World of X

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Fate Dispensation

von Janett Orlovius, Karin Ropers, Steffi Raatz

Kapitel 7

****Epilog*****





Der Lärm der startenden und landenden Maschinen dröhnte in ihren Ohren. Scully starrte aus dem Fenster des Flughafenrestaurants und versuchte zu verstehen, was geschehen war.

"Es war unglaublich!", ertönte Mulders enthusiastische Stimme neben ihr, während er sich mit Wesley über den Vorfall unterhielt.

Ja, unglaublich war es gewesen. Unglaublich, dass sie es geglaubt und akzeptiert hatte. Ihre Seele hatte ihren Körper verlassen, ihre Seele war die eines Engels, eines Abgesandten Gottes, mächtiger als Dämonen. Fassungslos starrte sie zum Himmel.

Warum hatte sie das überlebt? Warum hatte sie...? Die Zeit der Fragen würde vermutlich nie enden. Vielleicht war es besser zu akzeptieren, dass sie die irdische Gestalt eines Engels war.

Ha, dröhnte es in ihrem Kopf, das war etwas, was sie nie rückhaltlos akzeptieren würde können. Sie, die Skeptikerin, ausgerechnet ihr widerfuhr dergleichen. War es eine Probe? Sie als streng gläubige Christin, war es die Probe Gottes? Ein Zeichen? War es an der Zeit, ihre Skepsis hinter sich zu lassen?

Verschwommen erinnerte sie sich an das Gefühl, als ihre Seele ihren Körper verlassen hatte, als sie sich mit dem Engel der Dunkelheit verbunden hatte und die Rückkehr ihrer Seele in ihren Körper.

Fühlte sie sich dadurch mächtiger? Nein, ganz im Gegenteil. Sie fühlte sich verletzbar, angreifbarer als zuvor, obwohl es ihr Mut gab, gegen alle Dämonen der Welt anzutreten.

"Einfach unglaublich!", tönte Mulders Stimme erneut neben ihr und nun widmete sie sich der Unterhaltung, versuchte ihre Gedanken von dem Augenblick des Erkennens abzulenken.

"Wie... ich meine, wow, Scully, ich ahnte ja nicht, dass ich einen Engel zur Partnerin habe!", er lachte sie an, doch ihre Reaktion blieb aus.

Statt in ihrer sonst so typisch skeptischen Art zu kontern, blieb sie stumm und sah ihren Partner nur traurig an.

Cordelia legte ihr die Hand auf die Schulter. Scully drehte sich zu ihr um und ihre Augen trafen sich.

"Es muß schwer sein, das alles zu verstehen," Cordelias Stimme beinhaltete kein Mitleid, aber Verständnis.

Scully wußte, dass Cordelia die einzige war, die sie verstehen konnte. Wie sie erfahren hatte, war Cordelia nicht immer mit ihren Visionen ausgestattet gewesen. Auf sie war dieses Ereignis ebenso eingestürmt, wie nun auf Scully. Cordelias Visionen waren eine Gabe der Mächte der Ewigkeit, ihre Gabe war eine weitaus höhere Gabe, die nichtsdestotrotz dem selben Zwecke diente.

Mit einem dankbaren Lächeln legte sie ihre Hand auf Cordelias: "Ich muß Dir danken, Cordelia. Du hast mir über Angel die Augen geöffnet und mir Ermöglicht, an das Unmögliche zu glauben."

"Dank mir nicht dafür. Ich bin Dir zu Dank verpflichtet. Wir alle sind das. Wenn Du nicht so mutig gewesen wärst, dieses Experiment zu wagen, hätte keiner von uns überlebt," erwiderte Cordelia und umarmte Scully.

"Fox!", eine weibliche, nicht unbekannte Stimme ertönte in einiger Ferne und die beiden Frauen sahen auf.

Mulder zog eine Augenbraue hoch und betrachtete die abgehetzte Gestalt von Kate Lockley. Nach ihrer letzten Konfrontation hatten sie sich wortlos getrennt. Er hatte nicht mehr damit gerechnet, sie wiederzusehen.

"Gott sei Dank! Ich hatte schon befürchtet, Sie wären schon weg!", außer Atem stoppte sie an der Bar und reichte Mulder ihre Hand.

"Es tut mir leid, dass ich Sie so schlecht behandelt habe," richtete sie ihre Worte an ihn, "Sie hatten Recht mit allem. Es war mein persönlicher Kreuzzug, ein unberechtigter Kreuzzug."

Mulder ergriff ihre Hand und lächelte: "Okay, Entschuldigung akzeptiert, aber ich will nie wieder hören, dass Sie mich Spooky nennen!"

