World of X

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Die Höhlen der Pecos

von Petra Weinberger

Kapitel 2

3. Juni 1999; 23:35 Uhr; irgendwo über dem Süden der USA

Fast pünktlich war die Maschine Richtung New Mexico gestartet.

Mulder saß am Gang, während Scully den Fensterplatz hatte. Sie schenkte der Landschaft unter ihr jedoch keinen Blick. Nachdenklich studierte sie die Akte über ihren Fall.

Mulder hatte sich ein Buch mitgenommen, in das er vertieft schien. Seine Gedanken schweiften jedoch immer wieder ab.

Er empfand es als äußerst schönes Gefühl, hier neben ihr zu sitzen und endlich wieder mit ihr gemeinsam zu arbeiten. Zwar hatte er in den letzten drei Wochen nicht unter Arbeitsmangel gelitten, aber zusammen mit seiner Partnerin machte die Arbeit auf alle Fälle mehr Spaß. Er respektierte ihre Meinung und nahm sie sehr ernst. Er brauchte ihre Skepsis. Sehr sogar. Denn sonst wäre er längst im Strudel seiner eigenen Absurditäten versunken.

Zwar lag er mit seinen Annahmen meist richtig, aber Scully schaffte es, ihn davor zu bewahren, darin zu ertrinken.

Ihre Fälle waren ja auch mehr als ungewöhnlich. Sie waren bizarr, abstrakt, kurios. Und mehr als einmal waren sie dabei schon auf Regierungskonspirationen gestoßen.

Er fragte sich, ob auch diesmal wieder die Regierung ihre Finger im schmutzigen Spiel hatte - wie ja die Lone Gunmen glaubten, - oder ob es da tatsächlich ein übernatürliches Wesen gab, das in dieser Höhle ruhte und jeden Eindringling vernichtete.

Er seufzte und versuchte sich wieder auf sein Buch zu konzentrieren.

Der Duft ihres Parfums wehte leicht zu ihm herüber und lenkte seine Gedanken erneut in andere Bahnen.

Er sah etwas zur Seite. Gerade soweit, daß er sie aus den Augenwinkeln heraus sehen konnte. Sie war einfach umwerfend schön. Ihre Haarfarbe, dieses Rot. Er liebte diese Farbe. Und erst ihre Augen. Wenn er hinein sah glaubte er in einen See zu tauchen. So klar, so ehrlich. Er würde alles dafür geben, sie in die Arme zu nehmen und nie wieder frei zu geben. Doch er durfte es nicht. Um ihretwillen nicht.

" Mulder, die Worte ihres Buches stehen nicht auf meiner Nase," sagte Scully plötzlich schmunzelnd.

Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß er sie angestarrt hatte. Er grinste flüchtig und wurde doch tatsächlich rot, vor Verlegenheit.

" Entschuldigen Sie, ich dachte nur, ich hätte etwas in ihren Haaren krabbeln sehen," antwortete er ausweichend.

Sofort hob Scully die Hand und fuhr sich durch die Haare, " wo ? Ist es noch da ? Was war es ?"

Mulder tat, als würde er genau ihre Haare mustern, " ich kann es nicht mehr sehen. Zeigen Sie mal."

Scully beugte sich näher zu ihm und senkte leicht den Kopf.

Mit den Fingern fuhr er ihr durch das Haar. Ganz nah beugte er sich zu ihr herab.

' Wie weich es ist. Und wie gut es duftet,' fuhr es ihm durch den Kopf. 

" Was ist denn nun ? Ist es noch da ?" drängte Scully und sah ihn von unten herauf an.

Mulder seufzte und lehnte sich wieder zurück. Langsam schüttelte er den Kopf.

" Könnten Sie dann Ihre Finger aus meinen Haaren nehmen ?" schmunzelte Scully.

Sofort zog er seine Hand zurück.

Scully warf ihm einen schrägen Seitenblick zu und grinste flüchtig, " Mulder, wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich glauben, Sie versuchten mich anzubaggern."

