World of X

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Was, wenn...

von Sarah Boehmer

Kapitel 1

Fasziniert beobachtete Fox Mulder die sanften Gesichtszüge seiner langjährigen Partnerin und seit einiger Zeit – wohlgemerkt der schönsten seines Lebens - auch seiner Geliebten im warmen Schein der Kerze. Dana Scully saß ihm gegenüber und lächelte ihn glücklich an, während sie verführerisch die Spaghetti auf ihrer Gabel in den Mund schob. Dabei schlossen sich ihre vollen Lippen auf betörende Weise um das Besteckstück und ihre eigentlich ozeanblauen Augen funkelten schwarz, den Blick fordernd auf ihn gerichtet. Mulder hob sein Weinglas hoch und nahm einen Schluck von der dunkelroten Flüssigkeit, die Energie spendend seine trockene Kehle hinunter rann. Leise untermalte Withney Houstens kräftige Stimme mit sanften Liebesballaden die prickelnd romantische Atmosphäre. Der ganze Raum war erhellt von unzähligen Kerzen, deren Flammen ein lustiges Schattenspiel trieben und die Gesichtszüge der Liebenden in warme Töne tauchten. Fox genoss die angenehme Stimmung, die Ruhe und die Geborgenheit, welche er in Gegenwart Danas immer empfand. Seit dem Beginn ihrer Beziehung war ihm, als sei er endlich nach Hause gekommen, ein suchender, rastloser Wanderer, der endlich seinen Frieden gefunden hatte. Nie hatte er solches Glück wie in den letzten Wochen empfunden und obwohl sie, seit er ihr damals im Regen endlich seine Liebe gestanden hatte, nicht eine Stunde getrennt gewesen waren, verspürte er in ihrer Gegenwart immer noch ein erregendes Prickeln und Schmetterlinge im Bauch. Nach einer wahren Ewigkeit, in der sie einander wortlos gegenüber gesessen und ihre Augen alles Wichtige ausgesprochen hatten, stand Mulder langsam auf und trug Scully auf Händen in sein Schlafzimmer. Dort legte er sie sachte und zärtlich in die weichen Laken und nahm eine Schüssel voll roter Erdbeeren vom Nachttisch. Um sie herum brannten unzählige Kerzen und Fox fütterte Dana verführerisch mit den süßen Früchten. Er nahm eine Erdbeere zwischen die Zähne und fuhr mit ihr von Scullys Hals hinab, über ihre nackte Haut bis hin zu ihrem Bauchnabel, wo er genüsslich zu saugen und zu schmatzen begann. Ein Kichern entrann Danas Kehle, hervorgerufen durch das Kitzeln, welches Mulders Handlungen mit sich brachten. Seine Zunge begann ihren Körper noch weiter zu erforschen und während sie sich zwischendurch gegenseitig mit Erdbeeren fütterten, verteilten sie auf jedem Zentimeter Haut des anderen sanfte Küsse. Ihre Erregung wuchs mit jeder Berührung und fand schließlich in ihrer Vereinigung den explosionsartigen Höhepunkt. Erschöpft und glücklich schlief Scully in Mulders Armen ein und dieser vergrub seinen Kopf in ihrem Haar, um von ihrem Duft umgeben auch langsam ins Land der Träume ab zu trifften. Er war zufriedener als je zuvor in seinem Leben.

Die hellen Strahlen der Morgensonne drangen leicht durch die Jalousie und tauchten das Zimmer in ein wundervolles Orange. Mulder öffnete seine Augen, er war schon länger wach, wollte aber noch etwas die Ruhe und erfüllende Geborgenheit genießen. Sein Blick fiel auf die zarte Gestalt, die er in den Armen hielt, er spürte ihre roten Haare seine Brust kitzeln, ihren warmen Atem auf seiner Haut, sah ihre engelsgleichen Gesichtszüge. Ein Gefühl tiefster Liebe und Zufriedenheit durchfuhr ihn und ein Lächeln machte sich auf seinen Lippen breit. Sachte schob Fox Dana von sich, darauf bedacht sie nicht zu wecken und stand leise auf. Er durchquerte Danas Wohnung und begann im Wohnzimmer die Überreste des gestrigen Abends zu beseitigen. Während er die Teller in die Küche trug und die Kerzen einsammelte, dachte er über seine Beziehung zu Scully nach.



