World of X

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Ich hätte lieber eine Rose ...als das ewige Leben

von Franzi

Kapitel 1

Wieder einmal ... ein freier Samstag und ich folge auf Kommando meinem Partner in irgendein Krankenhaus um irgendetwas wie immer "ganz wichtiges" mit ihm zu besprechen.

Vielleicht sollte ich mal mit ihm etwas ganz wichtiges besprechen. Müssen wir denn immer kurz vor dem Tod in einem vor Mottenmenschen nur so wimmelnden Wald sein, dass wir frei über uns reden können ? Es wäre so einfach. Diese drei simplen Worte. Ich könnte Montag Morgen in unser Büro stürmen , mich vor ihn stellen und "Ich liebe Dich." sagen.

Doch ich kann es nicht. Nicht weil ich mich nicht trauen würde ... jedenfalls nicht ganz. Es ist einfach nur... ich hatte noch nie eine Freundschaft mit einem Mann , um ehrlich zu sein , so eine Freundschaft , wie ich sie mit Mulder habe , hatte ich noch nie mit jemandem. Ich bin mir nicht sicher, welche Gefühle es sind. Natürlich hege ich welche für ihn...schon von Anfang an, aber ob sie von wahrer Liebe stammen ?

Ich würde für uns beide alles zerstören.

Ich weiß ja nicht einmal über mich bescheid, wie soll es dann der Mann, der jede Woche eine neue Erklärung für das Verschwinden seiner Schwester hat wissen ?

Seit Monaten quälen mich schon diese Gedanken , manchmal ist es unerträglich , wenn Mum anruft und mich einlädt doch wieder mal vorbeizukommen und ich sage ab, aus Panik er könne mich brauchen. Wenn das so weiter geht brauch ich einen Psychiater auf Dauer.



Doch ich ertrage es ... die Ungewissheit .... für ihn.



Da steht er, mit dem Rücken zu mir und spricht mit einem Arzt. Ich kann seine Worte hören.

"...Wir haben niemals ..., aber sie hat mich oft behandelt wenn ich angeschossen wurde, auch wenn es keine Handschuhe gab..."

"Mulder ?"

Er fährt herum und starrt mich an wie ein Gespenst.

Der Arzt zu mir: "Können wir jetzt mit den Tests beginnen ?"

"Welche Tests , Mulder ?"

Er nimmt mich zur Seite: "Scully , das ist sehr wichtig. Bitte tun Sie es für mich. Ich kann es Ihnen jetzt nicht erklären."

Ich füge mich, ...wieder einmal und lasse mich aufs gründlichste untersuchen , auch wenn man eine Ärztin ist, ist das nicht angenehmer als für jemand anderen. Ganz zu Schweigen davon, dass dieser Arzt sein Diplom anscheinend in einer Metzgerei absolviert hat und er versucht tatsächlich meinen Arm abzustechen.

"Die Testergebnisse bekommen Sie in einer Woche."

Danach kann ich es nicht mehr aushalten. "Mulder, was soll das ? Habe ich Alienviren ?"

"Scully !"

"Mulder , jetzt hören Sie mal zu. Ich könnte schon Ausstülpungen an den Armen bekommen und Sie würden immer noch so tun , als wäre alles in Ordnung. Sie brauchen mich nicht zu beschützen !"

Die letzten Worte kamen nur so aus mir herausgesprudelt und ich mache eine kurze Atempause.

"Mulder , ich möchte manchmal einfach nur wissen, was mit mir los ist !"

Er blickt mir ihn die Augen , so tief , wie sonst nur bei bestimmten Anlässen und es wird mir ganz bang.

"Scully, ich muss das alles erst einmal mit mir selbst ins Reine bringen.

Warten Sie bis morgen , Scully. Bitte ! Ich werde Ihnen alles erklären."

Er geht weg und ich stehe wieder da, wie schon so oft.



Alleingelassen auf einem einsamen Flur.



Nach einer unangenehmen Nacht und einem unvollständigen Frühstück und einem Arbeitstag mit Skinners Tadel ,stehe ich vor unserem Treffpunkt. Eine , gotische Kirche, diesen Punkt hat Mulder ausgemacht und ich zweifle langsam an seinem Verstand.

