World of X

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Sad but true

von Netty

Der Tag

„Love and friendship are two totally different feelings
the former never really growing back into the latter.“

Und wieder ist es mein Durst, der mich treibt. Sei es nun Durst nach Wasser oder nach Wissen, allerdings gebe ich soviel zu, dass mein Weg in die Küche nicht nur von dem Wunsch nach etwas zu trinken herrührt. Dana und Mulder sind gerade auf die hintere Terrasse gegangen und obwohl ich mich schlecht dabei fühle muss ich wissen was nun passiert, die Spannung die zwischen ihnen herrscht seit wir aufgestanden sind, lässt mich nichts Gutes erahnen.

Durch das Fenster in der Spüle kann ich sehen, dass Dana auf der kleinen Hollywoodschaukel am Ende der Veranda sitzt, eingehüllt in ihre Jacke, die Hände in den Ärmeln vergraben. Mulder steht mit dem Rücken zu ihr am Geländer und sieht auf den Garten hinaus.

Leise klappe ich das Fenster an, wenn ich ihnen schon nachspioniere, dann kann ich es auch richtig machen. Wenn ich Glück habe, werden sie mich nichtmal erwischen.

Der Rest der Familie ist bei der Weihnachtsmesse und so muss ich durch sie keine Entdeckung fürchten. Nach dem Spektakel von letztem Jahr hat Mom mich nicht gefragt, ob ich mitkommen möchte und dafür bin ich dankbar, ich weiß nicht, ob ich meinen Weg zu Gott wiederfinde, aber im Moment widme ich mich anderen spirituellen Kräften. Allerdings hätte ich gedacht, dass meine kleine Schwester mitgehen würde.

Als jedoch klar war, dass Mulders Anwesenheit beim Weihnachtsfrühstück erwünscht wäre und ich die Blicke sah, die sie einander zuwarfen, wusste ich, dass auch Dana diesen Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages nicht in der Kirche verbringen würde.

Für eine Weile herrscht betretende Stille und dieses Bild könnte so trügerisch sein, von weitem betrachtet sehen die beiden Gestalten so vertraut miteinander aus, nur in ihren Gesichtern lässt sich erkennen, dass sie einer völlig neuen Situation gegenüber stehen. Schließlich räuspert sie sich und lediglich die Art wie sich seine Schultern versteifen lässt darauf schließen, dass er ihr zuhört, doch kein Wort verlässt ihren Mund.

„Du bist unsicher?“ fragt er leicht verwirrt und ich kann mir nicht vorstellen, warum er das fragen muss. Ich meine, natürlich ist sie unsicher, sie macht das schließlich nicht jeden Tag.

„Ich überlege nur gerade wie es überhaupt dazu kam, ich meine, ich bin nicht gerade dein Typ, oder?“ Ah, da liegt also der Hase im Pfeffer begraben.

„Und was genau bringt dich zu dieser Ansicht?“

„Ich bin nicht blind, Mulder“ lächelt sie leicht. „Ich sehe welchen Frauen du diese Art von Blicken zuwirfst und in der Regel sind die groß, brünett und haben hervorstechende Eigenschaften und ich rede nicht von ihren Augen.“ Muss ich diese Unterhaltung verstehen? Ich meine, ich hätte diese Art von Gespräch, wenn ich gerade im Begriff wäre mit jemandem Schluss zu machen. Oh Gott, ich kriege gerade ein äußerst schlechtes Gefühl in meiner Magengegend.

„Scully, ich bin enttäuscht“ ihr Kopf schwillt so schnell nach oben, dass ich ihren Nacken beinahe Knacken hören kann. „Du als Wissenschaftlerin solltest wissen, dass es so etwas wie einen Typ gar nicht gibt. Unsere Erwartungen werden zwar von den gängigen Gesellschaftsidealen geprägt aber letztendlich entscheiden wir immer wen wir wollen, wenn wir ihn oder sie sehen.“

„Nun, ich als Wissenschaftlerin muss dir sagen, dass das nicht ganz richtig ist“ wieder dieses kleine Lächeln „Pheromone spielen eine wichtige Rolle bei der Partnerwahl, also tatsächlich entscheiden wir wen wir wollen, wenn wir sie oder ihn riechen“ berichtigt sie ihn.

