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Silent Death

von Stefan Rackow

Kapitel 3

Zur gleichen Zeit in der Leichenkammer des Pathologischen Institutes





„Wenigstens bleibt uns der hier erst mal erspart!“ – David klatschte mit der Handfläche auf das Fach, welches mit MICHAEL LANGER beschriftet war und blickte seinen Kollegen an. Dieser schien froh zu sein, endlich ohne den Sicherheitsanzug rumlaufen zu können. „Es scheinen die Ameisen gewesen zu sein“, erwiderte er, „mal sehen, was die Untersuchung ergibt.“

„Hatten schon Glück, dass es kein Gift war. Bei einem Komplett - Scan des Raumes wurden keine Giftstoffe oder ähnliches gefunden“, sagte David und atmete einmal lang aus, „Schwein gehabt, sag ich da nur.“

„Kannste laut sagen“, lautete die Antwort seines Freundes, „du, ich glaube, wir werden heute nicht mehr hier gebraucht. Hast du Lust auf ein Bierchen bei mir zuhause? Amy hat ihren Bridge-Abend im Frauen-Club!“

„Immer doch“, sagte David freudig, „dann muss man wenigstens nicht erwarten, dass jemand unangemeldet anklopft- “

Er stockte.

„Hörst du das?“, fragte er seinen Freund.

„Wen? Meine Frau?“

„Nein“, erwiderte David und gebot seinem Freund zu schweigen. Beide lauschten. Ein leises Kratzen war zu hören. Es kam irgendwo aus der Nähe.

„Ich dachte immer, Tote reden nicht!“, gab Davids Freund leicht unsicher von sich.

„Tun sie auch nicht, du Trottel. Da ist irgendwas anderes für verantwortlich.“ – Vorsichtig näherte er sich dem Fach, in dem Michael aufbewahrt wurde, und presste sein Ohr gegen die kalte Metallwand. David bekam große Augen.

„Das kommt von da drin!“

„Von dem Toten?!“

„Weiß ich nicht...“ – Er lauschte noch einmal, diesmal jedoch intensiver als vorher – „Das Geräusch kommt echt von dort drinnen!“, flüsterte er und blickte seinen Freund an. Dieser schüttelte nur den Kopf, was wohl heißen sollte, dass David auf gar keinen Fall das Fach herausziehen sollte. Selbiger schien das nicht zu verstehen und öffnete ganz langsam das Fach einen Spalt breit.

„Wollen doch mal sehen, was-“, begann er, fiel aber daraufhin urplötzlich zu Boden, panisch schreiend und wild um sich schlagend.

„Mach es weg!! Mach es weg!!“, rief er völlig außer sich. Sein Freund wusste im ersten Moment nicht, was er tun sollte. Entsetzt stand er vor David, dessen Gesicht zu seiner Verwunderung nun an einer Seite ein großes Loch zierte. Ebenso die Hände, welche panisch auf irgendetwas einschlugen. Erst jetzt erkannte er, was David die Schmerzen zufügte:

Ein drei Zentimeter großes Insekt, gleich dem, das sie in der Leiche gefunden hatten, lief in zackigen Bewegungen über den sich vor Schmerzen krümmenden Körper Davids, dessen Abwehrbewegungen mit jeder Sekunde schwächer wurden. Geistesgegenwärtig tat sein Freund das einzig Richtige: er schloss das Fach, welches daraufhin einem weiteren Insekt den Kopf vom Rumpf trennte. „Halt aus, mir fällt schon was - “ – Sein Blick traf den Feuerlöscher, welcher in der hinteren Ecke des Raumes an der Wand hing. Eilig lief der Mann zu ihm, riss den Feuerlöscher aus seiner Verankerung und nahm den Schlauch in die rechte Hand.

„David? Mund zu!!“

Gerade, als er den Feuerlöscher betätigen wollte, traten drei Männer in Begleitung von Derik Walters in die Leichenkammer des Institutes. Sie trugen schwere Sicherheitsanzüge und Atemschutzgeräte vor dem Gesicht. Ein jeder hatte eine orangefarbene Sprühflasche in der Hand und sie wandten sich sofort zu dem am Boden liegenden David.

„Halten Sie umgehend die Luft an, Mr.!“, rief einer der Männer, welcher den Ernst der Lage erkannt hatte und wies im Folgenden Davids Freund sowie den Einsatzleiter an, schleunigst den Raum zu verlassen.

