World of X

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Die Erinnerung stirbt nie

von maggy_144

Kapitel 2

***

Tess war also tot. Seltsam, sich vorzustellen, dass Tess, die fröhliche, lebenslustige, laute Tess, bereits gestorben sein sollte. Meg konnte es sich nicht vorstellen, obschon es schwarz auf weiß auf der Karte zu lesen war, die Tess’ Schwester ihr als ehemaliger Schulkameradin gestern geschickt hatte.

‘Plötzlich und unerwartet verstarb unsere Schwester, Tochter, Enkelin Teresa Summer im Alter von 30 Jahren.’

„Vielleicht war es ein Verkehrsunfall“, vermutete Meg, die über die Bedeutung der Worte „plötzlich und unerwartet“ nachgrübelte. Scheiße, sie sollte nicht mitten in der Nacht über Tess nachdenken, die sie seit ihrem Schulabschluss kaum noch gesehen hatte, nicht mehr sehen wollte. Tess, ihre einstmals beste Freundin. Tess, die sie bewundert hatte, regelrecht verehrt und vergöttert, für die sie alles getan hätte.

Meg *hatte* alles für Tess getan, denn sie hatte für sie ihre Seele und ihr Gewissen verkauft. Nachdem *es* geschehen war, hatte sie nie gewagt, mit Tess oder gar mit deren Freund (und bald Exfreund) Michael darüber zu reden, als sie es wieder fertig gebracht hatte, den beiden ins Gesicht zu sehen. Heute wünschte sie sich, sie hätte damals den nötigen Mut aufgebracht, um das drückende Schweigen zu brechen, um die beiden zu fragen, ob es ihnen ebenso leid tat wie ihr selbst, um auf der Straße laut herauszuschreien, was für ein verdammtes Arschloch sie gewesen war, um ... zu Aileen Smith zu gehen und sie um Verzeihung zu bitten.

Nach über sechzehn Jahren wünschte Meg sich in manchen einsamen Nächten immer noch, Aileen würde eines Tages zu ihr kommen und sie erbittert fragen: „Warum zum Teufel hast du das gemacht?“ Dann hätte sie es erklären können, nicht entschuldigen, nicht rechtfertigen, nur erklären, was letzten Endes darauf hinauslief, dass sie die Erklärung selbst nicht kannte. Es war zuerst nur eine Art Spiel gewesen, dessen Planung sie als aufregenden Nervenkitzel empfunden hatte, so wie die ‘Mutproben’ im Kaufhaus oder das Leimschnüffeln in Michaels Gartenschuppen. Ein dummes, aber harmloses Spiel.

Harmlos? Meg lachte trocken, um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Ein dummes und *abscheuliches* Spiel, das ihr drastisch vor Augen geführt hatte, was es hieß, einen Menschen wahrhaftig zu erniedrigen. Und ihre schlimmste Erinnerung war die an den Moment, als sie das begriffen hatte. Zuerst hatte ihr das ‘Spiel’ auf eine perverse Art und Weise gefallen, als es noch Grenzen gegeben hatte, und sie Aileen nicht richtig verletzt hatten - bis diese Grenze von Michael erstmals überschritten worden war und sie die Angst in Aileens weit aufgerissenen Augen gesehen hatte, in Augen, die vollständig zu einem Meer aus nackter, blinder Panik geworden waren.

***

Zu seiner eigenen Überraschung war Mulder nicht der Erste, als er morgens um kurz vor sieben Uhr sein Büro betrat. Inmitten eines Stapels von Aktenordnern, Computerausdrucken und mehreren dicken Wälzern hatte seine Partnerin den Kopf auf den Schreibtisch gelegt und döste. Aus ihren zerknitterten Kleidern vom Vortag und ihren zerwühlten Haaren war zu schließen, dass sie in der Nacht erschöpft über der Arbeit eingeschlafen sein musste. Ihre Lesebrille saß schief auf der Spitze ihrer schmalen Nase, und einzelne rotblonde Strähnen hatten sich aus der Frisur gelöst, sodass sie ihr ins Gesicht fielen, wo sie sich sanft bewegten, wenn Scully leise ausatmete. Mulder verließ das Büro so geräuschlos wie möglich wieder, um einen Becher Kaffee mit zweimal Sahne, aber ohne Zucker zu holen (‘Sie wird einen brauchen, wenn sie erst mal aufwacht!’) und kehrte danach zu der schlafenden Scully zurück, die ihn bei seinem erneuten Eintreten müde anblinzelte, während sie sich mühsam im Schreibtischstuhl aufrichtete.

„Morgenstund' hat Gold im Mund, Scully!“, grinste Mulder und reichte ihr den Kaffee. Insgeheim hoffte er, dass sie die unerquickliche Diskussion vom Vortag nicht fortsetzen würden, denn die Auseinandersetzung - die beinahe zum Streit geworden wäre - hatte ihn deprimiert, weil er gleichfalls das Gefühl bekommen hatte, von seiner Partnerin nicht mehr ernst genommen zu werden. Warum hatte ausgerechnet *sie*, die einzige Person, der er normalerweise ohne Zögern sein Leben anvertrauen würde, seinen zweifelhaften Ruf bei den FBI-Kollegen als Argument gegen ihn verwenden können?

