World of X

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Obsession

von Mona

Kapitel 1

FBI Hauptquartier, Washington DC, 20.28 Uhr



Es war ein Freitag Abend und die zwei FBI Special Agents Dana Scully und Fox Mulder waren gerade ins Büro ihres Chefs bestellt worden.



„Mulder, Sie können sich ja gar nicht vorstellen, wie ich mich auf dieses Wochenende freue“, sagte Scully und war mit ihren Gedanken schon längst nicht mehr bei der Arbeit.

„Endlich mal wieder Zeit, mich ganz um mich zu kümmern. Ein bisschen in wissenschaftlichen Zeitschriften schmökern, mal wieder ein schönes, heißes Bad nehmen... Was werden Sie eigentlich dieses Wochenende machen?“



„Ich weiß noch nicht. Nichts besonderes! Vielleicht läuft ja ein schöner Science Fiction Film am Fernsehen, oder ich geh mal wieder etwas Basketball spielen. Wir werden sehen. Aber zuerst sollten wir Skinner einen Besuch abstatten. Es klang sehr wichtig am Telefon.“



Direktor Skinner erwartete sie bereits in seinem Büro.



„Agent Scully, Agent Mulder“, begrüßte er sie.

„Nehmen Sie bitte Platz. Mmh, ich weiß, dass Sie in den letzten Wochen ziemlich viel zu tun hatten... - nun, es wird Ihnen nicht gefallen, was ich zu sagen habe.“



„Oh, oh, Scully, ich glaube es wird wohl nichts mit unserem freien Wochenende“, flüstere Mulder in Richtung Scully und fuhr dann lauter und an Skinner gewandt fort:

„Was ist? Machen Sie’s nicht so spannend! Raus damit!“



„Der Fall ist der: Die Bostoner Polizei hat uns um Hilfe gebeten. Es gibt dort eine Reihe von Todesfällen, seltsamen Todesfällen. Und da wir ja mit solchen *seltsamen* Fällen vertraut sind, baten sie mich, ihnen meine Spezialisten für solche Dinge zu schicken.“



„Sir..., Sie wollen also damit sagen, dass wir sofort nach Boston fliegen sollen?!“, seufzte Scully, obwohl sie die Antwort eigentlich schon kannte.



„Um ehrlich zu sein, ja.“



„Aber Sir, dass ist mein erstes freies Wochenende, seit... - ich kann mich nicht mehr erinnern.“



„Ich weiß, aber es schien wirklich sehr dringend und wichtig zu sein! Ich weiß, dass Sie beide in letzter Zeit ziemlich eingespannt waren und dass Sie sich einen Urlaub mehr als verdient hätten, aber in unserem Job kann man eben nicht zu beliebigen Zeiten Urlaub machen oder auf ein freies Wochenende hoffen.“



„Gut, aber Sie haben noch nicht gesagt, was so seltsam an den Todesfällen ist“, stellte Mulder fest, wobei er Scullys ärgerlichen Blick, den sie ihm entgegenwarf, ignorierte.



„Das weiß ich selbst noch nicht! Sie sagten mir, dass Sie über alles informiert werden würden, wenn sie vor Ort sind. Wenden Sie sich einfach an Officer Brown.“



„Gut, wir werden uns noch heute auf den Weg machen,“ sagte Mulder.



*****************************



„Das ist wieder mal typisch!“, nörgelte Scully auf dem Weg zu ihren Parkplätzen.

„Kaum hören sie das Wort *seltsam*, geheimnisvoll*, oder *mysteriös*, dann scheint Ihr Verstand völlig auszusetzen“.



„Scheint ein Virus zu sein“, gab Mulder witzelnd zurück.



„Ha, ha, und der Haupterreger scheint das Wort *X- Akte* zu sein“.

„Aber was soll’s! Andere Leute würden uns dafür beneiden, wenn sie soviel Reisen könnten wie wir.“



„Sie sagen es!“



„Wir sehen uns am Flughafen“, verabschiedete sich Scully, immer noch etwas verärgert.