So lange Jahre kennen wir uns bereits, haben einander vertraut und uns gegenseitig Trost und Halt gegeben. Unsere freundschaftliche Beziehung ist gewachsen und hat jetzt endlich die Barriere zwischen Liebe und Freundschaft überschritten. Wir haben einen neuen Anfang gewagt und sehen nun einer rosigen Zukunft entgegen, in der unser gegenseitiges Vertrauen und unsere grenzenlose Liebe gedeihen kann. Als ich alle Kerzen einsammle, blicke ich mich unschlüssig in Danas Wohnung um. Ich habe keine Ahnung, wo die Teelichter hingehörten und beginne einige Schubladen des Wohnzimmerschranks aufzuziehen, wobei ich die Kerzen geschickt in meinen Händen balanciere. Doch plötzlich verliere ich das Gleichgewicht und poltere gegen die Schranktüren, was das Holzgestell bedenklich zum Wanken bringt. Die Teelichter gleiten mir aus der Hand und fallen lautstark auf den Holzboden. Ich hoffe inbrünstig, Dana mochte davon nicht aufwachen. Ich will sie doch mit einem Frühstück überraschen. Als ich keine Geräusche aus dem Schlafzimmer vernehme, sammle ich die Lichter erleichtert wieder ein und öffne die letzte Schublade des Schrankes. Sie ist mir fast nicht aufgefallen, weil sie sich weder farblich vom Holz hervorhebt, noch mit den kleinen Schnitzereien wie die anderen verziert ist. Als ich das Fach aufziehe, sehe ich einige Papiere und Akten darin und als ich es gerade wieder schließen will, sticht mir der Name C.G.B. Spender ins Auge. Mit gerunzelter Stirn lege ich die Kerzen beiseite und nehme eine der beinhalteten Akten heraus. Ich überfliege sie kurz und bleibe dann mit zitternden Händen an einer der Passagen hängen. Es sind Kopien von Berichten, Berichten über mich, meine Arbeit an den X-Aken, meinen Theorien... Und sie sind alle unterzeichnet von ... Dana Scully! Meiner Vertrauten, meiner Konstanten, meiner Geliebten, meiner Partnerin! Wie soll ich das begreifen? Hat sie mich etwa ausspioniert? All die Jahre? Das ist nicht möglich, das kann, nein das darf nicht wahr sein! Ich finde noch mehrere Dokumente, über besondere Fälle, welche, bei denen wir kurz davor waren, die Verschwörung aufzudecken, die Wahrheit zu finden. Meine Lippen beginnen zu zittern und eine Träne rollt über meine Wange. NEIN! Das kann ich nicht glauben! Nicht Scully! Ein Geräusch hinter mir schreckt mich aus meinen Gedanken hoch und ich vernehme Danas fröhliche Stimme, die noch etwas verschlafen fragt: „Guten Morgen, Schatz! Was machst du denn da?“ Ich sehe von den Papieren auf und blicke meiner Partnerin voller Enttäuschung und Entsetzen über meine Entdeckung in die Augen.



Dana schluckte hart, als sie die Dokumente in seinen Händen erkannte und ein Anflug von Verzweiflung kam in ihr auf. Wie sollte sie ihm das erklären, würde er ihr überhaupt noch glauben? „Sag, dass es nicht wahr ist!“, hauchte Mulder kaum hörbar mit zitternder Stimme. „Es ist nicht so wie du denkst...“, versuchte Scully zu erklären, doch er schüttelte nur den Kopf. Seine Augen blickten sie traurig und schmerzerfüllt an: „Warum auch du? Wieso du? Ich habe dir vertraut, bedingungslos...ich habe dich geliebt!“ Tränen der Angst rannen aus Scullys Augen und sie meinte verzweifelt: „Lass es mich erklären, bitte!“ „Nein! Ich will keine Erklärungen, nicht noch mehr Lügen, das verkrafte ich nicht! Du warst mir immer das Wichtigste und nun stellt sich heraus, dass du die größte aller Lügen bist! Du bist schlimmer als jeder dieser Verschwörer, denn die haben nicht auf so grausame Weise mein Vertrauen missbraucht! Ich werde jetzt gehen...und ich will dich niemals wieder sehen!“ Mit diesen Worten stürmte er aus ihrer Wohnung und Scully schlug schluchzend die Hände vor ihr Gesicht. Nie hätte er es herausfinden sollen...Sie hatte alles nur für ihn getan, doch wie sollte er das je verstehen? Ihre Erinnerung schweifte zurück zu dem Tag, an dem alles begonnen hatte.