Mochte sie zum Teil Recht haben - möglicherweise beruhte seine Theorie ja wirklich auf einer wackeligen Grundlage -, doch das gab ihr keinesfalls das Recht, ihn beinahe persönlich zu verletzen, wie sie es bei ihrer Unterhaltung auf dem Rückflug getan hatte. Andererseits musste sich Mulder, wenn er ehrlich war, eingestehen, dass er wiederum ihre Einwände mit dem gewohnten Sarkasmus abgeblockt hatte, anstatt mit ihr zu *reden* und sie zu fragen, was sie in letzter Zeit bedrückte. Ja, das war es wohl - irgendetwas beschäftigte sie, doch redete sich Mulder ein, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, sie würde ihm sowieso nicht auf eine solche Frage antworten und erkundigte sich stattdessen: „Haben Sie etwa die ganze Nacht im Büro verbracht?“

„Das ‘Ritz’ ist es zwar nicht, aber dafür hat es sich wenigstens gelohnt.“ Und Scully teilte ihm alles mit, was sie aus dem Studium der Akten sowie von Detective Shelter erfahren hatte. „Darüber hinaus“, ergänzte sie, „ist es unwahrscheinlich, dass das Zitat von einem Geist, einer Erscheinung, einer körperlosen Seele oder wie Sie das auch immer nennen wollen, stammt. Außer, Ihre angeblichen Medien haben Kontakt mit Emily Jane Bronte gehabt, was eine nette kleine Sensation für den ‘National Enquirer’ wäre.“

„Kontakt mit *wem*?“

Sie konnte sich den Seitenhieb nicht verkneifen. „Vielleicht sollten Sie sich öfter mal ein Wochenende freinehmen und Ihrer Bildung zuliebe auf den ‘B-Movie-Marathon’ verzichten, um anstelle der Fernbedienung ein gutes Buch zur Hand zu nehmen.“ Flink blätterte sie in einem der umfangreichen Nachschlagewerke, bis sie die eingemerkte Stelle fand. „Hier, ah ja. Bronte, Emily Jane. 1818 - 1848. Schwester von Charlotte und Anne, Schriftstellerin. Verfasste einen Roman, ‘Sturmhöhe’ (ein wunderbares Buch, zumindest würde Ihnen gefallen, dass darin oft von Geistern die Rede ist) und einen Lyrikband mit einigen der schönsten Gedichte der englischen Sprache, darunter eines mit den Anfangszeilen: ‘Sleep Brings No Joy To Me/ Remembrance Never Dies...’, in dem von traurigen, angsterfüllten Erinnerungen die Rede ist.“

„Nachhilfestunde in englischer Literatur beendet, Scully. Was versuchen Sie mir also damit zu sagen?“

Was sie ihm damit zu sagen versuchte? Seit wann war er denn dermaßen begriffsstutzig? Sie wollte ihm damit sagen, dass sie sich die letzte Nacht nicht umsonst um die Ohren geschlagen hatte und sie den Fall ruhigen Gewissens der Polizei von Annapolis übergeben konnten. Wenn er jedoch auf stur schalten wollte, gut, so konnte sie das auch.

„Ich versuche Ihnen damit zu sagen“, entgegnete sie lauter als nötig, „dass Ihre Theorie nicht einmal mehr eine Theorie ist und dass es sich bei den Vorkommnissen bestimmt um keine X-Akte handelt.“

Es hätte sogar sein können, dass Mulder sich hätte überzeugen lassen und den Fall widerstandslos aufgegeben hätte, wäre er nicht ihrem halb wütenden, halb triumphierenden Blick begegnet.

„Wie kann es sein“, fragte er sich, was er lieber nicht laut aussprach, „dass eine so kleine und zierliche Frau so verdammt störrisch ist, wenn es darum geht, mir zu beweisen, wie gewaltig ich danebenliege?“ Daher erwiderte er hartnäckig (was ihn später selbst unangenehm an das Verhalten eines bockigen Kindes erinnerte): „Trotzdem möchte ich mich sowohl mit Meg Myers als auch mit Aileen Smith unterhalten, um mich persönlich davon zu überzeugen, ob Ihre *Theorie* zutrifft.“

Scullys Antwort erstaunte ihn nicht gering. Resigniert und ergeben stimmte sie ihm zu, wobei sie ihn lediglich bat, mit Meg Myers zu beginnen, weil diese ihren Nachforschungen zufolge mittlerweile ganz in der Nähe von Washington, in Charlottesville, wohnte.

