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Familienbande VI: Seltsame Bettgenossen

von Dawn

Kapitel 6

Georgetown Memorial
Dienstag
11:03 Uhr


„Bist du bewaffnet?“, flüsterte Mulder, während sie sich dem zappelnden Schützen näherten.

Scully schnaubte und ohne hinzusehen konnte er ihre Augen rollen spüren. „Ich dachte, mir ständen sechs Tag voller Spaß und Sonne in Mexiko bevor, Mulder. Nein ich bin *nicht* bewaffnet.“

„Ich will das sich alle an die Wand setzen, Hände wo ich se sehen kann.“, befahl der Schütze, wobei sein Blick nervös von Tür zu Tür sprang. „Zack, zack!“

Mulder trat wie befohlen zurück und studierte den Mann aus dem Augenwinkel, wobei er vorsichtig sein Interesse verbarg. Groß, sowohl was Statur als auch Gewicht betraf, raue und schwielige Hände, mit ausgeblichenen Jeans bekleidet, ein Flanellhemd und schwere Arbeitsschuhe.
Schütteres blondes Haar, das einen Kranz um seinen Kopf bildete und Haut, die noch immer die Farbe einer Sommerbräune zeigte. Überraschend grazile Gesichtszüge im Vergleich zu der bulligen Figur und braune Augen…

Mulders Magen drehte sich langsam um, stürzte dann hinunter, um sich eine Aufenthaltsort in der Nähe seiner Zehen zu suchen. Die Augen, hinter dem Gewirr von gesenkten Augenbrauen, waren geweitet und panisch. Nicht die Augen eines erfahrenen Verbrechers oder eines Fanatikers, der von einer Mission getrieben ist. Die Augen eines Mannes, der von Verzweiflung über den Rand der Vernunft hinaus getrieben wird. Ein sehr schlechtes Zeichen.

Mulders Schultern trafen hart auf die Wand, sodass er aus seiner Betrachtung herausgerissen wurde. Er rutschte in eine Hocke, faltete seine Hände auf seine Knie gestützt und ließ seine Augen den Flur entlang wandern. Vier Zimmer zu seiner Linken, gleichmäßig auf beide Seiten des Flurs verteilt. Als er seinen Kopf drehte, um die andere Richtung zu überprüfen, war er überrascht Elena an seiner Seite zu sehen. Sie schickte ihm ein schmales Lächeln, hielt ihre eigene Besorgnis unter Kontrolle.
„Schön dich zu sehen, Mulder, aber du hast die einen beschissenen Zeitpunkt für einen Besuch ausgesucht.“

„Was ist hier los?“, zischte er, einen Teil seiner Aufmerksamkeit noch immer auf den Schützen gerichtet, der eine wimmernde Krankenschwester beschimpfte, weil sie nicht schnell genug reagiert hatte.

„Sein Name ist Daniel Rynne. Seine Frau leidet an einer fortgeschrittenen Herzkrankheit und wurde leider als Kandidatin für eine Transplantation abgelehnt. Ich denke, er glaubt auf diesem Weg Dr. Lawrences Meinung ändern zu können.“, sagte Elena gedämpft.

„Irgendwie glaube ich nicht, dass eine Smith & Wesson Dr. Lawrence für eine Operation in Stimmung bringt.“, murmelte Scully, die über Mulders rechte Schulter hinweg zuhörte.

„Es ist schlimmer als das.“, antwortete Elena. „Er behauptet er habe eine Bombe.“

„So, wie wär’s, wenn Se mir nochmal erklärn warum Se sich weigern das Leben meiner Theresa zu retten?“, zischte Rynne den Arzt an, den er immer noch im Würgegriff hielt. „Und versuchen Se das ohne das ganze schicke Arztgequatsche.“

Mulder sah wie Dr. Lawrence vergeblich versuchte durch seine abgeschnürte Kehle zu sprechen, die Worte waren schwach und unverständlich zwischen seinen panischen Atemzügen. Seine bebenden Hände flogen hoch um sich an Rynnes Ärmel zu krallen, aber der Schütze lehnte sich so weit zurück, dass die Füße des Mediziners nur Luft traten. Mulder neigte seinen Kopf scharf vor, er verlor Elenas geflüsterte Beschreibung von Rynnes Drohungen, als sich seine Aufmerksamkeit auf einen Punkt bündelte.