Ich lag damals von Krebs erkrankt in meinem Krankenzimmer und habe nachgedacht. Über mein Leben, über Mulder und über meinen nahenden Tod. Mein Leben erschien mir zu diesem Zeitpunkt verwirkt und ich hatte unsagbare Angst vor dem Sterben. Das Gefühl nicht richtig gelebt zu haben, machte sich in mir breit und alles bisher Getane erschien mir plötzlich völlig sinnlos. Ich wollte noch so viele Dinge tun... Vier Jahre hatte ich für die Suche nach einer Wahrheit verschwendet, die ich nie gefunden hatte und wozu ich wahrscheinlich auch nie wieder Gelegenheit haben würde. Viele Dinge zwischen mir und Mulder waren unausgesprochen, was meine Gefühle für ihn betraf, die tiefer gingen, als Freundschaft es vermochte. An diesem Tag hatte ein Mann an meiner Tür geklopft, ein Feind. Während der Rauch seiner Zigarette in meinen Augen brannte, hatte er mit ein Angebot gemacht. Er versprach mir Leben, den Sieg über den Krebs, der zu meinem ständigen Begleiter geworden war, die Befreiung von dem Feind in mir, gegen den ich einen sinnlosen Kampf geführt habe, letztlich ein Krieg gegen mich selbst. Ich war verzweifelt und hatte Angst zu sterben, ich fühlte mich zu jung dafür. Ich kämpfte gegen meine Krankheit, obwohl ich wusste, dass ich verlieren würde. Doch natürlich schenkte mir dieser egoistische, skrupellose Mensch nicht einfach so Leben, nein er tat es nur unter einer Bedingung: Ich sollte für ihn arbeiten, Mulder ausspionieren, damit er besser über dessen Arbeit Bescheid wusste und eine eventuelle Aufdeckung der Verschwörung rechtzeitig verhindern konnte. Er erwartete von mir, dass ich meinen Partner verriet und dessen Vertrauen missbrauchte, nur um leben zu können. Ich erinnerte mich einmal gesagt zu haben, ich wolle lieber sterben, als meinen besten Freund zu verraten, doch egal wie Ernst ich das in diesem Augenblick auch gemeint habe, wenn man wirklich vor der Wahl zwischen Tod und Verrat steht, ist die Entscheidung nicht mehr so einfach. Doch mein Gewissen konnte es nicht verantworten, aus solch egoistischen Gründen Mulders Vertrauen zu missbrauchen, also lehnte ich schließlich schweren Herzens ab. Auch wenn ich sterben würde, dann wenigstens mit gutem Gewissen, dachte ich damals bei mir. Doch der Raucher hatte wohl damit gerechnet, dass mein Gewissen siegen würde und erweiterte sein Angebot. Er versprach mir Mulder seine Schwester zurückzugeben, wenn ich seine Forderung erfüllen würde. Das änderte vieles, denn ich hatte nun die Chance meinem besten Freund die Erfüllung seines größten Wunsches zu ermöglichen und gleichzeitig meinen eigenen Tod aufzuschieben. Wenn ich das tat, würde mir Mulder vielleicht eines Tages verzeihen! Auch wenn ich tief in meinem Inneren wusste, dass meine Entscheidung falsch war, verdrängte ich den Gedanken und redete mir ein, ich täte es für Mulder und könnte so vielleicht die Wahrheit herausfinden; indem ich ein Teil der Verschwörung wurde! Also sagte ich ja und wurde geheilt, ich besiegte den Krebs...und verriet den Mann, den ich liebte.

Seit einigen Wochen ist der Gedanke an diese Tatsache jedoch unerträglich für mich geworden. Mulder und ich haben unsere Beziehung vertieft und waren ein Paar geworden. Ich konnte ihn nicht länger hintergehen, doch ich hatte auch Angst ihm die Wahrheit zu gestehen. Immer wieder schob ich es auf und habe schließlich beschlossen, meine Arbeit für CGB zu beenden. Ich war drei Jahre das Spielzeug dieses Mannes gewesen. Jahre, in denen ich ihn von einer anderen Seite kennen gelernt habe. Meine Abscheu vor ihm war gesunken, ich hatte erkannt, dass er auch nur ein Mensch war, der versuchte sein Leben zu retten, auf eine ebenso niederträchtige Art und Weise, wie ich es getan hatte. Auch wenn ich nicht über Leichen ging, so war ich doch nicht besser als er.