Ich gehe hinein. Es ist dunkel , nur der Altar ist erleuchtet und ein kleiner Sockel mit einer Marienstatue. Und dort steht Mulder. Er scheint in Gedanken versunken zu sein. Doch als ich näher komme, sehe ich, dass seine Hände gefaltet sind. Das ist ein harter Schlag, Mulder, FBI´s Most Unwanted, der seine eigene kleine Religion erfunden hat und mich immer mit einem abschätzenden und mitleidigem Blick bedenkt, wenn ich von Gott oder Kirche rede, steht hier und betet.

Ich lasse meine Absätze mit Absicht härter als sonst auf den Marmorboden auftreffen und er dreht sich um.

Dieser traurige Ausdruck entsteht wieder auf seinem Gesicht.

Er wartet geduldig bis ich bei ihm bin. Wir schweigen uns eine Weile an und ich betrachte die Figur. Ich war schon ein paar Mal hier, doch ich habe noch nie den Schmerz in ihren Augen betrachtet. Das tue ich jetzt ausgiebig, bis Mulder

"Hier ist es nicht so gut. Lassen Sie uns spazieren gehen." Sagt.



Wir gehen in den Park.

Er läuft schweigend neben mir her. Ich halte es nicht noch länger aus.

"Was ist los , verdammt noch einmal ?"

Er bleibt stehen, zieht mich zu einer Bank und zeigt mir, dass ich mich setzen soll.

"Scully ... Ich bin krank."

Er blickt in die sternenreiche Nacht.

" .... sehr krank....."

Sein Blick wird weitschweifender , er schaut mir nicht mehr in die Augen.

"Mulder ,....Wie krank ?" Ich stehe auf und nehme meine Hand in seine.

Sein Blick wird fest.

"Scully, ich habe AIDS."

Dafür brauche ich einige Sekunden, es ist schon lange in meinem Gehirn angelangt, doch das sagt mir immer wieder : das darf nicht wahr sein, das darf nicht ...



Nicht wahr sein...



"Mulder ..." meine Stimme kommt langsam wieder zurück.

"Es tut mir ja so leid!"

Ich weiß nicht was ich sagen soll.

"Ich werde Ihnen helfen."

Sein Blick ist verletzt.

"Sie sind Ärztin, Scully. Sie müssen es doch besser wissen. Es gibt keine Hilfe."

Die letzten Worte hat er förmlich geschrieen , in seinen Augenwinkeln haben sich Tränen gebildet.

Ich will ihn in den Arm nehmen , doch er löst sich von mir.

"Hören Sie , Scully. Wenn es nicht die Möglichkeit gäbe, dass Sie es auch haben ... Glauben Sie es mir, ich wäre nach Nevada in die Wüste gefahren, hätte ein großes Loch gegraben und mich hineingelegt."

Erst jetzt wird mir alles klar. Ich kann es auch haben. Wieder eine Krankheit, eine weitere Krankheit , wieder unheilbar.

Noch gestern habe ich über Sachen nachgedacht, die unser Leben verändern würden. Ich müsste nur handeln. Jetzt brauche ich nichts mehr tun, der Teufel hat es für mich getan.

Ich starre auf meine Hände. Werde ich wieder hilflos in einem Krankenbett liegen, meine Liebsten an meiner Seite und zurück zu Gott finden. Ist es das, was Mulder gerade durchmacht ?

"Ich glaube es ist besser, wenn wir jetzt nach Hause fahren."

Das tun wir dann auch. Ich fahre , Mulder starrt auf die Straße.

Ich versuche seinem Blick zu begegnen , doch er blickt starr auf die anderen Autos und die Leuchtreklamen der Häuser.

Endlich an vor seinem Haus angekommen, steigt er sofort aus und wendet sich schon zum gehen.

"Mulder ?"

Er dreht sich um, Augenringe ziehen kleine Striche auf seinem Gesicht wie auf einer Landkarte.

"Hm ?"

"Was ist denn jetzt ?"

"Ich bin müde , Scully. Wir sehen uns morgen."

Ich hätte nie gedacht dass es mich so schocken könnte, aber dieser Satz aus dem Mund meines Partners macht mich ganz elend. Der Mann, der 2 Tage ohne Schlaf auskommt und dann erst mit Wiederwillen ins Bett geht, erklärt mir, dass er müde ist. Es tut weh. Weh, da ich nicht weiß, was ich tun soll. Es ist schon lange her, dass ich mich derartig hilflos gefühlt habe.

"Kann ich ... irgendetwas für Sie tun ?"

"Nein , danke, Scully."



