World of X

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Sad but true

von Netty

Die Nacht

„Ich glaube, weil nicht zu glauben bedeutet, dass man wie Blei wird, flach und steif daliegt, für immer untätig dahinsiecht..." - Henry Miller

Ein Glas Wasser war alles, was ich wollte. Schön vielleicht trieb mich auch ein wenig die Neugier als ich erwachte und meine kleine Schwester nicht in dem anderen Bett vorfand, aber Größtenteils war es Wasser und ich lasse mir nichts anderes weismachen. Ich meine, woher sollte ich denn Wissen, dass mich dieser einfache Wunsch zum Zeugen eines wunderbaren Ereignisses machen sollte, dass mich eigentlich überhaupt nichts angeht und wofür Dana mich sicher köpfen würde, sollte sie je herausfinden, dass ich es weiß.

Heute Nacht, dem Übergang vom 24. und 25. Dezember, war ich gesegnet genug mit ansehen zu dürfen, wie meine jüngere Schwester- meine kleine, streng wissenschaftliche, ständig versuchend ihre Gefühle zu verbergen- Schwester sich einem Mann und der Liebe hingab. Aber nicht irgendeinem Mann. Er ist ein Kerl, der eigentlich soweit außerhalb von Danas gewähltem Umfeld liegt, dass sie ihm niemals auch nur eine Sekunde ihrer Aufmerksamkeit gewidmet hätte, wären sie sich in einem Café oder einer Bar begegnet, etwas von dem ich glaube, dass es auch auf ihn zutrifft, so wenig ich ihn auch kennen mag.

Aber das Schicksal hatte wohl etwas Gutes für die beiden im Sinn, denn es hat sie an dem einzigen Ort zusammengeführt, an dem sie nicht voneinander weichen konnten. Ihrer Arbeit.

Zu sagen, dass ich es nicht hätte kommen sehen wäre eine Lüge. Ich kenne meine Schwester. Besser als sie glaubt. Dana hatte es sich immer zur Aufgabe gemacht ein großes Mysterium für den Rest der Familie zu sein. Naja es blieb ihr auch nicht viel mehr übrig um sich in der Familie hervor zu tun.

Bill war der Erstgeborene und verdammt clever. Ich war die erste Tochter und die gefühlvolle und Dana das Nesthäkchen. Allerdings hatte sie gar keine Zeit mit den angenehmen Seiten die dieser Status mit sich bringt zurechtzukommen, bevor Mom mit Charlie schwanger wurde. Als Überraschung quasi. Ja, tolle Überraschung.

Ich weiß noch, wie Mom mir versuchte klar zu machen, dass ich bald nicht mehr die jüngste sein würde, sondern mein kleines Schwesterchen. Das war genau bis zu dem Zeitpunkt in Ordnung, als sie anfing mit meinem Spielzeug zu spielen. Von da nervte sie gewaltig, ich kann mir vorstellen, dass Charlie für Dana eine ähnlich angenehme Überraschung war.

Also versuchte sie sich anderweitig besonders zu machen. Indem sie die Familie gerne raten ließ, was sich in ihrem kleinen Kopf abspielte. Außerdem wurde sie Daddys Liebling. Das ist nicht böse gemeint, im Gegenteil. Ich könnte mit dieser Aufgabe nicht leben, ich falle einfach zu sehr aus dem Rahmen.

Was ich eigentlich sagen wollte war, dass im ersten Augenblick als Dana zur Tür hereingeschneit kam und uns fragte ob es okay wäre, wenn später noch jemand zum essen vorbei käme, ich ahnte, dass uns etwas großes ins Haus stand. Das änderte sich auch nicht, als sie uns sagte, wen genau sie eingeladen hatte.

Ich gebe zu Dads Gesicht war recht lustig anzuschauen. Es ist allgemein bekannt, dass er mit der Wahl ihres Berufes nicht einverstanden ist, aber das ist der einzige Punkt in dem sie sich jemals gegen ihn durchgesetzt hat und sie war offensichtlich auch willig ihn damit zu konfrontieren.

Sie erklärte kurz und knapp, dass seine Eltern Weihnachten nicht gerade hochschätzen und die Feiertage lieber weit weg voneinander und von ihrem Sohn verbringen würden und sie erklärte auch, dabei nahm ihr Gesicht eine niedliche rote Farbe an, dass sie noch ehe sie gewusst hatte, dass ihr Mund offen war ihren Partner gefragt hatte, ob er nicht mit uns zusammen die Feiertage verbringen wolle. Augenscheinlich hatte er das Angebot akzeptiert.

Als Fox Mulder dann jedoch eine halbe Stunde später in der Tür stand machte er nicht den Eindruck überhaupt zu wissen, was er hier tat. Ich wusste es.

Aber es war schön, dass noch ein Außenstehender bei der Familienfeier dabei war. Es ist leichter, wenn Mom und Dad auf einem Fremden rumhacken können, anstatt auf ihren Kindern. Vor zwei Jahren hatte Tara das Pech gehabt die Neue zu sein, aber jetzt, 24 Monate und eine Verlobung später gehörte sie nun mal schon offiziell zur Familie und war als Ablenkung nicht mehr geeignet und ich hatte mich gekonnt davor gedrückt Peace dem ganzen hier auszusetzen.

Peace, der eigentlich Pierce heißt, ist mein derzeitiger Lebensabschnittsgefährte und ich weiß, dass Mom es kaum erwarten kann ihn kennen zu lernen und Dad, ihn abzulehnen. Wir führen einen recht offnen Lebensstil und denken offen gesagt gar nicht ans heiraten, ich meine, er ist ja recht niedlich, aber definitiv nicht der Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Versuch das aber mal meiner Mutter zu erklären.

Jedenfalls war es nett, dass Dana diesmal für das Frischfleisch gesorgt hatte, wenn auch unabsichtlich. So hatte Fox Mulder das Vergnügen als Labormaus von der gesamten Familie in Betracht genommen zu werden.

Dad mag ihn nicht. Naja, das ist vermutlich ein wenig zu streng ausgedrückt. Aber Mulder – niemals Fox, immer Mulder – ist nun mal der Mann, der mit seiner Tochter in einem Gewerbe zusammenarbeitet, dass er nicht unterstützt. Und dem es zu allem Überfluss auch noch zu gefallen scheint.

Bill mag ihn nicht und das ist nicht übertrieben. Ein Wunder ist das natürlich nicht, ich denke unterbewusst hat Bill genau den gleichen Schluss gezogen wie ich, dass Dana und Mulder irgendwann einmal mehr werden könnten als nur Partner. Das will er nicht akzeptieren. Aber, wenn man ihn fragen würde, warum genau er ihren Arbeitskollegen nicht leiden kann, würde er vermutlich im ersten Moment keine Antwort finden, weil seine gesamte Antipathie auf einem Gefühl beruht, einem Gefühl, dass einem großen Bruder keinesfalls zusagt.