"Einverstanden," lächelte sie erleichtert zurück.

Erst jetzt bemerkte sie Scullys Blick auf ihrem. Kate zuckte kurz zusammen und reichte dann auch ihr die Hand, doch Scully nahm diese nicht an.

"Es tut mir leid, Agent Scully. Ich habe auch Sie falsch eingeschätzt. Ich habe veranlaßt, dass Sie für unschuldig in den Mordfällen erklärt wurden. Als ich denen meine Geschichte erzählte, haben sie mich als Verrückt abgestempelt, aber vielleicht bin ich das ja auch," ein zaghaftes Grinsen legte sich um Kates Lippen.

Scullys Mundwinkel zuckten leicht amüsiert, ehe auch sie die dargebotene Hand ergriff: "Entschuldigung akzeptiert. Versprechen Sie mir aber auch eines!"

Kate zog die Augenbrauen hoch und zuckte mit den Schultern: "Werd ich nach allem wohl müssen!"

"Geben Sie Angel eine Chance!", erwiderte Scully und spürte die Anspannung, die Kate erfaßte.

Es dauerte einen Augenblick, ehe diese wieder sprach, doch ihre Worte machten der Agentin Hoffnung: "Ich werde es versuchen."

Während Kate und Mulder eine Unterhaltung aufnahmen und Cordelia vorsichtig Wesleys Wunde betastete, sah Scully den Gang hinunter.

Der Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie nur noch wenige Minuten Zeit hatten bis ihr Flug aufgerufen wurde, doch Angel war noch nicht aufgetaucht. Sie hätte es verstanden, wenn es hellichter Tag gewesen wäre, sie hätte es verstanden, doch es war Abend. Die Sonne war längst hinter dem Horizont verschwunden und er hatte keinen Grund nicht anwesend zu sein.

Schon bei der Rückkehr ihrer Seelen in ihre Körper, da war plötzlich eine Barriere zwischen ihnen gewesen, die Scully nicht erklären hatte können.

Nur durch Blicke hatten sie sich verständigt, gesehen, dass sie gesund waren, das Leid überstanden hatten. All die Liebe und Zuneigung, die es vorher zwischen ihnen gegeben hatte, als das war nicht mehr vorhanden gewesen. Nicht mehr da, aber irgendwo tief innen drin verschlossen, unerreichbar.

Sie schloß die Augen, versuchte ihre Verzweiflung und ihre Enttäuschung zu verdrängen.

Der Aufruf ihrer Maschine ließ sie die Augen wieder öffnen, doch Angel war nicht da. So sehr sie sich seine Anwesenheit gewünscht hatte. Einmal noch mit ihm sprechen, ihre Fronten klären. Ihm sagen, dass sie ihn liebte, egal was oder wer er war, dass sie seinen Fluch akzeptierte, auch wenn es sie fast umbrachte. Es gab so vieles, was unausgesprochen geblieben war. So vieles, was sie ihm sagen wollte.

Doch Angel war nicht da. Gab ihr keine Chance diese Dinge zu klären. So nahm sie ihr Handgepäck und sah Mulder an. Er umarmte Kate, reichte Wesley die Hand und winkte Cordelia zu. Scully hielt Abstand. Ihre Augen verrieten zu viel von ihrem Inneren, sie wollte nicht, dass man ihre Gefühle erahnte. Das war ihre persönliche Angelegenheit, ihre Qual.

Cordelia winkte ihr zu, Wesley nickte. Sie verlangten nichts dergleichen von ihr und so nahm sie Mulders Hand und ließ sich zum Gateway führen.

Immer wieder wanderte ihr Blick zurück, immer wieder suchten ihre Augen nach Angel, doch er blieb fern. Selbst als sie die Schleuse betraten, sah sie noch einmal zurück, vergebens.



********



Wesley strich Cordelia über den Arm und starrte aus dem Fenster der Abflughalle, wie der Flieger langsam Richtung Startbahn rollte.

Cordelia fröstelte und lehnte sich an ihren Freund an.

"Für Dich bedeutet dieser Abschied mehr, nicht wahr?" Wesley sah sie an.

"Sie ist die einzige, die mich verstehen kann. Jemand ohne eine Gabe, kann nicht begreifen, wie groß diese Last ist. Ich habe nie so weit gedacht, aber als Doyle starb und mir seine Gabe übergab, da begriff ich es endlich. Man ist allein. Es wäre schön gewesen, jemanden zu haben, der einen versteht," sie seufzte und sah dem Flieger nach.

"Vielleicht sieht man sich wieder," erklärte er leise und sie sah zu ihm auf.