Ich bin zu Hause angelangt. Das was ich seit Jahren "zu Hause" nenne. In Wahrheit ist es doch nur eine kalte, einsame Wohnung, in der jemand versucht hat es wie "Heim" aussehen zu lassen. Nein, Heim ist etwas anderes, etwas auf das man sich freut, etwas in dem man schöne Dinge erlebt und glücklich ist, doch für mich ist es nur Mittel zum Zweck. Ein Schlafplatz und Aufenthaltsort, wenn mich gerade mal niemand braucht.

Ich stehe vor meinem Bett und betrachte es kritisch. Wie oft habe ich mich in diesem Bett schon in den Schlaf geweint ? Ängste ausgestanden , Albträume erlebt ? Nächtelang ! Wann hab ich schon mal etwas freudiges erlebt ?

Ich wurde so gläubig erzogen, ich war jeden Sonntag in der Kirche , war im Religionsunterricht immer die Wachsamste, auch auf die Gefahr hin uncool zu sein. Es war wichtig für mich ,ein Teil meines Lebens. Doch dieser feste, so unbeirrbare Glaube ist im Laufe der Jahre zerbröckelt , erst Daddy ...

Dann Missy ... und diese weiteren Qualen. Gott prüft uns, oh ja... Aber was habe ich verbrochen , um eine derartige Prüfung über mich vorüber gehen zu lassen ?

Jetzt kann mich nichts mehr halten, ich nehme einen Stapel Akten und werfe ihn den Tisch hinunter, meine Dienstmarke und Waffe landen an der Wand , ich werfe die wenigen Gläser die ich habe auf den Fußboden. Schwer atmend finde ich eine Pause.

Doch, verdammt , ich bin in eine Scherbe getreten.

Meine Socken verfärben sich mit Blut und mir wird übel. Im Bad ziehe ich langsam die Socke aus, um meinen Fuß zu begutachten. Es ist nicht mal etwas steckengeblieben, es muss nur ein mehr stumpfes als scharfes Stück gewesen sein. Eine kleine Wunde, und doch rennen jetzt die Tränen an meinen Wangen hinunter. Das darf doch nicht wahr sein, dass ich wegen einer kleinen Schnittwunde weine. Dana ! Aber ich weiß es, tief in mir drinnen. Ich weine um Mulder, ein weiterer Mensch, der von mir gehen wird und mich der Grausamkeit des Lebens schutzlos überlassen wird.

Und ich weine meinetwegen , aus Mitleid für mich.

Nach ein paar Tabletten und einem Glas Wein, wenn Bill das wüsste würde er mich killen, liege ich im Bett und bin am Einschlafen.

Der Schmerz lässt mich kurz schaudern , doch ich weiß , dass es nicht der physische ist...





Am nächsten Tag sehen wir uns wie jeden Morgen um acht.

Und er tut so, als ob alles normal wäre. Nachdem wir schon zwei Stunden an der Arbeit sind und er noch nichts gesagt hat, mache ich den Anfang.

"Mulder ? Wann haben Sie es vor Skinner zu sagen ?"

"Warum sollte ich es überhaupt vorhaben ?"

"Er ist unsere Vorgesetzter."

"Scully ! Es geht mir gut , ja ? Ich bin krank, aber die Krankheit ist noch nicht ausgebrochen, das heißt ich kann tun und lassen was ich will. Also spielen Sie nicht meine Mutter, das geht mir nämlich auf den Keks."

Ich habe eine Ablehnung erwartet, aber so barsche Worte, nein ! Beleidigt und gekränkt ziehe ich mich bis zur Mittagspause an meinen Schreibtisch zurück.

"Mulder, haben Sie vielleicht auch schon daran gedacht, dass ich auch krank sein könnte ?" fahre ich ihn an.

"Was wollen Sie denn, Scully ? Ich hab Sie zu diesen Tests ins Krankenhaus geschleppt und Ihnen alles erklärt. Und das habe ich nur in der Hoffnung getan, dass Sie mich in Frieden lassen."

"Jetzt hören Sie mal zu, Mulder! Das ist etwas was uns Beide etwas angeht. Es ist in diesem Fall egal, ob ich es auch habe oder nicht. Es geht um Sie, Mulder! Sie können doch nicht einfach weitermachen, als ob nichts wäre !"

"Ach, ja? Und was soll ich Ihrer Meinung nach tun ? Mich in Ihre Arme fallen lassen und `Oh Scully tun Sie etwas `schreien ?" Wäre das etwas für Sie ? Turnt Sie das an, Scully ? Mich hoffnungslos und verzweifelt zu sehen ? Tut mir leid, leider kein Bedarf !"