Mulder sah sie beinahe entsetzt an, " anbaggern ? Dana Scully, ich bitte Sie."

Scully legte den Kopf auf die Seite und grinste schelmisch, " wieso ? Gefalle ich Ihnen etwa nicht ?"

Mulder setzte ein empörtes Gesicht auf, " eine Frau wie Sie, die baggert man nicht an. Eine Frau wie Sie verzaubert man. Man erobert sie. Aber man baggert sie nicht an. Zudem bin ich aus der pubertären Phase heraus, in der man Mädchen anbaggert. Heute beginne ich es mit einem netten Flirt, aus dem dann eine Eroberung wird."

Scully mußte nun doch lachen, " erobern ? Verzaubern ? Wann haben Sie denn das letzte Mal eine Frau erobert und verzaubert ?"

Mulder runzelte gekonnt die Stirn und schien zu überlegen, " naja," sagte er schließlich und hob die Schultern, " das liegt schon eine ganze Weile zurück. Aber Sie würde ich verzaubern."

" Das glaube ich Ihnen. Was haben Sie denn in den letzten drei Wochen getan ? Wurde es Ihnen nicht zu langweilig ?"

Mulder grinste flüchtig, " ich hatte schon einiges zu tun. Zum einen habe ich geübt, wie man Sie verzaubern könnte."

Scully mußte lachen, " und zum anderen ungefähr zwanzig mal am Tag auf meinen AB gesprochen. Das Band war alleine schon von Ihnen voll."

" Naja, Sie hatten Ihre Handynummer geändert. Was hätte ich also sonst tun sollen? Ich habe ja immer gehofft, daß Sie das Band zwischendurch mal abhören und sich bei mir melden. Ich hätte Ihnen zugehört, wenn Sie mir von Ihrem Bruder, Ihrer Schwägerin oder Ihrer Nichte erzählt hätten. - Ich freue mich, daß Ihr Urlaub endlich zu Ende ist."

Scully legte ihm ganz kurz die Hand aufs Knie und nickte, " Ich freue mich auch, wieder mit Ihnen zusammen zu arbeiten. Und glauben Sie mir, ich war oft nahe dran, Sie anzurufen."

" Weshalb haben Sie es nicht getan ?"

" Weil ich Urlaub hatte und Sie arbeiten mußten. Ich fand es einfach nicht fair, Ihnen gegenüber."

" Wir sollten wirklich das nächste Mal gemeinsam Urlaub machen. Wäre das dann fairer ?"

Scully mußte grinsen, " darüber reden wir noch mal, ehe wir den nächsten Urlaub antreten werden. Okay ? - Was kam eigentlich bei Ihren Freunden heraus ? Konnten die Ihnen was sagen ?"

Mulder grinste ebenfalls, " Frohike hat sich beschwert, daß Sie Ihre Nummer geändert haben. Ansonsten haben sie ein recht interessante Theorie. Ich erzähle Sie Ihnen nachher, im Wagen. Hier sind zu viele Ohren, die mithören könnten," wisperte er und ließ seinen Blick kurz durch die Kabine gleiten.

Scully seufzte und schüttelte resignierend den Kopf. Mulder war wirklich paranoid. Er hätte wunderbar zu den 'Einsamen Schützen' gepaßt. Nur das die drei Herren noch eine Spur paranoider waren als ihr Partner.

Als ihre Maschine endlich landete, war es weit nach Mitternacht und ihr Weg war noch nicht Zuende. Sie hatten eine Autofahrt vor sich von weiteren vier Stunden, bis sie endlich das kleine Motel erreichen würden, in dem ihre Zimmer gebucht waren.

Von da aus waren sowohl die Berge, wie auch das Indianerreservat nur noch knapp eine Stunde entfernt. Zwar noch immer weit genug, aber es war das einzige Motel im näheren Umkreis des Reservats. Im Indianerreservat selbst gab es keine Übernachtungsmöglichkeiten. Die Einheimischen wollten unter sich sein und hatten sämtliche Anfragen für die Erbauung irgendwelcher Touristenunterkünften untersagt.

