World of X

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Was, wenn...

von Sarah Boehmer

Kapitel 3

Scully stand zögernd vor Mulders Wohnungstür. Sie hatte es nicht länger ausgehalten zu warten, er musste ihren Brief längst bekommen haben und Dana erwartete eine Aussprache, seine Stellungnahme. Sie konnte nicht glauben, dass er sie wirklich niemals wieder sehen wollte, konnte es nicht ertragen, ihn zu verlieren. Doch Scully hatte auch Angst, an seine Tür zu klopfen und ihm gegenüber zu treten, fürchtete seine Ablehnung, die Verachtung und den Hass in seinen Augen. Schließlich rang sie sich dennoch durch und pochte dreimal an die Tür. Als niemand öffnete probierte sie es noch ein paar Mal und schloss dann leise mit ihrem Nachschlüssel auf. Ob Mulder wollte oder nicht, sie würde ihn nicht kampflos aufgeben, sie liebte ihn! Die Wohnung um Dana herum war verlassen. Es sah nach einem überstürzten Aufbruch aus, überall lagen noch seine Sachen und es schien, als wäre er nur für einen Augenblick zur Tankstelle gegangen, um irgendeine Kleinigkeit zu besorgen. Doch Scully fühlte, dass er weg war. Sie hatte ein Gespür dafür, es war unerklärlich, aber wahr. Aber in ihrer Zeit bei den X-Akten hatte sie gelernt, dass es Dinge gab, für die sie weder eine Logik, noch eine Erklärung hatte und die dennoch existierten. Seufzend ließ sie sich auf sein Ledersofa sinken und nahm ein kleines Kissen, das sich dort befand, in die Hand und knautschte es, in Erinnerungen schwelgend.



Das Kissen hatte ich Mulder geschenkt. Ich fand sein Ledersofa so eintönig und schwarz. Es fehlte jegliche Farbe und Wärme, also hab ich ihm ein kleines pastellrotes Kissen genäht. Es ist etwas schief geworden, weil ich wirklich keine große Näherin bin, aber Mulder sagte, es sei das schönste Kissen, das er je gesehen hätte. Ich erinnere mich noch, dass wir es uns oft neckisch gegenseitig übergebraten haben...

Ich glaube, dass mich dies alles umbringen wird. So viele Dinge, die eine unendliche Anzahl von wunderbaren Erinnerungen wachrufen. Es ist Wahnsinn. Ich könnte meine ganze Wohnung komplett neu einrichten, alles alte rauswerfen, meine sämtlichen Kleider verbrennen und in den hintersten Winkel dieser Erde ziehen und dennoch würde eines Abends ein Film laufen, den wir uns zusammen angesehen haben, ich würde ein Lied hören, das wir zusammen gehört haben, oder mir würde ein kleines Kind begegnen, das seine Augen hat. Ich kann den Erinnerungen nicht entrinnen, mich nicht verstecken. Es gibt keinen Ausweg, ich muss mich allem stellen. Und das kann ich nicht so, nicht, wenn wir uns nicht aussprechen konnten, wenn unser letztes Auseinandergehen auch wirklich das letzte bleibt.

Schließlich stehe ich auf und verlasse seine Wohnung. Tränen stehen in meinen Augen und auch, wenn ich sie nicht zulasse, so weine ich innerlich trotzdem.



Der leckere Duft von Kaffee und frischen Brötchen weckte Mulder sanft. Er bemerkte wie hungrig er war, als sein Blick aus dem Fenster fiel. Es war ein wunderschöner, sonniger Tag, typisch für Florida, und er fühlte sich motiviert, ausgeruht und voller Kraft. Fox warf die Decke beiseite, zog sich an und ging hinunter in die Küche. Dort stand Sam am Herd und backte ein paar Pfannkuchen, während Kydd Zeitung lesend ein Brötchen verschlang. „Guten Morgen, Brüderchen!“, begrüßte seine Schwester Mulder fröhlich und er drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Guten Morgen, Schwesterherz, Kydd!“ „Morgen!“, brummte dieser. „Fox, entschuldige Kydd bitte, aber er ist ein Morgenmuffel, nicht wahr, Schatz?“ „Hmm!“, war die Antwort. Fox und Sam grinsten sich breit an. „Madelaine und William sind noch nicht aufgestanden, wärst du so nett und würdest sie wecken?“ Fox tat wie ihm geheißen und nachdem alle wie eine große Familie gefrühstückt hatten, machte Mulder sich für die Rückreise bereit. Er verabschiedete sich mit tausend Worten bei Sam, Kydd und den Kindern und versprach, wenn alles geklärt war, wieder zu kommen. Schließlich brauste er mit einer großen Tüte voller Proviant von Sam in Richtung Washington davon – im Rückspiegel alle winkend sehend.

