World of X

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Without Fear

von Netty

Chapter 1

Sie spürte die Fesseln eher, als dass sie sie sah. Eine Woge der Panik ergriff sie und sie riss die Augen auf. Doch sie mußte sie sofort wieder zukneifen, als das Licht sie traf. Obwohl sie die Panik in ihren Knochen spüren konnte, hatte sie nicht dieses vertraute Kribbeln im Bauch, dass ihr verriet, dass ihre Angst drohte sie zu überwältigen.



„Wie ich sehe bist du wach.“ Die Stimme. War sie vertraut? Sie klang so fremd, so anders. Aber künstlich verändert, wie durch einen Computer verstellt. Erneut versuchte sie ihre Augen zu öffnen und nach einigem Blinzeln gelang es ihr, sie geöffnet zu halten.



Neben ihr auf dem Bett saß eine Gestalt. Groß, breites Kreuz, männlich verriet ihr ihr geschultes Auge. Genau wie die Stimme kam ihr die Gestalt seltsam vertraut vor. Die Person war in monotonem schwarz gekleidet. Einfache Hose und ein Pullover versperrten die Sicht auf seinen Körper, genauso wie eine Maske sein Gesicht versteckte. Auch diese war in einfachem schwarz gehalten. Das Einzige, was nicht verhüllt war, waren seine Hände und seine Augen und sie wußte, dass sie ihn kannte.



Sein in schwarz gehüllter Körper bildete, den totalen Kontrast zu den weißen Laken und Kopfkissen auf den sie lag. Ein Windhauch streifte über ihren Körper und verpasste ihr eine Gänsehaut. Sie hob den Kopf ein wenig, um sich zu vergewissern, dass sie ihr Gefühl nicht täuschte. Wie sie feststellen mußte, war das nicht der Fall. Sie war nackt! Schutzlos!



Ein Ausdruck von Panik ergriff ihr Gesicht und sie sah zu ihren Armen und Beinen. Sie wußte, oder besser gesagt spürte, dass sie gefesselt waren, aber sie wollte sehen mit was für einem Material sie außer Gefecht gesetzt worden war. Seide! Sowohl ihre beiden Arme, als auch ihre Beine waren mit ziemlich stabilen Seidentüchern an die Bettpfosten gefesselt.



Die Person neben ihr veränderte ihre Position und zog ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich. Er beugte sich nah zu ihr und sie spürte wie sich ihre Muskeln verspannten.



„Keine Angst“ sagte die Stimme beschwörend. „Ich werde dir nichts tun. Wenn du etwas willst, dann sag es mir oder frag mich danach.“ Sie wollte schon zu einer Frage ansetzen, als er einen Finger hob und ihr zeigte, dass sie noch nichts sagen sollte. „Aber bitte mich nicht, dich loszubinden, denn das werde ich nicht tun.“ Sie schloss ihren Mund wieder.



„Können“ sie mußte sich räuspern, als ihre Stimme brach. „Können sie mich zudecken?“ Zaghaft wie es sonst nie ihre Art war, hatte sie die Frage gestellt.



„Wieso willst du deinen wundervollen Körper verhüllen?“ Seine Stimme war nicht zaghaft, aber sie hatte etwas sanftes an sich.



„Mir ist kalt“ antwortete sie und das stimmte auch, obwohl es nicht der Hauptgrund war. Der Mann erhob sich und öffnete einen Schrank. Dort holte er eine Decke, die mehr ein Laken war, heraus und breitete es über ihr aus. Sie nutzte die Gelegenheit, um sich etwas umzusehen.



Sie schien sich in einem Keller zu befinden. Die Wände waren aus Backstein und sie lag auf dem Bett, welches mitten im Raum stand und daneben befand sich ein kleines Nachtschränkchen. Ansonsten konnte sie eine schlichte Tür, den Schrank aus dem er die Decke, die mehr ein Laken war, geholt hatte und schräg darüber ein vergittertes Fenster.



Ihr wurde klar, dass sie um Hilfe rufen könnte, aber zum einen dachte sie, dass dies ihre Lage nur verschlimmern würde und zum anderen hatte er gesagt, er würde ihr nichts tun und auf eine seltsame Weise vertraute sie ihm. Das war absurd und gefährlich, das wußte sie, aber sie konnte nichts weiter tun, als auf ihr Gefühl zu vertrauen.