Ich denke Mom mag ihn. Auch wenn sie sich mit ihrer Meinung wie immer gekonnt zurückhält. Aber schon die Tatsache, wie sie ihn den gesamten Abend hindurch mit Essen vollgestopft hat ist Hinweis genug, dass sie durchaus bereit wäre ihn in unserer großen, glücklichen Familie zu akzeptieren. Was lustig ist, da das genau das ist, woran Mulder und Dana augenscheinlich nicht einen Gedanken verschwenden.

Charlie hat Mulder glaube ich in der Sekunde ins Herz geschlossen, als er sich als Knicks Fan geoutet hat. Es gibt doch nichts Männlicheres als über Sport miteinander anzubändeln. Obwohl auch er sich nicht über Mulder geäußert hat, wie Mom. Aber vorhalten kann man es ihm nicht, er fängt schließlich gerade erst an seine eigene Meinung gegenüber der von Dad und Bill zu bilden, ein Prozess den wir alle mehr oder weniger erfolgreich durchlaufen mussten. Daher kann ich es verstehen, wenn er Mulder nicht gleich als seinen Buddy bezeichnet.

Und ich? Ich weiß nicht, was ich von Fox Mulder halten soll. Er ist süß, irgendwie sexy und gesund durchgeknallt. Im Grunde genommen scheint er ein ehrlicher Mann zu sein, dem das Leben anscheinend nicht immer gut mitgespielt hat. Aber ich glaube auch, dass er die Gabe hat Dana auf viele Arten zu verletzen, sehr schwer. Und obwohl ich als große Schwester weiß, dass sie ihre eigenen Fehler machen muss, möchte ich nicht, dass ihr das Herz gebrochen wird.

Ein Fakt, der den Abend in eine andere Richtung laufen ließ war der, dass es währenddessen so heftig draußen angefangen hat zu stürmen und schneien, dass die Straßen gesperrt wurden, ausgenommen Notfälle. Als die Nachricht im Radio durchgegeben wurde konnte ich mich genüsslich in meinem Stuhl zurücklehnen und die Sitcom vor mir betrachten.

Wir hatten eigentlich noch gar nicht vorgehabt den Abend zu beenden, aber Mulder wollte unbedingt schon losfahren in der Hoffnung noch nach Hause zu kommen. Armer Kerl. Gegen drei Scully Frauen anzukommen? Als Unerfahrener? Unmöglich.

Das amüsierte Lächeln meines Vaters als Mulder verzweifelt versuchte gegen die rationalen Gründe von Mom und Dana anzukommen, mit dem kategorischen Einwurf meinerseits, zeigte mir deutlich, dass er tief in seinem Inneren Vertrauen in Fox Mulder legte. Vermutlich hätte er, wenn er einfach nur Danas Freund und nicht ihr Arbeitskollege gewesen wäre, sogar ziemlich gute Chancen gehabt sich mit meinem Vater zu verstehen.

Schließlich ergab sich Mulder in sein Schicksal, gewann aber in dem Punkt, dass er Charlie keinesfalls aus seinem Zimmer vertreiben, sondern selbst auf der Couch schlafen würde, da er das wohl zu Hause ebenfalls tat. Okay, vielleicht ist er ein bisschen mehr als nur gesund durchgeknallt, aber eine Dosis Verrücktheit hat noch keinem geschadet, Dana könnte sie auch mal vertragen, solange sie das nicht wieder in die Arme eines verheirateten Mannes treibt.

Der restliche Abend verlief größtenteils ereignislos, wenn man außer Betracht lässt, dass ich viel Zeit hatte Dana und ihren Kollegen zu beobachten. Die beiden zusammen zu sehen hat etwas von einem Ping Pong Match, was sehr lustig und unheimlich amüsant ist. Ich denke Mom hat es auch gesehen. Die Art, wie sie sich ansehen und plötzlich lächeln, als hätten sie einen Witz, den nur sie beide kennen oder wie sie sich gegenseitig ins Wort fallen, um dann genau das gleiche zu sagen und nicht zu vergessen die kleinen Berührungen, vier über den ganzen Abend verteilt, um genau zu sein.

Die erste, als sie sich bei der Begrüßung umarmten. Aus Mulders Reaktion habe ich einfach mal geschlossen, dass das nicht die übliche Art ist, wie sie sich für gewöhnlich begrüßen. Aber Dana musste Dad beweisen, dass Mulder nicht einfach nur ein Kollege ist, sie würde schließlich auch nie auf die Idee kommen ihren Chef einzuladen. Nein, wenn Mulder in diese Familie integriert werden sollte, dann als ihr Freund.

Die zweite, als er ihr beim Essen etwas reichte und dabei aus Versehen ihre Hand berührte, wobei diese Berührung länger anhielt als jede, die mir aus Versehen passiert. Etwas mit dem Bill glaube ich konform geht, sollte sein sauertöpfisches Gesicht etwas zu bedeuten haben. Man weiß das nie so genau, da Bill fast ausschließlich mit diesem Gesicht rumrennt. Ich hätte ja Angst, dass es so bleiben könnte, aber wenn er damit leben kann.

Die dritte Berührung hat mich ehrlich gesagt überrascht. Charlie erzählte gerade eine seiner nicht ganz jugendfreien Anekdoten seine Ausbildung in der Marine betreffend, von denen er meinem Erachten nach zu viele hat. Dana hat sich vor zwei Wochen die Haare schneiden lassen und der Loser von einem Friseur hat ihre schönen Haare gekürzt und dabei eine Strähne auf der rechten Seite zu kurz geschnitten, sie ist bereits den gesamten Abend damit beschäftigt gewesen sie immer wieder aus ihrem Gesicht zu streichen. Doch nun schien sie es endgültig aufgegeben zu haben und es machte mich wahnsinnig. Ich konnte ihr rechtes Auge nicht sehen und der einzige Weg sie richtig zu lesen sind ihre Augen, Plural wohlgemerkt.

Die gesamte Zeit wollte ich sie ihr aus der Stirn streichen und dann versetzte mir Fox Mulder den Schock des Abends, als er sich plötzlich näher zu ihr beugte und das rote Biest hinter ihr Ohr strich. Einfach so. Sie haben es beide ignoriert und niemand anderes hat es mitbekommen, abgesehen von mir natürlich.

