-4-
Scully spürte eine tief sitzende Frustration. Ihr Zeitgefüge war zusammen gebrochen und sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob es Tag war oder Nacht. Wie viele Stunden, wie viele Tage war sie schon hier eingeschlossen?
Und diese kahlen Wände, das Neonlicht. Oh, sie würde noch wahnsinnig werden!
Sie hoffte sogar schon, würde wieder zu ihr kommen. So was verrücktes, als ob dies etwas ändern würde. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf.
Irgendwann zwischen zwei Mahlzeiten - sie konnte nicht beschwören, ob es Frühstück oder Mittagessen war - wurde Scully der Verband von einer dunkelhaarigen Frau gewechselt. Wenn sie aber dachte, dass das ihre Chance auf Flucht war, wurde sie bitter enttäuscht. Kaum sichtbar für sie, dennoch spürbar, tauchten zwei bewaffnete Männer in der Tür auf.
Scully hatte eingesehen, dass sie ohne Hilfe hier nicht rauskommen würde. Auf sein Mitgefühl konnte sie kaum hoffen, würde sie bestimmt nicht einfach so wieder gehen lassen.
„Agent Scully, schön zu sehen das es Ihnen wieder gut geht. Die Schussverletzung heilt besser, als ich anfangs dachte.“
Scully drehte sich um. Sie hatte gar nicht bemerkt wie die Tür geöffnet wurde. Aber da stand er nun, genau hinter ihr und schaute sie an.
„Ich wollte Sie eigentlich nur in Kenntnis setzen, dass ich Kontakt zu Mulder aufgenommen habe. Ich muss schon sagen, er ist ein ganz schön hitziger Mensch. Wie kommen Sie nur mit ihm klar? Mir hätte er schon längst den letzten Nerv geraubt.“
Scully musste unwillkürlich lächeln. Wie oft war sie schon in Situationen gewesen, wo sie gedacht hat, ihre Nerven würden das nicht überstehen.
„In dieser Beziehung muss ich Ihnen leider recht geben auch wenn es mir schwer fällt. Mulder ist schon ein schwieriger Mensch, aber ich möchte Sie trotzdem warnen, er ist nicht zu unterschätzen.“ Scully sah ihn bei ihren letzten Worten mit ernstem Gesicht an.
„Danke für Ihre Belehrung, vielleicht sollte ich meinen Plan noch mal überdenken. Was meinen Sie, soll ich ihm sagen, wo er Sie finden kann oder ihm nur Hinweise geben?“
Er sagte diese Worte in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass er es nur sarkastisch gemeint hatte. Es ließ jedoch ließen ihren Zorn wieder entflammen, welcher in der Zwischenzeit einer tiefen Frustration gewichen war.
„Sie können es halten wie sie wollen. Sie haben so oder so schon verloren. Egal was Sie vorhaben, es wird nicht funktionieren!" Sie schäumte vor Wut.
Diesmal war er es, der lächeln musste: „Agent Scully, leider muss ich Ihnen sagen, dass jeder Mensch einen schwachen Punkt hat. Und Mulder's sitzt gerade vor mir.“
Kaum das er den Satz vollendet hatte, fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Scully blieb völlig verdutzt allein mit ihren Gedanken. Wie konnte er wissen was zwischen ihr und Mulder lief, war es doch nie ausgesprochen worden.
Mulder fuhr wie ein Wahnsinniger zu der Bushaltestelle Washington Park. Die Zeit war ihm im Nacken. Kurz vor seinem Ziel besann er sich jedoch eines besseren. Er durfte nicht riskieren aufzufallen und womöglich von einer Streife angehalten zu werden.
Als er dann endlich vor der Haltestelle stand schaute er sich unauffällig um.
Unter der Bank hatte Scully's Entführer zu ihm gesagt - unter der Bank... doch da war nichts.
Dann war es ihm egal, ob er auffiel oder nicht. Er tastete die Bretter ab, kniete sich vor die Bank und sah hinunter, doch alles was er entdecken konnte, waren die Klebereste, wo der Umschlag vermutlich angebracht worden war.
"Schei...", er konnte sich gerade noch zusammen reißen, richtete sich wieder auf und versuchte krampfhaft nachzudenken.
Wer hatte ein Interesse daran, den Umschlag zu entfernen? Vermutlich Jugendliche, die einfach nur neugierig gewesen waren. Sein Pech. Wer auch immer den Umschlag entfernt hatte, konnte schon über alle Berge sein und mit ihm der Umschlag. Verdammt, aber Scully's Leben hing an diesem Ding! Er konnte doch nicht einfach resignieren.