Ein Bostoner Hotel, 9.17 Uhr



Die beiden Agenten hatten die Nacht in einem billigen Hotel verbracht. Und pünktlich um halb neun, nach einer viel zu kurzen Nacht, eilten sie jetzt durch die Gänge der bostoner Polizeistation. An einer Tür mit der Aufschrift *Officer Brown* blieben sie stehen, klopften an und traten ein. Im Innern des Raumes saß ein kleiner, dicker Mann mit einer Glatze am Schreibtisch.



„Mr. Brown? Wir sind Agent Scully und Agent Mulder vom FBI“, begrüßte Mulder den Officer und beide zogen ihre Dienstmarken.



„Ah, danke, dass sie so schnell kommen konnten! Wir tappen hier wirklich völlig im Dunkeln. Aber nehmen Sie doch erst mal Platz“, antwortete Brown und deutete einladen auf zwei, vor seinem Schreibtisch stehende, Stühle.



„Assistant Director Skinner hat uns informiert, dass Sie es hier mit *seltsamen* Todesfällen zu tun haben“, begann Mulder das Gespräch.



„Ja, in der Tat. Wir haben hier eine Reihe von Selbstmorden. Drei in der letzten Woche. Der letzte geschah erst gestern.“



Als, der Officer nicht weitersprach fragte Scully:



„Ich verstehe nicht, das ist in so einer großen Stadt doch nicht unbedingt etwas außergewöhnliches, oder?“



„Nein, das seltsame ist nur, alle Opfer schienen überhaupt keinen Grund gehabt zu haben sich selbst zu töten. Sie waren weder psychisch krank, noch hatten sie irgendwelche Schicksalsschläge zu überwinden, noch waren sie alkohol- oder drogenabhängig. Und was noch dazukommt: Alle Opfer scheinen irgendwie miteinander in Verbindung zu stehen. Das erste war eine Gefängniswärterin, das zweite die Putzfrau im Gefängnis und das dritte die Freundin dieser Putzfrau.“



„Alles Frauen“, stellte Mulder fest.



„Ja. Und jeweils die erste und die zweite und die zweite und die dritte kannten sich. Die Leiche der Gefängniswärterin wurde von der Putzfrau gefunden und die der Putzfrau von deren Freundin. Und eben deren Leiche bekamen wir gestern rein. Sie wurde von ihrem Mann gefunden.“



„Mmhh. Das ist wirklich seltsam“, sagte Mulder leise und dachte nach.



„Agent Scully, ich würde Sie bitten die Autopsie des letzten Opfers zu machen. Und vielleicht könnten Sie sich auch die anderen noch mal ansehen“, sagte Brown an Scully gewandt.



„Gut, auch wenn ich nicht weiß, was das bringen soll. Wo ist denn die Gerichtsmedizin?“



„Den Gang vor und die Treppe runter“.



„Okay, danke“, verabschiedete sich Scully und verließ den Raum.



„Und, Agent Mulder, was denken Sie?“, fuhr Brown dann an Mulder gewandt fort.



„Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Könnte ich vielleicht zunächst mal einen Blick auf die bisherigen Ermittlungsergebnisse werfen?“.



„Gern“, antwortete Brown und reichte Mulder eine Akte.

„Sie können das Büro nebenan benutzen.“



„Danke“, gab Mulder zurück und machte sich an die Arbeit.







5 Stunden später, Gerichtsmedizin



„Hey, Scully! Sind Sie fertig?“, begrüßte Mulder seine Partnerin, die gerade eine der Leichen wieder in die Kühlkammer schob.



„Ja. Und, Mulder, ich weiß wirklich nicht, wo hier die X-Akte sein soll. Ich meine, keine seltsamen Male, keine Verformungen, keine Implantate, oder sonst etwas *mysteriöses*, um es mit ihrem Lieblingswort zu sagen. Ganz normale Suizide, einmal durch Aufschneiden der Pulsader, einmal durch Arsenvergiftung und einmal durch einen selbstausgeführten Kopfschuss. Sie sehen, es ist nicht einmal das Tatmuster gleich. Also, Mulder, was machen wir hier?“



„Und Mord ist auszuschließen?“, überging Mulder die letzte Frage seiner Partnerin.