***

Meg legte die Fernbedienung beiseite und starrte blicklosen Auges auf die flimmernde Mattscheibe, wo eine unermüdlich lächelnde Verkäuferin die Vorzüge eines neuartigen Schlankheitstees aus Ostasien anpries. Sie hatte sich nach einer schlaflosen Nacht kurzerhand im Büro krankgemeldet, was sie im gesamten vergangenen Jahr kein einziges Mal getan und sich sogar mit Grippe und 38° Fieber zur Arbeit geschleppt hatte.

Und nun saß sie auf dem Sofa, während sie körperlich kerngesund war. Leider stand es schlecht um ihren Seelenfrieden, denn in der Dunkelheit ihrer eigenen, sonst so vertrauten und an jenem Abend so fremd anmutenden Wohnung waren die Bilder zurückgekommen, die Stimmen, die Ängste. Und als sie schließlich ihrer inneren Unruhe nachgegeben hatte und aufgestanden war, in der ursprünglichen Absicht, ein Glas Milch zu trinken und während des Nachtprogramms einzuschlafen, hatte sie wie gegen ihren Willen ihr altes Fotoalbum aus der untersten Schublade geholt.

Aus einem unerfindlichen Grund hatte sie die Bilder niemals weggeworfen, zerstört, zerfetzt, verbrannt; gleichsam als omnipräsente Mahnung ruhten sie unter Schreibpapier und zerlesenen Computermagazinen, wo sie darauf warteten, Meg ihre lächelnde Fratze präsentieren zu dürfen. Lächelnd standen sie alle da, die ganze Klasse, einige mit einem verwegenen Grinsen, so wie Michael, Tess hatte ihr charmantestes Strahlen aufgesetzt, sie selbst sah - Arm in Arm mit Tess - deswegen sowohl geschmeichelt als auch verlegen drein und in der hintersten Reihe, ein wenig abseits vom Rest der Schüler, von den Cliquen, von der vielbesungenen Klassengemeinschaft, hoffte die schüchtern lächelnde Aileen darauf, hinter ihrem Vordermann zu verschwinden.

Unter dieser lächelnden Oberfläche jedoch lauerte die Fratze, die den selbstzufriedenen Ausdruck von den Gesichtern tilgte, sodass das Kainszeichen auf den Stirnen erschien. Gleichgültige. Dulder. Wegschauer. Machtlose. Mitläufer. Feiglinge. Mittäter. Drei Haupttäter, die die vorangegangenen Gemeinheiten mit grausamster Konsequenz fortgeführt hatten, bis zum Exzess. Und ein Opfer.

Der schrille Ton ihrer elektronischen Türklingel ließ Meg von der Couch auffahren. Wer mochte das sein? Einer ihrer Nachbarn? Ein Vertreter? In ihrer momentanen Laune hätte sie sogar einen neuen Staubsauger gekauft oder mit den Zeugen Jehovas über die Wiederkunft Christi diskutiert, um durch ein ablenkendes Gespräch dem Teufelskreis ihrer Gedanken entfliehen zu können. Sie schlurfte zur Wohnungstür und lugte durch den schmalen Spalt, der beim Öffnen mit vorgelegter Sicherheitskette entstand, hinaus. Also doch eine Vertreterin oder jemand, der sie entweder politisch oder religiös bekehren wollte, dachte sie beim Anblick der etwa gleichaltrigen Frau im Hausflur, die niemandem aus ihrem Bekanntenkreis glich. Für eine Vertreterin war sie allerdings erstaunlich schweigsam und zurückhaltend, denn sie stand lediglich schweigend da, den Kopf gesenkt, sodass ihr langes, dunkles Haar das blasse, ovale Gesicht mit den beinahe hohl zu nennenden Wangen weitgehend verdeckte.

Nach einer halben Ewigkeit, als Meg sich verwundert anschicken wollte, der Fremden die Tür vor der Nase zuzumachen, brach diese die unbehagliche Stille. „Meg Myers?“ In ihrer Frage schwang ein undefinierbarer Unterton mit - Erwartung, Bitterkeit, Verunsicherung, Zaghaftigkeit, Furcht.

„Kennen wir uns?“, erkundigte sich Meg, wobei sie ihr Erstaunen nicht erst vorspiegeln musste, da die merkwürdige Besucherin sie einigermaßen verwirrte.

„Ja“, sagte die fremde Frau mit Bestimmtheit und hob ihr Gesicht, in dem ein Paar weit aufgerissener Augen leuchtete, die den Bruchteil einer Sekunde lang eine vor sechzehn Jahren empfundene Todesangst widerspiegelten. „Ja, ich denke schon, Meg.“

Wie betäubt löste die so Angesprochene die Sicherheitskette und riss die Tür auf.

