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Can't fight the moonlight

von Danalein

Kapitel 1

Langsam durchbrach der Mond die Wolken, die schimmernde Sichel beschien die Landschaft, hauchte den Geschöpfen der Nacht Leben ein. Das Mondlicht bahnte sich seinen Weg durch die Blätter der Bäume hindurch, direkt in das Auto, das einsam am Straßenrand stand

„Scully, ich glaube kaum, dass Smith hier noch aufkreuzen wird. Lassen Sie uns fahren“, schlug Fox Mulder vor. Seit Stunden hatten er und seine Partnerin Dana Scully im Auto gewartet und den Verdächtigen observiert. Seiner Meinung nach war es Zeit zu gehen, er hatte gewaltigen Hunger, außerdem glaubte er kaum daran, dass der Mörder zurückkehrte.

„Mulder, wir können doch nicht einfach so gegen die Vorschriften handeln“, warf sie ein. „Geben Sie uns noch zwei Stunden, wenn er bis dahin nicht da ist, können wir immer noch fahren.“

„Was ist, wenn er wie ein ganz normaler Mensch an einem Freitag Abend bei seiner Familie sitzt und Monopoly spielt?“, bedachte er. „Dann wird er heute nicht mehr an den Tatort zurückkommen.“

„Sie halten es doch nicht wirklich für wahrscheinlich, dass dies der Fall ist. Oder, Mulder?“ Ungläubig zog sie eine Augenbraue hoch, wartete auf eine Antwort.

„Unmöglich ist es nicht.“ Stur griff er nach dem Türgriff, war im Begriff, auszusteigen. „Ich schau mal drinnen nach und wenn dort niemand ist, fahren wir.“

Ihm nachfolgend warf Scully ihrem Partner einen leicht verärgerten Blick zu. „Mulder, Sie können doch nicht einfach jedes Mal die Vorschriften umgehen.“

„Warum laufen Sie mir dann nach?“ Schelmisch grinste Mulder sie an. Sie kannte dieses Grinsen nur zu gut, diesen Gesichtsausdruck hatte er immer, wenn er gerade dabei war, Regeln zu brechen und sich um keinen Preis davon abhalten lassen wollte.

„Ich laufe Ihnen nicht nach. Ich begleite Sie bloß für den Fall, dass sie Verstärkung brauchen sollten.“ Kurz hielt sie inne. „Haben Sie das auch gehört?“

„Was hab ich gehört?“ Er lauschte in die Dunkelheit. Der pfeifende Wind fuhr durch die schmale Straße, ein schwerer Regentropfen fiel auf die Windschutzscheibe. „Nein, nichts.“

„Sie haben Recht. Muss mich wohl verhört haben. Fahren wir?“

„Scully?“

„Ja?“ Mit erstauntem Blick und hochgezogenen Augenbrauen schaute sie ihn an.

„Irgendetwas stimmt nicht.“ Mulder brachte diese Worte nur gepresst hervor, mit schmerzverzerrtem Gesicht bemühte er sich, nicht aufzuschreien. Ganz langsam, Wort für Wort stammelte er eine Frage: „Was... geschieht... mit... mir?“ Ein kurzes, helles Aufleuchten ging durch seine Augen, ein gelbliches Glimmen in der glitzernden Nacht. Durch seinen Körper glitten schlangenartige Wellen, Knochen knirschten, seine Schreie zerrissen die Dunkelheit. Krampfhaft bäumte er sich auf, hielt sich mit einer Hand an der geöffneten Autotür fest, atmete schwer und stoßweise, schloss einige Augenblicke lang die Augen.

„Mulder, was ist los?“ Besorgt legte Dana ihm ihre Hand auf die Schulter. Eine eisige Kälte durchfuhr sie, es war ihr, als gefror das Blut in ihren Adern. Ihr Lungen waren unfähig, ihre Arbeit zu verrichten, ihr fehlte die Kraft zu atmen, panisch schnappte sie nach Luft. Ihre Muskeln schienen gelähmt zu sein, ein Versuch, sich irgendwo abzustützen, schlug fehl. Mit einem keuchenden Aufschrei ging Dana zu Boden, ließ sich von warmer Dunkelheit einhüllen.