„Du riechst immer gut“ kontert er. Er hat sie die ganze Zeit noch nicht einmal angesehen. Eine lange Zeit des Schweigens folgt in der mein Magen seine Reise in Richtung meiner Kniekehlen aufnimmt.

„Ich habe nachgedacht“ bricht sie schließlich die Stille.

„Ich glaube, ich weiß, was du sagen möchtest“ sein Blick geht beinahe verträumt in die Ferne, doch ich weiß, dass er mit jedem Gedanken auf dieser kleinen Veranda ist.

„Meinst du“ ihr Ton gefällt mir ganz und gar nicht, für eine Liebeserklärung liegt zuviel Feindseligkeit in ihrer Stimme. Mein Magen schüttelt gerade Hände mit meiner Gebärmutter.

„Das bedeutet aber nicht, dass ich deine Gedanken nicht hören möchte“ beschwichtigt er sie sofort und dann ist es wieder still, allerdings nicht so lange wie zu Beginn dieses Gespräches, jedoch lange genug um das ungute Gefühl in meinem Magen anschwellen und noch ein Stück tiefer rutschen zu lassen.

„Letzte Nacht war eine Erfahrung und ich bin nicht geneigt es einen Fehler zu nennen, weil das bedeuten würde, dass ich es bereue, was ich nicht tue.“ Jetzt ist das ungute Gefühl reine Gewissheit und ich möchte frustriert aufschreien, beherrsche mich aber, wäre nicht besonders hilfreich für meine Tarnung. „Aber es ist auch eine Erfahrung, die sich nicht wiederholen darf.“ Abwesend streicht seine Hand über seine Schulter dort, wo ich weiß, dass sie ihren Stempel hinterlassen hat, bevor seine Schultern in sich zusammen sacken. Natürlich sieht sie es sofort. „Du bist anderer Ansicht?“

„Nein, tatsächlich stimme ich dir vollkommen zu, aber darüber nachzudenken und es zu hören sind zwei unterschiedliche Dinge“ letztendlich dreht er sich zu ihr um. „Ich möchte nicht, dass letzte Nacht zwischen uns steht. Es gibt zu vieles, was ich tun muss. Meine oberste Priorität ist es Samantha zu finden und das wird es auch immer sein, bis ich irgendwann die Gewissheit darüber habe, was mit ihr passiert ist. Und es gibt zu viele ungeklärte Fragen deren Antworten ich besitzen muss, weshalb ich mich niemals nur auf eine Beziehung konzentrieren könnte. Und ich denke, du hast etwas Besseres als eine halbherzige Beziehung verdient“ er wartet kurz, bis sie ihm in die Augen sieht. „Ich denke wir beide haben das. Aber ich bin bereit mir und dir einzugestehen, dass ich dich brauche, wenn auch nur als meine Partnerin, meine Vertraute...“ er lässt den Satz unbeendet und sie sieht ihn ernst an.

„Niemals nur, Mulder. Ich bin deine Partnerin und deine Vertraute, aber ich bin auch deine Freundin und in meinen Augen ist das niemals ein nur“ ihre kleine Hand schält sich aus dem Ärmel und klopft leicht auf den leeren Platz neben sich, er folgt ihrer Bitte und setzt sich neben sie. Beinahe abwesend streicht sie ihm ein paar Schneeflocken aus dem Haar, die vom Dach auf ihn niedergesegelt sind. Der Wunsch nach physischer Nähe vermutlich das einzig Vertraute was sie jetzt fühlt.

„Gestern Nacht war einfach nicht unsere Zeit“ beendet er letztendlich ihrer beider Gedanken und sie nickt, nimmt die Hand aus seinem Haar und reibt sie gegen ihre andere.

„Aber eine Frage habe ich noch, Mulder?“ sie sieht hinab und ihre Stimme klingt plötzlich so schüchtern, wie ich sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gehört habe. Ihr Blick bleibt auf ihren Händen ruhen und sie spricht nach kurzer Pause weiter ohne einen Ton seinerseits, sich seiner hundertprozentigen Aufmerksamkeit noch immer bewusst. „Denkst du, dass du mich irgendwann lieben kannst?“

Zu sagen, dass das eine leichte Frage ist, wäre zu sagen, dass die Sintflut nur ein leichter Regenschauer war. Ich weiß nicht, was die richtige Antwort auf diese Frage ist und ich kann mir nicht vorstellen, was sie für eine Antwort hören will. Ich meine, nachdem sie gerade festgestellt haben, dass letzte Nacht einmalig sein würde. Jetzt eine Diskussion über Liebe zu führen erscheint mir ein wenig... sagen wir ziellos.