Rynnes Hemd hatte sich an einer Seite aus seiner Hose gelöst und entblößte nicht nur die karamellfarbene Haut seines Bauches, sondern auch das schiefergrau von Plastiksprengstoff. Dann ließ Rynne Dr. Lawrence wieder zurück auf die Fliesen fallen und die Bombe verschwand sauber wieder aus der Sicht.

Mulder drückte die Augen zu und schlug mit dem Kopf rhythmisch gegen die Wand. „Scully, er ist verkabelt.“, murmelte er und öffnete ein Auge um ihre Reaktion aufzunehmen.

„Du meinst er *trägt* sie?“

„Zwei Worte, Scully. Cradock Marine.“

Ihr Atem fing sich in ihrer Kehle und sie legte ihre kleine Hand über seine. „Mulder, ich weiß, was du denkst, aber du bist noch nicht fit genug dafür.“, zischte sie. „Wir müssen das hier aussitzen und auf Skinner warten.“

Mulder registrierte ihr Flehen nur mit seinem halben Hirn. Rynne schrie wieder und schlug solange mit dem Griff seiner Waffe auf Dr. Lawrence ein, bis dieser schlaff in seiner Umklammerung hing. Mulders Augen nahmen das Flimmern einer Bewegung wahr und er schwang seinen Kopf nach recht, wo er mehrere Köpfe sah, die vorsichtig durch offene Türen spähten. Er schloss die Augen, versuchte Rynnes Schimpfen, Scullys geflüstertes Flehen und den bedrückenden Geruch von Panik zu ignorieren, während er seine Gedanken ordnete.

„Was ist der verlassenste Teil dieses Krankenhauses?“, fragte er Elena grob. „Ein Flügel oder Stockwerk wo nicht viele Patienten sind? Gibt es Bereiche, die im Moment nicht genutzt werden?“

Elenas Augen wanderten zu Scullys bestürztem Gesicht bevor sie antwortete. „Der Südwestflügel im vierten Stock wird umgebaut. Da sind im Moment keine Patienten.“

Mulder verzog das Gesicht, während sein Hirn ein Bild von drei Stockwerken unter Ihnen erschuf, sollte das Schlimmste geschehen. „Was ist mit den ersten drei Stockwerken unter diesem Flügel? Sie die stark bevölkert?“

Elena, die spürte worauf er hinaus wollte, runzelte in Gedanken die Stirn. „Die Cafeteria. Und der Großteil des Diagnosapparats – die Labore, Röntgengeräte und so weiter. Ein paar Räume mit Patienten, aber nicht viele.“

Scullys Nägel bohrten sich durch die Baumwolle von Mulders Shirt und gruben sich in das Fleisch seines Oberarms. „Mulder, woran denkst du?“

„Scully, wir können nicht einfach rumsitzen und auf Skinner warten! Früher oder später wird ein nichtsahnender Patient hier reinplatzen und Rynne wird überreagieren und uns alle in Stücke reißen!“

„Rotschopf! Ich sachte Hände da wo ich se sehen kann, nicht bei Loverboy da! Und es wird nicht gequatscht!“

Zwei schnelle Schritte und Rynne ragte vor Ihnen auf, der Doktor war wie eine riesige Stoffpuppe in seinen Armen. Scully lockerte ihren Todesgriff um Mulders Bizeps und hob hastig die Hände in einer Geste der Unterwürfigkeit. Mulder betrachtete Scullys bebende Nasenlöcher, ihre schnelle Atmung und zusammengepressten Lippen und erkannte den Ärger den Rynne fälschlicherweise als Furcht interpretiert hatte.

„Das ist besser. Mach einfach was man dir sagt, Rotschopf, dann passiert dir nichts.“, zischte er, wobei er die Waffe schwenkte und seine stählenden Griff um Dr. Lawrence verstärkte bis der Mann wimmerte.

„Was ist mit Ihrer Frau?“, fragte Mulder leise.

Rynne, der dabei gewesen war zu gehen, drehte sich auf dem Absatz um, um auf Mulder hinunter zu blicken. „Was has du gesagt?“

„Ich sagte, was ist mit Ihrer Frau? Sie ist der Grund aus dem Sie das machen, richtig? Der Grund aus dem wir alle hier sind? Sind Sie sich sicher, dass *ihr* nichts passieren wird?“ Mulders Stimme war leise, gesprächig und er hielt Rynnes Blick ohne zu zucken.

