World of X

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Nach all den Jahren

von Leyla Harrison

Kapitel 6

Mulder:

Im Auto rief ich als erstes die Fluggesellschaft an. Ich buchte ein Ticket zurück nach DC. Ich dachte über die kleine Samantha nach, als ich zurück nach New York City fuhr. Der einzige Flug, den ich so spät noch bekommen konnte, war von LaGuardia aus, also musste ich drei Stunden fahren.

Meine Tochter. Ich war fassungslos. Mir fiel nur ein Mensch ein, der mir sagen konnte, ob das alles wahr ist. Ich musste es wissen.

In den letzten 10 Stunden ist so viel passiert, dass ich weiche Knie bekommen hatte.  Samantha war meine Tochter? Scully hatte es vor mir geheim gehalten... und das Wissen, dass sie es noch weiterhin vor mir geheim gehalten hätte, wenn ich nicht bei ihrem Haus aufgetaucht wäre, machte es noch schlimmer.

*Falls* sie meine Tochter ist.

Ich wusste nicht, ob ich Scully glauben konnte. Natürlich konnte ich ihr glauben. Aber gleichzeitig fürchtete ich mich davor. Ich hatte Angst davor, zu akzeptieren, dass das kleine Mädchen mein Fleisch und Blut war. Dass sie von einem anderen Mann großgezogen wurde. Dass Scully mich einfach vergessen und glücklich weitergelebt hatte, und sich vorgemacht hatte, dass es mich überhaupt nicht gab. Sie würde Sam aufwachsen lassen und ihr nie sagen, wer ihr wirklicher Vater ist. Scully kümmerte sich offensichtlich eine Dreck darum, wie ich mich fühlte, sie hätte es mir sonst gesagt.

Ok, das war nicht fair, bremste ich mich. Sie hat geweint, als du gegangen bist. Geweint. Wie oft hast du sie so weinen sehen?

Ich hatte dieses Bild den ganzen Flug nach DC vor Augen. Scully, ihre Schultern zusammengefallen, ihr Körper geschüttelt vom Schluchzen, als ich so rücksichtsvoll und feinfühlig aus dem Zimmer gegangen bin. Ich hätte mich dafür schlagen können, denn ich wusste, dass es ihr sehr wehgetan haben muss.

Sie hat es immerhin verdient, dachte ich. Sie hat mich ja einfach sitzen lassen.

Aber sie verdiente es nicht! schrie ein Teil von mir.

Als ich aus dem Flugzeug stieg, schoss mir ein anderes Bild durch den Kopf.  Es war eher eine sinnliches Gefühl. Wie ich Scully in ihrem Wintergarten in ihrem zu Hause in Greenwich geküsst habe. Zum ersten Mal seit Jahren ihre Lippen auf meinen. Wie sie mich zurück geküsst hat. Wie wundervoll es sich angefühlt hat, sie wieder in den Armen zu halten und sie zu küssen. Es war eine so starke Erinnerung, dass ich schauderte.

 

Margaret Scully:

Es war schon nach ein Uhr in der Nacht, als es klingelte. Ich saß aufrecht im Bett und laß, doch ich konnte mich nicht auf das Buch konzentrieren. Ich hoffte, dass Dana mich zurückrufen würde und mir erzählen würde, was geschehen ist. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass Fox sie wiedergefunden hat.

Ich war überrascht und doch nicht überrascht, ihn wieder auf meiner Türschwelle zu sehen. "Fox", murmelte ich in die kühle Nachtluft. "Bitte, kommen Sie herein."

"Ich weiß, es ist spät, Mrs. Scully", entschuldigte er sich.

"Das ist in Ordnung. Ich war wach." Ich betrachtete ihn von oben nach unten. Er sah so viel älter aus als ich es erwartet hatte. Ich dachte daran, dass es fünf Jahre her war, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Fünf lange Jahre.

"Mrs. Scully", begann er, "ich muss es wissen. War sie schwanger, bevor sie gegangen ist?"

"Was hat Dana Ihnen erzählt?" fragte ich. Ich war mir nicht sicher, was ich ihm sagen konnte.