Dichte schwarze Wolken schoben sich vor den leuchteten Vollmond, beraubten ihn seines kalten Lichtes. In höchstens einer halben Stunde würde er entgültig untergehen, für diese Nacht kein weiteres Sonnenlicht mehr reflektieren.

Es war, als würde Mulder zurückkehren. Erschrocken bemerkte er eine bewusstlose Scully, deren Glieder kalt und deren Puls schwach war.





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„Allein durch die Macht es Mondes, allein durch die Kraft von Shanya, wird von nun an der Auserwählte, der Gesegnete in unserem Willen handeln, der Auftrag lautet: Armageddon. Das Gute wendet sich zum Bösen, das Böse wird rabenschwarz sein, wie die Nacht, wie der Tod persönlich. Ein Beben wird die Erde erschüttern, das mächtigste Erdbeben, dass die Welt je sah wird alle sieben verschlingen, hinabreißen in ein schwarzes Loch.“



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„Scully, wie geht es Ihnen?“, erkundigte Mulder sich besorgt um ihr Befinden, als er bei ihr im Krankenhaus saß.

„Soweit ganz gut.“ Scully lächelte matt, versuchte sich aufzusetzen. „Die Frage ist nur, wie es Ihnen geht.“

„Wie meinen Sie das?“

„Haben Sie denn gar nichts gemerkt?“

„Erzählen Sie es mir. Und zwar von Anfang an.“

„Wir haben Jonathan Smith observiert und uns gerade entschlossen, heimzufahren, als Sie in das Haus eindringen wollten, um nach dem Rechten zu sehen. Doch plötzlich“, sie schluckte, überlegte sich genau, wie sie das, was sie gesehen hatte, formulieren sollte, „haben Ihre Augen gelb geleuchtet, und es sah so aus, als würde sich ihre Haut kräuseln. Sie haben geschrieen und es schien, las hätten Sie starke Schmerzen, weswegen ich mir Sorgen machte. Sobald ich Sie aber berührte, wurde mir eiskalt und ich glaubte, zu ersticken. An den Rest erinnere ich mich nicht.“

„Sie wollen damit sagen, dass ich etwas damit zu tun hatte?“

„Ich weiß es nicht, Mulder. Aber das rational zu erklären dürfte schwierig werden.“

„Vielleicht war das alles bloß ein Zufall und meine leuchtenden Augen eine Lichtreflexion.“

„Sie wissen gar nichts mehr?“ Da war er, Scullys besorgter Blick.

Beinahe unmerklich nickte Mulder.

Dana nahm tief Luft. Was sie jetzt zu sagen hatte, viel ihr offensichtlich nicht leicht. „Mulder, auch wenn alles andere bloß ein merkwürdiger Zufall war, viele unglückliche Umstände, die zusammengekommen sind, so ein Gedächtnisverlust ist eine schwerwiegende Sache. Sie sollten vielleicht besser einen Arzt konsultieren.“

„Mir geht’s doch prima.“

„Mulder, es geht Ihnen nicht gut.“ Flehend sah sie ihn an. „Nicht, dass noch etwa passiert.“

Er schaute ihr in die Augen, sah so viel mehr als nur ihr Flehen, sah, dass es ihr wirklich wichtig war, dass sie doch nicht ganz an einen Zufall glauben wollte, dass sie Angst hatte, Angst um ihn, Angst um sich selbst. „Gut, ich lasse mich mal durchchecken.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Und, Mulder“, rief sie ihn noch einmal kurz zurück, „passen Sie auf sich auf.“