„HALTS MAUL! Was zum Teufel weißt du darüber?“

„Ich weiß, dass Ihre Frau sehr krank ist. Und dass Sie verzweifelt genug sind, um alles zu nutzen, sogar Gewalt, um ihr zu helfen. Aber das ist nicht der richtige Weg.“

„Und ich wette, du hast alle Antworten, oder Professor?“, spottete Rynne.

Er stieß Lawrence zur Seite, ignorierte die Tatsache, dass der Arzt in einem blassen Haufen zusammenbrach, um sich eine Hand voll von Mulders Shirt zu greifen und ihn auf die Füße zu ziehen. Er rammte die Waffen fest unter Mulders Kinn, drückte ihn gegen die Wand und fing an erst die eine und dann die andere Hand zu untersuchen, bevor seine Lippen sich kräuselten und herablassend den Kopf schüttelte.

„Genau wie ich dachte. Du bist genaue wie der große, mächtige Doc Lawrence da drüben – noch nie auch nur einen Tag hart gearbeitet und trotzdem blickst du auf diejenigen von uns herunter die das tun. Denkst du bist schlauer als wir, nur weil du ein paar Buchstaben an deinen Namen hängen kannst.“ Rynne schob sein Gesicht so dicht vor Mulders, dass dieser die Tropfen von Spucke, die von den Lippen des Schützen spritzen, spüren konnte. „Tja, ich werde nicht auf einen Haufen gebildeter Scheiße hereinfallen! Theresa verdient die Selbe Chance wie alle anderen, und bei Gott, sie wird sie bekommen!“

Rynne betonte seine Worte indem er Mulder vorzog und ihn dann wieder zurück in die Wand rammte. Sein Kopf traf mit einem hörbaren Krachen auf und leuchtende Funken von Licht und Schmerz vernebelten seine Sicht. Er hörte Scully nach Luft schnappen, spürte ihre ruhelosen Bewegungen und kämpfte um sein Gleichgewicht.

„Dann verlegen Sie diese Party wohl besser woanders hin.“, sagte er schnell, bevor Rynne ihr seine Aufmerksamkeit zuwenden konnte. „Ist Ihnen nicht klar, dass ihre Frau ins Kreuzfeuer geraten könnte, wenn die Polizei auftaucht? Oder dass sie mit dem Rest von uns in die Luft fliegen wird, wenn Sie wirklich eine Bombe haben, wie Sie behaupten?

Rynnes Mund stand einen Moment offen, während er Mulders Worte bedachte, dann schnappte er zu und seine Augen zogen sich zusammen. „Oh, es gibt eine Bombe, wirklich, Professor. Sieh selbst.“

Er zog sein Hemd hoch um eine selbstgemachte Weste aus Plastiksprengstoff durchzogen mit Kabeln zu offenbaren. Obwohl er kein Experte auf diesem Gebiet war, konnte sogar Mulder sehen, dass die Bombe groß genug war, um schwere Sach- und Personenschäden zu verursachen. Während er seinen Gesichtsausdruck kontrollierte um sein Panikgesicht zu verstecken, sah Mulder ruhig von der Bombe zu Rynnes strahlenden Augen.

„Ich sehe Sie meinen es ernst. Aber das ändert die Tatsache nicht, dass ihre Frau eine der ersten Toten sein wird, wenn Sie das Ding zünden. Ist das was Sie wollen?“

„Du weißt, dass es das nicht ist! Was willst du damit sagen?“, grummelte Rynne.

„Dass niemand Ihre Drohungen ernst nehmen wird, wenn sie genau die Frau gefährden, die Sie retten wollen. Wenn Sie ein Stockwerk höher gehen, dann ist Ihre Frau aus der direkten Gefahrenzone raus. Sie wollen nicht wirklich, dass sie Sie so sieht, nicht wahr?“

Rynne überraschte ihn, seine aggressive Haltung brach zusammen wie auch sein Gesicht. „Sie ist bewusstlos. Sie kann nichts hören oder sehen.“ Seine Trauer verschwand einen Herzschlag später, ersetzt von kalter Bestimmtheit. „Aber Dr. Lawrence wird das wieder in Ordnung bringen, nicht wahr, Doktor?“, sagte er mit stärker werdender Stimme, während er sich über den Arzt beugte, der noch immer am Boden kauerte.

