World of X

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Nach all den Jahren

von Leyla Harrison

Kapitel 10

Mrs. Scully:

Der Tag des Begräbnisses war hell und kalt. Niemand bemerkte, dass es der 14. Februar war. Valentinstag. Was für ein schreckliches Datum für ein Begräbnis.

Es gab keine Besucher. Nur einige Leute der örtlichen Kirche. Sam sah aus wie ein kleiner Engel in dem grünen Kleid, das ich ihr einmal zu Weihnachten gekauft hatte. Dana saß vorne, Joe in der Reihe ihr gegenüber und Fox neben ihr. Ich war erleichtert, dass sie für diesen wichtigen Tag zusammengefunden hatten.

Nach der Zeremonie fuhren wir alle zum Friedhof für das Begräbnis. Ich fuhr bei Dana, Fox und Joe im Auto mit. Es fiel kein Wort während der Fahrt. Keiner von uns weinte. Wir waren einfach still.

Auf dem Friedhof versammelten wir uns alle neben der kleinen Grube für den Sarg. Ich hatte Dana nicht weinen sehen, als sie ihn zuvor an der Kirche geschlossen hatten. Ihr Gesicht war nun von Mut und Tapferkeit geprägt, obwohl ich merkte, dass es ihr sehr schwer fiel, diese Fassade beizubehalten. Nachdem der Priester gesprochen hatte, legte Joe eine einzige weiße Rose auf den Deckel des Sarges, der bereits über und über mit Blumen bedeckt war. Er trat zu Dana, umarmte sie für einen Moment und ging.

Fox trat an das Grab. Seine Augen glänzten von die Tränen, die er zurückhielt. Er legte eine rote Rose auf Sams Sarg. Ich sah, dass sich seine Lippen bewegten, aber ich wusste nicht, was er sagte. Er trat zurück, rieb sich seine Augen und Dana trat ans Grab.

Sie versuchte verzweifelt, stark zu sein. Oh, meine liebe Tochter, dachte ich. Es ist in Ordnung, wenn du nicht stark sein kannst.

Sie legte ihre rote Rose über die, die Fox soeben auf den Sarg gelegt hatte, küsste ihre Fingerspitzen und presste sie dann zärtlich auf die beiden Rosen auf dem Sarg. Meine Augen füllten sich mit Tränen.

Sie stand auf und drehte ihren Rücken zu dem Sarg, der langsam hinunter in die Erde gelassen wurde, und vergrub ihren Körper an Fox' Seite. Er schlang die Arme um sie. Ich ging zu ihnen und legte meine Hand auf seine Schulter. Ich hatte keine Ahnung, was ich zu ihnen sagen sollte. Es war so unglaublich schmerzhaft für sie beide, in unterschiedlicher und doch in gleicher Weise. Fox umarmte mich mit seinem freien Arm. Ich umarmte ihn auch.

 

20. FEBRUAR 2001

WASHINGTON, DC

Scully:

Mulder und ich haben beschlossen, dass ich bei ihm wohne, aber ich machte ihm klar, dass ich keinerlei Versprechen über irgendetwas machte. Er akzeptierte es.  Es war seltsam, wieder in DC zu sein.

Mulders Haus hatte sich nicht verändert. Wir fuhren mit dem Aufzug hoch und er schloss seine Wohnung auf, mein Koffer immer noch in seiner Hand. Der Rest meiner Sachen war noch zusammengepackt in Greenwich, ich wollte sie mir zuschicken lassen, sobald ich mich entschieden hatte, wo ich wohnen würde. Die Kisten mit Sams Sachen, die ich Mulder geschenkte hatte, habe ich bereits hierher geschickt. Sie standen dank UPS vor der Wohnungstür.

"Ich muss dich aber warnen, es ist etwas durcheinander. Die Putzfrau hat ein Jahrhundert frei genommen." Es war ihm ein wenig peinlich.

"Ich habe auch schon vorher ein Durcheinander gesehen, Mulder."

