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Peace of Darkness

von Marion Kirchner

Kapitel 6

Kapitel 6: Kulturenwanderung



Dana Scully öffnete langsam die Augen. Ihr Kopf dröhnte, ihr Körper fühlte sich steif an und sie hatte nicht das Verlangen, sich zu bewegen. Sie hatte vor wieder in den Schlaf zu gleiten und zu hoffen, dort aufzuwachen, wo sie eingeschlafen war, in einer ganz normalen Nacht.



Plötzlich vernahm sie ein Geräusch, ein lautes Geräusch, das direkt in ihrer Nähe zu sein schien. Erschrocken zuckte sie zusammen, rollte sich auf die Seite, hielt die Hände wie ein Tier schützend vor das Gesicht. Tausende Nägel hämmerten sich in ihre Stirn. Sie presste ihre Handflächen dagegen, als wolle sie einen Feind zerdrücken. Völlig benommen schlug sie schließlich die Augen auf, fuhr nach oben. Sie saß nun kerzengerade da und starrte vom Schreck gelähmt umher. Nichts war hier, nichts das sich bewegte. Sie war in einem Zelt, zumindest sah es für sie so aus. Um sie herum hingen duzende, fantastisch wirkende Gegenstände von der Decke hinab. Die einen spitz wie Dolche, andere glichen Federn, doch von Farben, die sie so grell noch niemals zuvor gesehen hatte.

Langsam sah sie nach unten. Sie lag auf etwas, das wie ein schnell errichtetes Lager aussah. Sie fühlte mit ihren nackten Beinen, sie lag auf Heu. Langsam schlug sie die Decke, die sich bei zweitem Blick als Fell zu erkennen gab, zur Seite. Die Luft war warm, sie fühlte sich wie ein Kind, das sich an einem kalten Winterabend vor dem Kamin wärmt. Ihre Panik verflog in Geborgenheit.

Als sie auf ihren Körper hinabblickte erkannte sie, dass sie mit einer Art Kutte bekleidet war. Sie strich mit ihrer Hand darüber, der Stoff glitt wie Seide durch ihre Hände, doch es war keine Seide, irgendetwas daran war anders, nur wusste sie nicht zu sagen was.

Vorsichtig sah sie sich noch einmal um und erhob sich schließlich. Sie war etwas wackelig auf den Beinen, ihre Kopfschmerzen pochten immer noch gegen ihre Stirn. Sie hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, ohnmächtig zu werden, doch langsam begann die Welt wieder still zu stehen und sie fest auf dem Boden.

Irgendwie erschien es ihr trotzdem, als schwebe sie unsicher über dem Boden, ohne Standbein, das sie in der Realität hielt. Ihre Seele war verwirrt, nein, ihr Geist. Wo war sie? Sie ließ sich wieder unsicher auf das Lager fallen, spürte wie sich das spitze Heu in ihre Oberschenkel bohrte, wie sich die Nägel in ihren Kopf bohrten. Was ging hier nur vor? Wie war sie hierher gekommen?

Auf einmal kehrte schlagartig ein Teil ihrer Erinnerung zurück. Dieser Wald, sie war allein in diesem Wald gewesen, umschlossen von Nebel. Diese Gestalt, jemand hatte sie verfolgt. Sie hatte Angst gehabt, sie hatte gehofft gefunden zu werden, doch dann war sie gestürzt, in eine unendliche Tiefe. Schwarz. Sie hatte das Bewusstsein verloren, konnte sich jedoch nicht erinnern danach wieder aufgewacht zu sein. Jemand hatte sie gefunden, doch wer? Sie war hier nicht in einem Snake, doch wo dann?