„Er wird meine Theresa zurück auf die Transplantationsliste setzten und ihr ein Herz besorgen! Oder, Doktor?“, er betonte jede Frage mit einem Stoß von seinem Fuß, wobei er Lawrence verfolgte, als er wie eine Krabbe zurück kroch.

„*Zurück*?“, fragte Mulder, mehr um Rynne vom Quälen den Doktors abzulenken als um Neugier zu befriedigen. „Wollen Sie sagen, ihr Name war auf der Empfängerliste und er hat ihn runtergenommen?“

„Sie war die Erste in der Schlange!“, schrie Rynne, wobei sich die Hand, die nicht die Waffe umklammerte, wiederholt zur Faust ballte und wieder öffnete. „Nummer eins auf der Liste, das nächste verfügbare Herz wäre an sie gegangen! Und dann sagt er mir, dass sie nicht länger eine gute Kandidatin für die Operation ist, dass er ihren Namen runter nimmt! Und er fängt an einen Haufen großer Worte zu spucken, die niemand verstehen kann, als würde das rechtfertigen, dass er meine Frau zum Tode verurteilt. Tja, ich bin nich dumm, und ich kann einen Haufen Scheiße riechen, wenn er mir in den Schoss geschoben wird! Ich weiß, dass der wahre Grund, warum er Theresa dieses Herz genommen hat, ist, dass er so jemandem geben kann, der das Geld hat ihn dafür zu bezahlen. Tja, er soll es verdammt nochmal besser zurück geben!“

Rynne griff nach Dr. Lawrence, packte seinen weißen Laborkittel und schüttelte ihn bis seine Zähne zusammenschlugen.

„Warten Sie!“, sagte Mulder und machte einige Schritte vorwärts nur um von Rynnes Waffe in seinem Gesicht gestoppt zu werden. „Sie müssen das nicht tun, Mr. Rynne. Wenn das, was Sie sagen, wahr ist, dann ist alles was Sie brauchen die Krankenakte Ihrer Frau und eine zweite Meinung. Wenn ein anderer Doktor sagt, dass Theresa diese Operation haben sollte, wird sie ihren Platz auf der Liste wieder bekommen.“

Scully zuckte zusammen und senkte ihren Kopf, um ihren Gesichtsausdruck vor Mulder und Rynne zu verbergen. Nach ihrem besten Wissen, wurde die Entscheidung ob ein Patient auf die Organempfängerliste gesetzt oder herunter genommen wird, von einem Komitee getroffen, und wurde nicht den Launen eines einzelnen Arztes überlassen. Obwohl sie Mulders Versuch, Rynne zu beruhigen und Zeit für sie zu gewinne, erkannte, fürchtete sie, dass er ihn in eine sehr kleine Ecke drängen würde.

Rynne zögerte, seine Augen schossen zwischen dem blassen Mann, der in seinem Griff stöhnte und Mulders ruhiger Aufrichtigkeit hin und her. Mulder kämpfte darum Offenheit und Bestätigung auszustrahlen, obwohl sein Herz raste und er die nervenden Schweißtropfen zwischen seinen Schulterblättern herunter laufen spüren konnte.

„Es ist zu spät.“, sagte Rynne, aber der Protest war schwach und unsicher und er lockerte seinen Griff um Lawrence. „Woher soll ich eine zweite Meinung kriegen? Woher weiß ich, wem ich trauen kann? Jeder andere Arzt in diesem Krankenhaus wird nur bestätigen, was er gesagt hat.“

„Ich bin Ärztin.“, Scullys ruhige Bekanntmachung schickte einen Schauer Mulders Rücken hinunter und seine Schultern sanken resigniert zusammen. „Ich werde mir ihre Akte ansehen und Ihnen meine professionelle Meinung sagen. Aber nur wenn sie zustimmen diese Krankenschwestern hier zu lassen und in den vierten Stock zu gehen.“

Rynne blinzelte sie an. „Du siehst nicht aus wie ein Arzt.“

Scully spitzte die Lippen. „Und ich bin sicher, dass Sie unter normalen Umständen nicht aussehen wie ein Mann der Geiseln nimmt und droht ein Krankenhaus in die Luft zu jagen. Das Aussehen kann täuschen.“

Rynne blickte angesichts ihres sauren Tonfalls finster drein, dann hoben sich seine Mundwinkel widerwillig. „Du bist in Ordnung, Rotschopf. Hol ihr mal einer Theresas Akte.“, forderte er und deutete mit der Hand auf die Reihe zusammenzuckender Krankenschwestern.