„Es gab keine Spuren äußerer Gewaltanwendung. Nicht die kleinsten Hämatome und von dem Druck der mit dem Schnittgegenstand, höchstwahrscheinlich eine Rasierklinge, ausgeübt wurde und der Schnitttiefe kann man davon ausgehen, dass der Schnitt selbst zugefügt wurde. Bei der Vergiftung kann man das natürlich nicht genau feststellen, aber auch der Schuss kann aufgrund des Schusswinkels nur selbst ausgeführt worden sein. Und außerdem waren die Fingerabdrücke der Toten auf er Waffe. Übrigens auch auf dem Wasserglas, in dem man die Arsenspuren nachgewiesen hat. Man kann also davon ausgehen, dass auch das ein Selbstmord war. Was haben Sie eigentlich bis jetzt gemacht?“



„Die Akten angesehen, aber da steht auch nichts nützliches drin. Die scheinen sich hier nicht gerade überarbeitet zu haben. Ich werde morgen mal in dieses Gefängnis fahren und die Leute befragen. Vielleicht hilft das weiter.“



Nachdem sie Brown Bericht erstattet hatten, machten dich die beiden Agents auf den Weg zum Hotel.



„Mulder, was werden wir jetzt tun? Ich meine, wir haben keinerlei Anhaltspunkte. Könnte es nicht sein, dass das hier gar keine X-Akte ist? Vielleicht war das ja alles nur ein dummer Zufall.“



„Nein, nein, Scully, da gibt es irgendetwas. Irgendeine Kleinigkeit, die wir noch nicht kennen.“



„Mulder, was ist? Sie haben doch schon wieder irgendeine Idee, oder?“



„Wie kommen Sie darauf, Scully?“



„Ihr Gesicht. Es sieht immer gleich aus, wenn Sie mal wieder eine Ihrer Theorien ausbrüten.

Worum geht es diesmal? Kleine, grüne Männchen, die die Leute in den Selbstmord treiben?!“



„Vielleicht, jetzt wo Sie’s sagen“, gab Mulder dann zurück und sah seine Partnerin an.

„Nein, Scully! Ich habe wirklich absolut keine Ahnung, was hier vorgeht.“



„Sicher“, antwortete Scully ironisch und blieb stehen.



„Warum glauben Sie mir nicht, Scully? Hab’ ich Sie je angelogen?“



„Mulder“, hörte er Scullys Stimme von hinten.



Überrascht drehte er sich um. Er hatte gar nicht gemerkt, dass Scully nicht mehr an seiner Seite war.

Sie lehnte gegen die Wand und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ihr Gesicht war auf einmal völlig blass und ihre Stirn glänzte vor Schweiß. Erschrocken eilte Mulder zu ihr und war gerade noch rechtzeitig da, um sie auffangen, bevor sie zusammengebrochen wäre.



„Scully, was ist los?“, fragte er besorgt.



„Ich weiß nicht, mir wurde plötzlich schwindelig.“



„Soll ich einen Arzt rufen?“



„Nein, es ist schon besser.“



Und tatsächlich verschwand Scullys Schwäche genau so schnell, wie sie kam. Ihr Gesicht nahm seine ursprüngliche Farbe an und Mulder musste sie nicht mehr stützen. Ein paar Minuten später war alles wieder völlig in Ordnung.



„Alles wieder okay?“, wollte Mulder, immer noch besorgt, wissen.



„Ja, ich denke schon.“



„Haben Sie so etwas öfter?“



„Nein, nie. Ich denke, es war einfach nur eine ...Kreislaufstörung.“



„Hoffentlich“, sagte Mulder.