Es dauert eine Weile bis er spricht, die Blicke von einander abgewandt.

„Ich denke, auf viele verschiedene Arten tue ich es bereits“ beginnt er und ich muss ihm gratulieren. Das ist glaube ich, die beste Art jemanden zu sagen, dass man ihn braucht und schätzt und respektiert. Auch wenn ich zugeben muss, dass es nicht ganz den Kern von Danas Frage trifft. Aber er scheint das ebenfalls zu wissen. „Doch du meinst auf diese eine ganz spezielle Weise, die bis das der Tod euch scheidet Weise.“ Jetzt sehen sie einander an und ein winziges Lächeln legt sich auf ihre Gesichter.

„Ich meine eher die jeden Tag neben dem selben Menschen aufzuwachen Weise, aber ja, im Grunde genommen ist es das“ erklärt sie und dieses Mal senkt sie ihre Augen nicht. Das Thema ist zu wichtig, als das man irgendeine Emotion verpassen sollte, die in ihren Blicken liegt. Ich verpasse keine.

Er überlegt lange und schließlich legt er seine Hand auf ihre zwei, die nervös miteinander ringen und stillt sie.

„Ich glaube, wenn ich Samantha und damit auch meinen Frieden gefunden habe und die Wahrheit nicht länger ein Geheimnis für die Öffentlichkeit ist, dann werde ich daran denken häuslich zu werden und vielleicht auch zu heiraten und eine Familie zu gründen“ seine zweite Hand gesellt sich zu ihrem Zwilling und sanft umschließen sie Danas Hände. „Und dann gibt es keine Frau auf der Welt mit der ich das lieber täte als mit dir.“ Mit diesem Satz gibt es ihr die Sicherheit, dass sie nicht ins Leere laufen, sondern das es am Ende etwas gibt, auf das es sich zu warten lohnt.

Aber ich verstehe nicht, wie zwei Menschen, die offensichtlich so ineinander verliebt sind und so eine starke Aura um sich herum haben, darin übereinstimmen können, auf einen Tag zu warten, der vielleicht niemals kommen wird. Und ich kann nicht verstehen, wie sie sich noch immer anlächeln können, obwohl ich Tränen meine Wangen hinunterlaufen fühlen kann.

Sie stehen auf und umarmen sich. Es ist alles gesagt. Bevor sie auseinanderweichen und ins Haus zurückkommen verschwinde ich schnell im Badezimmer, um mein äußeres Erscheinungsbild zu überprüfen.

Eigentlich bricht es mir das Herz, das beide so rational denken über eine irrationale Sache wie die Liebe, aber ich weiß auch, dass ich sie nicht vom Gegenteil überzeugen kann. Jedenfalls nicht heute.

Aber ich kann dafür Sorgen, dass sie ihre Gefühle zu einander nicht vergessen und wenn es nur bedeutet Dana damit ständig auf der Tasche zu liegen. Eine meiner leichtesten Übungen.

Während ich in den Spiegel schaue, kann ich hören, wie meine Familie von der Messe zurückkommt, doch bevor ich mich zu den anderen begebe, die sicher gleich anfangen Frühstück zu machen, spritze ich mir ein bisschen Wasser ins Gesicht und muss plötzlich darüber lachen, welche gewaltige Rolle, diese einfache klare Flüssigkeit in den letzten 12 Stunden in meinem Leben und dem Leben zwei besonderer Menschen eingenommen hat.


Hat euch mein Ansatz gefallen? Ja? Nein? So oder so lasst es mich wissen unter netty1008@aol.com. Aber bitte versucht mir nicht zu erklären, wie abwegig die gesamte Geschichte ist, deswegen ist es ja Fiktion, nicht wahr? Ich habe mich trotz allem bemüht den Charakteren treu zu bleiben, obwohl das ja generell nicht unbedingt zu meinen Stärken gehört. Und wem das Ende zu kitschig ist, der hat eben Pech gehabt, ich hab halt auch ne Schwäche für Happy Ends.
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