Mulder hatte schnell den Papierkram der Autovermietung erledigt und sie konnten ihren Weg fortsetzen.

Auf der Fahrt berichtete er Scully dann auch, was ihm die 'Einsamen Schützen' erzählt hatten.

Scully fuhr im Sitz auf, " Mulder, glauben Sie das etwa ?"

Fox Mulder zog kurz die Schultern hoch, " es klingt einleuchtend."

" Oh, Mulder. Sie glauben wohl auch jeden Schwachsinn, den Ihnen Ihre Freunde erzählen ? - Eine solche Technologie gibt es nicht. Sie ist noch gar nicht erfunden." Es klang vorwurfsvoll.

Mulder warf ihr einen kurzen Blick zu und konzentrierte sich wieder auf den Weg, " es gilt doch mittlerweile als ziemlich sicher, daß die Regierung bereits im zweiten Weltkrieg solche Versuche unternommen hat. Stellen Sie sich das doch mal vor. Der perfekte Soldat. Erinnern Sie sich doch mal an Ihre Entführung. Ihnen wurden Eizellen entnommen. Für was, wenn nicht für irgendwelche Gentests ? Erinnern Sie sich an das Bergwerk mit den Unmenge an Akten- und Datenschränken. Für was braucht man eine solche Katalogisierung ? Ich denke, das diese Technologie tatsächlich bereits existiert. Der perfekte Soldat ist Realität, Scully. Davon bin ich überzeugt. Zusammen mit weiblichen Eizellen und außerirdischer DNS wäre es sicherlich möglich einen solchen Hybriden zu ... - erschaffen."

" Mit einem Computergehirn ?" zweifelte Scully. " Mulder, daß ist doch Blödsinn. Kein Wissenschaftler wird je ein menschliches Gehirn gegen einen Computerchip austauschen können. Selbst wenn ein Embryo ein solches Fremdmaterial noch nicht abstößt, da sein Immunsystem dazu noch nicht in der Lage ist, könnte so etwas niemals funktionieren. Das menschliche Gehirn ist viel zu komplex. Die Experten wissen bis heute noch nicht genau, welche Gehirnregion tatsächlich welche Aufgabe zu erfüllen hat. Wir wissen zwar inzwischen, wo in etwa das Seh- oder Hörzentrum liegt. Wo die Sprache gesteuert wird. Aber damit hat das Gehirn seine Aufgabe bei weitem noch nicht erfüllt. Es muß ja auch den Blutkreislauf, die Arbeit der Organe, sämtliche Nervenzellen, Sinnesreize und Muskelaktivitäten genau kontrollieren und organisieren. Und da versagt die Wissenschaft bereits, weil sie noch gar nicht weiß, wie das alles genau gesteuert wird. Das kann man durch keinen Computer ersetzen. Das geht nicht."

Mulder seufzte und dachte darüber nach, " okay. Aber was wurde dann aus den Archäologen ? Wurden sie von einem Geist verschluckt, von Außerirdischen in eine andere Dimension gezogen, oder doch von der Regierung verschleppt ?"

Scully atmete einmal tief durch, " um das herauszufinden, sind wir ja hier. - Wie weit ist es noch bis zum Motel ?"

Mulder grinste, " noch etwa eine Stunde. Sie sind müde ?"

Scully nickte und lehnte sich im Sitz zurück. Sie schloß für einige Sekunden die Augen. Aber während der Autofahrt hatte sie noch nie schlafen können. Also starrte sie wieder in die Finsternis hinaus und überlegte, wie es hier wohl bei Tageslicht aussehen würde.

Doch, abgesehen von den Scheinwerfern die sich in die Dunkelheit fraßen, war es vor den Fenstern pechschwarze Nacht. Scully hätte nicht sagen können, ob sich neben der Straße Wüste oder Wald befand.