Nach einer ewig langen Fahrt hielt Mulder endlich vor seinem Apartmenthaus und stürmte hinein. Er war aufgeregt Scully bald wieder zu sehen, sie in seine Arme schließen zu können und ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte. Bevor er seine Wohnung betrat, holte er noch seine Post herein und sah sie schnell durch. Er hatte jedoch kein Interesse an der monatlichen Playboy-Ausgabe und seinen etlichen Rechnungen und überflog alles nur kurz. Doch unter all den formellen Briefen stach ein hellrosa Umschlag, auf dem mit zierlicher Handschrift „An Mulder“ stand, heraus. Fox erkannte die Handschrift sofort als Scullys und riss das Papier mit einem Ruck auf. Er faltete den Briefbogen auseinander und las aufmerksam die Zeilen. Dabei traten ihm Tränen der Erkenntnis und Erleichterung in die Augen. Er hatte Dana längst verziehen, aber ihre Erklärung für alles, erschien ihm nachvollziehbar und logisch und stärkte sein Vertrauen in sie noch mehr. Überglücklich grapschte er sich seine Wohnungsschlüssel und fuhr zu Danas Apartment. Vor Aufregung zitternd klopfte er an ihre Tür und wartete, dass sein geliebter Engel endlich öffnete. Doch Scully schien nicht da zu sein. Er versuchte es noch einmal und rief ihren Namen. „Dana, Dana! Ich bin’s, bitte mach auf, wenn du da bist!“ Aber niemand antwortete. Fox atmete tief durch und ging etwas enttäuscht zu seinem Wagen zurück. Als er auf die Straße trat, erblickte er auf der anderen Seite jedoch einen ihm nur allzu bekannten Haarschopf. „DANA!“, schrie er glücklich und lachte, erleichtert sie zu sehen. Als die Person ihren Namen hörte, drehte sie sich suchend zu allen Seiten und sah Mulder. Scully sah sein Lächeln und erwiderte es unsicher.



Was ist los? Hat er mir etwa verziehen? Ich wage nicht, dies zu glauben, habe Angst vor einer Enttäuschung. Aber sein Lächeln...es spricht Bände. Es ist eines, das er mir früher, bevor ich ihn so verletzt habe, oft geschenkt hat. Gott, bitte, lass es wahr sein, mach, dass er mir vergeben hat...