Mit diesen Worten stürmt er aus dem Aufzug.

"Ich nehme mir für den Rest des Tages frei!" Ruft er zurück.

Doch an nächsten Morgen ruft er an, dass er den Rest der Woche nicht kommen wird.

Ich kann es am ersten Tag noch verdrängen und erzähle Skinner beiläufig, dass Mulder die Grippe erwischt hat. Doch am Abend kommt die Einsamkeit wieder zurück. Das Gewohnheitsglas ist schnell aufgestellt.

Die Woche zieht sich endlos dahin.

Kein Wort von Mulder , schon seit drei Tagen.

Ich halte es nicht länger aus, ich befürchte das Schlimmste und fahre wie irr zu ihm.

An seiner Tür angekommen klopfe ich wie wild, doch die Tür geht auf und ein leicht verschlafener Mulder öffnet sie.

"Was gibt es ?"

"Uh... ein wichtiger Fall, Mulder ich brauche Sie."

"Okay."

Der wichtige Fall , Kornkreise, stellt sich als Bauernbetrug heraus.

Wir sitzen irgendwo in der Mitte und zugleich Einöde der USA fest , da unser Auto den Geist aufgegeben hat und wir bis morgen auf den Ersatzwagen warten müssen. Abends klopft es an meiner Tür. "Wer ist da ?"

"Carrie White."

"Kommen Sie rein, Mulder."

"Ich wollte Sie überreden mit mir eine Runde durch den Wald zu drehen."

Ich lasse mich breitschlagen und wir gehen los.

Es ist schon düster, doch mit Mulder wird es nicht so schlimm sein.

Wir schweigen wieder, aus Angst den Anderen mit den eignen Worten zu verärgern.

Der Wald ist für mich immer noch unheimlich. Ja, ich bin ein großes Mädchen, aber ich kann sämtliche Fabelgestalten in den Schatten erkennen. Die Zeiten ändern sich, wie oft bin ich früher durch Wald und Wiesen gelaufen, mit Bill und Charles, wir haben sämtliche Geschwisterkriege ausgefochten, später, als Bill sich schon lange zu alt dafür fühlte und auch Charles sich nicht mehr mit seiner Schwester blicken lassen wollte, war auch ich älter geworden, doch der Wald hatte immer eine magische Anziehungskraft auf mich. Wenn meine Eltern gewusst hätten, dass ich anstatt in den Geschichtsunterricht zu gehen mit Jack Carter im Wald gleich in der Nähe der Schule zum ersten Mal rumgeknutscht habe hätten sie mich gelyncht... Der Himmel über den Baumwipfeln und das strahlende grün der Blätter. Doch jetzt ist nichts strahlend, der Winter setzt bald ein und es ist stockfinster. Krankheit hin oder her, Probleme kann man nicht einfach wegschweigen. Ich würde gerne anfangen, doch Mulder wollte mit mir reden, ich bin mir sicher, dass er etwas vorbereitet hat.

Ich blicke ihn von der Seite schief an, doch er reagiert nicht.

Sieben Jahre Partnerschaft. Wir können Über alles reden, nur über Gefühle nicht.

Als mich ein Ast am Arm berührt, kreische ich unvermittelt auf. Mulder, der aus seinen Gedanken schreckt, legt mir sofort seinen Arm um die Taille, doch als er merkt, was mein Geschrei verursacht hat kann er nur grinsen.

"Das ist gar nicht lustig! Ich lauf nun mal nicht gern in dunklen Wäldern rum, nur um meinen Partner anzuschweigen."

Er schaut mich an, nimmt mich an der Hand und meint, "Kommen Sie. Wir gehen in die kleine Bar neben unserem Motel."

"Sie sind eingeladen, Scully ! Die erste Runde ist gratis. Was wollen Sie ?"

"Whiskey."

Der Barkeeper stellt unsere Getränke mit einem falschen Lächeln hin und zieht sich wieder in die Ecke mit den Kartenspielern zurück.

"Heute ganz die Harte?"

Ich weiß nicht was er will, doch als er mit seinem Finger auf mein Glas zeigt, ist es klar. Er ist es nicht gewohnt mich Alkohol trinken zu sehen.

"Irgendwann ist immer das erste Mal." Ich kann ihm nicht davon erzählen.