"Steht etwas darüber in der Schicksalsrolle?", jetzt war sie neugierig.

"Nicht direkt, aber die Engel werden nicht für immer schweigen..." philosophierte Wesley leise und gab Cordelia damit zu denken.



********



Die Nacht war klar und kalt, doch er spürte es nicht. Seine Augen waren auf die Startbahn gerichtet. Dorthin, wo der Flieger von Scully und Mulder seine Position einnahm, um die beiden FBI-Agenten zurück nach Washington zu bringen. Was würden sie wohl in ihren Bericht schreiben? Angel lächelte kurz.

Er hatte nicht die Kraft gehabt, sich von ihnen zu verabschieden, besonders nicht von ihr. Sie war so viel für ihn geworden. Hatte er stets seine Liebe in Sunnydale geglaubt, so war er eines besseren belehrt worden. Die Liebe, die ihn mit Dana verband, diese unvergleichliche Liebe, dieses überirdische Gefühl, schien ihn innerlich zu zerstören und doch gab es ihm mehr Macht, als er sich je erträumt hätte.

Seine Augen folgten den Lichtern, folgten der vom Zaun der Flughafenanlage klein wirkenden Maschine. Sie war so nah und doch schon unerreichbar.

Fast glaubte er, sie hinter einem der Fenster sitzen zu sehen, ihr rot leuchtendes Haar, ihre blauen klaren Augen. Er bildete sich ein, sie würde auch ihn sehen können und lächelte vor sich hin. Die Zeit war so kurz gewesen und soviel hätte geklärt werden müssen, aber dafür war es jetzt zu spät. Er hatte den letzten Augenblick des Zusammenseins nicht ertragen können und war nicht zur Abfertigungshalle gegangen, um sich zu verabschieden. Angel wußte das alle seine Freunde da sein und ihn genau beobachten würden. Das konnte und wollte er nicht ertragen. Er würde Scully vermissen. Ihr Lachen, ihre Wut, ihren Unglauben, der sich in den letzten Tagen in starken Glauben verwandelt hatte. Er würde es vermissen, wie sie ihn angesehen hatte mit strahlenden Augen, voller Zärtlichkeit und Liebe. All das konnte er aus ihnen lesen, aber das war jetzt Vergangenheit. Nie mehr würde er in diese Augen blicken können.

Angel hatte geglaubt, nicht weinen zu können, doch etwas feuchtes suchte sich seinen Weg hinab über seine Wangen und es schmeckte salzig auf seiner Zunge.

Der Mann in ihm schrie nach ihr, wollte dem Flieger hinterher rennen, ihn stoppen und ihr sagen, sie möge bleiben, doch der Engel in ihm, sein zweites Ich hielt ihn davon ab.

Noch war ihm nicht klar, was geschehen war. Wieso er ein Engel sein sollte, wo er doch so lange der dunklen Seite gedient hatte.

Wesley hatte ihm erklärt, dass er ein gefallener Engel war, der um seine Rehabilitation kämpfte. Er hatte ihm auch erklärt, dass Dana in ihrer Seele einer der stärkste Engel war, den es gab. Ein Engel des Lichts, der Liebe und Vollkommenheit. Ja, vollkommen war sie.

Sie war so wunderbar, so unbeschreiblich, er hatte es im ersten Augenblick gespürt, als sie sich auf dem Polizeirevier das erstemal begegnet waren.

Ihr Mut, ihre unvergleichliche Starrköpfigkeit und doch ihre Entschlossenheit im Kampf um die Menschheit. Er wußte, ohne sie hätte er es nie geschafft. Sie war der Schlüssel gewesen, sie war die entscheidende Kraft.



********



Mulder ließ sich neben ihr im Sitz nieder und winkte die Bedienung herbei, während sie sich ihre Jacke auszog und sie ihrem Partner gab, damit er sie über den Sitzen verstauen konnte.

"Möchten Sie auch was?", er sah Scully an, doch diese verneinte, ließ sich wieder in den Sitz fallen und starrte aus dem Fenster.

Warum war Angel nicht gekommen? Warum hatte er ihr nicht einmal Lebewohl gesagt? Ihre Augen begann wieder zu brennen. Tränen sammelten sich.

Doch sie unterdrückte die Tränen, wie sie es schon die ganze Zeit tat. Zum einen wollte sie sich vor ihrem Partner nicht die Blöße geben und zum anderen... wenn Angel es nicht für nötig hielt Lebewohl zu sagen, würde sie ihm keine Träne nachweinen.

Nach einem Taschentuch suchend, tastete sie ihre Taschen ab und blieb an etwas hängen. Erstaunt glitt ihre Hand in die Tasche ihres Jacketts und zog etwas Metallisches hervor.