Sie warf einen Blick auf ihren Partner.

Er sah jünger aus, als er wirklich war. Sein schwarzes Haar, vielleicht etwas zu lang für einen FBI Agenten. Und seine Augen, so unergründlich. Nur wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, daß er schon sehr viel gesehen und erlebte hatte.

Scully mußte sich eingestehen, daß sie ihn in den letzten drei Wochen sehr vermißt hatte.

Oft war sie nahe dran, ihn anzurufen. Hatte es aber dann doch unterlassen. Sie wollte nicht den Eindruck erwecken, ihn zu vermissen. Selbst wenn es so war. Sie wußte, daß sie ihm ihre Gefühle nicht gestehen konnte. Nicht durfte.

Auch wenn er sie erwidern würde. Scully war sich sicher, daß er dies täte. Doch ein Verhältnis zwischen ihnen war zu gefährlich. Scully hatte Angst, ihm sein Lebensziel zu nehmen.

Mulder lebte für die X-Akten. Würde man sie ihm nehmen, dann nahm man ihm auch den Sinn des Lebens. Die X-Akten waren alles für ihn. In ihnen hoffte er die Wahrheit zu finden. Die Wahrheit über das Verschwinden seiner Schwester.

Mulder glaubte fest daran, daß sie, im Alter von 8 Jahren, von Außerirdischen entführt wurde. Er war damals gerade 12. Dieses Erlebnis war ein schwerer Schock für ihn, den er bis heute nicht überwunden hatte. Durch die X-Akten versuchte er einen Hinweis auf sie zu finden. Irgend etwas, daß ihm zeigte, daß sie noch am Leben war. Das es ihr gutging. Es war die einzige Hoffnung, die in ihm war. Das einzige Ziel, das er sich gesteckt hatte.

Scully wußte auch, daß sie selbst seine einzige Freundin war. Mulder hatte nicht viele Freunde. Die paranoiden 'Schützen', und sie. Zwar war Mulder ein hervorragender Agent, mit einem messerscharfen Verstand, doch bedingt durch seinen Faible für die X-Akten hatte er bei seinen Kollegen für Spott gesorgt. Spooky Mulder nannten sie ihn und hielten ihn für verrückt und verschroben. Seine Ermittlungsmethoden galten als unorthodox. Wenn Kollegen über ihn sprachen, dann zogen sie ihn ins Lächerliche. Scully gab es jedesmal einen Stich ins Herz, wenn sie die Sprüche der anderen hörte.

Doch abgesehen davon, wandten sie sich immer wieder an ihn, wenn sie mit ihrer eigenen Weisheit am Ende waren. Sie brauchten ihn. Doch sie gaben es nur ungern zu.

Auch Scully brauchte ihn. Er gab ihr den nötigen Halt, die nötige Kraft. Er respektierte und achtete sie als gleichwertigen Partner. Sie wußte, daß sie sich jederzeit auf ihn verlassen konnte. Egal, was geschah. Er würde zu ihr halten, ihr Rückendeckung geben.

Hätte sie nicht diese Angst, daß er seine Arbeit verlor, dann hätte sie ihm längst ihre Gefühle zu ihm gestanden. Sie konnte sich keinen besseren Partner vorstellen - und auch keinen besseren Mann. Sie wußte, daß er sehr zärtlich war, liebevoll und aufmerksam. Und er war, unter der äußeren, harten Schale, sehr sensibel und verletzlich. Was konnte sich eine Frau mehr wünschen, als einen solchen Mann ?

Sie seufzte, als sie daran dachte, daß sie ihn wohl nie ganz für sich haben würde. Ihn, mit allem was dazu gehörte. 

" Was ist los ? Sie machen einen so bedrückten Eindruck ?" schreckte sie Mulder aus ihren Gedanken.

Scully warf ihm einen kurzen Blick zu und lächelte, " ich habe nur an etwas gedacht."