Elena stand schnell auf, ging den Flur hinunter und verschwand vier Türen weiter auf der rechten Seite. Sie kam eine Minute später und hielt das Klemmbrett, ihr Gesicht war ausdruckslos, als sie es an Scully abgab.

Scully überflog die erste Seite kurz, bevor sie es unter ihren Arm steckte. „Nach oben.“, sagte sie bestimmt.

Rynnes Stirn legte sich vor Ärger in Falten, aber er stimmte mit einem schnellen Senken seines Kinns zu. „Aber der Doc und dein Freund begleiten uns.“, konterte er, zog Lawrence an sich und gestikulierte mit der Waffe in Mulders Richtung, sodass dieser vorausging. „Wenn ich auch nur *denke*, dass du mich anlügst, bekommt er eine Kugel und ich drück den Knopf.“

Mulder hob seine Hände und ging auf die Tür zur Treppe zu, wobei er einen flüchtigen, bedauernden Blick zu Scully schickte. Als Rynnes Aufmerksamkeit dadurch abgelenkt war, dass sich der fast katatonische Dr. Lawrence nur schwer manövrieren ließ, lehnte sich Elena zu Scully, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern.

„Passen Sie auf. Dr. Lawrence mag vielleicht ein Bastard mit einer schlechten Art mit Kranken umzugehen sein, aber er ist ein guter Chirurg. Wenn er Rynnes Frau von der Liste gewählt hat, dann muss es dafür einen guten Grund geben.“

„Rotschopf! Komm hier her!“

Scully duckte ihren Kopf, eine Bestätigung von Elenas Warnung wie auch Rynnes Befehl. Sie folgte Mulder in das Treppenhaus, wobei sie die Schwere seiner Schritte und die Art wie seine Hand das Geländer griffen bemerkte. Er musste an seinen letzten Energiereserven nagen und nahe am kompletten Zusammenbruch aus Erschöpfung sein. Trotzdem war sie dankbar für seine Anwesenheit, da sie hoffte, dass sie Rynne zusammen von seinem selbstzerstörerischen Plan abbringen könnten. Wenn sie Mulders erschreckend genauen Profiler-Fähigkeiten jemals gebraucht hatten, dann jetzt.

Sie konnte Rynnes Anwesenheit hinter ihr spüren – das gleichmäßige Tappen seiner Schuhe und die gemurmelten Flüche, als er den brabbelnden Dr. Lawrence jeden Treppenabsatz hochzog.

*Nur Mulder*, dachte sie mit bitterer Belustigung, wobei sie unbewusst ihren Kopf schüttelte. *Wer sonst könnte für einen Routinetermin beim Arzt in ein Krankenhaus gehen und als Geisel bei einem waffenschwenkendem, bombenschleppendem Irren landen?*

Mulder hatte das obere Ende des zweiten Absatzes erreicht und hielt die schwerfällige Brandschutztür auf. Als würde er ihre Gedanken spüren können, schob er seine Unterlippe vor und legte die Stirn in Falten. „Sculleee! Das ist nicht meine Schuld!“, zischte er gereizt.

Scully stieß einen langen Atemzug und ein kleines Lächeln aus und hielt inne, um ihren Zeigefinger über seinen Handrücken streichen zu lassen. Mulder drehte seine Hand, sodass seine Handfläche ihren Finger umschloss und drückte sanft. Für den Bruchteil einer Sekunde legte sich die Angst und sie teilten den Witz, wie schwach und wankend er auch sein mochte.

„Bleib in Bewegung, Rotschopf! Oder ich ändere vielleicht meine Meinung über den Wert deines Freundes!“

Rynnes Knurren kratzte die Leichtigkeit von ihrem Gesicht, die Realität behauptete sich wieder mit schmerzhafter Intensität. Scully zog ihren Kopf ein, zog ihren Finger aus dem warmen Kokon von Mulders Hand und ging durch die Tür weiter.
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