"Ja. Sagen Sie mal, Scully. Haben Ihnen die Lone Gunmen eigentlich schon von ihrer neuesten Regierungsverschwörungstheorie berichtet ?"

"Nein, ich hatte das Glück, dem zu entgehen."

"Das müssen Sie einfach hören. Es ist köstlich!"

Und so reden wir über Gott und die Welt. Über alles ... nur über uns selbst nicht.

Er ist da, der Tag meines Testergebnisses.

Mulder und ich haben ausgemacht, dass wir uns im Krankenhaus treffen.

Ich erinnere mich daran, als meine Mutter einmal traurig wegen mir war, doch ich kann mich nicht mehr erinnern weswegen...

Ich bin schon eine halbe Stunde vorher da. Die Anspannung ist unerträglich. Viele Leute fragen mich wie ich damit umgehen kann es Tag ein Tag aus mit Toten zu tun zu haben. Wenigstens sind sie es schon antworte ich dann. Von den meisten Leuten erhalte ich darauf einen mehr als seltsamen Blick, was auch selbstverständlich ist. Doch je mehr ich darüber nachdenke, um so furchtbarer scheint es mir normaler Arzt zu sein. Leute kommen zu einem und man muss ihnen von einem Tag auf den anderen erklären, dass ihr Ende nah ist.

Was soll ich dann tun ? Mulder wird keine Hilfe sein. So viel ich auch für ihn empfinden mag, oder auch nicht, er würde kein Verständnis für mich aufbringen können. So lange wir uns kennen, wir haben uns immer gegenseitig wieder hochgezogen, der eine hatte immer Hoffnung und hat dem andern so lange zugeredet bis dieser wieder Lebensmut hatte.

Doch was soll geschehen wenn wir beide krank sind ?

Was ist wenn es ihn vor mir erwischt ? Wie werde ich erst mit Mulders und denn mit meinem eigenen Tod fertig werden?

Der Gedanke allein macht mich schon wahnsinnig. Wann hört das alles auf ? Das ganze Elend, gibt es denn keine anderen Leute auf dieser Welt ?

Und wie soll ich es meiner Familie beibringen ?

Die Blätter fallen leblos zu Boden. Ich weiß es wieder. Ich muss fünf oder so gewesen sein. Die Kinder in der ganzen Straße haben mit den Blättern gespielt und nach anderen damit geworfen. Doch ich saß im Haus und habe Mum gefragt, warum denn Blätter sterben müssen.

Dad hat gemeint: `Sei nicht traurig, Maggie. Sie ist eben nur ein ernstes Kind. Das ist eine Gabe.`

Doch dies war das einzige in dem er sich jemals getäuscht hat...

Ich fasse mir ein Herz und gehe wieder die langen Krankenhausflure entlang.

Dort stehen Mulder und der Arzt.

Doch es ist nicht der Mulder, mit dem ich die letzten Tage verbracht habe.

Er läuft mir strahlend, wie ein kleiner Junge entgegen und nimmt mich in den Arm.

So hält er mich eine Weile, bis ich ein Wort ausmachen kann, das er stetig wie ein Gebet immer und immer wiederholt... negativ...negativ...negativ...oh Gott, Scully." Flüstert er in mein Haar. "Ich hätte es mir nie verziehen."

Er schiebt mich von sich weg und blickt mir in die Augen.

Tränen sind auf seinen Wangen und es sind Freudentränen. Doch schon ist seine Stimmung um 180° umgeschwungen. "Ich muss jetzt gehen." "Mulder, ich wünschte ich könnte etwas für Sie tun."

"Das können Sie aber nicht." Und schon ist er verschwunden.

Wir sind uns so ähnlich. Wir können unseren Schmerz mit niemand anderem teilen.

Geteiltes Leid ist halbes Leid....

Doch das gilt nicht für uns. Wir müssen uns gegenseitig beweisen wie stark wir sind. Ich würde so gerne jetzt zu ihm fahren, doch ich muss ihm einfach ein wenig Zeit lassen.

Nach zwei Flaschen Bier melden meine Nieren den Lauf der Natur und ich bewege mich in Richtung Bad. Als ich mir gerade die Hände waschen will fällt mein Blick auf mein Spiegelbild.

Eine fremde Frau sieht mich aus einer anderen Dimension an. Ihr Haar ist furchtbar zerzaust und die Ringe um ihre Augen sind annähernd schwarz. Ich schiebe es auf den Alkoholkonsum und auf die Einschränkung der Sinne und lege mich ins Bett.

