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After

von MissingSam

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Ich nahm seine Hand. Es schien, als wolle er mir irgendetwas sagen, etwas wichtiges. Aber er tat es nicht, starrte nur auf die reglose Gestalt in dem Bett vor ihm. Das einzige Geräusch, das zu hören war, war das regelmäßige Zischen des Beatmungsgerätes.
Er erwiderte den Druck meiner Hand und sah mich endlich an. Er sah aus, als hätte er seit einer Ewigkeit nicht mehr geschlafen.
„Kommen Sie Mulder, lassen Sie uns nach Hause fahren.“ Mulder sah noch einmal zum Bett hinüber und ging dann vor mir her zum Ausgang. Gerade als er die Tür zu seinem Wagen rief ich ihm hinterher: „Mulder!“ Er drehte sich um und sah mich mit müden Augen an. „Lassen Sie den Wagen hier stehen, den können Sie morgen holen. Ich fahre Sie nach Hause.“ Er nickte und kam wortlos zu mir herüber. Er stieg ein und ich ließ mich auf den Fahrersitz gleiten. Die Türen schlossen sich und die Beleuchtung erlosch- Nun war das einzige Licht das des Vollmondes, der bereits hoch am Himmel stand.
Wir schwiegen während der gesamten Fahrt. Als wir vor seinem Apartmenthaus angekommen waren, murmelte er ein „Danke Scully“ und verschwand in dem Gebäude, bevor ich noch etwas erwidern konnte. Ich blickte ihm nach. „Immer, Mulder, immer“, sagte ich dann leise und machte mich auf den Weg nach Hause, den Vollmond als ständigen Begleiter.
In meiner Wohnung angekommen, zog ich mich um und legte mich ins Bett. Aber an Schlaf war nicht zu denken. Eigentlich hatte ich noch meinen Bericht zu Ende schreiben wollen, aber nach dem heutigen Tag verschob ich das auf den nächsten Morgen.
Ich sah zum Fenster hinaus und erblickte auch dort den Vollmond. An diesem Tag war viel passiert. Dieser ganze Fall war mehr als nur bizarr gewesen. Aber heute...Robert Modell, der sich selbst der Pusher nannte, hatte Mulder zu einem russischen Roulett herausgefordert. Dieser hatte sich ohne zu zögern eine Pistole an die Schläfe gehalten und den Abzug durchgezogen. Gott sei Dank war die Kammer leer gewesen, ich hätte nicht gewusst, was ich hätte tun sollen, wäre dem nicht so gewesen.
Doch danach zwang Modell Mulder die Waffe auf mich zu richten, direkt zwischen meine Augen. Ich versuchte mir ruhiger Stimme auf meinen Partner einzureden, ihn von Modell und seinem Zwang abzulenken.
Meine Gedanken und Gefühle wirbelten durcheinander. Wenn er wirklich abgedrückt hätte und in der Kammer eine Kugel gewesen wäre, dann wäre es bestimmt schnell gegangen, davor hatte ich keine Angst. Ich hatte Angst um Mulder. Was hätte Modell als nächstes mit ihm gemacht? Hätte er auch ihn umgebracht? Und wenn ja, wie hätte er es getan? Es waren die gleichen Fragen, die ich mir auch schon heute Nachmittag in diesem Krankenhaus gestellt hatte. Niemand würde diese Fragen beantworten. Robert Modell lag im Koma und würde auch voraussichtlich nicht mehr daraus erwachen. Für ihn war es ein Warten auf den Tod. Aber ich empfand trotz allem Mitleid mit diesem Mann. Er hatte nichts und niemanden außer dieser Fähigkeit.
Ich seufzte. Hoffentlich fand Mulder in dieser Nacht etwas Ruhe. Wie um meine Gedanken zu widerlegen klingelte das Telefon. Ich stand auf und nahm den Hörer ab.
„Hallo?“ fragte ich, obwohl es eigentlich überflüssig war, ich wusste, wer am anderen Ende der Leitung war .
„Scully, ich bin's. Tut mir leid, wenn ich Sie geweckt habe, aber...ich konnte nicht schlafen.“ Als hätte ich es nicht geahnt.
„Sie haben mich nicht geweckt, ich kann auch nicht schlafen.“
Er seufzte. „Gut, ich möchte Sie nämlich nicht um den Schlaf bringen.“
Ich zögerte kurz. „Mulder, da sowieso keiner von uns ein Auge zu bekommt... Wollen Sie rüberkommen?“
Er überlegte. „Gut, in Ordnung. Ich würde auch gerne mit Ihnen reden. Ich bin in einer halben Stunde da.“
„Okay“, antwortete ich und legte auf.