Mulder stellte meinen Koffer ins Apartment und kümmerte sich dann um die Kisten, als ich mich zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder in seiner Wohnung umsah. Einige Möbel standen anders. Überall waren Blätter verstreut, auf dem Boden, auf der Couch, auf den Tischen. Ich sah in die Küche und sah, wie sich das schmutzige Geschirr dort stapelte. Kleider lagen ebenfalls auf dem Boden.

Mulder bemerkte meinen kritischen Blick und wurde rot. "Vielleicht sollte ich dich doch lieber in ein Hotel bringen."

"Nein, Mulder", sagte ich. "Ich helfe dich aufräumen. Ich bin sicher, wir schaffen das im Handumdrehen."

"Ich weiß nicht, Scully. Es ist schon eine ganze Weile so."

Meine Augen füllten sich mit Tränen als ich erkannte, dass er so gelebt hatte, seitdem ich gegangen war. Vor fünf Jahren. Oh, Mulder, dachte ich.  Was habe ich dir angetan?

Ich schaffte es, meine Tränen zu schlucken, bevor er es bemerkte. "Das ist ok. Wir versuchen es."

Und wir taten es. In den nächsten zehn Stunden ordnete er seine Akten und legte sie ab. Ich kümmerte mich um die Küche und das Badezimmer. Ich wischte Staub, er saugte. Ich borgte seinen Wagen, fuhr einkaufen und füllte seinen Küche mit Essen, das er wahrscheinlich nicht einmal gesehen hatte, bevor ich gegangen bin.

Als wir fertig waren, war es nach ein Uhr in der Nacht und wir beide fielen erschöpft auf die Couch. Die Wohnung sah fast so aus, wie ich sie das letzte Mal gesehen hatte. "Ich bin kaputt", sagte er und sah mich an.

"Ich auch. Hast du Hunger? Ich könnte uns etwas zu Essen machen."

"Nein, die Spaghetti, die wir um sechs hatten, sind genug. Ich will jetzt nur schlafen."

Eine ungemütliche Stille füllte den Raum. Schlafen. Das letzte Mal, als ich hier war, haben wir zusammen in dem Bett geschlafen, von dem ich nicht gewusst hatte, dass es existierte. Wir waren die meiste Zeit in meiner Wohnung, als wir zusammen waren. Aber ich konnte mich ganz deutlich an das letzte Mal erinnern, als ich hier übernachtet hatte. Ich war zu der Zeit sicher schon mit Sam schwanger, aber ich wusste es da noch nicht. Wir haben fast die ganze Nacht mit Reden verbracht, dann haben wir uns geliebt, dann wieder geredet, dann haben wir uns wieder geliebt... Als wir endlich eingeschlafen waren, war es fast vier Uhr morgens. Ich sah ihn an. Er dachte offensichtlich auch daran. "Mulder..."

"Du kannst das Bett haben. Ich schlafe auf der Couch. Ich habe das Bett jahrelang nicht mehr benutzt und ich glaube nicht, dass ich mich jetzt daran gewöhnen könnte", sagte er. Ich nickte. Ich nahm meinen Koffer und trug ihn ins Schlafzimmer. Mulder folgt mir. "Falls du irgendetwas brauchst—"

"Ich weiß, wo du bist", beendete ich seinen Satz. Er nickt und ließ mich allein im Schlafzimmer. Ich überlegte kurz, die Tür hinter ihm zu schließen, doch ich ließ sie offen. Ich schlüpfte ins Badezimmer und zog ein weißes Nachthemd mit dünnen Trägern an, das mir bis zu den Knien reichte. Ich war erschöpft vom Aufräumen und kroch unter die kühle Bettdecke. Nach einigen Minuten war ich eingeschlafen.

 

Mulder:

Ich lag etwa eine Stunde lang auf der Couch, als ich das Rascheln aus dem Schlafzimmer hörte. Ich konnte nicht schlafen und konnte meine Augen nicht schließen. Da war sie, in meinem Schlafzimmer, in dem Zimmer, in dem wir uns vor fünf Jahren geliebt hatten, in genau demselben Bett. Und ich war hier im Wohnzimmer auf der Couch. Ich stand auf und schlich leise ins Schlafzimmer.