Als sein Handy plötzlich schrillte, zuckte er erschrocken zusammen.
Er drückte die Taste für Annahme und zuckte noch einmal zusammen, als die Stimme am anderen Ende zu sprechen begann: "Agent Mulder, wie ich sehe, sind sie am Zielort angelangt."
"Hier ist kein Umschlag. Sagen Sie mir, was ich tun soll. Ich werde es tun! Nur dieser verdammte Umschlag ist nicht hier!" es fiel Mulder nicht leicht seine Stimme zu kontrollieren.
"Sie wollen mich auf den Arm nehmen, Agent, aber ich lasse mich nicht verarschen!"
Mulder hörte im Hintergrund Scully's gedämpften Schrei. Er konnte nicht sagen, ob sie Schmerzen litt oder nur vor Angst geschrieen hatte, doch es raubte ihm den letzten Nerv: "Bitte! Der Umschlag ist wirklich nicht hier! Ich will ja tun, was Sie sagen, aber ich schwöre, der Umschlag ist nicht hier!"
Stille trat am anderen Ende der Leitung ein. Mulder wurde zusehends nervöser, spürte, wie seine Nerven bis zum äußersten gespannt waren.
Der Mann, der Mulder aus einem versteckten Winkel von einem weißen VW-Bus heraus beobachtete, überlegte angestrengt. Er schaute sich die ganze Szene an der Haltestelle genau an.
„Verdammt, er hat wirklich keinen Umschlag bei sich!“ er drehte sich zu Scully um und schaute sie an. Einfach so, er sagte kein Wort sondern dachte angestrengt nach.
Scully wurde es unbehaglich. Was ging hier vor und wie würde er jetzt reagieren. Endlich wand er den Kopf und begann zu sprechen.
„Okay Agent Mulder. Ich glaube Ihnen. Das hört sich vielleicht verrückt an aber ich glaube Ihnen. Sie können den Umschlag nicht bei sich haben. Er würde sich abzeichnen.“
Mulder atmete erleichtert aus. Er hatte schon mit dem schlimmsten gerechnet. Auf einmal schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. Er hat gesagt der Umschlag würde sich abzeichnen. Also musste er ihn sehen können. Mulder begann sich langsam im Kreis zu drehen: „Was haben Sie jetzt vor?“
"Sie werden einen Mord für mich begehen, Agent Mulder!", erwiderte die Stimme am anderen Ende der Leitung und Mulder erstarrte für einen Augenblick.
Seine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. Hatte er nicht zu Skinner gesagt, dass er selbst zu einem Mord bereit wäre, nur um Scully zu retten? Jetzt hatte er den Salat. Wie sollte er nur reagieren?
"Sie sind ja so still geworden, Mulder, haben Sie ein Problem mit Ihrem Auftrag?" Die Stimme hämmerte sich wieder in sein Unterbewusstsein und erneut sendete es Signale aus, dass er diese Stimme sehr gut kannte, doch noch immer hatte er den Ursprung nicht herausgefunden.
"Wen soll ich umbringen!" Mulders Stimme klang kälter als beabsichtigt. Es lag eine derartige Ruhe darin, die er selbst nicht erklären konnte. Er war sich sicher, es war Resignation.
"Töten Sie Assistant Director Walter Skinner!", tönte es aus dem Handy und Mulder fuhr zusammen. Wie ein Presslufthammer dröhnte der Befehl in seinen Ohren nach. Fast glaubte er daran sogar zu ersticken. Das konnte nicht sein. Das konnte doch nicht wirklich passieren?
Mulder brachte kein Wort mehr heraus und legte nur noch auf. Sein Arm mit dem Handy fiel schlaff an seiner Seite hinab und zeugte von seiner ganzen Fassungslosigkeit.
Er sollte Skinner töten. Um seine Partnerin zu retten, sollte er einen der wenigen Menschen töten, denen er vertraute?
Sein Blick blieb an einem weißen VW-Bus hängen und wenige Augenblicke glaubte er zu wissen, dass der Entführer sich dort befand. Fast schon schmerzlich nahe erschien ihm Scullys Gegenwart, doch selbst wenn er zu dem Wagen gegangen wäre, er hätte ihr Leben riskiert und nichts gewonnen.