„Ich schlage vor, ich bringe Sie jetzt erst mal ins Hotel und Sie legen sich dort trotzdem etwas hin.“



„Mulder, mir geht es gut!“



„Kommen Sie, Scully! Man bricht nicht einfach fast zusammen, wenn es einem gut geht! Vielleicht erzähle ich Ihnen dann auch von meiner Idee.“



„Oh, ich wusste es!“





Scullys Hotelzimmer, 19.37 Uhr



Scully war gerade von einem langen Schlaf erwacht, doch sie fühlte sich überhaupt nicht ausgeruht. Sie zitterte vor Kälte, war aber schweißnass. Als sie aufstand konnte sie sich kaum auf den Beinen halten. Alles drehte sich vor ihren Augen. Aber ein paar Sekunden später konnte sie alles wieder völlig klar sehen und das Stehen bereitete keine Schwierigkeiten mehr. Sie ging ins Badezimmer und sah in den Spiegel. Ihr Gesicht war blass und obwohl sie mindestens vier Stunden geschlafen hatte, verliefen dunkle Ringe unter ihren Augen. Was war nur los mit ihr?

Sie drehte den Wasserhahn auf und spritze etwas Wasser in ihr Gesicht. Die Frische tat ihr gut und nachdem sie sich abgetrocknet hatte, fühlte sie sich fast wieder völlig normal. Scully war besorgt über all das. Aber sie beruhigte sich selbst mit dem Gedanken, dass es nur ihr Kreislauf war, dass sie einfach eine Grippe bekommen würde, oder wohl überarbeitet war.

Plötzlich klopfte es an der Tür und eine vertraute Stimme sagte:



„Scully, sind Sie wach?“



„Moment!“, rief sie, zog ihren Bademantel über ihren Pyjama und öffnete die Tür.



„Alles wieder in Ordnung?“, wollte Mulder wissen.



„Hhm, ja. Ich glaube es war wirklich nur mein Kreislauf.“



Scully wollte nicht, dass Mulder etwas von diesen „Anfällen“ erfuhr. Er würde sich nur Sorgen machen. Und das wäre unnötig.

Aber er kannte sie schon zu lange, um nicht zu merken, dass etwas nicht stimmte.



„Sind Sie sicher? Sie sehen mitgenommen aus.“



„Ja, ich bin sicher, Ich weiß schon, ob es mir gut geht, oder nicht!“, fuhr sie ihn an.



„Sorry“, sagte Mulder, erschrocken über Scullys rüden Tonfall.

„Ich mache mir nur Sorgen um Sie.“



Mulder war immer noch völlig erstaunt darüber, wie Scully mit ihm gesprochen hatte. Noch nie war sie so kalt und schroff gewesen. Das war so gar nicht ihre Art. Sollte sie immer noch sauer sein, wegen ihrem verlorenen freien Wochenende?



„Scully, wenn es wegen Ihrem freien Wochenende ist, dann...-“.



„Nein...., tut mir leid.... ich wollte Sie nicht so anfahren. Ich bin wahrscheinlich einfach nur...etwas überarbeitet. Ist schon okay.

Aber, was ist mit Ihnen? Haben Sie noch etwas herausgefunden? Was ist mit Ihrer Idee?“



„Nun, ich nehme an, Sie werden sie nicht mögen.“



„Es ist eine parapsychologische Theorie!?“, seufzte Scully.



Mulder grinste nur.



„Nun, die Idee ist mir eigentlich erst gekommen, als Sie das mit den kleinen, grünen Männchen sagten“, antwortete er dann.



„Mulder, Sie wollen doch nicht ernsthaft sagen, dass...-“



„Nein, aber was ist mit Geistern?“



„Geistern?“, fragte Scully mit der für sie typischen, hochgezogenen Augenbraue.



„Ja, ich meine, jeder kennt doch diese Spukgeschichten. Seelen, die keine Ruhe finden.“



„Mulder, worauf wollen Sie hinaus. So viel ich weiß, geht es hier aber um Selbstmorde und nicht um irgendwelche Spukgeschichten.“



„Was ist, wenn ein Geist von den Leuten Besitz ergreift und sie in den Selbstmord treibt? Ich habe von Fällen gehört, wo Geister zuerst den Körper einer Person besetzten und dann langsam damit beginnen, auch von ihren Gedanken Besitz zu ergreifen. Und schließlich kann er das komplette Verhalten der Person koordinieren und steuern.“



„Sie wollen doch nicht etwa andeuten, dass ein Geist diese Frauen in den Selbstmord getrieben hat, Mulder, oder?“



„Das wäre doch möglich.“



Scully sah Mulder eine Zeit lang nur zweifelnd an.



