World of X

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Marissa

von Kimberly Jackson

Kapitel 6

Monica saß im "White Moon", dem Lokal, in dem sie auch mit Marissa am abend vor ihrem Verschwinden gesessen hatte und trank. Sie wußte nicht, wie lange sie bereits hier saß, sie spürte nur diesen unerträglichen Schmerz in sich und konnte ihn nicht verstehen. Wie eine Flutwelle war er über sie gekommen. Immer wieder liefen Tränen über ihre Wangen, sie merkte es teilweise nicht einmal. Und dann diese Fragen. Was, wenn sie an diesem Abend nüchtern geblieben wäre? Wenn sie Marissa nach Hause gebracht hätte? Es war ihre Idee gewesen, noch wegzugehen. Sie war Schuld! Immer wieder kam sie zu der gleichen Erkenntnis und immer wieder versuchte sie, diese Erkenntnis mit Alkohol zu betäuben, diese innere Stimme zum Schweigen zu bringen, die in ihr schrie und sie verantwortlich machte. Sie trank so viel, bis sie nicht mehr klar sehen konnte. Dann erst schien die Stimme langsam zu verhallen und ihre Gedanken wurden angenehm benebelt und undeutlich.

"Entschuldigung! Sind sie nicht eine Freundin von Marissa?"

Monica drehte sich zur Seite und sah einen Mann an, der etwa zwanzig Zentimeter größer war als sie und sehr stämmig wirkte.

"Ja!" sie nickte und kicherte. "Ja, das war ich."

"Ich habe sie neulich zusammen hier gesehen und sie hatte etwas vergessen!"

"Sie kennen sie?"

"Ja, wir sind... alte Bekannte!"

"Oh!" Monica trank einen Schluck ihres Drinks und sah den Mann dann wieder an. "Was hatte sie denn vergessen? Können sie es mir geben?"

"Natürlich! Es ist hinten irgendwo. Wollen sie kurz mitkommen?"

Monica nickte und sprang beinahe von ihrem Stuhl. Dabei taumelte sie gegen den Mann, welcher sie festhielt und wieder hinstellte.

"Vorsichtig!"

Sie folgte ihm hinter die Bar durch einen Vorhang und dann einen kleinen Gang entlang. "Wir bewahren alle diese Dinge in einem Raum auf. Unser eigenes Fundbüro sozusagen." Er lachte und Monica stimmte mit ein obwohl sie eigentlich gar nicht wußte, warum sie lachte.

"Hier hinein!" Der Mann öffnete eine Tür und Monica trat ein.

"Hier sind aber keine Sachen!" erwiderte sie mit einem Blick auf die beiden Männer, die an einem kleinen Tisch saßen und rauchten. Der Eine trug ein kariertes Hemd und sah irgendwie eher amerikanisch aus und der andere trug nur ein weißes Hemd und hatte eine Tätowierung auf seinem rechten Schulterblatt. Ein Drache... monica dachte nach. Irgendwas war doch mit einer Tatöwierung gewesen. Irgendetwas, an das sie sich erinnern müßte. Richtig... sie hatte es in einem Film gesehen. Plötzlich erstarrte sie und die Benommenheit fiel von ihr ab. Der Mann auf den Videos hatte diese Tätowierung gehabt.

"Oh, Shit!" Sie wollte sich umdrehen, doch der Mann der hinter ihr stand packte sie und hielt sie fest. Der Alkohol hatte ihre Reaktionsfähigkeit so weit herabgesetzt, daß sie sich unmöglich wehren konnte. Und so war das einzige, was sie noch tun konnte, schreien. Sie fühlte, wie ein Tuch ihren Schrei erstickte, schnappte nach Luft und atmete den widerlichen Chloroformgeruch tief ein. Sie begann zu prusten, doch bevor sie sich wehren konnte, verlor sie bereits das Bewußtsein.



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Dana zog sich hastig einen Bademantel über und eilte aus dem Bad, um dem heftigen Klopfer die Tür zu öffnen. Sie band ihren Bademanel zu und öffnete.

"John! Wissen sie, wie spät..."

"Ist Monica hier?"

"Nein, ich dachte sie wäre bei ihnen! Sie wollten sich doch treffen!"

"Ja, vor der Tür! Sie ist aber nicht da! Ich warte bereits seit einer dreiviertel Stunde und da dachte ich, sie schläft vielleicht schon!"