So blieb er stehen, starrte den Wagen an mit einem Wissen, dass ihn fast umbrachte und wartete. Wartete, bis der VW-Bus um die Ecke bog und aus seinem Gesichtsfeld verschwand. Erst dann ließ er sich fallen, landete auf den Knien und schrie so laut er konnte...
Hätte der Mann nur noch einmal in seinen Rückspiegel geschaut, er hätte sich an diesem Bild erfreuen können. Aber er tat es nicht. Er überlegte, was in diesem Augenblick in Mulder vorging. Würde Mulder auf seine Forderung eingehen, um seine Partnerin zu retten oder würde er auf sie verzichten, damit Skinner am Leben blieb? Er wusste es nicht. In dieser einen Sache konnte er Mulder nicht richtig einschätzen. Irgendwie machte es die Sache spannender, dachte er.
Scully hatte die Worte gehört und konnte sie nicht glauben. Jetzt ging es nicht nur um ihr Leben, nein, jetzt ging es darum, dass zu 100 Prozent jemand sterben würde.
Auch sie hätte nicht sagen können, für wen Mulder sich entscheiden würde. Mit ihr verband ihn ein besonderes Band. Ein Band, wo tausend Dinge ungesagt blieben, aber jeder von ihnen genau wusste, dass es sie gab. Das war bis jetzt auch noch nie zu einem Problem geworden. Aber vielleicht war dies der entscheidende Hinweis dafür, dass Mulder sich für Skinners Leben entschied. Bei ihm wusste Mulder genau, woran er war. Skinner konnte er alles sagen. Er brauchte keine Angst davor zu haben, dass bestimmte Informationen durch ihn in die falschen Händen geraten konnten. Diese Angst braucht er bei ihr natürlich auch nicht zu haben. Aber wusste er das?
Langsam kamen ihr Selbstzweifel, spürte sie die aufkeimende Angst. Selbstvorwürfe suchten sich ihren Weg in ihr Innerstes, klagten sie an, ließen sie schaudern. Warum hatte sie ihm nie die Wahrheit gesagt? Warum war sie nie den Schritt gegangen, sich ihm ganz und gar anzuvertrauen? Salziger Geschmack auf ihrer Zunge machte ihr klar, dass sie weinte, dass sie zum ersten Mal in ihrer Gefangenschaft weinte und sich eine Blöße gab, doch in ihrer Verzweiflung schien es egal.
Scully spürte eine tief sitzende Frustration. Ihr Zeitgefüge war zusammen gebrochen und sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob es Tag war oder Nacht. Wie viele Stunden, wie viele Tage war sie schon hier eingeschlossen?
Und diese kahlen Wände, das Neonlicht. Oh, sie würde noch wahnsinnig werden!
Sie hoffte sogar schon, würde wieder zu ihr kommen. So was verrücktes, als ob dies etwas ändern würde. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf.
Irgendwann zwischen zwei Mahlzeiten - sie konnte nicht beschwören, ob es Frühstück oder Mittagessen war - wurde Scully der Verband von einer dunkelhaarigen Frau gewechselt. Wenn sie aber dachte, dass das ihre Chance auf Flucht war, wurde sie bitter enttäuscht. Kaum sichtbar für sie, dennoch spürbar, tauchten zwei bewaffnete Männer in der Tür auf.
Scully hatte eingesehen, dass sie ohne Hilfe hier nicht rauskommen würde. Auf sein Mitgefühl konnte sie kaum hoffen, würde sie bestimmt nicht einfach so wieder gehen lassen.
„Agent Scully, schön zu sehen das es Ihnen wieder gut geht. Die Schussverletzung heilt besser, als ich anfangs dachte.“
Scully drehte sich um. Sie hatte gar nicht bemerkt wie die Tür geöffnet wurde. Aber da stand er nun, genau hinter ihr und schaute sie an.
„Ich wollte Sie eigentlich nur in Kenntnis setzen, dass ich Kontakt zu Mulder aufgenommen habe. Ich muss schon sagen, er ist ein ganz schön hitziger Mensch. Wie kommen Sie nur mit ihm klar? Mir hätte er schon längst den letzten Nerv geraubt.“
Scully musste unwillkürlich lächeln. Wie oft war sie schon in Situationen gewesen, wo sie gedacht hat, ihre Nerven würden das nicht überstehen.
„In dieser Beziehung muss ich Ihnen leider recht geben auch wenn es mir schwer fällt. Mulder ist schon ein schwieriger Mensch, aber ich möchte Sie trotzdem warnen, er ist nicht zu unterschätzen.“ Scully sah ihn bei ihren letzten Worten mit ernstem Gesicht an.