„Aber warum sollte jemand, . . . oder etwas... eine Person dazu veranlassen sich selbst zu töten? Und warum dann die Verbindung zwischen den Opfern?“



„Tja, das weiß ich auch noch nicht. Aber, ich kenne da jemanden von der Uni, der sich nach dem Studium auf Parapsychologie mit Schwerpunkt Geistern spezialisiert hat. Den werde ich morgen einmal anrufen. Vielleicht kann er uns weiterhelfen.“



„Aber, Mulder..., ich bitte Sie! Es gibt keine Geister. Abgesehen von meinem Kommentar vorhin über die kleinen, grünen Männchen, der übrigens ein Witz sein sollte.... Wie kommen Sie überhaupt auf diese Schnapsidee?“



„Nun, welche Erklärungen für ihren Tod hätten wir denn? Fremdeinwirkung ist, wie Sie selbst sagten, ausgeschlossen und für mich klingt es doch sehr unwahrscheinlich, dass drei Menschen, die rein zufällig alle Frauen sind und auch noch irgendeine Verbindung zu einander haben, innerhalb von einer Wochen Selbstmord begehen. Da stimmen Sie mir doch zu, Scully, oder?“



Scully sah ihn nur schweigend an. Er hatte ja irgendwie Recht. Dann nickt sie.



„Also. Da dachte ich an Besessenheit. Schon im Mittelalter wurde die Ansicht vertreten, dass Personen vom Teufel, oder auch von Geistern besessen sein können. Es gab sogar spezielle Menschen, deren Aufgabe es war den Teufel, oder was auch immer auszutreiben, sogenannte Exorzisten. Es könnte sich hier zum Beispiel um einen Geist handeln, der irgendwie Rache nehmen will, oder irgendetwas anderes veranlasst ihn einfach dazu zu töten.

So, jetzt wissen Sie, wie ich auf diese ‘Schnapsidee’, wie Sie es nennen, gekommen bin.“



Scully sah ihn immer noch mit hochgezogener Augenbraue an. Seine Ausführungen waren durchaus irgendwie logisch, aber es gab bestimmt eine einfache, völlig natürliche Erklärung.



„Aber, Mulder, wie ich schon sagte! Es gibt keine Geister und schon gleich keinen Teufel!“



„Scully, Sie sind doch ein Christ, oder?“



„Ja, aber was hat das mit Geistern zu tun?“



„Beinhaltet der Glaube an das Ewige Leben und an die Unsterblichkeit der Seele nicht auch den Glauben an Geister? Und steht in der Bibel nicht, dass Jesus vom Teufel in Versuchung geführt wurde? Ist es dann nicht irgendwie seltsam, dass diese ganzen Todesfälle ihren Ursprung in einem Gefängnis nehmen, einem Zentrum des Bösen?“



„Mulder, ich glaube aber auch nicht, dass die Geschichte von Adam und Eva wahr ist, nur weil sie in der Bibel steht.“



„Natürlich nicht. Aber das ist deshalb so, weil es wissenschaftlich erwiesen ist, dass der Mensch vom Affen abstammt.“



„Genau! Aber es wurde nie bewiesen, dass es den Teufel, oder . . . Geister, oder was auch immer gibt.“



„Aber genauso wurde nie das Gegenteil bewiesen. Und es wurde genauso wenig bewiesen, dass Gott, oder Jesus existieren und trotzdem gibt es Millionen Menschen, die an sie glauben.

Sie sehen, es ist alles nur eine Frage des Glaubens.“



Scully sah ihn immer noch mit weit hochgezogener Augenbraue an. Sie glaubte ihm kein einziges Wort.