"Nein! Sie war noch gar nicht hier!"

Dana sah ihn besorgt an. "Wo kann sie denn sein?"

"Das weiß ich nicht!"

"Sie kommt bestimmt! Denken sie daran, was sie heute alles durchmachen mußte."

Doch Monica kam nicht. John wartete noch den ganzen Abend bis zum Morgen und auch als sie am vormittag alle im Büro saßen, hatte Monica nichts von sich hören lassen.



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Monica Reyes stöhnte auf, als grelles Licht sie blendete und versuchte die Augen zu öffnen, doch der stechende Schmerz in ihrem Kopf verhinderte dies. Sie bewegte sich ein wenig und begann zu husten. Sie hatte einen übelerweckenden Geschmack im Mund. Langsam erinnerte sie sich. Sie hatte sich betrunken und dann...

Sie fühlte, wie jemand ihren Kopf hielt und ihr ein Glas an den Mund führte. Monica nahm einen Schluck, verzog dann aber das Gesicht und wollte die Hand mit dem Glas wegstoßen.

"Trink das!" Die Stimme sprach viel zu laut für ihren Kopf. Monica öffnete leicht ihre Augen und drehte den Kopf weg. Hart packte der Mann sie an den haaren. "Ich sagte, du sollst das trinken! Es wird den Alkohol in deinem Körper schneller abbauen!"

"Ich will nicht!" protestiert Monica schwach und dachte an die übelschmeckende Flüssigkeit. Der Mann drückte ihr barsch das Glas an die Lippen und hielt ihr die Nase zu. Monica schlug nach ihm und beförderte mit einem zufälligen Schlag das Glas an die Wand des Zimmers. Keine Sekunde später schlug der Man sie so hart ins Gesicht, daß sie aufschrie. Sie floh in die Ecke eines Zimmers und tastete nach ihrer Waffe, ihrer Tasche oder irgend etwas mit dem sie sich hätte wehren können, bis ihr klar wurde, daß sie auf sich gestellt war. Der Mann sah sie drohend an.

"Schön, dann gibt es aber auch nichts zu essen!" schrie er sie an, verließ dann den Raum und knallte die schwere Metalltür zu. Monica hörte, wie sie von außen verschlossen wurde und sank dann erleichtert gegen die Wand. Sie war zu müde um sich zu wehren. Ihr Magen schien sich zu drehen und ihr Körper schien den Alkohol noch lange nicht abgebaut zu haben. Wie hatte sie so viel trinken können?

Sie fühlte etwas warmes über ihre Wange rinnen und fühlte vorsichtig an ihrer Wange entlang. Neben ihrem Auge befand sich eine schmerzhafte Wunde und hastig zog sie die Hand zurück. Resignierend lag sie einfach an der Wand und döste.

Erst, als sie ein Geräusch an der Tür hörte, wurde sie wieder munter. Kein Zweifel, sie wurde aufgeschlossen. Monica sah sich beinahe panisch im Raum um und erblickte das zerbrochene Glas auf dem Boden, das in der Pfütze aus dem merkwürdigen Getränk lag. Sie stürzte sich darauf und ergriff eine der größeren Scherben. Das das Glas in ihre Handfläche schnitt, bemerkte sie gar nicht.

Die Tür öffnete sich und ein Mann trat ein, wieder ein Glas in der Hand. Ob es der gleiche wie zuvor war, konnte Monica nicht sagen. Der Mann sah sie an und reichte ihr dann das Glas, in der gleichen Bewegung richtete er eine Waffe auf sie.

"Irgendeine Dummheit und ich schieße dir ins Bein! Du wirst dann nicht sterben, aber du wirst schreckliche Schmerzen ausstehen! Und jetzt trink."

Alles in ihr drängte nach Widerstand, doch ihr Verstand gewann die Oberhand. Sie hob das Glas an die Lippen und trank die Flüssigkeit. Dabei versuchte sie vergebens den Brechreiz zu ignorieren. Schließlich reichte sie dem Mann das leere Glas zurück. Er grinste böse. "Braves Mädchen! Und jetzt schlaf deinen Rausch aus!"

Er drehte sich um und verließ den Raum. Monica sah auf die Scherbe in ihrer Hand und erblickte den tiefen Riss. Sie warf sie weg und schluchzte. Sie konnte absolut nichts ausrichten, wenn der Mann sie mit einer Waffe bedrohte!

