schon tot, aber sein Körper wurde aus dem Shenandoah-River gefischt und die Ärzte haben ihn zurückgeholt. Über sechs Monate galt er als unbekannte Person. Aber ich habe gewusst, dass er noch lebt. Ich habe es gespürt, wissen Sie!“

Sie steckte sich eine weitere Zigarette an, ihre Hände waren nun etwas ruhiger. „Nach so langer Zeit hatte ich ihn endlich gefunden, aber er ist nicht mehr mein Bruder. Er ist es noch, aber er ist nicht mehr der Gleiche! Er wurde gewalttätig und sprach wirr. Er wurde eingesperrt und weiter unter Drogen gesetzt. Letztlich hat er sich dem gefügt. Kein Aufsehen erregen. Nicht wahr? Sonst kommen Die wieder! Das hat Fred jedenfalls gesagt.“
Die Frau, die nur einen halben Kopf kleiner war, als er selbst, blickte ihn an, und Mulder nickte nur stumm, um sie nicht zu unterbrechen.
„Aber als ich diesen kleinen Artikel, es war beinahe nur eine Randnotiz, gelesen habe, wurde alles anders. Ich hätte sie ihm nie geben dürfen!“
„Laurie Sunkbarn!“
„Sie wissen von ihr?“
„Wir haben den Artikel in seiner Zelle gefunden.“
„Ja, sie – sie war seine Kollegin, sie waren zusammen, sie war die Liebe seines Lebens!“
Mulder versuchte, die sich aufdrängenden Gedanken zumindest für diesen Augenblick in hintere Winkel seines Hirns zu verbannen.
„Als ich den Artikel las, war es mir klar, die Verbindungen waren zu offensichtlich. Diese Männer arbeiten nicht gerade subtil oder vorsichtig! Laurie wurde zwar siebzig Meilen entfernt von der Stelle, an der Fred gerettet wurde, gefunden, jedoch waren die Parallelen zu eindeutig! Sie hatte wohl einen weiteren Versuch gestartet, das Projekt auffliegen zu lassen und hat dafür bezahlen müssen, bei ihr hat es offensichtlich geklappt!“, sie lachte ein freudloses Lachen und trat die Kippe aus.
„Sie war es, die die Proben dem FBI zugespielt hat!“ Mulder begann zu verstehen. „Sie hat gezwitschert, und hat dafür bezahlt und bevor die Proben untersucht werden konnten, haben Die jemanden dort hinein dirigiert. Und zwar diesen Michael Skopnitz, der dafür sorgte, dass es nichts mehr zu untersuchen gäbe. So wie ihr Bruder es gesagt hat – die Experimente vom einstigen MKUltra Projekt wurden nie beendet und es ist ihnen wohl ein Durchbruch gelungen, der schützenswert genug ist, um all´ diese Menschen zu opfern.“ Nach und nach setzte Mulder alles zusammen. „Aber es muss jemanden im FBI geben, der davon wusste. Jemand, der davon wusste und geholfen hat diese Beweise zu zerstören!“
„Fred sagte, dass Die überall ihre Leute haben und man könne sie niemals vor Gericht stellen, denn diese Sorte von Männern, sowie deren schmutzige Machenschaften werden geschützt. Er sagte, um zu zerstören, was Die geschaffen haben müsse man die komplette Quelle vernichten!“
„Sie haben uns benutzt!“, entfuhr es Mulder. „Sie haben uns benutzt, weil sie wussten, dass er niemals alleine dort herauskommen würde!“ Seine Augen wurden dunkel. „Meine Partnerin ist mit ihm unterwegs! Wie kann ich sie finden? Was hat er vor? Wer weiß sonst noch davon?“ Er trat einen Schritt auf sie zu.
„Ich habe davon doch gar keine Ahnung!“ Erneut traten ihr Tränen in die Augen. „Er sagte mir nur, dass es nun so weit wäre und dass ich Paul Bescheid geben solle. Er wisse schon, was zu tun ist.“
„Wer ist dieser Paul?“
„Er war auch mit im Institut. Er war der dritte. Aber ich weiß nicht, wer er ist. Ich habe lediglich diese Nummer ich schwöre es Ihnen!“ Sie bekam es langsam mit der Angst zu tun.
„Wo ist dieses verdammte Institut?“ Mulders Stimme wurde lauter, auch wenn er redlich darum bemüht war ruhig zu bleiben.
Sie schluckte hart, „Ich - ich weiß es nicht, irgendwo in Virginia, glaube ich.“
Er fragte noch einmal mit Nachdruck. „Ich weiß nicht, was ihr Bruder vor hat! Aber ich weiß, dass er seit – ich denke seit diesem Zeitungsartikel, den Sie ihm gegeben haben – keine Medikamente mehr genommen hat! Das heißt, er ist paranoid und gewaltbereit und er ist mit meiner Partnerin unterwegs! Wenn ich herausfinde, dass Sie mir hier Dinge verschwiegen haben, werde ich Sie finden!“ Er trat einen weiteren Schritt auf sie zu. „Und nun geben Sie mir die Nummer von diesem Paul!“

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