„Hast du Hunger?“ fragte seine Stimme, die aufrichtig um ihr Wohl besorgt schien. Seltsam sie hatte, bis er es erwähnte nicht die Leere in ihrem Magen bemerkt. Sie nickte. Mit einer geschmeidigen Schnelligkeit stand er auf und verließ den Raum.



Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, versuchte sie ihre Hände zu befreien, doch nachdem sie ein paar Minuten daran gerüttelt hatte wurde ihr bewußt, dass sie sich nicht würde befreien können. Also versuchte sie stattdessen mit einige Bewegungen die Decke, die ja mehr ein Laken war, wieder über ihren Oberkörper zu bekommen, da sie von dort heruntergerutscht war, als sie versucht hatte ihre Fesseln zu lösen. Doch auch an diesem Vorhaben scheiterte sie.



Nach weiteren Minuten kam ihr... was war er? Ihr Entführer? Hatte er sie denn entführt, wie sie feststellen mußte, war ihre Erinnerung an die letzten Tage wie ausgelöscht. Vielleicht war sie freiwillig mit ihm gegangen. Aber warum sollte sie das tun? Weil ich ihn kenne, dachte sie. Das war natürlich Blödsinn, aber ihr ging dieser Gedanke nicht aus dem Kopf.



War er ihr Peiniger? Nein! Oder vielleicht auch nur noch nicht! Vielleicht erschlich er sich erst ihr vertrauen, um es dann schamlos auszunutzen. Diesen Gedanken schob sie absichtlich beiseite. Sie würde versuchen müssen mit ihm ein Gespräch anzufangen und wenn ihre Gedanken dann von Panik und Angst vernebelt wären, würde sie für ihn nur ein noch besseres Ziel sein.



„Hey träumst du?“ fragte er mit unendlicher Sanftheit. Einen Augenblick schien sie zu vergessen in welcher Situation sie sich befand. Obwohl sie es verhindern wollte, füllte sie sich zu der in schwarz gehüllten Person hingezogen.



Er stellte ein Tablett, welches er mitgebracht hatte auf den Nachtschrank, so dass sie einen Blick darauf werfen konnte. Ein Krug mit Wasser stand neben einem Glas, ebenfalls befanden sich ein Teller mit Spagetti und Besteck auf dem Tablett, genauso wie etwas Brot. Doch etwas zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, neben dem Glas befand sich eine Schale und sie erkannte ihre neuste Lieblingsspeise darin. Erdbeeren! Und wieder kam ihr in den Sinn, dass er sie gut kennen mußte. Gut genug um zu wissen, was sie gerne aß.



Als sie ihren Blick von dem Tablett nahm und ihn auf ihren... -was auch immer- warf, sah sie, dass er sie anstarte. Sie hatte kurze Zeit vergessen, dass sie inzwischen wieder mit nacktem Oberkörper vor ihm lag. Obwohl sie sich selbst dafür schallt, konnte sie nicht leugnen, dass es ihr gefiel so von ihm angesehen zu werden und sie rekelte sich absichtlich etwas stärker auf dem Bett, und ihm entgegen, indem sie erneut versuchte die Decke, die immer noch mehr ein Laken war, wieder über ihren entblößten Körper zu bringen.



Nach einer Weile half er ihr, doch seine Hände zitterten leicht, als er die Decke über ihren Körper drapierte. War er noch vor kurzem so kühl in seinen Bewegungen gewesen, so als könnte ihn nichts erschüttern, so war er jetzt vorsichtig und sichtlich gehemmt durch etwas, was sich in seiner Hose zu vergrößern schien. Er veränderte schnell seine Position um seine Verwundbarkeit zu verstecken.



„Hast du“ er mußte sich räuspern. „Hast du Hunger auf Nudeln?“ Seine Stimme klang anders. Irgendwie belegt und tiefer und viel unsicherer.



„Ein wenig.“ Ihre Stimme hatte im Gegensatz zu seiner mehr kraft. Sie ahnte, dass sie tatsächlich eine Chance hätte hier heraus zu kommen, wenn sie ihn erst buchstäblich ‘um den Finger gewickelt‘ hatte. Sie wußte, dass das für gewöhnlich nicht ihre Art war, aber zu Not frisst der Teufel Fliegen.



