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Strength

von XS

Chapter 22

XXII


Langsam schwenkte die Trage herunter. Morrison griff mit beiden Händen nach oben und nahm sie in Empfang. Mit geübten Handgriffen öffnete er die Sicherheitsgurte und winkte dann den anderen Männern seines Teams zu, daß jetzt alles bereit war.
Thompson hatte ein dick eingepacktes Bündel auf dem Arm und stapfte so schnell wie möglich durch den Schnee auf Morrison zu. Scully, die sich in den Decken befand, wurde auf die Trage gehievt und sorgsam festgeschnallt, bevor Morrison Stewart das Zeichen gab, die Trage hochzuziehen. Nach etlichen Minuten verschwand die Trage schließlich im Inneren des Hubschraubers. Wenige Augenblicke später erschien Stewart wieder an der Öffnung und ließ die Trage wieder hinunter. Ungeduldig wartete Morrison darauf, daß sie ihn endlich erreichte. Das Öffnen der Sicherheitsgurte. Das Zeichen. Mulder wurde auf der Trage festgeschnallt. Das Zeichen an Stewart. Das scheinbar endlose Warten, bis Mulder sicher im Bauch des Hubschraubers verschwunden war.
Das alles dauerte Skinner zu lange. Der Wind hatte wieder aufgefrischt und als er jetzt den Himmel betrachtete, sah er eine dunkle, dicke Wolkendecke, die Schnee ankündigte. Sie mußten schleunigst hier weg. Wer wußte schließlich, wieviel Zeit ihnen noch blieb. Eine Strickleiter wurde aus dem Hubschrauber geworfen.
"Sie zuerst, Sir", forderte Morrison ihn auf. "Wir müssen uns beeilen. Es wird bald wieder Schnee geben!"
Skinner nickte nur und trat auf die Leiter zu. So schnell es ihm möglich war, begann er die Leiter hinaufzusteigen, was sich als äußerst schwierig erwies, da sie unruhig hin- und herschwankte. Schließlich erreichte er den Hubschrauber. Stewart reichte ihm eine Hand und half ihm hineinzuklettern. Während Stewart sich nach vorne beugte und auf den Rest der Gruppe wartete, trat Skinner sofort auf Mulder und Scully zu, die noch immer bewußtlos waren. Er überprüfte den Puls, der zwar noch immer schwach war, aber regelmäßig ging.
Ein wenig erleichtert ging Skinner auf einen Rucksack zu und holte eine große Thermoskanne heraus. Er füllte den heißen Kaffee in einen Becher und trat auf Scully zu. Vorsichtig flößte er ihr das Getränk ein. Zuerst war keine Reaktion erkennbar, aber dann konnte Skinner eine Schluckbewegung sehen.
"Scully? Hören Sie mich? Wachen Sie auf!"
Nach einigen Augenblicken schlug Scully die Augen auf. Als sie Skinner erkannte flüsterte sie etwas, doch Skinner konnte sie nicht verstehen. Also beugte er sich zu ihr, so daß sich sein Ohr über ihren Lippen befand.
"Was ist passiert? Wo ist Mulder?", wiederholte Scully flüsternd und mit krächzender Stimme.
Skinner lächelte.
"Sie und Mulder sind in einem Hubschrauber. Wir werden Sie in ein Krankenhaus bringen. Sie sind in Sicherheit", beruhigte Skinner sie.
"Die Schmuggler! Was ist mit der Hütte?", krächzte Scully.
"Es war niemand mehr da. Wir werden die Hütte später durchsuchen. Sie müssen sich jetzt erst ausruhen."
Müde nickte Scully und schloß die Augen.
Skinner ging zu Mulder hinüber und flößte auch ihm etwas von dem Kaffee ein.
"Mulder? Wenn Sie mich hören, dann wachen Sie auf!"
Skinner wartete einige Augenblicke, doch Mulder rührte sich nicht. Auch nachdem er ihn an der Schulter gerüttelt hatte, schlug er seine Augen nicht auf.
Skinner fühlte nach seinem Puls. Nur sehr schwach war er spürbar, viel schwächer als Scully’s, wie er erst jetzt bemerkte. Sie mußten sich beeilen, ihn in ein Krankenhaus zu bringen. Er drehte sich zu Stewart um, um ihn von Mulder’s Zustand zu unterrichten, aber als er sich umgedreht hatte, bemerkte er, daß sich bereits alle Männer im Hubschrauber befanden und Stewart gerade die Leiter in den Innenraum zog. Der Pilot begann bereits damit abzudrehen und gewann dabei stetig an Höhe, noch bevor Stewart die Tür geschlossen hatte. Gerade als dieser nach dem Riegel griff, ertönte ein ohrenbetäubendes Donnern und Grollen, das sich ihnen zu nähern schien.
Ruckartig wandten alle Männer des Teams den Kopf zur Tür und konnten durch die Öffnung eine scheinbar riesige Schneemasse sehen, die den Hang hinunterstürzte und genau auf die kleine Hütte zuhielt.