Am nächsten Tag haben wir eine Besprechung.

Ich bin schon fast eingedöst, da kommt Agent Rush, dieser Vollidiot, und muss natürlich von Mulder eine Erklärung für sein Einmischen vor drei Wochen in irgendeinen Fall erklären.

Ich möchte am liebsten Mulder zurückhalten, es geht ihm gut, das weiß ich, aber irgendetwas sagt mir, dass das nicht so ganz stimmt...

Er steht auf und fängt eine seiner langschweifigen Reden an, typisch Mulder, also kann es ihm gar nicht so übel gehen , denk ich mir und lasse mich in meinen Stuhl zurückfallen.

Doch er hat nicht mit Rush gerechnet, dieser hat seine Rede nämlich schon vorbereitet und macht Mulders somit nieder.

Dies zelebriert er minutenlang, bis er mit "Und was sagen Sie dazu , Agent Mulder ?"endet.

Ich habe die ganze Zeit nicht auf Mulder geachtet, doch als ich ihn wieder anblicke durchzuckt es mich förmlich. Er steht da, auf einen Stuhl gelehnt und kreidebleich im Gesicht. Doch auch das ist Rush nicht genug. "Wie meinen , Agent Mulder ? Ich kann Sie nicht verstehen, ups Sie haben ja noch gar nicht angefangen zu sprechen."

Er hat es geschafft meinen Unmut zu reizen , mich soweit gebracht, dass ich ihn vor versammelter Mannschaft anherrsche: "Halten Sie die Schnauze ! Sehen Sie denn nicht , dass ..."

So weit komme ich nicht mehr, Mulders Knie werden weich und ich stürze zu ihm , um ihn im letzten Moment noch aufzufangen , doch es ist zu spät. Er ist auf dem Boden aufgeprallt und er hat eine Blutlacke bildet sich auf dem Fußboden.

Und sofort ist der Gedanke an die kaputten Gläser auf meinem Küchenboden wieder da. Mein Fuß hat geblutet, jetzt blutet sein Kopf. Ich möchte ihn sofort in meinen Schoß legen, ihn wiegen und den Schmerz vergehen lassen. Ich greife schon nach ihm, doch da kommt der Gedanke HIV ... es ist gefährlich, ich schicke alle Lustzuschauer weg und finde glücklicherweise ein paar Handschuhe in meiner Manteltasche. Jetzt sollte man erwarten, dass ich ihm ärztliche Betreuung zukommen lasse, doch ich bin immer noch ganz starr und nicht zu mehr fähig, als ihn auf ein Kissen, das Skinner schnell herbeigezaubert hat, zu betten.

Vor Aufregung weiß ich nicht mal mit wem ich rede , aber ich drohe dieser Person Schmerzen an, wenn sie nicht sofort einen Arzt ruft.

Sein Atem ist normal , doch sein Gesicht ist so blass, so untypisch für den immer gebräunten Agent Mulder. Ich lege ihm das Kissen besser in den Nacken , er kommt wieder langsam zu sich , und blinzelt verwirrt, nur um Sekunden später wieder ohnmächtig zu werden.

Verzweifelt reibe ich seine Hand und starre ihn einfach nur an. Als das Rettungsteam kommt bin ich unfähig ihnen einen korrekten Bericht liefern zu können. Sie wimmeln mich mit einem "Ma’am, sie können jetzt nicht mitfahren." Ab.

Zehn Stunden später auf der Intensivstation.

Er hat es für sich behalten. Er musste sich im Wald eine Erkältung geholt haben. Die Krankheit war schon ausgebrochen , der Arzt hatte ihm nur versichert, dass er noch für einige Zeit arbeiten könne. Als ob er jemals einem Arzt vertraut hätte...

Es klopft an der Tür.

Skinner. "Agent Scully, Sie sollten jetzt doch besser nach Hause fahren." Da ist es wieder `nach Hause` . Und meine Gedanken kommen zurück. Ich will ihn gerade anbrüllen, dass ich kein zu Hause habe , besinne mich aber eines besseren und sage höflich: "Nein, danke , Sir. Ich möchte noch bei Agent Mulder bleiben."

"Sie können nicht ewig bei ihm wachen. Kommen Sie, Scully. Sie können ja mit dem Arzt reden, dass er sie anruft wenn er wach ist. Aber Sie brauchen jetzt erst einmal eine Pause."