Ihre Benommenheit schien mehr und mehr zu schwinden, auch, wenn sie noch immer den Schwindel fühlte, der davon zeugte, daß sie betrunken war. Sie blickte auf das kleine Fenster des Raumes. Es war mit Metallstäben vergittert. Der Raum in dem sie war, bestand aus nichts anderem als grauen Steinwänden. Aufgrund der Temperatur vermutete Monica, daß es ein Kellerraum war.

Sie rüttelte am Fenstergitter doch es war stabil. Ohne Werkzeug hatte sie niemals eine Chance zu entfliehen.



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Die Stille wurde lediglich ab und zu vom Akten blättern durchbrochen. Keiner sagte ein Wort. John saß auf einem Stuhl, die Hände auf die Knie gestützt und starrte trübsinnig vor sich hin, Dana lief im Raum auf und ab und Fox Mulder saß am Schreibtisch und blätterte die Akten der Vermissten wahrscheinlich zum hundertsten Male durch. Sie hatten eine Vermisstenanzeige aufgegeben, ebenso wie eine Fahndung. Die Polizei der ganzen Stadt suchte nach Monica und sie warteten ungeduldig auf Nachricht.

Beim Klingeln des Telefons zuckten alle zusammen. John sah auf, Dana unterbrach ihr ruheloses Auf- und Abgehen und Fox ließ die Akten los. John stürzte beinahe ans Telefon und nahm ab.

"Ja?" Er lauschte eine Weile. "Verstehe! Wo genau haben sie die Tasche gefunden?"

Er kritzelte nebenbei etwas auf einen Zettel und legte schließlich auf. Dann sah er Fox und Dana an.

"Jemand hat Monicas Tasche gefunden. Er rief mich gerade an. Aufgrund ihres FBI Ausweise hat er die Polizei benachrichtigt und die haben ihn gleich an uns weitergeleitet!"

"Wo wurde die Tasche denn gefunden?" fragte Dana besorgt.

"In einem Lokal mit Namen "White Moon". Ein Gast fand sie gestern abend dort."

"White Moon..." Fox dachte scharf nach, dann plötzlich begann er wie ein wahnsinniger die Akten durchzublättern. John und Dana sahen sich verwirrt an, bis Fox auf den Tisch schlug.

"Das ist es! Hier! Die Schwester des neunten Opfers gab an, daß das Opfer von einem Lokal namens White Moon berichtet hatte. Sie war hier im Urlaub gewesen und dann verschwunden, nachdem sie am abend noch mit ihrer Schwester telefoniert hatte!" Fox sah auf. "Das ist sie! Das ist unsere Verbindung! Ich bin sicher, das ist das Lokal, in dem Monica und Marissa waren! Opfer Nr. 9... ähm... Allison Carter war ebenfalls dort. Alle drei Frauen sind verschwunden!"

"Es sind nur drei von zweiundzwanzig Opfern!" gab Dana zu Bedenken.

"Im Moment ist das die einzige vernünftige Spur die wir haben!" erwiderte Fox, doch John schüttelte den Kopf.

"Nein, es ist die einzige Spur! Kommen sie! Statten wir diesem "White Moon" mal einen Besuch ab!"



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"Beweg dich!" Grob stieß der Mann Monica aus dem Raum und führte sie einen dunklen Gang entlang, ebenfalls mit Steinwänden. Aufgrund der Sonne nahm Monica an, daß es bereits später nachmittag war. Ein Tag. Sie rechnete verzweifelt. Drei Tag, dann hatte man die Frauen gefunden.

Sie unterdrückte die Panik, die in ihr aufzusteigen drohte. Wenn sie panisch wurde, hatte sie verloren. Sie mußte einen klaren Verstand bewahren. Sie war ausgebildet worden für solche Eventualitäten. Sie wußte, wie man sich zur Wehr setzte. Sie hatte Kurse in Karate und Selbstverteidigung belegt, außerdem den FBI-üblichen Kampfsport.

Sie unterdrückte die Stimme, die ihr sagte, daß auch Marissa diese Ausbildung genossen hatte.

"Hier rein!" Grob schon der Mann sie in einen anderen Raum. Monica erkannte den Tatort sofort. Sie hatte ihn auf unzähligen Videos gesehen. Es brauchte all ihre Konzentration um die Panikattacke zu unterdrücken, als sie die drei Männer an einer Videokamera arbeiten sehen sah.