„Hallo, Aileen!“, erwiderte sie. Minuten später konnte sich Meg nicht entsinnen, wie sie ins Wohnzimmer gelangt waren. Was hatte sie zu Aileen gesagt? „Bitte, hier entlang, wie schön, dass mich die Frau einmal besuchen kommt, die ich vor sechzehn Jahren beinahe umgebracht hätte?“

Hysterisches Gelächter stieg in ihrer Kehle hoch, so unwiderstehlich, dass sie es mit aller Kraft zurückhalten musste. Wie absurd! Ihr ehemaliges Opfer saß in ihrer Wohnung auf dem Sofa und wartete offensichtlich auf den „Small Talk“ mit einer Person, die fast zu einem ihrer Mörder geworden wäre. Nicht dass sie jemals beabsichtigt hatten, Aileen zu töten. Ängstigen ja. Demütigen ja. Verletzen ja. Ihr Schmerzen - sowohl physischer als auch psychischer Art - zufügen ja. Töten? Nein.

Dennoch hatten die Geschehnisse eine unheimliche Eigendynamik entwickelt, wodurch ihnen die Kontrolle über ihre eigenen Taten mehr und mehr entglitten war, sodass es unmöglich wurde, die alles niederwalzende Lawine der Entmenschlichung aufzuhalten. Ihr Verteidiger hatte es geschafft, dass das Jugendgericht es den Angeklagten günstig anrechnete, dass sie nie Tötungsabsichten verfolgt hatten und dass Aileens Verletzungen auch nie annähernd lebensbedrohlich gewesen waren. Was weder Mike, noch Tess, noch sie selbst jedoch geahnt hatten, war die simple und doch so unbegreifliche Tatsache, dass manche Menschen vor *Angst* sterben konnten. Als sie Aileen mit ihrer Klaustrophobie, der panischen Furcht vor engen, dunklen, geschlossenen Räumen, im hintersten Abstellraum des Kellers unter Mikes Gartenhaus einsperrten, hätten sie ihr Schicksal um ein Haar besiegelt.

Zwar war Aileen schon immer zurückhaltend, unauffällig und furchtsam gewesen (verstohlen schlich sie durch ihr Leben, bemüht, den täglichen Schikanen in der Schule aus dem Weg zu gehen und möglichst niemandem in die Quere zu kommen oder zur Last zu fallen), doch die Person, die im Zeugenstand gesessen hatte, war gleichsam ein Schatten dieses Schattens gewesen, ein bis zur Unkenntlichkeit verblasstes Bild. Aileen Smith war unter der Last ihrer eigenen Todesangst zusammengebrochen. Eine Bewegung neben ihr ließ Meg aufschrecken, weil sie, ihren Erinnerungen nachhängend, die Anwesenheit der Anderen vergessen hatte. Da saß Aileen also, keine zwei Meter von ihr entfernt, auf der selben Couch. Die Beine zusammengepresst, die Hände in ihrem Schoß verkrampft, die Lippen ein schmaler, kaum sichtbarer Strich. „Meg?“ Ihre Stimme war leise, rau, ängstlich und unterschwellig so voll von erbittertem Hass und dem aufgestauten Zorn vieler Jahre.

Darum wich Meg unwillkürlich zurück, als Aileen eine Hand nach ihr ausstreckte, denn sie hatte diese Gefühle wohl erkannt, und sie jagten ihr Angst ein. Nun konnte *sie* förmlich spüren, wie ihr Magen sich hob, sodass sie Essig und Galle auf ihrer Zunge schmeckte; ihre Hände begannen unkontrolliert zu zittern, ihre Zähne schlugen hastig aufeinander, ihr Herz hämmerte wie rasend in ihrer Brust. „Ich wusste, dass du irgendwann kommen wirst“, stammelte Meg. „Ich habe darauf gewartet, dass du irgendwann kommst und - u-u-und sagst-“

„Warum habt ihr mir das angetan?“ Aileen beendete den Satz für sie, weil Meg inzwischen so heftig bebte, dass sie kaum noch zu sprechen vermochte, und diese Bemerkung - sowie der Anblick von Aileens Gesicht, in dessen verzerrten Zügen sich so etwas wie Befriedigung ausbreitete - schien einen Zauberbann zu brechen, da Meg wieder leichter atmen konnte, und ihre Angst versiegte; aus der kalten Flut wurde ein Rinnsal, das lediglich tröpfchenweise durch ihre matten Glieder sickerte. Zusätzlich zu jenem Rinnsal floss noch eine andere Empfindung durch Megs Herz: Erleichterung.

Obwohl sie Katholikin war, war sie seit ihrer Kindheit nicht mehr in der Kirche gewesen, geschweige denn bei der Beichte, weshalb die Absolution nur von ihrem Opfer selbst kommen konnte. Und auch wenn Aileen ihr diese Absolution nicht geben konnte, wäre sie zufrieden, vor ihr auf die Knie zu fallen und sich schuldig bekennen zu können. Aber sie konnte es nicht. Endlich war der Augenblick gekommen, den sie insgeheim seit sechzehn Jahren herbeigesehnt hatte, und Meg wurde mit einer seltsamen Mixtur aus Scham und Trotz bewusst, dass sie nicht uneingeschränkt fähig war, ihre Schuld einzugestehen.