Er sagt das so bestimmt, dass ich zu meiner eigenen Überraschung nur nicken kann. Dieser Mann versteht wie man mit Frauen umgeht, nicht das seine Worte toll ausgewählt gewesen wären , aber es versteht es seine Stimme sanft und doch zugleich bestimmend klingen zu lassen. Also folge ich ihm zu seinem Wagen.

Als wir angekommen ist , sagt er mir zuvorkommend "Ich bring Sie noch nach drinnen."

Das ist mir eigentlich auch ganz lieb, da ich mich nach so vielen Stunden kaum mehr auf den Beinen halten kann. In der Wohnung gehe ich mich sofort umziehen und Skinner macht derweil Kakao.

Als ich zurückkomme, drückt er mir eine Tasse in die Hand . "Zucker ist keiner drin. Ich konnte keinen finden."

Da ich es jetzt nicht angemessen finde, ihm zu erklären, dass der Zucker und ich uns schon lange getrennt haben, dafür ist jetzt die Bitterkeit an seiner Stelle, sage ich gar nichts ich will ihn zu so später Stunde nicht mit meinen Problemen konfrontieren.

Unsere Tassen sind ausgetrunken, er wendet sich zur Tür und dreht sich noch einmal um: "Wenn Sie Hilfe, oder jemanden zum Reden brauchen...." er macht eine Pause und die braucht er auch, da ich ihm in diesem Moment in die Arme falle. Ich weiß selbst nicht warum. Diese Worte haben einfach eine Spontanreaktion ausgelöst.

Er ist so stark und doch hält er mich ganz sanft, ich halte tapfer die Tränen zurück und hauche ein "Danke, Sir." Der überraschte Skinner , murmelt ein "kein Problem" und ist schon zur Tür draußen.

Er ist eben ein Gentleman, ich weiß nicht wie stark ich bei jemand anderem gewesen wäre ...

Nach weiteren Schlaftabletten kommt auch zu mir der wohlverdiente Schlaf.



Die nächsten Tage verbringe ich damit, mich aus dem Büro zu schleichen um bei Mulder zu sein und dafür auch noch gute Ausreden zu finden.

Es ist einfach trostlos. Wer hat nur diese Krankenhausräume ausgestattet ?

Diese kahlen weißen Räume, dazu das stete Piepsen der Geräte macht mich schier wahnsinnig.

Sein Gesicht ist so blass wie seit seinem Sturz, er hat eine Wunde an der Stirn und nichts scheint wie früher zu sein. Ich habe immer an seinem Bett gewacht, doch es gab immer Hoffnung. Mulder hat Recht, ich bin Ärztin , ich sollte es besser wissen.

So geht es eine Woche lang.

Wenn ich zu schwach bin um zu sitzen, kommen Skinner oder die einsamen Schützen vorbei um mich zu überreden ein paar Stunden zu ruhen.

Danach bin ich sofort wieder hier, wie auch heute, es lässt mir keine Ruhe, ich habe das Gefühl ,dass ich etwas tun könne, doch wenn ich wieder an seinem Bett sitze und seine Hand halte ist das Gefühl weg.

Es klopft an der Türe und ich erwarte, dass Skinner eintritt und mir eine Standpauke über Arbeitsmoral hält und dass ich nichts ändern kann.

Aber meine Mutter tritt ein.

"Mum ? Was machst du denn hier ?"

"Dana..."

Schon steht sie neben mir und setzt diesen besorgten Blick auf.

"Ich habe vor fünf Tagen auf deinem Anrufbeantworter eine Nachricht hinterlassen und du hast dich nicht gemeldet. Ich habe bei dir in der Arbeit angerufen und du warst nicht zu erreichen. Und als ich gestern zu deinem Büro gefahren bin hat mir der nette Mann am Eingang gesagt, was passiert ist..."

Ihr Blick wandert über Mulders kranken Körper und bleibt an den ganzen Geräten hängen.

"Wie geht es ihm ?"

"Er ist zusammengebrochen und hat sich mehr oder weniger schwer am Kopf verletzt."

Sie nickt abwesend und ich merke, dass ihr Blick jetzt auf mir ruht.

"Dana, wann hast du zuletzt etwas gegessen ?"

"Mum !"

"Du hast abgenommen, das wird ihn auch nicht wieder zum Bewusstsein bringen."

Ich mache gerade den Mund auf um etwas zu erwidern, da kommt Skinner herein.

"Gehen Sie nur, Agent Scully. Ich bleibe ein bisschen hier."