Sie öffnete ihre Hand und starrte einen Augenblick irritiert auf die kleine goldene Kette in ihrer Hand. Erst nach und nach begriff sie, dass diese Kette von Angel sein mußte und betrachtete vorsichtig den kleinen Ring, der an der Kette hing.

"Angels Soul" las sie leise die Gravur vor, kaum die Lippen bewegend und strich mit dem Finger über die eingravierten Buchstaben.

Er hatte sie nicht vergessen. Scully spürte, wie die Tränen zurück kamen. Diesmal unaufhaltsam.

Mit zittrigen Fingern legte sie sich die Kette um und spürte mit einem Male einen kurzen, aber heftigen Schmerz, als das Metall des Ringes ihre Haut berührte.



********



Angel zuckte zusammen. Augenblicklich wußte er, dass sie den Ring gefunden hatte.

Verbunden bis in alle Ewigkeit hatte der Goldschmied gesagt und ihm den Ring übergeben. Er hatte keinen Glauben daran verschenkt und dennoch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass es etwas zwischen ihnen gab, was über alle Grenzen dieser Welt hinweg sehen konnte.

Die Maschine rollte auf die Startbahn und startete die Turbinen. Der Augenblick des Abschiedes war gekommen. Er spürte es und doch fühlte er sich ihr jetzt näher als in irgendeinem anderen Moment.

Seine Hand legte sich fast wie selbstverständlich auf das Gitter des Flughafenzaunes, so als ob er die Maschine berühren könnte, hindurch durch sie, bis sich seine Hand mit Scullys vereinte.

Irgendwie spürte er, dass sie das gleiche fühlte und dachte.

"Lebewohl..." flüsterte er und schloß die Augen.



********



Scully ließ die Hand auf dem Fenster ruhen, starrte dorthin, wo der Zaun der Flughafenanlage sein mußte. Sie wußte nicht, ob Angel irgendwo dort war, aber sie hatte das Gefühl, ihn zu sehen und zu spüren. Es war, als ob sich ihre Hand mit seiner verschlang, obwohl sie doch nur die Scheibe berührte.

Irgendwo war er, irgendwo stand er jetzt und dachte an sie. Sie wußte es. Augenblicklich fühlte sie sich nicht mehr leer und verlassen. Ihre Seele schien nun vollständig.

Aber sie wußte auch, dass der Abschied gekommen war.

Sie schloß ihre Augen und atmete tief durch.

Wie im Traum sahen sie einander ein letztes mal in die Augen, berührten sich mit ihren Händen. Ihre Gesichter waren einander nah und doch so fern.

Sie hörte seinen Abschied, spürte die physische Distanz, die sich zwischen ihnen aufbaute und verlor den Kontakt. Langsam öffnete sie die Augen und sah aus dem Fenster. Los Angeles war nur noch ein kleiner Punkt, schien zu verschwimmen.

Sie lehnte sich zurück in ihrem Sitz, sah an die Decke und spielte mit dem Anhänger. Angel hatte ihr Leben verändert, er hatte sie verändert.

"Lebewohl mein dunkler Engel..." raunte sie und schloß unter Tränen die Augen, "Lebewohl..."





ENDE
Anmerkung von Steffi: Als wir die Idee zu dieser Geschichte hatten, war es eine spontane Eingebung in der Mittagspause. Wir wußten nicht, wozu es sich entwickeln sollte. Wir sprachen von einer Geschichte mit vielleicht 15 Seiten. Eine kleine Idee. Aus der kleinen Idee sind über 40 Seiten geworden und ich bin stolz, dass wir es geschafft haben, nicht einmal von unserem festgelegten Plot abzukommen. Fate Dispensation ist fertig. Inseparable Fate folgt und ich weiß, mit meinen beiden Team-Autorinnen kann es nur noch besser werden. Ich bin stolz auf uns, stolz auf Euch!

An alle anderen, die bis zu dieser Anmerkung gekommen sind: Danke fürs Lesen!



Anmerkung von Karin: Als wir dieses Projekt gestartet haben, hatte ich so meine Zweifel, ob es in der Umsetzung so gut werden würde, wie geplant. Ich muss sagen, ohne uns selber zu loben, es ist super geworden. Die Teamarbeit hat mir in meiner eigenen Kreativität auch sehr viel geholfen, und ich denke, dass Inseparable Fate genauso eine tolle Herausforderung sein wird, wie Fate Dispensation. Danke, fürs Zuhören und Danke fürs lesen!





DANKE SCHÖN!!!
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