"Da ist ja unser Star!" gröhlte der eine und trat auf Monica zu. "Du wirst ein Verkaufsschlager werden!" Er strich leicht die Konturen ihrer Wange entlang. Monica entzog sich ihm angewidert.

"Hier!" Einer der anderen Männer hielt ein Kostüm hoch. Es bestand aus schwarzem Leder und es war eines der typischen Kleider, die Stars in einem Porno trugen. "Zieh dir das an!" Er warf es ihr zu, doch monica machte nicht einmal Anstalten, es aufzufangen. Stolz richtete sie sich auf.

"Das werde ich nicht!" sagte sie mit fester Stimme. Damit hatte sie die Aufmerksamkeit aller Männer.

"Schätzchen!" drohte der eine, der an der Videokamera arbeitete. "Du wirst dich jetzt umziehen, sonst..."

"Sonst was?" Monica wußte nicht, wo sie den Mut hernahm. Vielleicht war es Resignation. Nichts konnte schlimmer sein als das, was diese Männer mit ihr vorhatten.

Es klickte als der Mann seine Waffe entsicherte und auf sie richtete. "Sonst schieße ich dir ins Knie."

Monica erwiderte seinen Blick fest. Sie ballte eine Hand zur Faust um zu verhindern, daß sie anfing zu zittern.

"Eins..."

Monica zuckte mit keiner Wimper.

"Zwei..."

Kurz bevor der Mann drei sagen konnte, griff der, der hinter Monica stand ein.

"Verdammt, Paolo! Keiner kauft uns das Video ab, wenn sie ein Loch im Knie hat! Soll sie doch ihre Sachen anbehalten! Das ist vielleicht zusätzlich reizvoll!"

Paolo schien zu zögern und zog schließlich seine Waffe zurück.

"Aber das nächste Mal schieße ich, da kannst du dich drauf verlassen!" sagte er zu seinem Kollegen. Paolo stieß Monica auf die Kamera zu und kettete sie dann mit Handschellen an einen der Heizkörper an der Wand. Dann ging er zu den anderen Männern.

Monica sah zu, wie sie die "Kulisse" vorbereiteten und betete, daß irgendjemand ihr helfen würde.



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Dana hatte mit Hilfe von Marissas jungem kollegen einen offiziellen Durchsuchungsbefehl für das "White Moon" bekommen. Die Indizien reichten aus, und die Staatsanwälte wollten endlich Ergebnisse sehen.

Als sie nun im "White Moon" alles durchsuchten, fanden sie keine Spur von Monica. Nichts deutete darauf hin, daß sie oder die anderen Frauen hier gefangengehalten worden waren. Sie sahen sämtliche Akten durch, Verkaufsberichte, Kassenabrechnungen, doch nicht enthielt einen Hinweis.

"Verdammt!" John schlug gegen die Wand. "Das war ein Fehlschlag!" Fox hingegen schüttelte den Kopf.

"Nein, ganz sicher nicht!"

"Fox, wir haben alles durchsucht!"

"John! Dieses Lokal verbindet drei der verschwundenen Frauen und ich bin mir sicher, wenn wir nachforschen würden, fänden wir heraus, daß jede einzelne hier war!"

"Es gibt keinen Beweis!"

"Nennen sie es ein Gefühl! Ich habe mich bei so etwas noch nie getäuscht!"

Dana unterließ es, ihm aufzuzählen, wie oft er schon falsch gelegen hatte, weil auch sie glauben wollte, daß dieses Lokal eine Spur war.

"Der Besitzer ist Paolo Fuentes. Ich schlage vor, wir statten ihm einen Besuch zuhause ab." Schlug Fox vor, und gerade wollten sie den Raum verlassen, als Dana durch Zufall die Kopie eines Kontoauszuges im Mülleimer sah. Sie hob es heraus und sah sie sich an.

"Paolo fuentes hat vor drei Monaten ein Haus gekauft. Außerhalb der Stadt!" Sie hielt Mulder den Auszug vor die Nase und dieser griff danach.

"Das ist es! Los! Wir müssen die Adresse herausfinden! Rufen sie den Makler an, an den diese Zahlung gegangen ist!" Er drückte John den Kontoauszug in die Hand.