Er nahm die Gabel in seine Hand und sie sah, dass sich seine Hand wieder beruhigt hatte. Er wickelte geschickt ein paar Nudel auf die Zinken und hielt sie dann über ihren Mund. Sie öffnete ihn leicht und spürte auch schon den Geschmack von Nudeln in Käsesauce, auch dies war eine zeitlang ihr Lieblingsgericht gewesen und diese hier schmeckten einfach köstlich, obwohl sie einen eisenartigen Nachgeschmack von der Gabel zurück behielt. Er füllte die Gabel erneut und hielt sie wieder über ihren Mund, aber sie schüttelte den Kopf.



„Schmeckt es dir nicht?“ fragte er fast schüchtern.



„Doch aber...“ In diesem Moment tropfte etwas Sauce von einer Nudel direkt neben ihre Lippe. Sie hätte ihn ohne große Mühe mit ihrer Zunge beseitigen können, aber das tat sie ganz bewusst nicht. Sein Blick blieb an dem Tropfen hängen, wie hypnotisiert starrte er darauf. Dann wie in Trance legte er die Gabel zurück auf den Teller und streichelte mit einem zart zitternden Finger den Tropfen in ihren Mund.



Sie spürte seine warme Haut an ihrer Zunge und den Tropfen ihre Kehle hinunter rinnen. Doch statt seinen Finger wieder aus ihrem Mund zu lassen, umschloss sie ihn nur noch fester mit ihren Lippen und begann daran zu lecken. Dann saugte sie sanft an ihm, während sie ihre Augen schloss und sich dieses Gefühl einprägte. Sogar seine Finger kamen ihr bekannt vor, aber das konnte genauso gut auch Einbildung sein. Erst nach einiger Zeit zog er seinen Finger aus ihrem Mund und sie ließ ihn gewähren.



Er wollte wieder nach der Gabel greifen, aber sie schüttelte den Kopf und er nahm ein paar Nudeln zwischen seine Finger und ließ sie in ihren Mund gleiten. Einige Zeit ließ sich von ihm füttern, doch als er sie erneut mit einigen Nudel zwischen seinen Fingern füttern wollte, dreht sie ihren Kopf kurz bevor er ihre Lippen berührte zur Seite und er streifte ihre Wange und verteilte Käsesauce auf ihrer Wange.



„Du scheinst das zu mögen“ sie konnte das Lächeln in seiner Stimme hören. Er hob einen Finger, um die Sauce von ihrer Wange zu streicheln, doch sie drehte auch diesmal ihr Gesicht weg.



„Was...“



„Ich will nicht, dass du es mit dem Finger machst“ unterbrach sie ihn.



„Und wie soll ich das sonst machen?“ fragte er und erntete ein geheimnisvolles Lächeln von ihr.



„Lass dir was einfallen“ ihr Lächeln wurde zu einem Grinsen. Er zog seine Maske ein Stück hoch und holte den Stimmverzerrer hervor und legte ihn auf den Nachttisch. Allerdings entblößte er sein Gesicht nur bis kurz über den Mund, dann senkte er seine Lippen auf ihre Wange und begann sie sauber zu lecken. Ein Wimmern entwich ihr und zeigt ihre Verletzlichkeit, als seine Lippen sich von ihrer Wange trennten und sich stattdessen auf ihren Mund legten.



Sogar die Art wie er sie küsste kam ihr bekannt vor. Die Art in der er ihren Mund ganz für sich beanspruchte und sie das Gefühl hatte zu versinken. Die Art in der er sanft mit seiner Zunge ihre Mundhöhle erforschte und ihre Unterlippe in seinen Mund zog. Schließlich mußten sie abbrechen und zu Atem kommen.



„Oh mein Gott“ sagte sie atemlos. Das letzte woran sie jetzt dachte, war Flucht. Obwohl sie vorher schon kaum Angst ihm gegenüber verspürt hatte, so empfand sie jetzt überhaupt keine. Eine Art Nervenkitzel war geblieben, doch der richtete sich eher darauf, was wohl oder übel passieren würde und nicht wie sie ihrem –was auch immer- entkommen konnte.