Ich gebe mich geschlagen und ergreife die ausgestreckte Hand meiner Mutter und flüstere in Mulders Richtung ein "Träumen Sie was süßes."

Mum benimmt sich als wäre ich sieben und hätte Grippe.

Sie schickt mich ins Bad sobald wir in meinem Apartment angekommen sind, kocht Tomatensuppe aus der Dose und setzt ihr wir-können-über-alles-was-dich-bedrückt-reden Gesicht auf.

Ich würde ihr gerne alles erzählen, doch die Erinnerung kommt zurück. Alles was ich ihr schon angetan habe, wie viel Angst sie schon wegen mir durchstehen musste. Ich darf es mir nicht einmal vorstellen! Also bedanke ich mich lediglich für ihre Kochdienste und frage ,ob sie nicht doch das Bett anstatt der Couch haben will, doch sie lehnt ab.

Meine erste Nacht seit Mulders Geständnis, in der ich ohne Schlaftabletten im Bett liege.

Die Gedanken schweifen umher und ich kann mich nicht von den verdammten Schuldgefühlen abbringen. Ich hätte nachbohren sollen, ich weiß doch, dass er nicht sofort alles sagt, nur ein kleiner Wink... er hätte mir bestimmt alles erzählt , dann hätte ich es ihm verboten zur Arbeit zu gehen und das wäre nie geschehen. Die Gedanken wollen kein Ende nehmen und als ich es nicht mehr länger aushalte, schleiche ich wie ein Dieb in die Küche um mir wenigstens ein Glas Wein zu genehmigen.

Danach ist es wirklich einfacher.

Mulder ... Nein ! Das dürfen Sie mir nicht antun !

Ein Albtraum, schweißgebadet wache ich auf und sehe meine Mutter an meinem Bett sitzen.

"Du musst mir jetzt alles erzählen."

Also setzen wir uns gemeinsam in die Küche und ich erzähle ihr von Mulders Krankheit, von seinem Sturz und von meinen Schuldgefühlen. Sie sitzt da und hört zu und dafür bin ich ihr dankbar.

Sie schaut mich an und beginnt einen Satz zu formulieren, doch es fällt ihr sichtlich schwer.

"Dana, ... habt ihr beide denn.. ich meine gibt es die Gefahr ..." doch schließlich ringt sie sich doch dazu durch, " ...hast du es denn auch ?"

Ihr Gesicht ist von Falten gezeichnet und ich möchte nicht wissen für wie viele ich allein verantwortlich bin.

"Ich meine ... ich will nicht indiskret sein, aber es ist doch wichtig, oder ?"

Ich nehme ihre Hand in meine und schaffe es halbherzig zu lächeln.

"Nein, ich habe einen Test gemacht. Er war negativ. Mulder und ich, wir sind uns anders nahe."

Sie lächelt zurück, doch blickt auf als sie meine Tränen bemerkt.

"Es ist nur... ich fühle mich so hilflos. Ich habe jahrelang Medizin studiert und ich kann ihm nicht helfen. Ich fühle mich so machtlos." Die Tränen werden immer stärker.

"So habe ich mich gefühlt als Melissa im Krankenhaus lag." Sie zögert. "Und auch als du Krebs hattest. Ich war eure Mutter, euer Dad war nicht mehr da, ich wollte euch beschützen, wie damals, als ich klein ward, doch es half nichts."

Sie rutscht von ihrem Stuhl und nimmt mich in den Arm.

"Lass es raus, Schatz. Es tut dir nicht weh, es befreit nur."

So sitzen wir bis zum Morgengrauen. Ich rufe im Büro an und bin froh, dass ich nur Skinners Sekretärin erwische und ihr sage, dass ich heute nicht kommen kann.

Ich lege mich wieder zurück ins Bett, die eine Tablette macht ja nichts...

Jemand schüttelt mich am Arm.

"Dana ?!"

"Hmm ??"

"Das Telefon. Ein Doktor ist dran, er sagt es geht um Fox."

Ich springe auf und reiße ihr das Telefon aus der Hand.

"Ja?"



Eine halbe Stunde später renne ich den Krankenhauskorridor entlang. Der Arzt meinte ich sollte sofort kommen.

Eine Schwester kommt auf mich zu. Sein hält mich auf und legt ihre Hände behutsam auf meine Schultern.

"Sie müssen jetzt sehr stark sein."

Die Welt um mich herum fängt an zu schwinden...
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