Nummer vier war, denke ich, mehr eine Bestechung als alles andere. Mom, Dana und Mulder waren gerade damit beschäftigt ihre Argumente über den Schneesturm auszutauschen und tatsächlich machte er nicht den Eindruck als würde er sich überzeugen lassen, da stahl sich die kleine Hand meine Schwester auf seinen Arm. Nur knapp unterhalb seines Ellenbogens, als würde sie versuchen, ihn physisch hier zu behalten. Ich weiß nicht, inwieweit diese Berührung beabsichtigt oder einfach eine unterschwellige Reaktion gewesen ist, auf jeden Fall war sie erfolgreich. Bereits beim nächsten Argument gab sich Fox Mulder geschlagen.

Alles in allem betrachtet, waren es zu wenige Berührungen um als auffällige Art der Intimität durchzugehen. Allerdings auch mehr als es rein platonische Arbeitskollegen, deren höchste Gefühle in Richtung einer lockeren Freundschaft gehen vollführen sollten.

Abgesehen von diesen Beobachtungen gab es keine nennenswerten Ereignisse und darum machten wir uns recht schnell ins Bett, immerhin ging es morgen darum Geschenke auszupacken und dafür muss man schließlich ausgeschlafen sein. Die Schlafverteilung sah also wie folgt aus: Tara und Bill schliefen im Gästezimmer, welches früher mal Moms Nähzimmer gewesen war; Charlie schlief in seinem und Bills alten Kinderzimmer, Dana und ich in unserem alten Zimmer und Mulder auf der Couch im Wohnzimmer.

Wir machten uns alle der Reihe nach bettfein und Mom und Dana versorgten Mulder mit so viel Decken und Kissen, dass das Wohnzimmer einem Harem glich. Ja, es konnte nachts im Wohnzimmer kalt werden, aber Mulder hätte mit diesem Equipment auch getrost eine zweite Eiszeit überstanden. Und schließlich kam das Haus zur Ruhe.

Ich lag schon im Bett als meine kleine Schwester schließlich ins Zimmer kam und zu sagen, dass ich neugierig war wäre eine brutale Untertreibung. Natürlich ließ ich ihr Zeit bis sie sich genüsslich in ihrem Bett eingenistet hatte und somit nicht die Chance gleich wieder aus dem Zimmer zu stürmen.

„Ich finde deinen Kollegen richtig nett“ begann ich sachte und bekam ein nonchalantes „Aha“ als Antwort, dass mir zeigte, dass sie wachsam war. Ja, bereits nach dem ersten Satz hatte mich meine Schwester enttarnt.

„Allerdings glaube ich nicht, dass Bill gefallen an ihm gefunden hat“ bohrte ich weiter, wenn sie anfing ihn zu verteidigen könnte ich vielleicht einiges herausfinden.

„Bill mag kein männliches Wesen, das sich in unserem näheren Umkreis befindet und nicht mit uns verwandt ist“ antwortete sie seufzend. Toll, glatter Fehlschlag, so würde ich nie etwas über ihre Beziehung erfahren.

„Naja, als großer Bruder bleibt ihm ja auch nichts anderes übrig und dabei ist Mulder ja nur dein Arbeitskollege. Stell dir nur seine Reaktion vor, wenn er dein fester Freund oder gar Verlobter wäre“ ich lache abwegig und schlage mir innerlich mit der Hand an die Stirn. Das war nicht gerade sehr subtil und natürlich ist sie alles andere als begeistert. Sie atmet einmal tief durch und dreht sich dann auf ihre Seite, stützt ihren Kopf auf ihrem angewinkelten Arm und sieht mich durchdringend an. Selbst in der Dunkelheit kann ich ihre zusammengekniffenen Augen sehen, wie sie mich genervt ansehen.

„Missy, du versuchst wieder einmal etwas zu sehen, was nicht da ist. Mulder ist mein Partner und ein Freund den ich sehr schätze“ sie macht eine kurze Pause, damit ich den Rest auch wirklich verstehe „aber er ist nicht mehr als das.“ Das schlimmste an dieser Aussage ist die Tatsache, dass sie es völlig ernst meint.

„Gute Nacht, Dana“ gebe ich mich geschlagen und kuschle mich nach ihrer ruhigen Antwort tiefer in meine Kissen und schließe die Augen.

Als ich sie wieder öffne ist sie verschwunden und ich muss sofort an früher denken. Das kleine Biest hat sich damals schon immer runter geschlichen und die Geschenke unterm Baum geschüttelt. Niemals geöffnet, eine solche Übertretung der Regeln hätte sie nie gewagt, aber die Geschenke zu schütteln und am Klang ihren Inhalt zu erraten war eine Regelmäßigkeit in der Nacht vor Christmas Eve.

Flink steige ich aus dem Bett und schlüpfe in meine Pantoffeln, dann bin ich schon auf dem Flur. Meine Kehle ist ziemlich trocken und ich denke daran mir ein Glas Wasser zu holen, sollte ich Dana dabei erwischen, wie sie Geschenke schüttelt ist das lediglich ein Nebeneffekt. Ich komme gerade bis zur Treppe.

Unten am Ende der Treppe steht meine Schwester, ohne ein einziges Geschenk in der Hand. Tatsächlich steht sie einfach nur da. Den Kopf leicht zur Seite geneigt die Augen träumerisch aufs Wohnzimmer gerichtet. Mir ist die Decke im Weg um zu sehen, was sie so hat erstarren lassen, aber ich habe eine Vermutung.

„Weißt du, Scully, du kannst den Baum von hier aus sicher leichter betrachten“ ertönt seine sanfte Stimme und sie schreckt aus ihrer Träumerei auf. Ich denke wir alle wissen, dass sie keinesfalls den Baum betrachtet hat. Sie bewegt sich von der Treppe weg und ins Wohnzimmer und ich nutze die Gelegenheit um einige Stufen hinunter zu gehen, so dass ich das Wohnzimmer einsehen kann, aber dennoch selbst von den Schatten verhüllt bleibe. Er trägt ein einfaches weißes T-Shirt und Boxershorts wie es aussieht.

Sie steht kurz unschlüssig neben dem Sofa, bis er den Platz neben sich tätschelt und sie sich setzt, dabei wirft sie einen Blick auf den Fernseher.

„A Christmas Carol?“ fragt sie etwas ungläubig. Es wundert mich, dass keiner den anderen fragt, warum er noch wach ist, als wäre das ganz alltäglich.