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„Der Mond. Ein Gestirn, das unsere Erde umkreist, sich Licht von der Sonne leiht. Er kommt und geht. Kommt und geht. Kommt und geht. Ein ewiger Kreislauf. Wölfe heulen ihn an, er beeinflusst die Natur, beherrscht Ebbe und Flut. Doch beherrscht er nur das?“



Der Arzt konnte nichts feststellen. Fox Mulder ist anschienend vollkommen normal, niemand weiß davon, nicht einmal er selbst. Wie sollte der Arzt auch etwas feststellen, das keine Krankheit, keine Infektion oder sonst etwas ist? Woher soll er wissen, dass das Ende begonnen hat? Dass Mulder derjenige ist, der die Macht hat über alles, über Leben und Tod, beeinflusst vom Mond, mit der Kraft von Shanya. Der Zauber hat begonnen, niemand wird ihn je aufhalten können, unser Auserwählte verbreitet Tod, unsere Auferstehung, ohne dass auch nur irgendjemand im Geringsten davon erfahren wird, bevor es zu spät ist.



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Lange schon sah Mulder aus dem Fenster, dachte nach. War es wirklich bloß ein Zufall, was Scully gesehen hatte? Es wäre theoretisch möglich, dass da wirklich eine Verbindung bestand. Eine Verbindung zwischen all den seltsamen Vorfällen letzte Nacht, zwischen dem, was Scully bei ihm bemerkt hatte und dem, was mit ihr geschehen war. Passen Sie auf sich auf. Was wollte sie ihm damit sagen? Unterstellte seine Partnerin ihm damit etwa, etwas mit den Ereignissen zu tun zu haben? Hatte sie denn nicht im Prinzip doch recht? Vielleicht war es wirklich seine Schuld, nur konnte er nicht erfassen, in welcher Hinsicht. Er vertraute ihr, was so etwas anging, konnte er sich ihrer rationalen Sicht der Dinge bewusst sein. Was war es, das Dana zur Gläubigen unerklärlicher Ereignisse machte?

Langsam verzogen sich die Wolken, gaben den Blick frei auf den Mond, der zwischenzeitlich aufgegangen war, die Landschaft verzauberte, auf Fox Antlitz einen silbernen Schatten warfen. Die Bewegung in seinem Inneren schien in zu zerreißen, seine Knochen zum Bersten zu bringen, doch er war nicht mehr der, der er war. Seine Miene versteinerte sich, er zog los, hinaus in die Nacht, in die Dunkelheit, um für diesen Tag seine Aufgabe zu erfüllen, von der niemand wusste, die niemand auch nur erahnen konnte.



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Es war, als würde er aus einem tiefen Schlaf erwachen, mitten auf der Straße, in der Kälte, allein. Seine Augen mussten sich kurz an die Dunkelheit gewöhnen, bis er sich zurechtfand. Vorsichtig sah er sich um, langsam versuchte er zu verstehen, wo er war. Doch was er sah, erschreckte Mulder zutiefst. Er war irgendwo da draußen, wo wusste er nicht, aber eines machte ihm mehr zu schaffen als die Tatsache der Orientierungslosigkeit. Er schaute direkt hinab auf den Körper eines toten Kindes. Lange betrachtete er ihn, die kleinen Hände, die wie versteinert um sich griffen, die großen, weit geöffneten Augen, die in einem panischen Ausdruck eingefroren waren, die unnatürlich stark hervortretenden Adern. Woran war dieses kleine Mädchen gestorben? Etwas Derartiges hatte Mulder noch nie gesehen, auch wenn er durch seine Arbeit als FBI-Agent einiges gewohnt war. Sein Blick schweifte weiter zu der Leiche eines älteren Mannes, die seltsam verkrümmt auf dem Boden lag. Wie waren sie hierher gekommen? Mulder drehte sich ahnungsvoll um, doch der Anblick der Masse an toten Körpern übersteig seine schlimmsten Befürchtungen. Menschen aller Altersgruppen, Rassen und Geschlechter lagen in einem Umkreis von etwa zehn Metern um ihn herum. Wäre das auch mit Scully geschehen, wenn er nicht rechtzeitig aufgewacht wäre?