„Ich hoffe, das stört die Leichen nicht...“, murmelte einer der in Sicherheitskleidung hinzugekommenen Männer und betätigte die Sprühflasche in Richtung von David.





******



Vor dem Pathologischen Institut

21:12 Uhr





„Das dürfte es gewesen sein“, sagte Doggett und blickte Reyes an. Die beiden standen vor dem Institut und blickten dem Krankenwagen nach, welcher mit Blaulicht in der Dunkelheit der Nacht verschwand. Es wurde kalt.

„Hoffen wir’s“, erwiderte Reyes und ging zu Derik Walters, welcher noch mit den Sicherheitsleuten redete. Als er die Agentin sah, entschuldigte er sich kurz bei den Männern und lief ihr entgegen.

„Gute Arbeit, Agent Reyes. Hätten Sie nicht angerufen, wäre David nun tot. Woher wussten Sie nur, dass sie in der Leiche von Michael Langer waren?“, fragte er, während er ihr die Hand schüttelte.

„Weibliche Intuition“, sagte Doggett, welcher hinter Reyes auftauchte, „da muss irgendetwas dran sein.“

Reyes setzte ein Lächeln auf und beließ es dabei.

„Meinen Sie, er kommt durch, Derik?“, fragte sie den Einsatzleiter mit leichter Sorge in ihrer Stimme.

„David? Ich denke schon. Er ist ein harter Kerl. Zudem hat er die besten Ärzte. Machen Sie sich keine Sorgen, Agent Reyes. Er wird schon durchkommen.“ – Der Einsatzleiter lächelte. „Ihren Verstand möchte ich haben, Agent Reyes“, sagte er.

„Ich auch“, murmelte Doggett fast unhörbar.

„Wie wurde denn mit den Ameisen verfahren?“, fragte Reyes neugierig. „Ist ein Exemplar unterwegs zur Untersuchung?“

„Noch nicht, Agent Reyes“, antwortete Walters leicht verlegen, „wir haben zwar ein Exemplar aufbewahrt-“

„Und die anderen in der Leiche?“, wollte die Agentin verwundert wissen, „alle tot?“

„Ja, allesamt hat das Gift, das gesprüht wurde, dahin gerafft. Größtenteils haben die Viecher soviel angekommen, dass sie regelrecht zersetzt wurden – zur Untersuchung sind die nur noch völlig unbrauchbar. Aber das eine Exemplar wird morgen von einem meiner Männer zu einem Spezialisten gefahren. Dann wissen wir bald wirklich, mit was für Tierchen wir es zu tun hatten.“

„Und es wurden keine weiteren Insekten im Komplex gefunden?“, fragte Doggett leicht verunsichert.

„Nein, bisher nicht. Ein speziell ausgebildetes Team mit Sonderausrüstung durchkämmt noch einmal das ganze Institut. Zur Sicherheit werden auch noch Sarah und Lara Hanning genauestens untersucht. Aber wie es aussieht, haben wir es überstanden“, entgegnete der Einsatzleiter und fügte hinten dran: „Sie entschuldigen mich – ich muss mit den Sicherheitsleuten noch einige Details klären. Vielen Dank jedenfalls und noch einen schönen Abend!“ Sprachs und drehte sich um. Doggett blickte Reyes an und wirkte leicht nachdenklich.

„Was hast du, John?“ , fragte die Agentin und erkannte, dass etwas John Kopfzerbrechen bereitete.

„Ich weiß nicht, Monica, glaubst du echt, dass es vorbei ist?“

„John! Wir haben den Fall weitestgehend gelöst. Wir wissen, wer George getötet hat, wir wissen, wie er umkam und -“ –Sie wartete einige Sekunden, bevor sie weitersprach.

„ - wir haben weitaus Schlimmeres verhindert. Kann man nicht von jedem unserer Fälle behaupten! Das Einzige, was mir Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass wir das ganze irgendwie noch Sarah Hanning beibringen müssen. Wird nicht leicht sein.“ – Sie blickte zu ihrem Partner.

„John, sag doch auch mal was!“



Doch Doggett stand nur neben ihr und starrte in den sternenklaren Himmel. Reyes überlegte, ob sie ihm noch etwas länger Gesellschaft leisten sollte, zog es dann aber doch vor, John für einen kurzen Moment mit sich selbst und seinen Gedanken allein zu lassen. Manchmal braucht der Mensch einfach Zeit für sich selbst...