"Was tun sie?" fragte dieser und Fox sah ihn an.

"Verstärkung anfordern! Wir haben nicht mehr viel Zeit und sobald wir die Adresse haben, müssen wir los!"



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Monica zog an den Handschellen und versuchte sich irgendwie daraus zu befreien, doch natürlich war dies ein unmögliches Unterfangen.

"Hier!" Ein nasses, schmutziges Handtuch flog in ihr Gesicht. "Wasch dir das Gesicht ab!"

Monica folgte dem Befehl, jedoch nur weil sie froh war, den Schmutz abreiben zu können. Der Mann, von dem sie mitbekommen hatte, daß er Antonio hieß, schloß ihre Handschellen auf und zog sie dann hoch.

Er reichte ihr eine Dose mit Make up und etwas Wimperntusche. "Hier! Schmink dich!" Monica nahm die Sachen und drehte sich dann um zu dem Spiegel. Offenbar erwartete der Mann keine Gegenwehr und das nutzt sie aus. Plötzlich und unerwartet fuhr sie herum und schleuderte dem Mann die Dose ins Gesicht. Paolo, der eingreifen wollte, versetzte sie einen gezielten Tritt und stürzte zur Tür. Frustriert schrie sie auf, als einer der anderen beiden Männer sie packte, kurz bevor sie die Tür erreicht hatte. Sie trat auf seinen Fuß und schlug ihre Faust über ihre Schulter direkt in sein Gesicht, wie sie es gelernt hatte. Für einen Moment lockerte sich der Griff, dann jedoch wurde er nur noch fester. Monica tobte. Vor Wut und Verzweiflung stiegen ihr Tränen in die Augen. Warum schaffte sie es nicht, sich zu befreien? Verdammt, sie war ausgebildet worden für solche Fälle!

Sie schrie auf, als der Mann, der sie festhielt ihren rechten Arm brutal auf ihren rücken drehte. Paolo raste auf sie zu und schlug sie so hart, daß sie gestürzt wäre, wäre sie nicht festgehalten worden.

"Es reicht mir mit deinen Spielchen! Fessel sie! Und dann fangen wir an!"

Monica wagte noch einen letzten Versuch. Sie riss sich los, stürzte auf Paolo und versetzte ihm einen solchen Kinnhaken, daß er zu Boden ging. Dann ging alles drunter und drüber. Monica wurde wieder gepackt, Antonio richtete seine Waffe auf Monica und entsicherte sie. Paolo richtete sich wutentbrannt auf. "Schieß sie ins Knie!" brüllte er den Mann hinter sich an, und in genau diesem Moment wurde die Tür mit einem Knall aufgestoßen.

"Lassen sie die Waffe fallen!" Antonio ließ die Waffe fallen und hob die Hände. Der Griff um Monica hatte sich gelockert und so konnte sie sich befreien. Wutentbrannt stieß se den Mann gegen die Wand und hielt ihn mit ihrem Arm an seinen Hals gedrückt fest.

"Du verfluchtes Schwein!" stieß sie hervor und störte sich nicht daran, daß er keine Luft mehr bekam.

"Monica!" John hatte seine Waffe noch immer auf die anderen Männer gerichtet. Die Frau achtete nicht auf ihn. Oh, ja, sie würde ihn umbringen. Für das was er Marissa und all den anderen Frauen angetan hatte und für das, was er mit ihr vorgehabt hatte.

"MONICA! Wenn sie ihn umbringen, werden sie wegen Mordes angeklagt werden!"

Die Angesprochene reagierte zunächst gar nicht, dann ließ sie ihr Knie mit aller Kraft hochschnellen und beobachtete zufrieden, wie der Mann mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden ging.

"Der Tod wäre eine viel zu gnädige Strafe für dich!" zischte sie und lehnte sich dann erschöpft und mit den Nerven am Ende gegen die Wand.

Mittlerweile stürmten mehr und mehr Polizisten in den Raum und nahmen die Männer fest. John ließ seine Waffe sinken und ging langsam auf seine Partnerin zu.

"Sind sie in Ordnung?"

Monica nickte stumm und John berührte leicht ihre Wange, die mittlerweile durch den Schlag blau angeschwollen war.