„Typisches Weihnachtsfutter, Scully“ entgegnet er trocken. „Die vierte Wiederholung übrigens.“

„Die vierte? Mulder du weißt, dass man den Fernseher auch einfach ausschalten kann, wenn nichts Sehenswertes mehr kommt, oder?“

„Nichts Sehenswertes? Das ist ein Klassiker und Klassiker kann man nie oft genug sehen. Abgesehen davon ist es ein lehrreicher Film“ sie zieht ihre Augenbraue hoch. „Naja er lehrt uns weltlichen Besitztümern abzuschwören und uns stattdessen mit lebenden Emotionen auseinander zu setzen.“

„Das Buch lehrt uns das, Mulder. Der Film ist einfach nur Hollywood, komplett mit gruseligen Geistern und kitschigem Happy End“ widerspricht sie und wie zu ihrer Unterstützung ertönt grausige Musik und der Geist der dritten Weihnacht erscheint in einem völlig übertriebenem Kostüm. Mulder zuckt lediglich seine Schultern. „Spaß soll ja schließlich auch dabei sein.“

Es herrscht kurze Zeit Stille in der sich beide nur auf den Film konzentrieren und vermutlich ihren eigenen Gedanken nachhängen.

„Manchmal glaube ich, dass ich Ebenezer Scrooge bin“ ein fragendes Lächeln huscht über ihre Lippen und sie sieht ihn merkwürdig an. „Naja, hättest du mich nicht eingeladen, dann würde ich jetzt vermutlich arbeiten, genau wie er. Wenn auch meine Motive andere sind, die Tatsache bleibt bestehen.“

„Deiner Theorie folgend würde mich das zu einem Geist machen, oder?“ stellt sie lächelnd fest. „Dem der gegenwärtigen Weihnacht.“

„Ich bin einverstanden, solange du mich nicht mit einem Toaster verprügelst“ entgegnet er und sie lachen beide leise, dann herrscht wieder Stille bis der Film endet. Doch nach einiger Zeit kuschelt sich Dana weiter in das Sofa und dabei näher an Mulder, unkommentiert breitet er eine der Decken über sie beide aus und so sitzen sie. Ohne sich tatsächlich zu berühren.

Der Film endet und während der Abspann läuft stellt er den Ton leiser. „Darf ich dir eine persönliche Frage stellen“ ertönt seine Stimme und durchbricht die Stille, ihr Blick wandert vom Fernseher zu seinem Gesicht.

„Wie persönlich?“ ich weiß, dass bei diesem Tonfall auch ihre Augenbraue auf den Weg zu ihrem Stirnansatz ist.

„Scully“ lacht er leise „es ist Weihnachten, da würde ich dich nie nach etwas schmutzigem Fragen.“ Sie sieht keineswegs überzeugt aus. „Das hebe ich mir für Silvester auf“ fügt er immer noch lachend hinzu.

„Okay, frag. Aber ich behalte mir das Recht vor die Frage nicht zu beantworten, falls sie auch nur im Entferntesten in den nicht jugendfreien Bereich abdriftet.“ Ja, typisch meine kleine Schwester, immer auf der sicheren Seite.

„Warum bist du zum FBI gegangen?“ Schön, also hier dachte ich, die beiden würden mal ein bisschen aus sich herausgehen und jetzt das.

„Weil ich immer das Gefühl hatte, dass in meinem Leben etwas fehlte“ antwortet sie nach kurzer Zeit und diesmal ist es seine Augenbraue, die in einfacher Imitation ihrer Geste nach oben wandert. Ich finde das unglaublich liebenswert, das sie beide schon angefangen haben die Eigenheiten des anderen anzunehmen. Ich meine, gibt es etwas, dass besser die Nähe ausdrücken könnte, mit der sie jeden Tag begehen?

„Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“ drängt er schließlich neugierig.

„Schon recht früh, als Teenager, habe ich den Wunsch gefasst Medizin zu studieren und weil meine Noten es zuließen tat ich es auch. Ich habe mich richtig reingekniet und für eine Weile dachte ich auch wirklich, dass es das ist, was ich den Rest meines Lebens tun könnte. Irgendwo in meiner eigenen Praxis oder einem großen Krankenhaus. Aber als ich die Examen bestanden hatte war es“ sie sucht nach den richtigen Worten. „Irgendwie schien es so lächerlich wenig zu sein, um wirklich ein Traum zu sein. Ich meine, wollte ich wirklich mein Leben lang Menschen heilen und bei den meisten letztendlich irgendwann versagen?“ er nickt verständnisvoll und ich komme nicht umhin ihn ein bisschen zu beneiden. Früher war ich die Person, der Dana sich anvertraut hat. Ich meine, in vielen Dingen bin ich das noch immer, wir stehen uns nach wie vor sehr nahe. Aber dennoch hatte ich keine Ahnung, dass sie während ihres Studiums solche Gedanken hatte.

„Jedenfalls entschied ich mich, dass es mir nicht genug war den Menschen machtlos dabei zuzusehen, wie sie starben, also blieb mir die Wahl zwischen Forschung und Pathologie und da ich meine Zeit nicht nur hinter einem Mikroskop mit irgendwelchen Erregern verbringen wollte entschied ich mich für Letzteres. Und als ich fertig war, mit Doktortitel und allem drum und dran“ sie pausiert erneut.

„War es nicht genug?“ hilft er nach.

„Eigentlich schon. Ich war zufrieden mit dem was ich erreicht hatte und mit dem, was ich noch erreichen konnte und dann trat das FBI in mein Leben, wörtlich gesehen“ sie lächelt leicht und jetzt kommt wenigstens ein Teil der Geschichte, den ich kenne. Wo ich doch im Grunde genommen der Auslöser war. Mulder hingegen kennt ihn nicht und er versucht auch nicht seine Neugier zu verstecken.

„Missy hat sich mit einem Akademiestudenten aus Quantico getroffen“ erklärt sie hilfreich und er gibt ein zustimmendes AHH von sich. „Er war ein interessanter Mann, nicht besonders charmant, aber interessant. Sie hat uns einander vorgestellt und er erzählte ein bisschen was und in diesem Augenblick wusste ich, dass in meinem Leben doch noch nicht alles erreicht war und so habe ich mich beim FBI beworben“ jetzt grinst sie und er lächelt ebenfalls. „Und jetzt kommt etwas was du nicht weißt“ das Grinsen wird ein Stück breiter, sie freut sich immer so, wenn sie jemanden schocken kann. Warum weiß ich nicht, war sie schon als Kind völlig begeistert von, meistens war ich diejenige, die diesen Spaß mitmachen durfte.

„Sie haben mich abgelehnt.“ Volltreffer würde ich sagen, nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen. „Naja, nicht wirklich abgelehnt“ schwächt sie die Wirkung schließlich ein wenig ab. „Nachdem sie meine Unterlagen geprüft haben, haben sie mich zu einem Eignungsgespräch eingeladen mit dem Ergebnis, dass sie mich für physisch ungeeignet hielten“ er sieht sie verdutzt an. „Zu klein, Mulder. Die Menschen lassen sich zu leicht von Äußerlichkeiten täuschen“ erklärt sie.