" Wollen Sie darüber reden ?" forschte Mulder sanft.

Scully überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf, " ich fürchte, es ist besser, wenn ich diese Gedanken für mich behalte."

Mulder warf ihr erneut einen nachdenklichen Blick zu, ehe er nickte, " okay. Wenn Sie es sich doch noch anders überlegen ... . Sie finden mich ja immer. - Wir müßten auch gleich da sein."

Scully sah sich neugierig um. 

Im Osten war bereits ein winziger Streifen des beginnenden Tages zu sehen.

Die Agenten schwiegen wieder.

Scully sah erneut aus dem Fenster. Langsam schälten sich Umrisse aus der Dunkelheit.

Es war eine karge Gegend, durch die sie fuhren. Geröll, trockene Gräser, und am Horizont eine Hügelkette.

Plötzlich deutete Mulder nach vorne, " dort ist das Motel. Wir sind gleich da."

Scully nickte erleichtert. Sie war müde und wollte nur noch schlafen.

Kurz darauf lenkte Mulder den Wagen auf den großen Parkplatz vor dem Rezeptionsgebäude. Mit einem tiefen Seufzen drehte er den Schlüssel und öffnete die Tür. " Geschafft," grinste er und warf Scully einen kurzen Blick zu.

Gemeinsam betraten sie die Anmeldung und nannten ihre Namen.

Die junge Frau hinter dem Tresen warf einen Blick in den Computer und dann einen irritierten auf die Agenten, " entschuldigen Sie, aber für Sie wurde nur ein Zimmer reserviert. Auf Fox Mulder. Ein Einzelzimmer."

" Wie bitte ?" fragte Mulder verwirrt. " Das kann nicht sein. Unsere Zentrale muß zwei Zimmer gebucht haben. Auf Fox Mulder und eines auf Dana Scully."

Erneut sah die Frau auf den Monitor und schüttelte abermals den Kopf, " tut mir leid, Sir, aber bei uns wurde nur ein Zimmer für Fox Mulder reserviert. Ich habe hier nichts über Miß Dana Scully."

Mulder warf Scully einen irritierten Blick zu, " verstehen Sie das ?"

Scully schüttelte den Kopf und wandte sich an die Frau, " dann geben Sie mir doch bitte ein anderes Einzelzimmer. Von mir aus auch ein Doppelzimmer. Ich brauche nur ein Bett. Ich bin zum Umfallen müde."

" Es tut mir leid, Miß Scully. Aber wir haben kein Zimmer mehr. Wir sind völlig ausgebucht. Es ist Hauptreisezeit. Für die nächsten zwei Monate sind wir voll. Sie hatten Glück, daß wir dieses eine Zimmer noch frei hatten."

Scully seufzte, " und jetzt ? Gibt es hier in der Nähe noch ein Motel ?"

Die Frau hob entschuldigend die Arme, " daß nächste ist etwa vier Stunden entfernt. Es tut mir leid."

Mulder überlegte, " dann fahren wir zurück in die Stadt und nehmen uns dort zwei Zimmer. - Aber ich verstehe nicht, wie der Zentrale ein solcher Fehler unterlaufen konnte."

Scully dachte ebenfalls nach, " wie groß sind denn die Zimmer ?"

" Relativ groß. Auch das Bett ist breit genug für zwei."

" Kommt nicht in Frage, Scully. Was glauben Sie, was Skinner sagt, wenn er davon erfährt," protestierte Mulder auch sofort.

Scully grinste flüchtig, " er muß es ja nicht erfahren. Zudem ist es nicht unsere Schuld, daß die Zentrale geschlampt hat."

" Scully, es verstößt eindeutig gegen die Regeln des FBI. Wonach sich zwei Agenten, unterschiedlichen Geschlechts nicht im gleichen Hotelzimmer aufhalten dürfen."