Monica jedoch wich zurück und hob die Hände. "Bitte fassen sie mich jetzt nicht an!" Und damit verließ sie langsam den Raum. Traurig sah John ihr nach. Wieder verschloß sie sich vor ihm, genau wie nach Marissas Tod. Er konnte verstehen, wieso sie das tat, und doch hatte er gehofft, sie würde ihm vertrauen können.



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John Doggett wartete lange hinter der Tanne und beobachtete die Frau, die vor dem Grabstein stand. Sie war in schwarz gekleidet und hielt eine langstielige weiße Rose in der Hand. Er wußte nicht, wie lange sie bereits dort stand. Am Vormittag war die Beerdigung von Marissa Banderas Urne gewesen und in zwei Stunden würde der Flug zurück nach Washington gehen.

John löste sich aus dem Schatten der Tanne und ging langsam auf Monica Reyes zu. Er räusperte sich, um sie nicht zu erschrecken und sie sah ihn kurz an. In ihren Augen glitzerten Tränen.

Sie trug noch immer ein Pflaster neben ihrem Auge. Die Wunde hatte genäht werden müssen. Ihre Wange zeigte nur noch Andeutungen von Blau. Monica hatte vier Tage im Krankenhaus gelegen und war in der Zeit auch von einen Psychologen betreut worden, sie hatte jedoch jegliche Kooperation abgelehnt.

John deutete nun auf die Uhr. "Unser Flugzeug geht bald!"

Monica sah wieder auf das Grab. "Wissen sie, was ich die ganze Zeit überlege? Wenn ich die erste gewesen wäre... wäre Marissa jetzt noch am Leben."

"Monica..."

Die Frau sah ihn an und schluchzte. "Es ist einfach nicht fair! Sie hat das nicht verdient, John."

"Es ist nicht ihre Schuld, Monica! Bitte tun sie sich das nicht an! Wenn jemand Schuld hat, dann diese Mistkerle!"

"Wenn ich nicht so betrunken gewesen wäre... wenn ich schneller gearbeitet hätte, vielleicht hätte ich Mary dann retten können!"

"Monica!" Er ging zu ihr und schloß die Arme um sie. Sie erwiderte seine Umarmung. "Sie sind nicht schuld daran!"

Er hielt die schluchzende Frau einfach fest und strich durch ihr seidiges Haar. Nach langer Zeit schließlich löste sie sich von ihm und blickte wieder auf das Grab. Sie kniete sich hin und legte liebevoll die Rose auf den Grabstein.



Marissa Banderas

1972 - 2002



"Vielleicht gibt es ein Leben nach diesem. Dann hoffe ich, daß Marissa kein Leid mehr erfährt!" Sie atmete tief ein und sah John dann an. "Ich habe mich noch gar nicht bei ihnen bedankt! Wenn sie nicht gewesen wären..." Sie blickte wieder auf Marissas Grad und strich über den kalten, rauen Stein.

"Wissen sie, ich habe schon einmal einen Menschen verloren, den ich sehr geliebt habe. Ich wollte das auf keinen Fall noch einmal durchmachen!"

Langsam drehte Monica den Kopf zu dem Mann. Es dauerte, bis ihr die volle Bedeutung seiner Worte klar wurde. John sah sie nachdenklich an, dann schließlich reichte er ihr die Hand.

"Kommen sie, sonst fliegt das Flugzeug wirklich ohne uns!"

Monica erhob sich und sah den Mann lange an. "Was meinten sie damit gerade?"

"Nun, daß wir vermutlich noch einen Tag länger hierbleiben müssten, wenn..."

"Das meine ich nicht!" Monica sah ihn ernst an. Dann näherte sie sich seinem Mund und verschloß ihn schließlich ganz sacht mit ihren Lippen. John erwiderte ihren Kuß sanft und berührte leicht ihre Wange. Die Zeit schien still zu stehen, während dieser erste Kuss immer tiefer wurde und sie sich völlig darin verloren.

Das Leben würde weitergehen und für John Doggett und Monica Reyes war ein neuer Tag angebrochen, der die Vergangenheit in den Schatten rücken und die Zukunft in einem neuen strahlenden Licht erstrahlen lassen sollte.





Hush, now, I see a light in the sky

Oh, it's almost blinding me

I can't believe I've been touched by an angel with love

Let the rain come down and wash away my tears

Let it fill my soul and drown my fears

Let it shatter the walls for a new sun

A new day has come



(Celine Dion)
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