„Okay, Mulder,... nehmen wir einmal an, sie hätten Recht: Warum dann nur Frauen?“



„Um ehrlich zu sein, Scully, diese Frage habe ich mir auch schon gestellt und keine so rechte Antwort darauf gefunden. Vielleicht, weil Frauen schon immer als das schwächere Geschlecht galten und dadurch leichter in den Besitz eines Geistes gebracht werden können? Ich weiß es nicht. Ich war noch kein Geist und weiß nicht, was in ihnen so vorgeht.“



„Mulder?“



„Was?“



„Sie sind absolut verrückt! Ich meine, was glauben Sie, was Brown zu Ihrer Theorie sagt? Meinen Sie, er hat das FBI um Rat gebeten, um dann so etwas von Ihnen zu bekommen?“



„Nun, er sagte selbst, dass es ein *seltsamer* Fall ist. Also bekommt er auch eine *seltsame* Lösung.“



Scully sah ihn immer noch an. Die Augenbraue hatte sich mittlerweile wieder gesenkt, aber der Ausdruck in ihren Augen war geblieben. Sie sah aus, als ob sie gerade völlig daran zweifelte, dass sie das alles wirklich gehört hatte. Und man konnte es förmlich hinter ihrer Stirn arbeiten sehen. Auf einmal, jedoch, änderte sich ihr Gesichtsausdruck völlig. Ihr Gesicht wurde blass, ihre Augen verdrehten sich auf eine seltsame Weise und sie begann am ganzen Leib zu zittern. Mulder war gerade noch rechtzeitig zur Stelle um sie aufzufangen, bevor sie endgültig zusammengebrochen wäre. Aber Scully verlor das Bewusstsein. Mulder trug ihren Körper - er schien völlig leblos zu sein - zum Bett und legte ihn hin. Panisch, aber trotzdem völlig routiniert, überprüfte er ihre Lebensfunktionen. Sie atmete nicht, aber er konnte ihren Puls fühlen. Zum Glück.



„Scully, atmen Sie!“, rief er und schlug dabei sanft auf ihre Wangen, aber sie reagierte nicht. Dann drückte er ihren Kopf etwas zurück und presste seine Lippen auf ihre, um sie Mund zu Mund zu beatmen. Aber auch nach dem zweiten mal atmete Scully immer noch nicht.



„Scully, kommen Sie schon, Sie müssen atmen!“



Plötzlich hustete Scully heftig und schlug dann langsam ihre Augen auf.



„Scully...., Scully? Alles wieder okay?“



Scully nickte schwach.



„Warum müssen Sie mich immer so erschrecken?“, fragte Mulder erleichtert.



„Was ist passiert?“, flüsterte seine Partnerin.



„Sie sind zusammengebrochen. Ich werde jetzt einen Arzt rufen. Sie sind krank. Und es ist nicht nur Ihr Kreislauf.“



Bevor Scully auch nur die Zeit hatte zu Widersprechen, hatte Mulder den Hörer schon abgenommen und die Nummer des Hotelarztes gewählt. Zehn Minuten später kam er auch schon. Er war ein typischer Arzt. Ein älterer Herr mit weißen Haaren und einem weißen Schnurrbart, dessen Enden nach oben gedreht waren. Über seinem schwarzen Anzug trug er den weißen Ärztekittel und um den Hals sein Stethoskop. Nachdem Mulder ihm geschildert hatte, was passiert war, verließ er den Raum, so dass der Doktor Scully untersuchen konnte. Mulder wartete im Gang vor dem Zimmer. Er war sehr nervös und besorgt, was sich darin äußerte, dass er den Korridor immer wieder auf und ab ging. Er hatte Scully noch nie so gesehen - seit sie Krebs hatte - und hoffte, dass es kein Rückfall war. Aber die Symptome waren völlig anders.

Als er ihren Körper in seinen Armen hielt, dachte er, dass er sie für immer verloren hätte. Sie war so kalt und leblos . . .

Plötzlich ging die Tür auf und der Arzt kam heraus.



„Was ist mit ihr?“, fragte Mulder.