Doch nun hat Mulder alles herausgefunden, bevor ich kündigen und die Beweise für meine Sünden für immer vernichten konnte. Ja, ich habe vor gehabt meine Spuren zu verwischen, ebenso wie die Verschwörer es immer getan hatten. Ich bin auf ihr Niveau gesunken, sie hatten meine Notsituation ausgenutzt und dann war es zu spät gewesen, um auszusteigen. Und nun stehe ich hier, allein, verzweifelt. Ich war ertappt und aufgeflogen, ich habe die Strafe für alles Getane bekommen und weiß nun nicht, ob ich sie ertragen konnte! Also beschließe ich endlich den Schritt zu wagen, obgleich mein Mut zu spät kommt und endgültig einen Schlussstrich unter meine Arbeit der letzten drei Jahre zu ziehen. Doch bevor ich gehe, will ich noch einen Brief an Mulder schreiben, in dem ich ihm alles erklären kann, denn so wie ich ihn kenne, wird er nicht mit mir reden. Ich nehme einen Füllfederhalter, ein Blatt Papier und beginne zu schreiben:



Lieber Mulder!



Ich weiß, dass meine Handlungen dich zutiefst verletzt und enttäuscht haben. Es ist nicht in Worte fassbar, wie sehr ich dies alles bereue und wie unendlich leid es mir tut. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass du verstehst, was mich bewegt hat, diesen schweren, nie wieder gutzumachenden Verrat zu begehen. Sicher erinnerst du dich noch an die Zeit, als ich von Krebs erkrankt im Sterben lag. Damals gab es für mich keine Chance mehr den Krebs zu besiegen und auch, wenn du nicht aufgegeben und für mich gekämpft hast, so hatte ich die Schlacht als verloren angesehen. Ich war verzweifelt und hatte unsagbare Angst vor dem Tod, ich war nur zu Stolz es vor dir zuzugeben! Doch plötzlich schien das große Wunder geschehen zu sein und ich wurde geheilt und überlebte. Du warst davon überzeugt, dass das Implantat mich gerettet hat, doch nun muss ich dir sagen, dass alles nur eine große Verschwörung war, eine Lüge. Meine Heilung war alles andere als ein Wunder, sonder ein Pakt mit dem Teufel. CGB Spender, der Raucher oder wie auch immer du ihn nennen möchtest, versprach mir mich zu heilen, wenn ich für sie arbeitete. Wie ich bereits erwähnt habe, war ich verängstigt, verzweifelt und fühlte mich allein. Vielleicht ist es für einen Menschen, der die Erfahrung eines langen, erfolglosen Kampfes und die Todesnähe noch nicht gemacht hat, schwer die Gefühle, die in einem in dieser Zeit vorgehen, nachzuvollziehen, doch ich hoffe, dass du mich trotzdem verstehst, wie du es immer getan hast. Auch wenn es nur ein sehr schwacher Versuch der Verteidigung und Wiedergutmachung ist, so kann ich dir sagen, dass CGB mir nicht nur Leben gegeben hat! Er hat mir auch versprochen, dir deine Schwester zurückzugeben, würde ich für ihn arbeiten. Ich weiß nun nicht, ob er die Abmachung einhalten wird, doch ich hoffe es für dich, denn dann war mein Verrat wenigstens nicht ganz umsonst.

Ich weiß, dass du mir niemals verzeihen kannst und ich erwarte dies auch nicht, aber ich muss gestehen, dass ich es wieder tun würde. Denn hätte ich es damals nicht getan, dann wären die letzten Wochen, in denen ich meine tiefen Gefühle für dich endlich gelebt habe, niemals passiert. Doch ich wollte sie um nichts in der Welt missen, denn es wird für den Rest meines Lebens die schönste Erinnerung sein. Auch, wenn ich mich für meine Tat zutiefst schäme und mich selbst verachte, liebe ich dich trotzdem mehr als alles andere. Du bist mein ein und alles und mein Herz wird immer dir gehören. Ich danke dir für die schöne Zeit, deine Liebe und deine Freundschaft. Es tut mir leid, dein Vertrauen missbraucht und dich so enttäuscht zu haben!



Ich hoffe du kannst mir eines Tages verzeihen...



In ewiger Liebe



Dana



Ich falte das Papier und stecke es in einen Umschlag. Dann blicke ich kurz in den Spiegel und wische mit einem Taschentuch die von den Tränen verschmierte Wimperntusche weg. Auch, wenn ich mich immer noch wie der letzte Dreck fühle, voller Reue bin und um den wohl schwersten Verlust meines Lebens – Mulders Vertrauen, seine Liebe und seine Freundschaft – trauere, gibt mir mein Vorhaben zu kündigen die Kraft, die ich brauche, um nicht zu zerbrechen. Außerdem habe ich die Hoffnung, dass CGB den zweiten Teils seines Versprechens einlösen und Mulder seine Schwester zurückgeben wird. Vielleicht kann mir Fox dann den Verrat verzeihen...Ich hoffe es mit ganzer Seele, doch tief in meinem Inneren ist mir klar, dass ich ihn zu sehr enttäuscht habe.
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