„Aber, mit der Begründung dürfen sie dich doch nicht ablehnen“ widerspricht er.

„Haben sie ja auch nicht wirklich, aber die haben deutlich gemacht, dass ich zwar an allen Test teilnehmen könne, aber vermutlich niemals als Agentin im Außendienst eingesetzt werden würde, was in meinen Augen einer Ablehnung gleichkommt“ wieder ein Nicken seinerseits und ein leises „Bin ich froh, dass die Geschichte ein Happy End hat“ welches ihr ein Lächeln entlockt.

„Ich hätte es fast nicht gewagt. Eine vielversprechende Medizinkarriere aufgeben für einen Bürojob? Das ist auch der Grund, warum mein Vater nicht sehr begeistert von meiner Berufswahl ist. Aber ich bin stur“ jetzt grinst er als wäre das die Untertreibung des Jahres und das ist es auch. „Ich weiß, eine meiner weniger schmeichelnden Eigenschaften“ gibt sie zu.

„Würde ich nicht unbedingt sagen, du wärst schließlich nicht hier, wenn du es nicht wärst“ kontert er und ich weiß, dass ich ihn jetzt geküsst hätte. Jeder Mann, der eine Schwäche in ein Kompliment verwandeln kann hat das verdient.

„Jedenfalls habe ich die Kurse bestanden und obwohl ich sagen möchte, dass ich sie dazu gebracht habe mit vor Staunen geöffneten Mündern ihren Fehler einzusehen, ist das nicht der Fall gewesen. Ich habe noch nie in meinem Leben so hart arbeiten müssen“ gesteht sie.

„Und ich wette, dass du jede Sekunde davon genossen hast.“

„Oh ja, jedes Mal wo ich mich selbst an meine Grenzen brachte machte mir klar, dass ich es schaffen konnte und das habe ich. Immerhin mussten sie einsehen, dass ich durchaus in der Lage bin trotz meiner Größe gut auf mich aufzupassen. Aber es lehrte mich auch hin und wieder ruhiger zu treten, weshalb ich die Lehrposition in Quantico annahm und nicht sofort auf meinen Status als Field Agent pochte. Erst als Blevins mich zu sich rufen ließ war ich bereit einzufordern, was mir zusteht.“

„Tja, jetzt bereust du es wahrscheinlich“ er klingt ein wenig kleinlaut.

„Um ehrlich zu sein, nein. Es ist nichtmal annähernd das, was ich mir vorgestellt habe, was ich einmal tun würde, aber genau das ist wahrscheinlich der Grund, warum ich nicht aufhören möchte. Zum ersten Mal in meinem Leben glaube ich nicht, das mir etwas fehlt.“ Sie sehen einander an und lächeln leicht, dann streift sie die Decke von ihrem Körper. „Es ist spät und morgen ist ein anstrengender Tag, versuch ein bisschen Schlaf zu kriegen“ sie erhebt sich vom Sofa, doch seine Hand schließt sich um ihre und er zieht sie so, dass sie zwischen seinen Beinen steht und er zu ihr aufsehen kann.

„Ich möchte dir nur noch einmal danken“ beginnt er und sieht dann auf ihre verbundenen Hände. „Ich weiß, dass dieses Weihnachtsfest nicht annähernd so schön gewesen wäre, wenn du mich nicht eingeladen hättest“ er sieht wieder zu ihr auf und schenkt ihr ein umwerfendes Lächeln, dass ich bis hier oben strahlen fühlen kann. Sie tut das einzig Richtige, löst ihre Hand aus seiner und legt ihre Arme um seinen Körper um ihn in eine Umarmung zu ziehen.

Seine Arme schlingen sich um ihre Hüften und sein Kopf kommt knapp unterhalb ihrer Brüste zur Ruhe. Ihre Hände streicheln sachte durch sein Haar und ihre Augen nehmen den gleichen träumerischen Ausdruck an, den sie hatten als sie unten an der Treppe stand.

Die Umarmung währt jedoch nicht lange und sie gehen langsam auseinander. Doch dann überrascht meine kleine Schwester mich. In einer einzigen schnellen Bewegung, die sie vermutlich selber überrascht beugt sie sich zu ihm herunter und küsst seine Haare, direkt oberhalb seiner Stirn.

Seine Augen spiegeln das verwirrte Gefühl der Freude wieder, dass wahrscheinlich durch seine Adern fließt, als er zu ihr aufsieht. Doch sie bewegt sich nicht weiter von ihm weg, wie ich es erwartet hätte, sondern steht wie paralysiert vor ihm, die Augen mit seinen verschmolzen. Langsam beugt sie sich erneut zu ihm hinunter und diesmal kommt er ihr entgegen und das Ziel ihrer Lippen ist nicht länger seine Stirn. Wie in einem Bann zieht es ihre Münder zu einander und mein Atem fängt sich in meinen Lungen als sie schließlich aufeinander landen und die Mauer um sie herum so schallend zusammen bricht, dass ich es bis auf den oberen Treppenabsatz hören kann.

Ich weiß, dass dies ihr erster Kuss ist, ich kann es daran erkennen, wie sich ihre Münder zaghaft und ein wenig unsicher übereinander bewegen, ohne wirkliche Kraft, aber dennoch fest genug, um den Kontakt nicht zu verlieren. Verglichen mit dem was noch kommt ist es ein unschuldiger Kuss, es ist der Anfang und wie bei fast allen Dingen ist der Anfang immer am schwersten, aber auch am schönsten.

Sie weichen kurz auseinander um ihre Lungen mit dem nötigen Sauerstoff zu füllen und in diesem Moment wird mir mein eigener Atem schmerzlich bewusst, der noch immer vor Spannung in meiner Brust gefangen ist. In einem Schwall verlässt er meinen Mund und ich sauge beinahe so gierig wie die zwei Gestalten auf der Couch nach neuer Luft. Doch noch während ich langsam tiefe Atemzüge nehme und das kleine Schwindelgefühl in meinem Kopf ignoriere zieht es ihre Lippen wieder aufeinander und diesmal ist es einer von diesen Küssen, die dich noch Tage später erröten lassen, wenn du an sie denkst. Ich weiß, dass dieser Kuss mich erröten lassen wird, wenn ich an ihn denke.