Plötzlich kam ihr der Kratzer auf ihrem Schienbein wieder in Erinnerung, hatte man ihn verarztet? Unsicher sah sie auf ihre Beine hinab, beide waren sauber, frei von jeglichen Wunden, oder blauen Flecken. Ihr wurde bewusst, dass sie keine Schmerzen hatte, wenn man von dem Pochen in ihrem Kopf absah. Aber wie war das möglich? Sie war gestürzt, hatte einen heftigen Schlag auf den Kopf bekommen. Verwundert fuhr sie sich durch das Haar, betastete ihre Kopfhaut. Nichts. Keine Beule, keine Abschürfung. Nichts. Wie lange konnte sie hier gelegen haben? Tage? Wochen? Nein, vielleicht sogar Monate? Sie schüttelte den Kopf. Ihr Erlebnis im Wald musste ein Traum gewesen sein, sonst könnte sie nicht gesund hier liegen.



Plötzlich war es wieder da. Dasselbe Geräusch, das sie zuvor wahrgenommen hatte. Mit dem Unterschied, dass sie jetzt zu wissen glaubte, was es war. Es war ein Rascheln, sowie Füße die sich durch Laub gruben, Schritte. Jemand kam auf das Zelt zu. Sie spürte die Verwirrtheit in ihr. Was sollte sie jetzt tun? Wo war sie? Und was hatte sie von Wesen zu erwarten, nein Menschen zu erwarten, die sie zu diesem unbekannten Ort gebracht hatten?

Eigentlich hatte sie vorgehabt sich wieder hinzulegen und so zu tun als würde sie schlafen, um herauszufinden mit wem sie es zu tun hatte. Doch gerade als sie versuchte die Decke über ihre Beine zu streifen öffnete sich das Zelt ruckartig und sie rutschte in einer seltsamen Stellung hinter die Liege.

Sie versuchte sich Hochzuhieven, steckte jedoch irgendwie fest und konnte nur unbeholfen dem Fremdling entgegenschauen, der soeben an sie herantrat. Sie war auf einen Schockmoment vorbereitet gewesen. Was sie jetzt jedoch sah war bloß ein kleiner Junge, der sie unschuldig musterte.

„Geht es dir gut?“, fragte er schüchtern und seine blauen Augen rollten unruhig in ihren Höhlen.

Sie versuchte erneut sich aus ihrer Lage zu befreien, doch ihre Kutte oder was auch immer es war, hatte sich in etwas verfangen, das sie nicht entdecken konnte.

„Es geht dir doch gut, oder?“, erkundigte er sich erneut, als sie ihm nicht antwortete.

Sie blickte nach unten, sah ihm dann aber doch in die Augen und erwiderte:

„Eigentlich ja.“ Er lächelte.

Sie presste ihre Arme gegen das Heu und hörte wie irgendetwas einriss, hoch kam sie aber immer noch nicht.

„Wer bist du?“ Der Junge stand jetzt direkt vor ihr und hätte sie ohne Mühe berühren können.

Scully hatte eigentlich vorgehabt ihn etwas Ähnliches zu fragen.

„Ich bin Dana.“, sagte sie liebevoll, da er wirkte als habe er Angst vor ihr.

Er griff plötzlich nach ihrer rechten Hand und nahm sie in seine. Scully rutschte noch weiter nach hinten und spürte ein unangenehmes Stechen im Rücken.

„Schön dich kennen zu lernen. Ich bin Dyle.“

„Ähm…also Dyle, wo bin ich hier?“ Sie musste es tun.

Er zuckte mit den Schultern.

„Im Dorf?“, sagte er, als hätte sie dies eigentlich wissen müssen.

„Wo liegt denn das Dorf?“

„Ich weiß nicht?“ Er zuckte wieder mit den Schultern.

„Nun gut…“, sie atmete tief ein, „Du weißt nicht, wo wir hier sind?“

Er legte einen Unschuldblick auf und kramte mit der anderen Hand in der Tasche seiner Latzhose.

Er grinste auf einmal.

„Doch weiß ich, wir sind in Leed.“

„Achso, in Leed und wo genau liegt Leed?“ Langsam wurde sie ungeduldig, obgleich sie sich fühlte wie ein Käse im Sandwich.

„Überall?“ Er lächelte, „Überall hier ist Leed.“

Sie stöhnte als sie vor Nervosität noch etwas weiter nach hinten rutschte.

„Sitzt du unbequem?“, fragte er erstaunt und zog irgendetwas aus seiner Tasche, das verdächtig nach Kaugummi aussah.