Scully legte ihren Kopf auf die Seite und grinste flüchtig, " Mulder, wenn Sie denken, daß ich jetzt noch mal vier Stunden zurück fahre, nur um dort dann festzustellen, daß da auch alles ausgebucht ist. Dann haben Sie sich aber gewaltig getäuscht. Zudem müßten wir dann jeden Tag wieder vier Stunden hierher fahren. Irgendwie müssen wir uns eben arrangieren."

Die junge Frau hinter dem Tresen grinste flüchtig, angelte einen Schlüssel hervor und bedeutete den Beiden, ihr zu folgen, " am besten sehen Sie sich das Zimmer mal an. Dann können Sie ja immer noch entscheiden, was Sie tun. Aber die Zimmer sind wirklich groß." 

Mulder seufzte und warf Scully einen zweifelnden Blick zu. " Möchten Sie wirklich das Risiko eingehen, mit mir in einem Zimmer zu wohnen ?" raunte er ihr zu.

Scully mußte lachen, " ich glaube nicht, daß Sie mich beißen werden. Sie sind kein Vampir. Zudem kann ich sehr gut Karate, und das wissen Sie."

Nun mußte Mulder ebenfalls lachen.

Das Zimmer war wirklich groß. Es verfügte nicht nur über ein recht breites Bett, sondern hatte auch eine Sitzecke mit Sofa und ein kleines Badezimmer.

Scully nickte, " okay, wir nehmen es. - Mulder, Sie schlafen bei sich zu Hause ja auch auf dem Sofa. Von daher haben Sie dort Ihr Bett. Ich nehme das hier. Es wird schon gehen, denke ich. - Könnten Sie uns noch eine Decke und ein Kissen bringen?"

Die Frau grinste und deutete auf den Schrank, der an einer Wand stand, " die Bettwäsche befindet sich dort im Schrank. Sie ist bereits bezogen. Ich sage dem Mädchen Bescheid, daß es noch ein Laken auf die Couch macht. Ist das okay ?"

Die beiden Agenten nickten und waren kurz darauf alleine im Zimmer.

Scully ließ sich rücklings auf das Bett fallen, " ich glaube, ich bleibe jetzt gerade so liegen. Am besten holen Sie mal den Wagen hierher und legen sich dann auch noch etwas hin. Heute mittag beginnen wir dann mit unseren Recherchen. Ist das okay ?"

Mulder grinste und nickte, " Jawohl, Ma'am. Stets zu diensten, Ma'am. Ich bringe Ihr Gepäck gleich mit rein und werde Ihre Blusen noch aufbügeln, Ma'am."

Ehe er sich umdrehen konnte, hatte er auch schon ein Kissen im Gesicht.

Lachend warf er das Kissen zu Scully zurück und verschwand dann nach draußen, um den Wagen zu holen.

Er parkte ihn direkt vor der Zimmertür, schnappte sich die beiden Taschen, von ihr und ihm, und kehrte damit ins Zimmer zurück.

Scully war tatsächlich mitten auf dem Bett eingeschlafen.

Mulder mußte grinsen, als er seine Partnerin so sah, und wieder fiel ihm auf, wie hübsch sie war. 

Er stellte die Taschen vor den Schrank und angelte die zweite Decke daraus hervor.

Leise trat er neben das Bett. Ganz vorsichtig, um sie nicht zu wecken, hob er ihre Füße hoch, streifte ihr die Schuhe ab und legte ihre Beine auf das Bett. Mit der Decke deckte er sie zu.

Scully brummte kurz irgend etwas, drehte sich auf die Seite und schlief friedlich weiter.

Mulder ließ sich auf dem Sofa nieder und betrachtete sie.