Ein verschwindend kleiner Teil ihres Ichs wisperte ihr zu, sie solle es hinausschreien, dass sie sich eines Verbrechens schuldig gemacht hatte, das mit dem Richterspruch zwar juristisch abgegolten war, aber nicht moralisch, wohingegen eine sehr viel lautere Stimme darauf bestand, dass sie sich unmöglich so demütigen könne. Also begann Meg, nach Ausflüchten zu suchen, versuchte, sich mit billigen Tricks und Entschuldigungen vor Aileen zu rechtfertigen, um sich ein ruhiges Gewissen um einen möglichst geringen Preis zu erkaufen.

Aileen merkte, wie das glühende Gefühl der Rache erneut in ihr hochstieg und sie innerlich daran zu verbrennen glaubte. Mein Gott, Meg war auch nicht besser als die Anderen! Beinahe hätte sie, nun ja, ... Mitleid mit ihr gehabt, doch ihr saß der gleiche Typus des erbärmlichen Feiglings gegenüber wie vor dreieinhalb Jahren und vor einigen Tagen. Nachdem Michael sie schließlich erkannt hatte, hatte er vorgehabt, sie kurzerhand aus seiner Wohnung zu werfen, weil er nichts mit ihr zu tun haben wollte. Die erneute Erniedrigung hatte ihren Groll verdoppelt und trotzdem war sie bereit gewesen, sein schäbiges Appartement zu verlassen. ‘Ich hätte nicht herkommen sollen!’, hatte sie reuig gedacht. ‘Nicht so überstürzt, so unvorbereitet, nur weil ich durch einen dummen, unbeabsichtigten Zufall herausgefunden habe, dass er jetzt in Providence wohnt, ganz in der Nähe von meiner Kusine. Was habe ich denn erwartet, ich blöde Kuh? Dass er schluchzend vor mir auf den dreckigen Fußboden fällt?’

Peinlich berührt und von einer Woge der Angst erfasst - Hatte er getrunken? Würde er ihr zum zweiten Mal in ihrem Leben etwas antun? - war sie mit zaghaften Trippelschritten auf die Tür zugegangen, bis sie das Buch auf dem Tischchen gesehen hatte. Ein Gedichtband (ein Geschenk von seiner Freundin, wie ihr später die Widmung verraten sollte, was erklärte, wie das Buch zwischen den Ausgaben von ‘Auto, Motor, Sport’ gelandet war), in dem er offensichtlich vor ihrem unangemeldeten Besuch gelesen hatte, denn das Buch lag aufgeschlagen da. Ihr umherirrender Blick hatte flüchtig die Überschrift des Gedichts gestreift, die erste Zeile - und in diesem Augenblick hatte sie es gewusst. Aileen hatte gewusst, dass sie sich am liebsten an Michael rächen würde: Er sollte die gleichen Qualen durchmachen müssen wie sie, die gleiche Angst empfinden müssen, von den gleichen Alpträumen heimgesucht werden, um nie wieder nonchalant dasitzen und sie hinauswerfen zu können, nachdem er dieses Gedicht gelesen hatte, das *ihr* das Herz zerreißen lassen wollte.

„Sleep brings no joy to me/Remembrance never dies...“ Jedes einzelne der neun unschuldigen Worte hatte sich wie ein Stachel in ihr Fleisch gebohrt, was sie ihm plötzlich mitten ins Gesicht gebrüllt hatte. Laut, anklagend, hysterisch. Dadurch war ihm sichtbar unbehaglicher zumute gewesen und er wollte sie mit Gewalt aus der Wohnung drängen. Als aber seine Hand grob ihren Arm umklammerte, war es Aileen, als sei in ihr ein Damm gebrochen, der seit über zwölf Jahren einen reißenden Strom zurückhielt. Die Wogen hoben sie auf, schwemmten sie fort, trugen sie zurück an jenen Ort, zu jenem Augenblick, als sie geglaubt hatte, sterben zu müssen, als aus der Finsternis sowohl eine Welle unermesslicher Angst auf sie zugekommen war als auch das Gefühl jener Urgewalt, deren Kraft sie nun verspürte.

„Du sollst wissen, was es heißt, Angst zu haben!“, schrie sie. Er *hatte* Angst gehabt. Wimmernd war er vor ihren Augen zusammengebrochen, wobei er sich wie ein Tobsüchtiger gewälzt, Stühle umgeworfen, Gegenstände auf dem Fußboden verstreut und dauernd gellend über Schlangen gejammert hatte. Halb entsetzt, halb befriedigt hatte sie ihm dabei zugesehen, bis er nach einiger Zeit das Bewusstsein verloren hatte. Eigentlich hatte Aileen zuerst angenommen, er sei tot, oder zumindest nahe daran zu sterben, sodass sie überstürzt die verwüstete Wohnung verlassen hatte, nachdem sie das Buch aufgehoben hatte, das sie aus einem plötzlichen Impuls heraus hatte mitnehmen wollen. Ihre behandschuhten Finger hatten jedoch dermaßen gezittert, dass sie die Seite mit dem verhängnisvollen Gedicht herausgerissen hatte.