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Ungeduldig wartete Scully vor der Tür, bis die zehnfach Verriegelung gelöst war, wippte ungeduldig auf und ab. Dann, endlich, stürmte sie wortlos in das Haus.

„Ihr müsst mir helfen“, begann sie ohne Umschweife.

„Hi, Scully!“ Frohike konnte es nicht lassen, sie zu begrüßen.

„Worum geht’s?“ Mit einem Kopfnicken deutete Byers auf das Blatt Papier, welches Scully in der Hand hielt.

„Es geht um Mulder. Er ist...“

„Was ist mit mir?“ Er trat aus dem Schatten, ging auf Scully zu, stellte sich direkt vor sie. Seine Stimme klang rau und monoton, dunkle Augenringe zierten sein Gesicht.

„Mulder! Was machen Sie denn hier?“ Erstaunt trat Dana einen Schritt zurück.

„Das wüsste ich auch gern. Vor ein paar Stunden war ich noch in meiner Wohnung, doch ich schlug die Augen auf und befand mich auf einer fast unbefahrenen Landstraße unter vielen toten Menschen.“ Sein düsterer Blick fixierte Dana. „Sehr vielen toten Menschen“, fügte er hinzu.

„Mit anderen Worten, Sie sind irgendwie von ihrer Wohnung woanders hingelangt, woran Sie sich nicht erinnern können und fanden sich plötzlich unter einer ganzen Menge Leichen wieder?“ Skeptisch zog sie die Augenbrauen hoch.

„Ja, genau.“

„Und... haben Sie diese Leute umgebracht?“

„Ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern, ob ich es getan habe, genauso wenig, wie ich mich daran erinnern kann, wie ich auf die Straße gekommen oder was ich mit Ihnen getan hatte.“

„Ähm... Mulder, du hast Scully...“, unterbrach Langly die beiden.

„Ich weiß es nicht.“ Hilfesuchend blickte er seine Partnerin an.

„Ich bin heute Mittag aus dem Krankenhaus entlassen worden, ich war dort, weil Mulder anscheinend irgendwie... das ist schwierig zu erklären“, versuchte sie zögernd Langly die Angelegenheit klar zu machen. Dana trat ein paar Schritte näher an Mulder heran, wollte seine Hand ergreifen, doch er wich aus. Fragend sah sie ihm in die Augen.

„Scully, halten Sie sich besser fern von mir. Wenn das stimmt, was Sie über gestern Abend sagen, dann gäbe es für die Todesfälle eine rationale Erklärung.“ Er verschränkte seine Hände hinter dem Rücken. „Ich möchte nicht, dass Ihnen etwas passiert“, fügte Fox eindringlich hinzu.

Ernst schaute sie zu ihm auf, in seine Augen, in seine Seele. „Wie haben Sie das gemeint?“, flüsterte sie.

Frohike räusperte sich. „Langly, Byers, wollten wir nicht eigentlich die Leitung von Bill Gates anzapfen?“ „Ja, stimmt, du hast recht, da war doch dieses Telefongespräch mit dieser reizenden Monica...“

Hintereinander gingen sie ins Nebenzimmer, um die beiden Agenten allein zu lassen.

Nun richtete Mulder seinen Blick wieder auf seine Partnerin. „Scully, diese Menschen sind wahrscheinlich durch meine bloße Berührung gestorben. Ich weiß nicht, was mit mir vorgeht, ich kann es nicht aufhalten, ich kann mich nicht einmal daran erinnern“, sprach er eindringlich auf sie ein.

„Und Sie meinen wirklich, dass Sie...“

„Ja. Und wenn niemand schnell genug herausfindet, wie das geschehen ist und vor allem, wie man es aufhalten kann, sollte ich besser von hier verschwinden, nicht, dass noch etwas passiert.“

Scully schluckte schwer, nickte.

„Kommen Sie, lassen Sie uns gehen.“
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