Beinahe schon sündig duellieren sich ihre Zungen mal innerhalb, mal außerhalb einer schützenden Mundhöhle und plötzlich scheinen sich beide daran zu erinnern, dass ihre Lippen nicht die einzige Möglichkeit der Berührung bieten und mit einem kraftvollen Zug seinerseits zieht er ihren willigen Körper in seinen Schoß. Nachdem dieser erste Kontakt von Haut auf Haut geschaffen ist gibt es kein Halten mehr. Hände berühren jedes erreichbare Ziel, Lippen wandern über Gesichter, Hals und Schultern, selbst Arme und Beine werden genutzt um die größtmögliche Verbindung zwischen ihren Körpern zu bringen.

Fasziniert, wenn auch ein wenig mit Scham erfüllt, beobachte ich wie Fox Mulder beginnt meine kleine Schwester auszuziehen. Es gibt Dinge, die man über seiner Geschwister nicht wissen möchte, wie deren Sexualleben aussieht, steht im Grunde genommen ganz oben auf dieser Liste. Man weiß, dass sie eines besitzen und damit hat es sich. Aber dennoch kann ich mich nicht von dem Anblick vor mir abwenden. Vielleicht liegt es daran, dass alles so neu ist, oder auch daran, dass ich noch nie gesehen habe, dass Dana einen Mann so ansieht, als wäre er ihr Leben.

Ich gebe zu, ich bin ein wenig verwundert, dass sie nicht miteinander sprechen. So wie ich meine Schwester kenne und wie ich auch Mulder kennen gelernt habe, müssten die Worte nur so aus ihren Mündern sprudeln. Doch anscheinend haben sie endlich etwas gefunden, was sie mit ihren Lippen noch lieber tun als Silben, Worte und Sätze zu bilden.

In kürzester Zeit haben sie sich gegenseitig von ihren ohnehin schon wenigen Klamotten befreit, ohne auch nur einmal den Kontakt zueinander zu verlieren. Glücklicherweise verdeckt die Armlehne des Sofas meinen Blick auf die Hüftregionen. Ja, auch mein neu entdeckter Hang zum Voyeurismus kennt seine Grenzen. Es ist schließlich schon schlimm genug, dass ich hier nachts um keine Ahnung wie viel Uhr am oberen Absatz der Treppe meines Elternhauses kauere und meine kleine Schwester dabei beobachte wie sie mit ihrem streng platonischen Arbeitskollegen schläft. Ich muss nicht alle Details sehen, um die Lücken auszufüllen, Danke.

Vom ersten Kuss bis zum nackten aneinander reiben ihrer Haut haben sie schätzungsweise gerade einmal fünf Minuten gebraucht, das ist selbst für eine Christin Rekord. Ich meine, wir mussten schon immer schnell sein. Das muss man schließlich, wenn man eine Sünde begeht. Doch dann verlangsamen sich die hektischen Bewegungen ihrer Körper, als würde ihnen nun endlich klar, dass sie im Begriff sind einen monumentalen Schritt vorwärts zu gehen. Und Sex als monumental zu bezeichnen ist noch gelinde ausgedrückt. Obwohl ich tief in mir dieses kleine nagende Gefühl spüren kann, dass das was ich im Begriff bin mit zu verfolgen für sie nicht das Gleiche bedeutet wie für mich. Ich meine, ich glaube, dass das hier der Anfang einer Beziehung ist, doch die Tatsache, dass noch nicht ein einziges Wort zwischen ihnen gefallen ist, bestätigt mich nicht gerade in diesem Glauben.

Seine Hände suchen sich ihren Weg auf ihren Körper, seine rechte auf ihrer Schulter und seine linke kommt an ihrer Hüfte zur Ruhe, wie um sie an sich zu binden, damit sie auch wirklich auf keinen Fall den Kontakt verlieren. Als ob das überhaupt passieren könnte, so wie sie mit ihren Lippen aneinander gekettet sind. Dann beginnen sich seine Hände einander auf ihrem Leib entgegen zu wandern und treffen sich schließlich bei ihren Brüsten wieder.

Ein verhaltenes weibliches Stöhnen erfüllt den Raum, nur gedämpft durch seinen Mund und ich weiß, dass ich jetzt ins Bett gehen sollte, jegliche Entschuldigung die ich für mich selbst finden könnte würde spätestens jetzt ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Aber mich jetzt abzuwenden wäre wie aus dem Kino zu stürzen bevor das Happy End eingetreten ist und ich habe halt eine wirklich große Schwäche für gute Happy Ends, also bleibe ich.

Mit vor Scham gerötetem Gesicht beobachte ich wie seine langen, schlanken Finger die Brüste meiner Schwester liebkosen, seine Daumen vorsichtig über ihre Brustwarzen streichen. Dabei ziert der Ausdruck purer Faszination sein Antlitz zumindest den Teil den ich sehen kann weil er nicht von ihren wandern Lippen verdeckt wird. Jeder noch so kleine Fleck in seinem Gesicht wird verkostet bis sie sich zufrieden gibt und sich dem Rest seines Körpers widmet. Mit ihrer Zunge markiert sie eine feuchte Spur seinen Hals hinab, wo sie eifrig beginnt an der empfindlichen Haut am Übergang von Hals zu Schulter zu saugen und er gibt ein gefoltertes Seufzen als Antwort.

Seine Arme umschließen ihren viel kleineren Körper und drücken sie fest an sich bis keine Luft zwischen ihren Leibern zirkuliert und ein überraschtes „Oh“ ihrerseits erleuchtet auch mich darüber, welche Körperteile sich nun letztendlich berühren, als hätte sie nicht gewusst was da auf sie zukommen würde.

Doch zu meiner Überraschung schleichen ihre Lippen zurück seinen Hals hinauf und zu seinem Ohr wo ich ein hastiges, rauchiges „Kondom?“ ausmachen kann und er nickt, lässt sie aber nicht aufstehen, sondern drückt sie fester an sich, lehnt sich mit ihr zusammen auf dem Sofa zur Seite bis sein linker ausgestreckter Arm seine Jeans erreichen kann. Ein schneller Griff in die Gesäßtasche und hervor kommt ein kleines goldenes Päckchen.

Allzeit bereit, Mulder? Ich erwarte fast, dass Dana ihn das fragen wird, doch ein Blick in ihr Gesicht macht deutlich, dass Kommunikation hier keine große Rolle mehr einnimmt.

Vernünftiger weise reißt wenigstens keiner von beiden das Folienpäckchen mit den Zähnen auf in ihrer Eile, mit überraschend ruhigen Fingern öffnet Mulder die Verpackung und zaubert das Kondom hervor. Ich kann natürlich immer noch nicht sehen was in den unteren Hüftregionen vorgeht, aber meine kleine Schwester schaut dafür umso faszinierter. Sie ist gerade soweit auf seinen Oberschenkeln zurückgerutscht das er sie beide schützen kann. Sobald seine Hände wieder frei sind rutscht ihr ganzer Körper, wie von einem unsichtbaren Magneten gezogen, wieder zurück an ihren angestammten Platz. Ihre Lippen zurück auf seinen Mund.