Es war ihr gewesen, als hätte ihr jenes zerrissene Blatt Papier erst die Tragweite der Situation klargemacht, weshalb sie das Buch erschreckt fallengelassen und die Seite, um die sich ihre Finger krampften, behutsam auf dem Tisch abgelegt hatte, bevor sie endgültig aus Michael Pipers Apartment geflohen war. Weinend, keuchend, verängstigt, als seien ihr die Heerscharen der Hölle auf den Fersen. Einen Krankenwagen hatte sie nicht gerufen, weil sie ihn einerseits dort liegen lassen und auf dem gottverdammten Fußboden verrecken lassen wollte und weil sie andererseits befürchtet hatte, man werde sie irgendwie für den Vorfall verantwortlich machen. Warum der plötzliche Zusammenbruch? Er schien weder betrunken noch ‘high’ gewesen zu sein, auch nicht irgendwie verstört über ihren Anblick, bloß verärgert.

Während ihr Verstand noch nach ‘vernünftigen’ Erklärungen gesucht hatte (‘Vielleicht ist er geisteskrank, und mein Wutausbruch hat ihm einen Schrecken eingejagt...’), hatte Aileen tief in ihrem Inneren bereits begriffen, dass sie für den Vorfall verantwortlich gewesen *war*. Dennoch hatte sie über drei Jahre gebraucht, um den nötigen Mut aufzubringen, sich selbst davon zu überzeugen. Ihr Besuch bei Teresa hatte ihre Vermutung bestätigt. Nur dass Aileen sie im vollen Bewusstsein dessen aufgesucht hatte, was sie dort tun wollte und getan hatte. Nur dass Teresa gestorben war, nachdem sie genau wie Michael ihr eigenes Wohnzimmer verwüstet hatte, im erbitterten Kampf gegen einen imaginären Feind, der unter der Berührung von Aileens kalter Hand aus ihren innersten Geheimnissen entsprungen war.

Und Aileen war geblieben, um sie sterben zu lassen: Als Teresa beinahe schon das Bewusstsein verloren hatte, war sie zu der zusammengesunkenen Gestalt hinübergegangen und hatte ihr erneut leicht, ja zärtlich die schimmernden blonden Haare gestreichelt, obwohl Aileen die Konsequenzen der Liebkosung kannte. Sie hatte förmlich gefühlt, wie Tess’ Herz unter dem Ansturm der Angst brach und zum allerletzten Mal schlug, während ihr eigenes Herz bar aller Gefühle war, eine taube, leere Wüste aus Frost und Reif, zu denen die Hitze der Rache und der befriedigten Genugtuung gefroren war.

Langsam, wie eine Somnambule war sie aufgestanden und hatte einen Notizblock zur Hand genommen. ‘Sleep brings no joy to me/ Remembrance never dies’ - die Rechtfertigung ihrer Tat oder Untat war schwarz auf weiß festgehalten worden, wobei sie in ihrem Zustand weder an Spurensicherung noch an Fingerabdrücke oder graphologische Gutachten gedacht hatte. Außerdem kümmerte Aileen der Gedanke an Polizei oder Justiz wenig. Was sie getan hatte, mochte in deren Augen ein Verbrechen sein, in ihren Augen war es die Nemesis, die ausgleichende Gerechtigkeit, die äußerste Form der Sühne, die sie den beiden Täter-Opfern durch eine Gabe auferlegt hatte, die ihr diese ironischerweise selbst verliehen hatten, damals vor sechzehn Jahren: Wenn du dem Tod direkt ins Angesicht gesehen hast, bleibt das nicht immer ohne Folgen, denn der eisige Atem des Schattens lebt vielleicht in dir weiter.

Diese Finsternis, diese Kälte sollte Meg ebenfalls zu spüren bekommen. Sie streckte eine Hand aus und umklammerte mit eisernem Griff Megs Unterarm, während sie die inzwischen vertrauten Empfindungen, das Gefühl der grenzenlosen Macht heraufbeschwor, den Beigeschmack von Essig und Galle ignorierend. Megs Augen weiteten sich vor Entsetzen, als die vorherige Angst scheinbar hundertfach verstärkt zurückkehrte und sie in Agonie aufschreien ließ, da sie sah, was mit ihr geschehen war. Sie klammerte sich mit letzter Kraft an das Geländer ihres Balkons, den sie niemals benützte, weil sie sogar im vierten Stock ihres Wohnblocks unter Schwindelanfällen und Höhenangst litt.