"Alles." Der Blick in seinen Augen verriet mir, dass es wahr war. "Ist Sam meine Tochter?"

"Ja", seufzte ich. "Fox, ich habe sie angefleht, es Ihnen zu sagen. Ich habe es versucht." Seine Schultern sackten zusammen bei der Bestätigung.  "Es tut mir Leid, dass sie so lange gewartet hat."

Ich wollte ihn fragen, wie er sie gefunden hat, aber er hatte noch weitere Fragen. "Weiß Samantha, dass ich ihr Vater bin?"

"Nein", antwortete ich ihm. "Sie denkt, Joe ist ihr Vater. Dana hielt es für das Beste, da er sie auch großzieht."

"Aber *ich* bin ihr Vater", protestiert Mulder.

"Ich weiß, Fox. Ich weiß."

Das Telefon klingelte. Ich wusste, dass es Dana war, bevor ich den Hörer von der Gabel nahm.

"Mom, ich habe ihm alles erzählt." Sie war in Tränen aufgelöst. "Er ist einfach heraus gerannt."

"Dana, er ist hier", sagte ich ihr trotz Fox' Gesten, es nicht zu tun, sobald ich ihren Namen sagte. "Er ist gerade hier. Wir reden darüber."

"Mom, ich weiß nicht, was ich machen soll. Joe ist sauer. Er hat keine Ahnung, warum ich Mulder so kühl behandelt habe. Ich muss ihm die Wahrheit sagen."

"Dana, Schatz, soll ich wieder für ein paar Tage zu dir hoch kommen?"

"Nein, Mom, nein. Ich muss selbst damit fertig werden." Fox sah mich argwöhnisch an. Es war mir klar, dass er wissen wollte, was sie am anderen Ende der Leitung sagte. Ich hörte Dana schniefen.

"Mom, kannst du Mulder bitte sagen... kannst du ihm sagen, dass es mir Leid tut?"

"Einen Moment", sagte ich und hielt Fox den Hörer hin. "Sie will mit Ihnen sprechen." Er stand da und bewegte sich nicht. "Fox, bitte reden Sie mit ihr."

 

Mulder:

Ich nahm den Hörer aus ihrer Hand. Ich wusste nicht, was sie sagen würde. Ich wusste nicht, ob ich es hören wollte. "Scully?"

"Mulder..." sagte sie, "ich werde Joe die Wahrheit sagen. Jetzt gleich."

"Das ist ein guter Anfang." Ich versuchte,  meine Stimme so neutral wie möglich zu halten.

"Mulder, bitte... Es tut mir so leid. Ich hätte es dir nie vorenthalten sollen. Ich hätte dich nie verlassen sollen."

"Verdammt richtig." Sie holte tief Atem, als ich das sagte. Ich war wütend.  Sie hatte keine Ahnung, was ich in den letzten fünf Jahren durchgemacht hatte. Es hat mir das Herz gebrochen, ohne sie sein zu müssen. Aber dann beruhigte ich mich. So wütend ich auch war, ich liebte sie immer noch.

"Scully—"

"Mm-hmm?" antwortete sie, ihre Stimme gedämpft durch ihre Tränen.

"Ich komme wieder rüber. Ich muss dich sehen."

"Mulder, bitte, ich muss zuerst mit Joe sprechen. Bitte."

"Dann komme ich morgen."

Sie antwortete nicht für eine Weile. "Ok", sagte sie dann.

"Bis dann."

Ich legte auf und atmete tief durch. Mrs. Scully legte ihre Hand auf meine Schulter. "Sie braucht eine zweite Chance, Fox. Sie liebt Sie immer noch, wissen Sie."

"Dürfte ich von hier aus die Fluggesellschaft anrufen?"

"Nur zu. Und Fox?" Ich drehte mich um. "Warum bleiben Sie heute Nacht nicht hier im Gästezimmer?"

Zuerst wollte ich höflich ablehnen, doch dann sah ich Mrs. Scullys Gesicht und wusste, dass ich bleiben sollte. "Ja, danke sehr."

"Die Treppe hoch, dritte Tür rechts."

"Danke, Mrs. Scully."

Ich nahm den Telefonhörer und buchte meinen Flug.

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