„DANA!“, schrie Mulder noch einmal. Er war so glücklich und erregt, dass er nicht abwarten konnte, bis sie endlich die Straße überquert hatte. Er versuchte den Verkehr zu übertönen, ihm war egal, dass die Leute ihn schief ansahen. „DANA, ES TUT MIR LEID! ICH LIEBE DICH!“ Fox sah ihr glückliches Lächeln, als sie zurück schrie: „NEIN, MIR TUT ES LEID! ICH LIEBE DICH AUCH!“ Beide lachten voller Erleichterung und Mulder rief weiter: „HEIRATE MICH!“ Dana schlug die Hände vors Gesicht und blickte ihm mit einer solchen Glückseligkeit in die Augen, dass ihm ganz warm ums Herz wurde. „Ja!“, hauchte sie und Mulder konnte die Antwort von ihren Lippen ablesen. Dann rannte Dana zu ihn herüber und er freute sich, sie gleich wieder in die Arme schließen zu können. Doch aus dem Augenwinkel sah er etwas, dass seinen Atem still stehen ließ. Ein roter Cadillac raste mit Karacho die Straße entlang. Er wollte noch etwas schreien, doch es ging alles zu schnell. Reifen quietschten, ein Aufprall, Schreie. Mulder schloss entsetzt die Augen und betete, dass alles nur ein Traum war, dass es nicht wahr war. Doch es war Realität... Er rannte hinüber zu der kleinen Gruppe, die sich bereits um Scully geschart hatte und so „hilfreiche“ Dinge wie „Ruft doch mal jemand einen Krankenwagen“ von sich gab. „Lassen Sie mich durch!“, schrie er ungehalten und kniete neben Dana nieder. Ihr Körper lag in einer unnatürlichen Haltung auf dem Asphalt und aus einer kläffenden Wunde an Scullys Stirn rann Blut. Sie war leichenblass, doch trotzdem waren ihre Züge noch immer engelsgleich. Tränen rannen über Mulders Wangen und er flüsterte immer wieder: „Dana, wach auf, bitte wach auf. Alles wird gut!“ Dabei wiegte er sie in seinen Armen. Schließlich öffnete Scully ihre Augen und lächelte ihn gequält an. Man konnte erkennen, wie schwer ihr jede Geste fiel, als sie kaum hörbar flüsterte: „Es tut mir leid.“ Fox lächelte sie schmerzerfüllt und mit gespielter Zuversicht an. „Alles wird gut. Nichts muss dir leid tun. Gleich kommt ein Krankenwagen, bitte gib nicht auf. Du bist stark, Dana. Du schaffst es. Wir werden heiraten und in einem kleinen Häuschen mit unseren Kindern und einem Hund wohnen. Und wir werden gemeinsam alt werden, bitte, gib nicht auf.“ Dana schüttelte schwerfällig den Kopf. „Meine Zeit....ist....gekommen.“ Sie atmete schwer und Mulder begann zu schluchzen. „Nein, Dana, bitte. Ich brauche dich, ich liebe dich, verlass mich nicht!“ Er küsste ihre Stirn, ihre Wangen und ihr Lippen. „Fox...ich...liebe dich...auch!....Danke...“, hauchte Dana und schloss ihre Augen. Fox spürte wie unaufhaltsam das Leben aus ihrem Körper wich und verzweifelt vor Machtlosigkeit schrie er: „NEIN!“ Er weinte hemmungslos, sie in seinen Armen haltend und die Schaulustigen blickten ihn entsetzt und mitleidig an. In der Ferne hörte Mulder die Sirene des Krankenwagens, doch sie kamen zu spät.

Schluchzend sackte er über Dana zusammen und wünschte sich mit ihr sterben zu können.



Drei Tage später...



Mulder saß einen Tag nach Scullys Beerdigung mit Samantha im Garten ihres kleinen Häuschens und blickte auf den See. Seine Hand ruhte in der ihren und sie schwiegen beide. Sie hatten noch nie Worte gebraucht, um sich zu verständigen und Samantha wusste, dass allein ihre Anwesenheit Mulder Kraft gab und er jetzt lieber mit seinen Gedanken alleine sein wollte. Sam wusste, dass Fox nie wieder wie zuvor sein würde und dass der Verlust von Dana, die sie nie kennen lernen konnte, eine tiefe, klaffende Wunde in sein Herz gerissen hatte. Schließlich unterbrach sie sanft die Stille: „Fox, vielleicht erscheint jetzt alles furchtbar und sinnlos, doch es werden auch wieder bessere Zeiten kommen, glaub mir!“ Mulder sah sie traurig an und in seinen Augen konnte Sam unendlichen Schmerz sehen. „Ich vermisse sie so sehr, Sam. Ihr Tod war so sinnlos. Ich hätte ihn verhindern können!“ „Du darfst dich nicht mit solchen Gedanken quälen. Es ist nun einmal passiert und niemand trägt daran die Schuld. Du darfst den Mut nicht verlieren, du bist nicht allein. Du hast mich, Kydd und die Kinder. Du darfst nicht aufgeben, ich bin sicher, Dana hätte dies nicht gewollt. Alles hat seinen Sinn. Vielleicht war eure Beziehung nicht für die Ewigkeit bestimmt, vielleicht sollte sie dich nur für eine Weile auf deinem Weg begleiten und dich lehren, zu lieben und zu verzeihen. Verliere nicht dem Mut!“ Fox nickte langsam und seine Gedanken triffteten in der wieder entstehenden Stille ab.



Mein Blick schweift über die Weite des Sees, der in der Sonne wie tausend Diamanten glitzert. Ich denke an Scully, ihren Tod! Hätte ich ihn verhindern können? Oder war es Schicksal? Was ist Schicksal eigentlich? Ist es die Summe aller Handlungen und Entscheidungen, die ein Mensch in seinem Leben bis zu seinem Tod trifft? Ist jeder Mensch für sein Schicksal selbst verantwortlich? Liegt es in der Hand eines jeden, wie er sein Leben lebt, seine Entscheidungen trifft, sein Schicksal formt? Hätte ich, Fox Mulder, durch ein warnendes Wort oder die Wahl eines anderen Zeitpunkts Scullys Schicksal verändern können? Hat es in meiner Hand gelegen, ob sie starb oder nicht? Bin ich Schuld an ihrem Tod, weil ich ihn durch mein Zutun nicht verhindert habe?