Wie war sie hierher gekommen, in diese unmögliche Lage? Diese Frage konnte sie sich nicht beantworten, was sie aber ohnehin kalt ließ, sobald sie erst einmal auf den Asphalt so unendlich weit unter ihr geblickt hatte. Bald würde sie sich nicht mehr halten können. Bald würde sie die flammende Kälte des Metalls auf ihren blutigen Händen nicht mehr ertragen. Bald würde sie loslassen. Bald würde sie auf das harte Straßenpflaster stürzen. Bald würde sie sterben... Gott, lass mich nicht sterben, lass mich nicht sterben, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes, ich will für den Rest meines Lebens gut sein, aber ich habe eine entsetzliche Sünde begangen, sie hat mir nicht verziehen, ich habe nichts bereut, mir ist so kalt, ich will nicht, ich will nicht, ich habe solche Angst. Angst. Angst. ANGST....

***

„Merkwürdig“, murmelte Scully, als Meg Myers nach dem zweiten Läuten wieder nicht reagierte. „Ihr Chef hat uns doch gesagt, dass sie erst vor einigen Stunden im Büro angerufen hat, um sich wegen einer fiebrigen Erkältung krankzumelden, sie müsste also zuhause sein...“

Ihr Partner zuckte die Achseln und wollte zum dritten Mal klingen, bevor ihn der schrille Schrei aus der Wohnung zusammenfahren ließ. Laut, gellend, markerschütternd schrie eine Frau ganz unmissverständlich um Hilfe, sodass Mulders jahrelange Berufserfahrung ihn vollkommen automatisch reagieren ließ und ihn dazu veranlasste, sich mit seinem gesamten Körpergewicht gegen die Tür zu werfen, damit diese nachgeben würde. Leider ging die Tür a) nach außen auf und konnte deswegen nur unter äußersten Schwierigkeiten eingetreten werden und war b) zudem ein Exemplar jener modernen Sicherheitstüren, unter deren dekorativer Holzbeschichtung aus einer „geschmackvollen“ Kunststoffimitation sich in der Tat massives Metall verbarg. Während er fluchend auf der Stelle hüpfte und überlegte, wie groß der Bluterguss auf seiner Schulter wohl werden mochte, war Scully mit anderweitigen Überlegungen beschäftigt.

Sollte sie wirklich wie in einem schlechten Film das Schloss wegschießen und mit gezogener Waffe in die Wohnung stürmen? Ein erneuter Schrei befreite sie jedoch von jenen unnützen Zweifeln, denn diesmal war sie sicher, dass es sich unmöglich um einen schlechten Scherz handeln konnte: Zu viel Verzweiflung, zu viel Angst lagen in der Stimme. Kaum hatte sie ihre Waffe aus dem Achselhohlster gezogen und entsichert, öffnete sich mit einem Mal die Tür - und statt einem Meuchelmörder oder einem Mutanten sahen sich die beiden Agenten einer blassen, zierlichen Frau, sogar kleiner als Scully selbst, gegenüber, die sie unsicher musterte.

„Ms Meg Myers?“, erkundigte sich Mulder, dessen Worte noch immer sehr gequält klangen. Nach einem ängstlichen Nicken ihrer Gesprächspartnerin fuhr er fort, während er seinen Dienstausweis aus der Jackentasche fischte: „Das ist Agent Scully, und ich bin Agent Mulder. Wir sind vom FBI und möchten Ihnen gerne einige Fragen stellen.“

Eine fast unmerkliche Kopfbewegung der Frau richtete die Aufmerksamkeit der Agenten auf Scullys Dienstwaffe, welche noch auf Ms Myers gerichtet war, weshalb Scully ihr einen entschuldigenden Blick zuwarf und sie auf den schrecklichen Lärm hinwies, der aus der Wohnung zu ihnen drang.

„Ein Hilfeschrei?“, kiekste Meg Myers. „O Gott, mein Fernseher! Das tut mir entsetzlich leid, ich meine, es ist furchtbar peinlich, was Sie sich da gedacht haben. Ich werde ihn sofort leiser stellen. Kommen Sie doch bitte rein - solange Sie mich nicht wegen Ruhestörung verhaften wollen, falls das ein neues Bundesverbrechen sein sollte.“ Ein zitterndes Lachen begleitete ihren nicht besonders witzigen Scherz. Immerhin griff sie (mit Händen ebenso zitternd wie ihr Lachen) nach dem Schlüsselbund am Brett neben Tür und suchte umständlich nach demjenigen, der den Mechanismus der Spezial-Sicherheitskette lösen würde. Endlich hatte Meg es geschafft und bat die beiden in die Wohnung. Irgendwas stimmte hier nicht, spürte Scully. Die feinen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf, als ihr unbehaglicher und unbehaglicher zumute wurde. Für einen Fernseher klang das Tohuwabohu im Wohnzimmer, jene Symphonie aus splitterndem Glas und irrem Kreischen, erstaunlich realistisch...