Sprachlos starrte Skinner nach draußen und beobachtete den Verlauf der Lawine.
Das Tosen schwoll an, obwohl sich der Hubschrauber weiter vom Berg entfernte. Die riesigen Schneemassen stürzten den Anhang hinab und ließ sich nicht durch Vorsprünge aufhalten. Auch, als die Lawine schließlich auf die Hütte traf, riß sie diese wie ein Kartenhaus mit und begrub die zerborstenen Holzbretter unter sich.
Morrison und Thompson wechselten einen Blick.
*Wenn sie die Hütte nur ein wenig später entdeckt hätten...*
Sie verfolgten den Verlauf der Lawine noch ein wenig, aber der Hubschrauber drehte so weit ab, daß die Öffnung der Tür keinen Blick mehr auf die Lawine gab.
Stewart schloß die Tür, um den Wind, der hier oben noch stärker zu spüren war, abzuhalten.
Die Männer setzten sich auf die Bänke, die im Innenraum des Hubschraubers angebracht waren und unterhielten sich flüsternd. Natürlich stand dabei die Lawine, die sie alle beinahe in den Tod gerissen hatte im Vordergrund. Von diesem Erlebnis konnten sie später noch ihren Enkeln erzählen, wenn sie schon alt und grau waren.
Stewart hatte währenddessen die Tür pflichtgemäß verschlossen und wand sich dann Skinner zu.
"Wie geht es den beiden? Sind sie verletzt?", fragte er mit einer Stimme, gerade laut genug, um das Geräusch der Rotorblätter zu übertönen.
"So weit wir feststellen konnten, haben sie keine äußeren Verletzungen. Agent Scully scheint eine leichte Kopfwunde zu haben, die aber fast vollkommen geheilt zu sein scheint. Aber die größte Sorge macht mir die starke Unterkühlung."
Stewart nickte und sah zu den beiden Agenten hinüber. Wie alle Anwesenden hatte auch er einen umfangreichen Erste-Hilfe-Kurs absolviert. Aber er hatte zudem noch begonnen Medizin zu studieren, deshalb hatte er die meiste Erfahrung, obwohl er sein Studium nach zwei Jahren abgebrochen hatte, da ihm eine verlockende Zukunft beim Militär in Aussicht gestanden hatte. Aber durch sein Studium hatte er auf jeden Fall mehr Erfahrung als alle anderen in diesem Hubschrauber. Bis auf die rothaarige Agentin, die jetzt natürlich bewußtlos auf der befestigten Trage lag.
Stewart machte einige Schritte auf diese Trage zu und bückte sich. Er begann damit, die beiden Agenten zu untersuchen, aber auch sein Vorteil des zweijährigen Studiums konnte ihm nicht weiterhelfen. Genau wie Skinner ihm gesagt hatte, gab es keine sichtbaren äußeren Verletzungen, bis auf Scully’s verhältnismäßig gut verheilte Kopfwunde. Dazu die offensichtliche Unterkühlung, gegen die sie nichts weiter tun konnten, als sie in Decken einzuhüllen und dann noch ein relativ schwacher Puls, der nicht allzu besorgniserregend war. Nur bei Agent Mulder runzelte er die Stirn, da sein Pulsschlag doch sehr viel schwächer war, als er normalerweise sein sollte.
Stewart deckte ihn wieder zu und ging auf das Cockpit zu. Er beugte sich soweit es ging zu Skinner vor, der wieder neben dem Piloten Platz genommen hatte und ihn offensichtlich zur Eile beschwor. Als eine kurze Pause entstand, klinkte Stewart sich ein.
"Wie lange wird es bis zum nächsten Krankenhaus dauern?"
Skinner drehte sich zu ihm um und Stewart konnte tiefe Sorgenfalten auf seiner Stirn erkennen. Er ahnte, daß das nichts allzu Gutes bedeuten konnte.
"Wir können im näheren Umkreis kein Krankenhaus direkt ansteuern. Wir müssen erst einen Landeplatz in der Nähe anfliegen. Dort werden zwei Ambulanzfahrzeuge bereitstehen, die uns zum nächsten Krankenhaus fahren. Das wird insgesamt vermutlich eine halbe Stunde dauern."
Skinner sah ihn an. Er versuchte, in Stewarts Gesicht zu lesen, ob diese Nachricht so schlecht war, wie er befürchtete, aber Stewart zeigte keinerlei Reaktion. Er nickte ihm nur zu und fragte dann: "Haben Sie den anderen Suchtrupps schon Bescheid gegeben?"
Diesmal nickte Skinner: "Ja, aber sie wollten ohnehin gerade die Suche abbrechen. Es wird langsam dunkel."
Er deutete auf den Himmel, der sich bereits rosa und lila zu färben begann.
"Okay, ich kümmere mich um die Beiden."
Stewart drehte sich um und verschwand im Innenraum des Hubschraubers und damit aus Skinner’s Blickfeld.
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