Waren es freie Entscheidungen, die alle in dieser Tragödie geendet haben? Entscheidungen, die von den Betreffenden selbst getroffen worden sind, weswegen jeder selbst Schuld an seinem Schicksal war? Liegt alles in unserer Macht? Oder gibt es etwas höheres, mächtigeres, das alles vorherbestimmt hat? Hat sich einfach nur der Plan des Lebens in Scullys Tod erfüllt? Trifft niemanden Schuld, weil jeder nur das getan hat, was ihm bestimmt war? War es Vorhersehung, dass ich Scully zu diesem Zeitpunkt abgelenkt habe, als der Autofahrer diese Straße entlangfuhr, die Dana schließlich in diesem Augenblick achtlos überquert hat? Liegt alles in den Händen dieser höheren Macht? Sind wir alle nur Spielfiguren, die ahnungs- und widerstandslos das ausführen, was SIE vorherbestimmt hat, im großen Spiel des Lebens? Sind wir macht- aber auch gleichzeitig schuldlos an allem was geschieht, weil wir dem „Schicksal“ nicht entrinnen können, es nicht umgehen oder überlisten können? Liegt es nicht in unseren Händen und bleibt nichts anderes übrig als sich allem zu fügen? Diese Fragen quälen mich, bereiten mir schlaflose Nächte. Es sind Fragen, auf die ich keine Antwort weiß und die mich wieder an den Anfang stellen: meine Suche. Fragen, die mich wieder zu einem rastlosen Wanderer machen, einen Besessenen auf der Suche nach einer Wahrheit, die mir meine Schuldgefühle nimmt, die mir sagt, dass ich es nicht hatte verhindern können, dass es nicht in meiner Macht gestanden hat! Wieder basiert meine Suche auf Verlust und Schuld, wie damals bei Samantha. Samantha...ja, sie habe ich wieder gefunden. Wenn auch nur für kurze Zeit, bis der Tod, die unaufhaltsame Macht, die alle Stände, ob arm, ob reich, trifft, sie mir wieder nehmen wird. Doch trotzdem habe ich sie gefunden, mit Scullys Hilfe. Auf meinem Weg sind mir viele Menschen begegnet, die mir geholfen haben, aufzuklären, was mich jahrelang beschäftigt hat, was jahrelang mein Lebensinhalt war! Menschen, die mir Halt gegeben und sich aufgeopfert haben, aber auch Menschen, die mir Steine in den Weg legten, ahnungslos, dass mich gerade das immer motiviert hat nicht aufzugeben. Bei meiner neuen Suche nach einer anderen Wahrheit werden mir vielleicht auch Menschen begegnen, die mir helfen und Halt geben, die mich stärken nicht den Mut zu verlieren! Noch bin ich nicht allein, noch habe ich Samantha an meiner Seite, doch auch wenn sie eines Tages nicht mehr da sein wird, werde ich nicht aufgeben. Vielleicht ist es in meinem Leben so vorherbestimmt immer zu suchen und die Zeit mit Scully war nur ein Traum, ein kleines Stück Glück, das mir neue Kraft gegeben hat. Oder vielleicht, bei der anderen Schicksalsvariante, ist es meine Entscheidung immer zu suchen, Antworten finden zu wollen, weil ich mit der Ungewissheit nicht leben kann. Doch egal, was davon zutrifft, so ändert es nichts an der Tatsache, dass ich ein rastloser Wanderer war, bin und immer sein werde. Es ist mein Leben, alles, was mir von Scully geblieben ist, unsere gemeinsame Suche nach der Wahrheit, die so viele Opfer gefordert hat. Ich werde sie weiterführen, niemals aufgeben, mich nicht unterkriegen lassen und vielleicht eines Tages, wenn es mir vorherbestimmt ist, meinen Frieden finden. Wenn nicht in diesem Leben, dann vielleicht in einem anderen. Einem Leben mit Scully!





ENDE
Sooo.................ich hoffe, ihr habt euch nicht zu sehr gelangweilt *gg* Bitte schreibt mir, wie ihr die Story fandet. Reißt mir von mir aus den Kopf ab, dass ich diesen Mist geschrieben hab, an den ihr unwissentlich eure Zeit verschwendet habt, aber bitte SCHREIBT MIR!!!! *lach*
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