„Mulder“, flüsterte sie warnend und erkannte durch einen raschen Blick auf ihren Partner, dass er rein ausnahmsweise der gleichen Meinung war wie sie. Als ihnen jedoch die Erkenntnis dämmerte, war es bereits zu spät. Die Frau, die bestimmt *nicht* Meg Myers war, hatte ihnen bereits die Tür vor der Nase zugeschlagen, und auf das knirschende Geräusch des Wohnungsschlüssels folgten sogleich überstürzte Schritte draußen im Treppenhaus - sie hatten sich wie zwei blutige Frischlinge an der Akademie an der Nase herumführen lassen!

Obschon in jenem Moment die beste Gelegenheit gewesen wäre, in bester Actionfilmmanier das Türschloss wegzuschießen, um sich auf eine wilde Hetzjagd durch das Treppenhaus zu begeben, dachte keiner von ihnen daran; trotz der Verpflichtung, Verdächtige wenn möglich festzunehmen, war es weitaus wichtiger, deren Opfern zu helfen, und Meg Myers, von der die Schreie im Wohnzimmer stammten, brauchte dringend Hilfe. Als Mulder und Scully den Raum betraten, verstummte die Frau abrupt, doch wirkte die plötzliche Stille und das gleich darauf einsetzende leise Wimmern Megs unheimlicher als der Höllenlärm wenige Minuten zuvor.

Wie eine Ertrinkende sich krampfhaft an einem Stück Treibholz festhalten mag, um von den Wogen des Ozeans nicht verschlungen zu werden, hatte Meg die metallenen Verstrebungen ihres Bücherregals gepackt. Dieses neigte sich bereits nach vorne, sodass einzelne Bände auf den Fußboden gerutscht waren und sich zu den Nippesfiguren und dem Teegeschirr mit pseudo-chinesischem Dekor, in dessen Scherben die Frau kniete und es offenbar nicht wahrnahm, gesellt hatten. Blicklos starrte sie auf den Fußboden unter sich, die Augen so leer, nein, voll, voll von Entsetzen, dem gleichen namenlosen Schrecken, der in denen Michael Pipers gestanden hatte, als er in seinem Krankenzimmer nicht vorhandene Schlangen hatte bekämpfen müssen. Was sie auch immer sehen mochte, es musste sie so stark in seinen Bann schlagen, dass sie weder das Blut an ihren Beinen bemerkte, das durch den Stoff ihrer Jeans sickerte, wo sich die Porzellanscherben in ihr Fleisch bohrten, noch das gefährliche Schwanken des Regals, das vollkommen aus dem Gleichgewicht zu geraten drohte...

Nachdem sie sich von der ersten Schrecksekunde dieses zugegebenermaßen bizarren Anblicks erholt hatten, bemerkten die beiden Agenten dagegen die Gefahr durchaus. Instinktiv stürzte Scully vorwärts, um die Frau von dem Regal wegzuzerren, bevor es sie unter sich begraben würde, wohingegen es Mulder im letzten Augenblick (seine Schulter dankte ihm das Manöver nicht) gelang, das schwere Bücherregal lange genug festzuhalten, denn Meg wehrte sich hysterisch gegen Scullys Versuche, ihren Klammergriff zu lösen. Endlich hatte die zierliche Agentin es geschafft, Meg in sichere Entfernung zu bringen, sodass Mulder das Regal loslassen konnte, das mit einem ohrenbetäubenden Krach auf den Parkettfußboden kippte. Das laute Geräusch schien die verstörte Frau gleichsam teilweise wachzurütteln: Jetzt erst wurde sie sich der Anwesenheit der fremden Leute in ihrer Wohnung überhaupt bewusst, dennoch fragte sie mit keinem Wort, wer sie seien oder was sie hier suchten.

Scully öffnete den Mund, um zu einem Erklärungs- oder Beschwichtigungsversuch anzusetzen, aber Meg ließ sie nicht zu Wort kommen: „Bitte, helfen Sie mir!“, flehte sie. „Helfen Sie mir doch!“

„Beruhigen Sie sich, Miss! Niemand wird Ihnen etwas tun. Wir sind vom FBI und-“

Keine erkennbare Reaktion, bis Meg schluchzend Scully um den Hals fiel und sich mit derselben Kraft der Verzweiflung an ihr festhielt wie an dem Regal wenige Minuten zuvor. Während Mulder kurzerhand sein Mobiltelefon aus der Tasche zog und einen Krankenwagen rief (das Einzige, was Meg Myers davon abhalten würde, Scully versehentlich zu strangulieren, war wohl eine hoch dosierte Valiuminjektion), streichelte Scully ungeschickt den Rücken der jüngeren Frau und versuchte, ihr so ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Wobei sie stark bezweifelte, dass sie damit Erfolg hatte.

„Helfen Sie mir!“, wisperte Meg wieder und wieder. Und: „Lassen Sie nicht zu, dass ich 'runterfalle! Lassen Sie mich bitte nicht fallen!“
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