Dann ist ihr Gesicht plötzlich das erste Mal höher als seines, ohne das ihre Münder sich trennen, als sie ihre Oberschenkel anspannt und an seinem Körper hinaufgleitet. Für einige Sekunden sind beide zu abgelenkt vom Tanz ihrer Zungen, doch dann sinkt sie langsam und mit tödlicher Präzision wieder hinab und ihre Münder schlucken das gemeinschaftliche Stöhnen. Als ihr Schoß auf seinem zur Ruhe kommt, reißt es ihre Lippen von einander und ihr ungedämpftes Seufzen erfüllt den Raum als sie ihre Stirn gegen seine presst, die Augen fest geschlossen in Konzentration.

Sein Atem geht schnell und schwer gegen ihre Lippen und ihre Zunge streicht abwesend über ihre Mundwinkel um sie zu befeuchten und ihre Zungenspitze berührt seine Lippen, noch immer den Kontakt suchend.

Ihre Hände auf seinen Schultern geben ihr den nötigen Halt um die erste beinahe Loslösung ihrer beiden Leiber herbei zu führen. Bei der darauf folgenden Zusammenkunft ihrer Becken krallen sich ihre Zähne in ihre Unterlippe um ihr Stöhnen aufzufangen und abzuschwächen, so dass nur ein leises Wimmern den Raum erfüllt.

Mit seiner Hilfe, seine Finger, die sich sichtbar in die Haut ihrer Hüften graben, gelingt es ihr einen gleichmäßigen Rhythmus zwischen Trennung und Aufeinandertreffen zu etablieren. Ihr Kopf fällt in ihren Nacken und er nutzt ihre dargebotene Schwäche, in Form ihrer Kehle, sofort aus, verbirgt seine Lippen im zarten Fleisch ihres Halses um seine eigenen Geräusche zu dämpfen.

Obwohl ich finde, dass sie erstaunlich leise sind. Ich kann sie von meinem unrechtmäßigen Absatz auf den Stufen kaum hören, daher sind sie vermutlich vor Entdeckungen sicher. Also vor weiteren Entdeckungen.

Ich frage mich, ob er ihr einen Knutschfleck verpasst. Das wäre mal ein gefundenes Fressen zum Weihnachtsfrühstück. Auch wenn Dana sicherlich einen Rollkragenpullover tragen würde um ihr schändliches Geheimnis zu verbergen, ich hätte einen Heidenspaß daran sie damit aufzuziehen.

Dana scheint allerdings ebenfalls zu bemerken was ihr platonischer Freund gerade an ihrem Hals fabriziert und lehnt ihren Oberkörper zurück um seinen Mund von sich zu trennen. Ich kann quasi schon hören wie sie ihm gleich erklären wird, dass sich Beweise die sich dunkelrot auf blasser Haut abzeichnen nicht unbedingt ganz oben auf ihrem Wunschzettel befinden, aber ihre Worte verstummen ungesprochen.

Ob es an der Tatsache liegt, dass sie die Ruhe waren möchte, oder eher daran, dass während sie sich nach hinten lehnte – und er verzweifelt versuchte ihr zu folgen – seine Hüften das erste Mal aktiv gegen ihre gepresst wurden, auf jeden Fall verlässt kein einziges Wort ihre geöffneten Lippen.

In einem tranceähnlichen Zustand sehen sie einander an während nun ihrer beiden Hüften in einem stetig gleichen Rhythmus gegeneinander reiben. Unschuldig lächelnd streicht er ihr zärtlich wie schon so oft an diesem Abend die vermaledeite Strähne aus dem Gesicht. Nur, dass diesmal die Geste nichts auch nur ansatzweise Platonisches an sich hat, denn kaum ist die Strähne erneut für kurze Zeit hinter ihrem Ohr gebändigt greifen seine Finger in die Haare an ihrem Nacken und mit einer kräftigen Bewegung landen ihre Münder schließlich wieder aufeinander. Natürlich, sie haben sich ja jetzt auch schon fast eine Minute nicht mehr geküsst, ich hätte das kommen sehen sollen.

Es gibt kurze Momente in denen sich ihrer Lippen von einander trennen, allerdings nur um kurz gierig Luft in ihre Körper zu pumpen oder ein Stöhnen in die warme Aura des Raumes zu entlassen. Der Rhythmus kommt zum erliegen um dem Küssen mehr Konzentration widmen zu können. Doch dann schießt sein Kopf plötzlich nach hinten und sein überraschtes Einatmen beendet das Spiel ihrer Zungen.

„Das ist nicht nett“ tadelt er und stöhnt im nächsten Moment gequält auf. Ich weiß nicht, was genau sie ihm da gerade antut, es ist zumindest nichts sichtbares, aber seine Reaktion und ihr Grinsen können nur Tortour für ihn bedeuten. Zum Beweis erzwingt sie ein weiteres Geräusch von ihm und diesmal ist es fast nur noch ein Grunzen. „Wenn du das nicht unterlässt ist gleich alles vorbei“ warnt er.

„Wartest du auf was bestimmtes?“ ist ihre nicht ganz so lockere Antwort wie es ihr vermutlich lieb gewesen wäre. Dennoch versucht sie die kontrollierten Bewegungen ihrer Hüfte wieder auf zu nehmen, scheitert jedoch an ein gleichmäßigen Rhythmus, dafür hat sie an Geschwindigkeit zugelegt.

„Ich möchte dich nicht-“ aber er kann den Satz nicht beenden, er verhallt in einem undeutlichen Stöhnen.

„Keine Sorge“ man hört ihrer Stimme die Anstrengung jetzt deutlich an. „Du kümmerst dich um dich“ sie nimmt eine Hand von seiner Schulter und lässt sie zwischen ihre Körper gleiten „und ich kümmere mich um mich.“ Was kann ich dazu sagen, Mom hat uns schon früh zur Selbstständigkeit erzogen.

Seine Augen folgen ihrer wandernden Hand, jedoch nur kurz, denn mit einem „Oh Shit“ muss er den Blick wieder abwenden und lehnt seinen Kopf erschöpft gegen das Sofa zurück, kein Fünkchen Resistenz mehr in ihm.

Es kommt mir vor wie Stunden, sind aber tatsächlich nur Minuten, die beide auf dem schwierigen Weg zur vollständigen Erlösung verbringen. Jegliche Regelmäßigkeit ist aus ihren Bewegungen verschwunden zu Gunsten von Tempo und Kraft und ich beginne mich zu fragen, wie Dana morgen verheimlichen möchte, dass sie eigentlich weder sitzen noch laufen kann.