Er nahm den Sprachverzerrer wieder vom Tisch und schob ihn unter seine Maske, die er wieder über seinen Mund gezogen hatte. Sie sah es und es schmerzte sie. Sie wollte nicht, dass er das tat, denn so wußte sie, dass er sie nicht küssen würde, oder konnte.



„Warum tust du das?“ fragte sie sanft.



„Warum tue ich was?“ fragte er genauso sanft zurück.



„Warum bringst du mich hierher? Warum fütterst du mich mit meinen Lieblingsspeisen und warum küsst du mich so wahnsinnig wundervoll?“ Sie sah ihn an, hoffte etwas in seinen Augen lesen zu können.



„Ich wollte dich hierher bringen, damit ich dich füttern kann und dich so küssen kann“ antwortet er langsam.



„Das ist keine wirkliche Antwort. Du hast lediglich meine Fragen zu einem Satz formuliert.“ Sarkasmus schwang in ihrer Stimme, aber er lachte leicht, da er gewußt hatte, dass er sie damit nicht überzeugen würde.



„Na gut“ resignierte er. „Ich habe dich hierher gebracht, damit wir ungestört sein können.“ Sie nickte und wartete, dass er weitersprach. „Außerdem wollte ich, dass du mich küsst, oder besser gesagt, dass du mich dich küssen lässt und wie jeder weiß, führt Liebe durch den Magen, also habe ich für dich gekocht.“ Sie war verblüfft über sein Geständnis, aber in gewisser Weise war sie auch gerührt, dass er sie offensichtlich so vergötterte. Liebe, jetzt war sie sich sicher, dass er sie kennen mußte. Er schien sie so gut zu kennen, sogar besser als sie sich selbst kannte.



„Warum hast du mich gefesselt?“ Die Frage hatte ihr bereits die ganze Zeit auf den Lippen gebrannt, aber sie hatte warten wollen, bis er auch vertrauen zu ihr gefasst hatte und das hatte er ihr gerade mit seinem Geständnis bewiesen.



„Ich glaube, ich hatte Angst, dass du weglaufen würdest, wenn du aufwachst.“ In seiner Stimme erkannte sie Ehrlichkeit und Verwundbarkeit. Er hatte wirklich gedacht, dass sie vor ihm davon laufen würde. Vermutlich hätte sie es auch getan, mußte sie sich eingestehen.



„Aber jetzt kannst du mich doch eigentlich losbinden, oder?“ Gespannt wartete sie auf eine Reaktion. An seiner Haltung konnte sie erkennen, dass ihn diese Frage mitnahm, er sah aus, als hätte sie ihm in den Magen getreten.



„Hatte ich nicht gesagt, dass du mich nicht darum bitten solltest!“ Seine Stimme klang streng und sie sah ein, dass sie zu voreilig gewesen war. Es war noch nicht an der Zeit, sich in Sicherheit zu wiegen, oder ihm Befehle zu erteilen, noch immer hatte er die Oberhand. Aber sie wußte auch, dass sie wirklich gedacht hatte, dass er sie losbinden würde.



Er stand auf und machte sich auf den weg zur Tür. Panik brach wieder in ihr aus. Er würde sie doch jetzt nicht allein lassen, oder würde er nur etwas holen? Aber was? Einen Knebel, damit sie ruhig war. Nein er hatte gesagt er würde ihr nichts tun und sie glaubte, dass ein Knebel für ihn irgendwie einen Schmerz darstellte. Den Schmerz sich nicht mitteilen zu können.



„Wo... wohin gehst du?“ Obwohl sie es nicht wollte, schwang Angst in ihrer Stimme mit.



„Ich werde nicht gehen, wenn du es nicht willst“ er legte mit diesem Satz einen gewaltigen Teil seiner Überlegenheit in ihre Hände und gleichzeitig bewies er ihr, dass er ihr niemals etwas antun würde.



„Ich...“ sie räusperte sich. „Ich will nicht, dass du gehst“ brachte sie nach kurzem Zögern heraus und errötete leicht. Er kehrte um und kam wieder zu ihr und setzte sich wieder neben sie auf das Bett. Sanft streichelte er über ihre Wange.

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