Scully lag auf der Seite unter der Decke, ihre Augen geschlossen und ihr Atem ruhig und gleichmäßig. Die Decke reichte ihr bis zur Brust und ich konnte die weißen Träger auf ihren weichen Schultern sehen. Ihr Haar lag offen auf dem Kissen. Ich trat näher an sie heran. Ich wollte sie nicht wecken, aber ich wollte sie berühren.

Sanft streichelte ich ihre Stirn. "Ich liebe dich", flüsterte ich.

Sie regte sich und öffnete ihre Augen in der Dunkelheit. Das Licht der Straßenlampe, das durch die Lücken der Vorhänge hinein schien, war das einzige Licht im Raum.

 

Scully:

Ich habe geträumt, ein blasser Traum von Sam ohne Sinn. Sie rannte irgendwo, ich war nicht sicher wo, und sie rief mich...

Ich fühlte seine Berührung leicht wie eine Feder auf meiner Stirn und der Traum glitt in mein Unterbewusstsein. Ich wachte auf. Ich öffnete meine Augen und sah Mulder vor mir stehen.

"Hi", flüsterte er sanft. "Ich wollte dich nicht wecken."

"Das ist ok", flüsterte sie zurück. Mulder stand da und sagte nichts. Sie wusste, was er wollte und sie wollte es auch. "Willst du nicht... mit rein klettern?" fragte sie letztendlich. Toll, dachte sie. Mit rein klettern? So wollte ich es eigentlich nicht sagen.

Aber Mulder nickte dankbar und kroch zu ihr unter die Decke. Ihr Körper passte genau neben seinen, wie schon Jahre zuvor, als ob überhaupt keine Zeit verstrichen wäre. Er schlang seinen Arm um sie und hielt sie fest, obwohl er nur ihren Rücken und ihre Gesichtshälfte sehen konnte.

"Scully..." flüsterte er, "Dana?"

"Mmm?" fragte sie schläfrig.

"Ist es zu spät, um noch einmal von vorn anzufangen?"

Scully drehte sich in seinen Armen um, so dass sie ihm gegenüber lag. Nach all der Zeit lagen sie wieder hier, Stirn an Stirn, Gesicht zu Gesicht.  "Nein", flüsterte sie. "Ich würde gerne."

"Ich auch."

Und sie küssten sich. Zögernd zuerst. Ihre Lippen berührten sich sanft und weich. Mulder ließ seine Hand über Scullys Rücken gleiten. Sie seufzte, flüsterte seinen Namen und küsste ihn leidenschaftlicher. Er presste seinen Körper näher an ihren und fühlte, wie sie sich zu ihm lehnte. Sie seufzte abermals und öffnete ihre Lippen, um ihn hineinzulassen. Mulder fuhr mit der Hand über ihr weiches Nachthemd und konnte die Wärme ihrer Schultern fühlen, die nicht davon bedeckt waren. Sie schlang ihre Beine um ihn und er schloss die Augen. Dies war ein Gefühl, von dem er nicht gedacht hatte, dass er es jemals wieder fühlen würde. Nach allem, was passiert war, das war es, wo sie beide sein wollten. Sein mussten. Zusammen.

Sie würden sich immer an das erinnern, was passiert war. Und sie waren nicht mehr dieselben Menschen, die sie waren, als sie sich vor so vielen Jahren ineinander verliebt hatten. Sie waren jetzt älter und weiser.

Aber sie waren zusammen. Nach all den Jahren, die verstrichen waren, wussten sie beide mit einer Sicherheit, die man nur einmal im Leben hat, dass sie zusammen sein wollten. Für immer.

 

ENDE


Oh, Mann, hat es wirklich jemand zu Ende gelesen? Wenn Ihr noch da seid, schreibt mir doch ein paar Zeilen und lasst mich wissen, was Ihr darüber denkt... Danke! (Anm: der Autorin bitte NUR auf Englisch schreiben - Danke!)
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