„Danke für Ihre Belehrung, vielleicht sollte ich meinen Plan noch mal überdenken. Was meinen Sie, soll ich ihm sagen, wo er Sie finden kann oder ihm nur Hinweise geben?“
Er sagte diese Worte in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass er es nur sarkastisch gemeint hatte. Es ließ jedoch ließen ihren Zorn wieder entflammen, welcher in der Zwischenzeit einer tiefen Frustration gewichen war.
„Sie können es halten wie sie wollen. Sie haben so oder so schon verloren. Egal was Sie vorhaben, es wird nicht funktionieren!" Sie schäumte vor Wut.
Diesmal war er es, der lächeln musste: „Agent Scully, leider muss ich Ihnen sagen, dass jeder Mensch einen schwachen Punkt hat. Und Mulder's sitzt gerade vor mir.“
Kaum das er den Satz vollendet hatte, fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Scully blieb völlig verdutzt allein mit ihren Gedanken. Wie konnte er wissen was zwischen ihr und Mulder lief, war es doch nie ausgesprochen worden.
Mulder fuhr wie ein Wahnsinniger zu der Bushaltestelle Washington Park. Die Zeit war ihm im Nacken. Kurz vor seinem Ziel besann er sich jedoch eines besseren. Er durfte nicht riskieren aufzufallen und womöglich von einer Streife angehalten zu werden.
Als er dann endlich vor der Haltestelle stand schaute er sich unauffällig um.
Unter der Bank hatte Scully's Entführer zu ihm gesagt - unter der Bank... doch da war nichts.
Dann war es ihm egal, ob er auffiel oder nicht. Er tastete die Bretter ab, kniete sich vor die Bank und sah hinunter, doch alles was er entdecken konnte, waren die Klebereste, wo der Umschlag vermutlich angebracht worden war.
"Schei...", er konnte sich gerade noch zusammen reißen, richtete sich wieder auf und versuchte krampfhaft nachzudenken.
Wer hatte ein Interesse daran, den Umschlag zu entfernen? Vermutlich Jugendliche, die einfach nur neugierig gewesen waren. Sein Pech. Wer auch immer den Umschlag entfernt hatte, konnte schon über alle Berge sein und mit ihm der Umschlag. Verdammt, aber Scully's Leben hing an diesem Ding! Er konnte doch nicht einfach resignieren.
Als sein Handy plötzlich schrillte, zuckte er erschrocken zusammen.
Er drückte die Taste für Annahme und zuckte noch einmal zusammen, als die Stimme am anderen Ende zu sprechen begann: "Agent Mulder, wie ich sehe, sind sie am Zielort angelangt."
"Hier ist kein Umschlag. Sagen Sie mir, was ich tun soll. Ich werde es tun! Nur dieser verdammte Umschlag ist nicht hier!" es fiel Mulder nicht leicht seine Stimme zu kontrollieren.
"Sie wollen mich auf den Arm nehmen, Agent, aber ich lasse mich nicht verarschen!"
Mulder hörte im Hintergrund Scully's gedämpften Schrei. Er konnte nicht sagen, ob sie Schmerzen litt oder nur vor Angst geschrieen hatte, doch es raubte ihm den letzten Nerv: "Bitte! Der Umschlag ist wirklich nicht hier! Ich will ja tun, was Sie sagen, aber ich schwöre, der Umschlag ist nicht hier!"
Stille trat am anderen Ende der Leitung ein. Mulder wurde zusehends nervöser, spürte, wie seine Nerven bis zum äußersten gespannt waren.
Der Mann, der Mulder aus einem versteckten Winkel von einem weißen VW-Bus heraus beobachtete, überlegte angestrengt. Er schaute sich die ganze Szene an der Haltestelle genau an.
„Verdammt, er hat wirklich keinen Umschlag bei sich!“ er drehte sich zu Scully um und schaute sie an. Einfach so, er sagte kein Wort sondern dachte angestrengt nach.
Scully wurde es unbehaglich. Was ging hier vor und wie würde er jetzt reagieren. Endlich wand er den Kopf und begann zu sprechen.
„Okay Agent Mulder. Ich glaube Ihnen. Das hört sich vielleicht verrückt an aber ich glaube Ihnen. Sie können den Umschlag nicht bei sich haben. Er würde sich abzeichnen.“
Mulder atmete erleichtert aus. Er hatte schon mit dem schlimmsten gerechnet. Auf einmal schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. Er hat gesagt der Umschlag würde sich abzeichnen. Also musste er ihn sehen können. Mulder begann sich langsam im Kreis zu drehen: „Was haben Sie jetzt vor?“
"Sie werden einen Mord für mich begehen, Agent Mulder!", erwiderte die Stimme am anderen Ende der Leitung und Mulder erstarrte für einen Augenblick.