Sie ging in Richtung ihres Wagens und drehte sich noch einmal nach ihrem Partner um. In der Dunkelheit verkam der große Mann zu einem schwarzen Schatten inmitten einer Landschaft aus weiteren Schatten, wie er so dastand – gerade, aufrecht, den Kopf zum Himmel geneigt. Reyes hätte zu gern gewusst, was in diesem Moment in seinem Kopf vorging. Sie hätte ihm so gerne geholfen!

Doch Doggetts Gedanken waren zu dieser Stunde nur ihm selbst zuteil.







10 Stunden später



Carl Nut saß auf dem Beifahrersitz des Polizeiwagens, welcher mit gemäßigter Geschwindigkeit Richtung Labor fuhr. In seinen Händen hielt er ein kleines Reagenzglas, in welchem sich ein circa drei Zentimeter großes Insekt befand. Am Steuer saß ein alter Freund von ihm, Hugh Matt. Selbiger beobachtete seinen Beifahrer nun schon eine ganze Weile und setzte eine besorgte Mine auf.

„Carl, du siehst gar nicht gut aus. Soll ich dich lieber bei deinem Hausarzt absetzen?“, fragte er und schaltete einen Gang höher. Carl stöhnte plötzlich und hielt sich mit der rechten Hand den schmerzenden Bauch.

„Es – tut – so – weh!!“, brachte der junge Mann nur mühsam zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor. Seine Haut wirkte angespannt. Hugh, dem der Gesundheitszustand seines Freundes sehr am Herzen lag, fragte nun besorgter denn je: „Carl, verdammt noch mal, Carl! Was hast du denn?“

„Mein Herz ... mein ... Herz!!“

„Mein Gott, Carll, behalt die Nerven, ich fahr dich schleunigst in ein Krankenhaus!“



******



Der Wagen sauste nun mit hoher Geschwindigkeit und Blaulicht durch die Straßen Washingtons. Hugh am Steuer stand der Angstschweiß auf der Stirn.

„Halt durch!“, befahl er Carl, „mach bloß nicht schlapp!!“

Doch selbiger zuckte in diesem Moment verkrampft zusammen. Einen Moment lang glaubte Hugh, die Augen seines Freundes könnten jeden Moment aus den Augenhöhlen kullern, derart weit traten sie hervor. Noch ein Zucken, noch ein weiteres und Carl Nuts Körper sackte von der einen auf die andere Sekunde leblos zur Seite – direkt auf Hughs rechtes Knie, welcher in diesem Augenblick voller Schreck das Lenkrad losließ.

„CARL!!“



Den entgegenkommenden Lastwagen sah Hugh zu spät. Der Wagen kollidierte mit voller Wucht mit dem beladenen Lieferwagen, riss den linken Stoßdämpfer ab, flog einige Meter durch die Luft, überschlug sich anschließend und rutschte auf dem Autodach mit immer noch knapp 40 Meilen/Stunde direkt gegen den nächstgelegenen Baum am Straßenrand. Aus der Tankfüllung floss langsam etwas Benzin aus.



Die beiden Insassen waren sofort tot.



*





Eine drei Zentimeter große Ameise verließ den leblosen Körper von Carl Nut. Selbige krabbelte kurz darauf durch das zersplitterte Seitenfenster des demolierten Wagens und verschwand einige Zeit später im Gebüsch am Straßenrand. Währenddessen explodierte der Wagen in einem großen Feuerball, welcher sowohl den Baum und alles, was sich vorher im Wagen befand, als auch das danebenstehende Hinweisschild zerstörte. Schutt, Asche und Wrackteile fielen auf das Schild und bedeckten es fast ganz, ließen aber die Stelle frei, welche besagte:



„Washington Zentrum - 1 km“







ENDE
Die Idee zu dieser Story hatte ich schon länger. Ich wollte eine klassische X-Akte schreiben, in der Reyes zunehmend die Rolle Scullys übernimmt, während Doggett nach wie vor der Skeptiker bleibt.

Ich hoffe, dass klar geworden ist, warum Doggett gegen Ende schweigend gen Himmel blickt – weil er sich letztlich immer noch schwer damit tut, das Fantastische zu glauben!

Wie dem auch sei: ich wäre dankbar, wenn ihr mir unter meiner E-mail – Adresse Feedback schreibt, da mir eure Meinung sehr wichtig ist!



Bis zur nächsten Story,



Stefan :)
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