Er hatte sich bereits bei ihrem ersten gemeinsamen Fall in sie verliebt. Damals, als sie plötzlich im Bademantel vor seiner Zimmertür stand. Als sie kurz darauf den Mantel abstreifte, um ihm drei Punkte auf ihrem Rücken zu zeigen. Als sie kurz vor einer Panik stand, weil sie glaubte, von geheimen Mächten kontrolliert zu werden. Damals ... - es schien ewig zurück zu liegen. Sie hatte in Slip und BH vor ihm gestanden und am ganzen Körper gezittert. Er hatte sie schließlich in die Arme genommen und getröstet. Seither hatte er sie noch öfter umarmt und getröstet. Und jedesmal hatte er dabei auch Trost für sich gefunden. Ein Gefühl der Verbundenheit, der Zusammengehörigkeit. Es war jedoch immer nur eine flüchtige Zuneigung, eine platonische Freundschaft. Sehr intensiv, aber eben doch nur platonisch. - Und er hätte es gerne intensiver, offener. Mit allem was dazu gehört. Tiefe Freundschaft und ... Sex.

Mulder erschauerte. Nein. Nicht solchen Sex, wie er auf den Videos dargestellt wurde, die er sich so gerne ansah. Sondern ehrlich, liebevoll und zärtlich.

In seiner Phantasie hatte er diese Art von Sex schon oft erlebt und jedesmal war er sehr erregt gewesen. Vor seinem geistigen Auge hatte er Scully gesehen. Nackt. Sie war die schönste und zärtlichste Frau, die er sich vorstellen konnte. Wie gerne würde er sie für sich haben. Ganz alleine, nur ihm sollte sie gehören.

Er schloß die Augen und atmete tief durch. Er mußte seinen Pulsschlag wieder beruhigen. Mußte sich wieder beruhigen. Er durfte solche Gedanken nicht haben. Nicht jetzt und auch nicht, solange er mit ihr in einem Zimmer war. Ganz alleine. Es war zu gefährlich. Und was würde Scully von ihm denken, sollte sie aufwachen und seine Erregung bemerken ?

Er warf ihr einen kurzen Blick zu, dann erhob er sich und stapfte Richtung Badezimmer. Er mußte sich irgendwie abkühlen und wieder einen freien Kopf bekommen.

Genau in diesem Augenblick klingelte eines der Handys.

Sowohl sein eigenes, als auch Scullys, waren noch in ihren Reisetaschen.

Schnell durchsuchte er die Taschen. Es war Scullys Telefon, das noch immer durchdringend klingelte.

Er warf Scully einen kurzen Blick zu und überlegte, ob er sie wecken sollte. Entschied sich aber doch dagegen und ging statt ihrer rann.

" Mr. Mulder. Hier ist Scully. Bill Scullys Ehefrau. Ist Dana bei Ihnen ?" klang eine helle Stimme durch den Hörer.

" Hallo Mrs. Scully. Tut mir leid, aber Dana schläft. Wir waren die ganze Nacht unterwegs. Soll sie Sie zurückrufen, oder kann ich ihr etwas ausrichten ?"

Am anderen Ende der Leitung war es kurz still.

" Könnten Sie ihr bitte sagen, daß ich angerufen habe ? Sie möchte doch bitte zu einem Arzt gehen und sich untersuchen lassen," klang es schließlich durch die Muschel.

" Ist sie krank ? Ist etwas geschehen ?" fragte Mulder sofort und warf seiner Partnerin einen besorgten Blick zu.

" Nein, nein. Ich glaube es zumindest nicht. Doch sie war ja drei Wochen hier bei uns und bei meiner Tochter sind die Windpocken ausgebrochen. Bill sagte mir, daß weder er, noch seine Schwester früher daran erkrankt seien. Ich möchte nur sichergehen. Bei Erwachsenen sind die Symptome oft stärker als bei Kindern."

Mulder mußte grinsen, als er sich vorstellte, wie Scully wohl mit tausend roten Punkten im Gesicht aussehen würde, " okay, ich richte es ihr aus, sobald sie ausgeschlafen hat. Sie wird Sie dann sicher noch einmal zurückrufen. Danke, daß Sie Bescheid gesagt haben."

Scully und Windpocken ? Da würde ihre erste Arbeitswoche ja wunderbar beginnen.

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