Seine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. Hatte er nicht zu Skinner gesagt, dass er selbst zu einem Mord bereit wäre, nur um Scully zu retten? Jetzt hatte er den Salat. Wie sollte er nur reagieren?
"Sie sind ja so still geworden, Mulder, haben Sie ein Problem mit Ihrem Auftrag?" Die Stimme hämmerte sich wieder in sein Unterbewusstsein und erneut sendete es Signale aus, dass er diese Stimme sehr gut kannte, doch noch immer hatte er den Ursprung nicht herausgefunden.
"Wen soll ich umbringen!" Mulders Stimme klang kälter als beabsichtigt. Es lag eine derartige Ruhe darin, die er selbst nicht erklären konnte. Er war sich sicher, es war Resignation.
"Töten Sie Assistant Director Walter Skinner!", tönte es aus dem Handy und Mulder fuhr zusammen. Wie ein Presslufthammer dröhnte der Befehl in seinen Ohren nach. Fast glaubte er daran sogar zu ersticken. Das konnte nicht sein. Das konnte doch nicht wirklich passieren?
Mulder brachte kein Wort mehr heraus und legte nur noch auf. Sein Arm mit dem Handy fiel schlaff an seiner Seite hinab und zeugte von seiner ganzen Fassungslosigkeit.
Er sollte Skinner töten. Um seine Partnerin zu retten, sollte er einen der wenigen Menschen töten, denen er vertraute?
Sein Blick blieb an einem weißen VW-Bus hängen und wenige Augenblicke glaubte er zu wissen, dass der Entführer sich dort befand. Fast schon schmerzlich nahe erschien ihm Scullys Gegenwart, doch selbst wenn er zu dem Wagen gegangen wäre, er hätte ihr Leben riskiert und nichts gewonnen.
So blieb er stehen, starrte den Wagen an mit einem Wissen, dass ihn fast umbrachte und wartete. Wartete, bis der VW-Bus um die Ecke bog und aus seinem Gesichtsfeld verschwand. Erst dann ließ er sich fallen, landete auf den Knien und schrie so laut er konnte...
Hätte der Mann nur noch einmal in seinen Rückspiegel geschaut, er hätte sich an diesem Bild erfreuen können. Aber er tat es nicht. Er überlegte, was in diesem Augenblick in Mulder vorging. Würde Mulder auf seine Forderung eingehen, um seine Partnerin zu retten oder würde er auf sie verzichten, damit Skinner am Leben blieb? Er wusste es nicht. In dieser einen Sache konnte er Mulder nicht richtig einschätzen. Irgendwie machte es die Sache spannender, dachte er.
Scully hatte die Worte gehört und konnte sie nicht glauben. Jetzt ging es nicht nur um ihr Leben, nein, jetzt ging es darum, dass zu 100 Prozent jemand sterben würde.
Auch sie hätte nicht sagen können, für wen Mulder sich entscheiden würde. Mit ihr verband ihn ein besonderes Band. Ein Band, wo tausend Dinge ungesagt blieben, aber jeder von ihnen genau wusste, dass es sie gab. Das war bis jetzt auch noch nie zu einem Problem geworden. Aber vielleicht war dies der entscheidende Hinweis dafür, dass Mulder sich für Skinners Leben entschied. Bei ihm wusste Mulder genau, woran er war. Skinner konnte er alles sagen. Er brauchte keine Angst davor zu haben, dass bestimmte Informationen durch ihn in die falschen Händen geraten konnten. Diese Angst braucht er bei ihr natürlich auch nicht zu haben. Aber wusste er das?
Langsam kamen ihr Selbstzweifel, spürte sie die aufkeimende Angst. Selbstvorwürfe suchten sich ihren Weg in ihr Innerstes, klagten sie an, ließen sie schaudern. Warum hatte sie ihm nie die Wahrheit gesagt? Warum war sie nie den Schritt gegangen, sich ihm ganz und gar anzuvertrauen? Salziger Geschmack auf ihrer Zunge machte ihr klar, dass sie weinte, dass sie zum ersten Mal in ihrer Gefangenschaft weinte und sich eine Blöße gab, doch in ihrer Verzweiflung schien es egal.
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