„Eigentlich darf ich mit Ihnen ja nicht darüber reden, aber ich glaube, ich muss in diesem Fall eine Ausnahme machen. Schon allein, um mir die Möglichkeit zu geben mit jemandem darüber zu reden.“



„Worüber?“



„Nun, es ist wirklich seltsam. Ich habe in den dreißig Jahren, in denen ich jetzt Arzt bin noch nie keine Diagnose stellen können, aber hier..... Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was mit ihr ist.“



„Was meinen Sie mit *Sie wissen es nicht*?“



Mulder sah ihn ungeduldig und verständnislos an.



„Agent Mulder, Ihre Partnerin ist sehr schwach, als ob sie an einer Virusinfektion oder so etwas leiden würde. Belegte Zunge, das Fieber...., alles spricht dafür. Aber ich konnte keine finden. Da ist kein Virus, oder etwas ähnliches. Soweit ich bis jetzt feststellen konnte, sind ihre Organe völlig gesund. Dennoch scheint ihr Körper gegen etwas anzukämpfen, gegen eine Krankheit, oder so etwas. Ihre Abwehrkräfte sind ziemlich schwach. Das ist auch der Grund, warum sie in Ohnmacht fiel.“



„Aber da muss doch etwas sein, gegen das ihr Körper ankämpft. Sie hatte vor ein paar Jahren Krebs. Könnte es ein Rückfall sein?“



„Nein. Ich kann mir das auch nicht erklären. Das einzige ist vielleicht, dass sie etwas überarbeitet ist und ihr Körper eben so darauf regiert. Das ist ja bei allen Menschen unterschiedlich. Aber ich glaube nicht, dass es etwas ernstes ist. Und wie ich schon sagte, ist sie eigentlich völlig gesund. Sie braucht nur Ruhe. Passen Sie auf sie auf! Und falls es irgendein Problem gibt, rufen Sie mich einfach an.“



„Okay, danke, Doktor“, verabschiedete sich Mulder.



Vielleicht war die ganze Arbeit in letzter Zeit wirklich zu viel für Scully gewesen.



Leise öffnete er dann die Tür zu ihrem Zimmer. Vielleicht schlief sie ja. Aber als er die Tür so leise wieder schloss, wie er sie öffnete, drehte sich Scully zu ihm um und sagte:



„Sie müssen nicht leise sein. Ich bin wach.“

Mulder sah sie an. Ihr Gesicht war blass, aber sie schien sich etwas besser zu fühlen. Er ging zum Bett und setzte sich auf seine Kante.



„Wie fühlen Sie sich?“



„Besser. Der Doktor gab mir ein Mittel um meine Abwehrkräfte zu stärken.“



„Das kann nicht schaden.“



- Schweigen -



„Mulder . . . ,“ begann Scully dann.



„Mmmh?“, fragte er sanft.



„Mulder, . . . danke.“



„Wofür?“



„Dafür, dass Sie mein Leben gerettet haben. Ich wäre jetzt wahrscheinlich tot, wenn Sie mich nicht wiederbelebt hätten.“



„Sie müssen sich nicht bedanken. Ich bin sicher, Sie hätten das selbe für mich getan.

Das hoffe ich zumindest.“



Scully lächelte einwenig und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Dann brach es aus ihr heraus und sie begann fürchterlich zu weinen.



„Es tut mir so leid, Mulder. Wir kamen hierher, um diesen Fall zu lösen und ich halte Sie nur davon ab. Es wäre besser gewesen, wenn ich zu Hause geblieben wäre.“



Mulder sah sie erschrocken an, nahm dann ihre Hand und blickte ihr genau in die Augen.



„Hey, Scully, beruhigen Sie sich. Wie können Sie das auch nur denken? Ihre Gesundheit,... - Sie sind mir wichtiger als jeder Fall auf der Welt. Es macht mir nichts aus hier mit Ihnen zu bleiben, anstatt diese Selbstmorde, oder was immer sie auch sein mögen, zu untersuchen.“



Aber Scully sah immer noch traurig aus und war von seinen Worten überhaupt nicht überzeugt. So legte er seine Hände um ihren Hals und hielt ihren Kopf, wobei er genau in ihre blauen Augen sah.