Sie verdrehte die Augen und musste grinsen. Sie sah vermutlich schrecklich bescheuert aus. Aber er war nur ein kleiner Junge.

„Nicht so ganz.“, beantwortete sie schließlich seine Frage.

Er bückte sich auf einmal und kroch unter die Liege. Sie fühlte sich seltsam beobachtet, als er begann darunter irgendetwas zurechtzurücken. Plötzlich zuckte sie erschrocken zusammen, da sie einen beißenden Stich in ihrer Hüftgegend wahrnahm. Der Junge begann zu glucksen und tauchte wieder auf, mit etwas im Schlepptau, das aussah wie eine Mischung aus einer Katze und einem Alligator. Sie sprang nach oben und hievte sich überrascht zurück auf die Liege.

„W…w…was ist das?“

„Terry“, sagte er grinsend, „Hat versucht dich zu essen, das kleine Dummerchen.“

Jetzt reichte es, irgendwie wurde ihr das zuviel.

„Er hat was?“ Sie verdrehte wieder die Augen und fasste sich schmerzverzerrt an ihre Hüfte.

„Na ja, er macht das manchmal, wenn er die Gerüche der Neuen nicht kennt. Aber, eigentlich ist er ganz lieb, ne Terry?“ Er kraulte das Etwas an seinem mit Schuppen besetzen Schwanz und dieses Ding begann doch tatsächlich zu schnurren.

„Ach so, natürlich.“ Sie bekam ein gequältes Lächeln zustande, „Sag mal Dyle, hast du vielleicht jemanden mit dem ich sprechen könnte, jemanden, der sich hier auskennt?“

Der Kleine stopfte sich nun seinen Kaugummi in den Mund, Terry noch immer fest an sich gedrückt.

„Hm…ich weiß nicht. Von wo kommst du denn her?“ Sie war erstaunt über diese Frage, doch eigentlich war sie von seiner Seite aus durchaus berechtigt, denn höchstwahrscheinlich sah er sie zum ersten Mal.

Sie überlegte wie weit sein Stand bezüglich der Weltsituation war. Ihren bisherigen Einschätzungen nach war sie hier bei einer Gruppe Menschen gelandet, die hier, mehr oder minder in der Wildnis, unabhängig von jeglicher Zivilisation lebte, vermutlich abgekapselt, sogar vom System der Snakes.

„Ich komme aus Washington D.C..“, versuchte sie es einfach.

Er zog die Augenbrauen hoch.

„Wo liegt das? Nicht hier in der Nähe, oder?“

Wundervoll.

„Nun, nicht ganz, Washington liegt an der Ostküste, aber eigentlich war ich in einem Snake, nicht weit entfernt von hier, denke ich.“ Sie hoffte, ihn damit zufrieden stellen zu können, jedoch irrte sie sich gewaltig.

„Was ist ein Snake?“ Er blickte ziemlich verwirrt drein und sah auf Terry, der sich genüsslich an ihn kuschelte und offenbar auch keine Antwort auf seine Frage kannte.

„Puuh, du bringst mich ganz schon ins Schwitzen, weißt du das?“ Sie grinste.

„Wie alt bist du eigentlich?“, fragte sie beiläufig.

„Drei Taurus alt!“, verkündete er stolz.

Scullys Augen weiteten sich. Nun gut, eine andere Zeitrechnung, das würde sie schon verstehen lernen. Einen Versuch hatte sie noch.

„Ich meine, wie viele Jahre du alt bist.“ Er zog die Stirn kraus.

„Jahre?“ Großartig.

„Ähm…lassen wir das mal vorerst bei Seite. Wärst du so lieb und könntest vielleicht deine Eltern herholen? Ich würde gerne mit ihnen reden.“

„Meine Eltern?“ *Um Gottes Willen, lass dieses Kind wissen was Eltern sind.*

„Ach ja, einen Moment mal kurz, Dad ist gekommen, glaube ich.“ *Glück gehabt, Dana.* Sie atmete erleichtert aus.
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