Ich ging zurück ins Schlafzimmer und zog mich an. Er wollte wahrscheinlich über die Ereignisse des vergangenen Tages reden. Er kam nie ohne einen Grund. Mal war es ein Video-Tape, ein anderes Mal ein Tonband, wieder ein anderes Mal waren es irgendwelche verschwommenen Fotos. Er war noch nicht ein einziges mal gekommen, nur weil er mich sehen wollte. Tja und heute war es der Fall, der ihn dazu bewegte hierher zu kommen. Verdammt, warum konnte er nicht einmal kommen, nur weil er mit mir zusammen sein, mich sehen wollte? Auf der anderen Seite war ich mir meiner Gefühle für ihn nicht ganz sicher. Wir waren schon lange mehr, als nur Partner, wir waren Freunde. Er war mein bester Freund, das stand vollkommen außer Frage. Nur...da war mehr. Ich empfand mehr für ihn, als für einen Freund. Heute war mir endgültig klar geworden, dass es Liebe war, die ich da empfand. Gott, ich war in meinen Partner verliebt, das gab es doch einfach nicht! Aber wenn ich ehrlich war, dann fragte ich mich auch, wie Mulder fühlte. Was war ich für ihn? Partnerin, Freundin...Geliebte? Ich schüttelte den Kopf, es hatte keinen Sinn, sich darüber Gedanken zu machen.
In diesem Moment klopfte es leise an der Tür. Ich ging hin und öffnete. „Mulder, benutzen Sie beim nächsten Mal einfach ihren Schlüssel. Zumindest wenn es wieder so spät...ähm, so früh ist. Anderen Besuch bekomme ich um diese Zeit nämlich nicht“ Mulder sah mich zerknirscht an. „Tut mir leid, vielleicht sollte ich einfach wieder...“ „Nein, nichts da“, fiel ich ihm ins Wort. „Ich wollte schließlich, dass Sie kommen.“ Er sah mich wieder an und nickte.
„Sie wollten mit mir reden?“ fragte ich, während ich mich auf die Couch setzte. Er kam mir nach, blieb aber neben mir stehen. „Ja...über heute Nachmittag. Ich bekomme es einfach nicht aus dem Kopf. Ich hatte die Waffe auf Sie gerichtet, ich wollte es nicht, aber Modell zwang mich dazu. Ich habe dagegen angekämpft, aber lange hätte ich das nicht mehr ausgehalten. Scully, ich würde es verstehen, wenn Sie nicht mehr mit mir zusammenarbeiten können, das wäre okay. Ich meine, dass ich den Lauf auf Sie gerichtet habe, ist unverzeihlich. Ich habe damit Ihr Vertrauen zu mir zerstört und das tut mir wirklich leid. Es ist wohl besser, wenn Sie einen Antrag auf Versetzung stellen.“ Er sah mich nicht an, sondern hielt den Blick gesenkt. Als er geendet hatte, stand er auf und ging Richtung Tür.
Was zum Teufel hatte er vor? Wollte er jetzt etwas so einfach gehen, mich verlassen, womöglich für
immer?
Ich sah ihn geschockt an. Warum tat er das?
„Mulder!“ Er drehte sich um. Gott, seine Augen. Er sah aus, als würde er Höllenqualen durchleben. Schließlich schloss er sie und schüttelte langsam den Kopf, dann wandte er sich wieder der Tür zu.
Ich sprang auf. „Du willst jetzt also einfach abhauen, ohne mich angehört zu haben?“ Ich wusste, dass das Du ihn aufhalten würde. Und wirklich, er drehte sich um und kam auf mich zu. Als er direkt vor mir stand fragte er fast unhörbar: „Du?“
Ich ging nicht darauf ein, sondern sah ihm in die Augen und begann zu sprechen: „Du hast gar nichts zerstört. Du konntest absolut nichts dafür, ich habe es in deinen Augen gesehen. Aber egal, wie er dir auch zugesetzt hat, du warst stärker als er. Du warst stärker als all das. Du richtest mich wieder auf wenn ich am Boden liege, an deiner Schulter kann ich mich ausheulen wenn es mir schlecht geht, du hörst mir zu wenn ich Probleme habe , dafür danke ich dir und...“ Ich zögerte. Sollte ich diesen Schritt wirklich tun? Mein Herz sagte ja, aber mein Verstand sträubte sich. Schließlich gab ich mir aber doch einen Ruck. ‚Tu es.‘ „Und dafür liebe ich dich, Fox William Mulder.“
Er sah mich an. Zuerst fassungslos, so als wolle er gleich losrennen. Aber dann breitete sich ein Lächeln über seinem Gesicht aus. Er schloss mich in die Arme und flüsterte dicht an meinem Ohr: „Ich liebe dich auch.“ Er küsste mich sanft und ich schmiegte mich in seine Arme.

ENDE
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