Dann bricht plötzlich ein beinahe urmenschlicher Laut aus Mulder heraus, der sicherlich das ganze Haus aufgeweckt hätte, wenn Dana nicht ihre Hand über seinen Mund gepresst hätte. Unglücklicher Weise – oder auch glücklicher Weise – ist das ihre letzte verbliebene Hand die ihren Leib im Gleichgewicht hält und wie ein nasser Sack fällt sie gegen seine Brust, was aber augenscheinlich den Kontakt so zu intensivieren scheint, dass ihre ganzer Körper sich versteift. Da gerade keine seine Hände ihren Mund schließen kann, beißt sie geistesgegenwärtig in seine Schulter, was er aber nicht zu bemerken scheint.

Großer Gott. Ich frage mich, ob ich dabei auch so aussehe, so schön, so leuchtend, so glücklich. Ich habe mich noch nie selbst bei einem Orgasmus gesehen und ich glaube, Peace und ich sollten uns einen größeren Spiegel für unser Schlafzimmer zulegen.

Schließlich erschlaffen ihre Muskeln und sie dreht ihren Kopf zur Seite, lehnt ihre Wange gegen seine misshandelte Haut, wenigstens ist kein Blut zu sehen. Obwohl sie jetzt gefährlich in meine Richtung schaut und ich beginne gerade mir ernsthaft Sorgen zu machen, als er anfängt mit seinen Händen sanft über ihren Rücken zu streicheln während beide ihren Atem wieder unter Kontrolle bringen und sie ist Gott sei Dank noch zu sehr auf ihn konzentriert um mich zu bemerken.

Einige Sekunden verweilen sie in dieser behaglichen Position, bis sie sich mit schwachen Armen von ihm abstößt und beide wieder auf Augenlevel sind. Gespannt halte ich den Atem an. Was kommt jetzt? Eine Liebeserklärung, wäre verflucht auch mal Zeit. Stattdessen sieht sie ihn kurz aber eindringend an, dann lehnt sie sich nach vorne, schenkt seinen Lippen eine kurze Liebkosung mit ihren und erhebt sich von seinem Körper. Seine Arme lösen sich von ihr und mit schnellem Griff entfernt er das Kondom, welches sie ihm sofort abnimmt, woher soll der arme Kerl auch wissen wohin damit.

Schon ist sie auf dem Weg in die Küche um das Beweisstück verschwinden zu lassen, ich könnte ihr sagen, dass sie am besten auch lüften sollte, denn das Wohnzimmer riecht wirklich eindeutig nach ihren Aktivitäten. Aber auch das ist einer meiner helfenden Gedanken die wohl nie den Weg an ihre Ohren finden werden. Kaum ist sie aus dem Zimmer, lässt er seinen Kopf wieder zurück auf die Lehne fallen und fährt sich mit beiden Händen durchs Haar und über sein Gesicht. Jetzt schon Zweifel, Mulder?

Als sie zurück kommt beginnt sie ihre Sachen vom Boden zu sammeln und sich anzuziehen, sein Kopf hebt sich von der Lehne und er sieht ihr stumm beim Anziehen zu.

„So“ beginnt er dann „ich nehme an kuscheln ist nicht drin?“

„Mulder“ nur ein Hauchen aber ein Lächeln schwingt in ihrer Stimme und legt sich auf ihre Lippen wie es seine noch vor kurzem getan haben. „Wir haben Glück das uns bis jetzt noch keiner gesehen hat.“ Ich könnte diese Aussage spielend leicht widerlegen indem ich einfach eine Stufe nach unten steige, würde ich aber natürlich niemals machen.

„Ist das deine Art mir zu sagen, dass ich mir was anziehen soll?“ er wackelt mit seinen Hüften und ich möchte darauf eigentlich nur NEIN sagen, es liegt nicht allzu oft so ein attraktiver, nackter Mann auf dieser Couch. Tatsächlich kann ich mich nicht daran erinnern ob überhaupt schon jemals ein nackter Mann auf dieser Couch lag. Dabei fällt mir ein, ich sollte Peace anrufen, immerhin verbringt er Weihnachten ja jetzt allein und lungert höchstwahrscheinlich auf unserem Sofa rum, ich hoffe aber, dass er dabei angezogen ist.

„Von mir aus kannst du deine Vorzüge der ganzen Welt präsentieren, aber ich weiß nicht, was Ahab dazu sagen würde, wenn er dich so erwischt“ ist ihr lockere Antwort und Mulder ist sofort vom Sofa runter und greift nach seinen Shorts und seinem T-Shirt. Wieder angezogen lässt er sich dann zurück in die Kissen fallen und sieht sie wartend an.

„Guten Nacht, Mulder“ ich erwarte fast, dass sie ihn erneut küsst, aber stattdessen streicht sie ihm nur noch über die Haare und geht dann um die Couch herum Richtung Treppe und jetzt endlich löst sich meine Erstarrung. Ich verpasse seine Antwort als ich so leise wie möglich, mit flinken Füßen die wenigen Stufen über mir erklimme und mich eilig in unser altes Kinderzimmer verdrücke. Gerade noch rechtzeitig schmeiße ich meinen Körper ins Bett und ziehe die Decke bis über die Nase hoch.

Keine Minute später kann ich hören wie Dana kurz im Badezimmer verschwindet und dann öffnet sich die Tür und sie betritt das Zimmer, im Schutz der Dunkelheit schaue ich über den Rand meiner Decke und betrachte meine kleine Schwester.

Eigentlich möchte ich etwas sagen, irgendwas. Natürlich nicht, dass ich die letzten Minuten stiller Zeuge ihres Liebeslebens war, aber irgendwas Schwesterliches wie „Ich bin stolz auf dich“ oder „Endlich bist du mal wieder richtig verknallt“ aber ich kann es nicht.

Zum einen kann ich mir selbst immer noch nicht ganz ernsthaft vormachen, dass diese Nacht hier irgendwas mit Liebe zu tun hatte und zum anderen würde sich Dana sofort wieder in ihr Schneckenhaus verkriechen. Emotionale Geschichten hat sie schon immer am liebsten mit sich selbst ausdiskutiert. Ich wurde immer erst dann mit einbezogen, wenn sie sich ihrer Sache schon sicher war.

Also schweige ich.

Und dann, als meine kleine Schwester schon in ihrem Bett liegt, aber noch nicht schläft, weil sie vermutlich die ganze restliche Nacht mit grübeln verbringen wird, wird mir plötzlich klar, dass ich vergessen habe mir was zu trinken zu holen. Ach, was soll’s, ich werde ja nicht gleich verdursten. Und so drifte ich in den Schlaf.

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