„Scully, als ich Sie zu diesem Bett getragen habe, nachdem Sie zusammengebrochen waren, als ich Ihr blasses, weißes Gesicht sah und als Sie einfach nicht atmen wollten, da dachte ich, ich hätte Sie für immer verloren. Und das fühlte sich an, als ob mir ein Stück des Herzens herausgerissen wurde. Ich brauche Sie, Scully, nicht nur als meine Partnerin,... sondern auch als Freund.“



Scully war von der Offenheit in Mulders Worten völlig überrascht. Aber dann wusste sie, dass er Recht hatte und, dass er gerade nur das ausgesprochen hatte, was sie öfter dachte. Sie legte ihre Hände um Mulders Hals, als er gerade die Tränen wegwischte, die ihre Wangen hinuntergelaufen waren. Dann küsste Mulder ihre Stirn, ließ seine Lippen tiefer wandern, um ihre Nasenspitze zu küssen und noch tiefer bis zu ihrem Mund. Dort hielt er, nur wenige Millimeter von ihren Lippen entfernt, inne und öffnete nochmals seine Augen. Er blickte in ihre, als ob er auf ein Zeichen Scullys wartete um aufzuhören. Aber es gab keines. So kamen ihre Lippen näher und näher, bis sie sich schließlich berührten. Für einen sehr kurzen Moment konnte Mulder die Weichheit und die Wärme von Scullys Lippen fühlen und es war, als ob ein Feuer in ihm erwachte. Er wollte sie weiterküssen, ihre Lippen, ihre Haut und ihre Zunge auf seinem Körper fühlen, aber plötzlich, nach nur wenigen Sekunden drehte Scully ihren Kopf weg.



„Sorry.... Es ist nicht Ihre Schuld“, sagte sie, wobei sie vermied in Mulders Augen zu sehen.

„Aber ich weiß nicht, was für eine Krankheit ich habe und ob sie ansteckend ist. Ich möchte nur nicht riskieren, dass auch Sie krank werden“, sagte sie sanft und streichelte über Mulders Hand.



„Sie müssen sich nicht entschuldigen, Scully. Was auch immer Sie tun. Ich werde es akzeptieren.“



„Ich bin froh, dass ich Sie hier bei mir habe, Mulder.“



„Ich bin froh, dass ich Sie habe.“



Scully lächelte, als Mulder in Richtung Tür ging. Dort blieb er stehen, drehte sich zu seiner Partnerin um und sagte:



„Gute Nacht und träumen Sie was schönes. Ich bin sicher, morgen geht es Ihnen besser.“



„Hoffentlich. Gute Nacht.“



Dann verließ Mulder das Zimmer und ging in sein eigenes. Und nach kurzer Zeit legte auch er sich schlafen.







Mulders Hotelzimmer, 3.50 Uhr



*Poch, Poch, Poch*.

Aufeinmal erwachte er durch ein Klopfen an der Tür. Er stand auf und öffnete. Draußen stand Scully. Ihr ganzer Körper zitterte und sie sah aus, als ob sie geweint hatte.



„Scully...? Was ist los? Fühlen Sie sich wieder schlechter? Kommen sie rein!“, sagte er besorgt und zog sie in sein Zimmer.



„Nein, eigentlich nicht. Ich . . . - mmh, es war nur so kalt und ich fühlte mich so einsam und ich . . . - ich fragte mich, ob Sie . . . -“



„Ob ich was?“



„. . . Ob Sie etwas dagegen hätten, wenn ich heute Nacht bei Ihnen bleibe.“



„Warum sollte ich etwas dagegen haben? Aber Sie zittern ja. Kommen Sie.“



Er half ihr in sein Bett, wobei er sie so mit der Decke einwickelte, dass nur noch der Kopf heraus schaute. Dann legte er sich eng neben sie und seinen Arm um ihre Taille. Ihre Gesichter waren sich sehr nahe und sie sahen sich an.



„Besser so?“, flüsterte Mulder leise.



„Ja, viel besser.“



- Stille -
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