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Familienbande VI: Seltsame Bettgenossen

von Dawn

Kapitel 4

Auf dem Weg nach Georgetown
Montag
19:48 Uhr


„Ist dir warm genug?“

„Mir geht’s gut, danke.“

Versteckt in der Dunkelheit des Rücksitzes zuckte Grey zusammen. Er zählte das als vierten schmerzhaft höflichen Austausch seit sie Maggie Scullys Haus verlassen hatten und er begann sich einen guten alten Schlagabtausch, einen herzzerreißenden Streit, um die Spannung zu lösen. Danas Finger hielten das Lenkrad in einem Würgegriff, ihre Augen wanderten regelmäßig von der Straße zu Fox und wieder zurück. Sogar im schwachen Licht der vorbeisausenden Straßenlampen konnte Grey Erschöpfung in Falten und Ebenen des Gesichts seines Bruders lesen. Aber Fox behielt seine stocksteife Haltung bei, weigerte sich sogar seinen Kopf auf die Lehne des Sitzes zu legen.

Zu der Zeit als Grey ins Wohnzimmer gewandert war, war Maggie davon zurück gekehrt Matthew zuzudecken und hatte eine eher hitzige Diskussion zwischen Mulder und Scully unterbrochen. Sie verbrachten den Rest des Abends mit höflicher, wenn auch ein wenig hölzerner Konversation. Bills wechselnde Gesichtsausdrücke betrogen gelegentlich seine Feindseligkeit, aber in Maggies Gegenwart hielt er seinen Mund. Mulders schwächelnde Energie und seine fallende Augenlider boten eine bequeme Ausrede um den Besuch kurz zu halten.

„Mulder, ich habe gesagt, dass es mir Leid tut. Ich wollte dich sicherlich nicht verärgern.“, sagte Scully schließlich, mit mehr Ungeduld als Reue in der Stimme.

„Scully, ich bin müde und ich will jetzt wirklich nicht darüber reden.“, antwortete er ihr, sein Ton war schwer von Müdigkeit und behielt ein scharfe Kante bei.

„Du magst vielleicht nicht darüber reden wollen, aber ich hab es satt deinen Ärger zu spüren.“

Mulder seufzte. „Es ist nicht wegen dir, Scully. Ich bin auf mich selbst wütend.“

„Mulder, mein Bruder hat sich wie ein totaler Idiot benommen! Warum zum Teufel solltest du auf dich selbst wütend sein?“

Mulder rieb sich mit beiden Händen das Gesicht und ließ dann eine durch sein Haar gleiten. „Ich wäre heute Abend nie gekommen, Scully. Es war von vorneherein klar, dass es ein Desaster werden würde und ich *wusste* es. Wäre ich nicht da gewesen, hättest du vielleicht einen relativ konfliktfreien Abend mit deiner Familie verbringen können. Mich mit Bill in Kontakt zu bringen, ist wie einem Löwen ein rohes Stück Fleisch vor die Nase zu halten und ihm zu verbieten es anzufassen. Er ist einfach nicht in der Lage mich als irgendetwas anderes zu akzeptieren als die Wiedergeburt des Teufels persönlich und das wird sich nicht ändern.“ Er neigte seinen Kopf um ihn gegen das kühle Fensterglass zu lehnen. „Es ist besser mich bei den Familientreffen außen vor zu lassen, wenn er dabei ist.“

„Also was meinst du jetzt, Mulder?“, fragte Scully fest. „Dass ich wegen Bills Tunnelblick nie einen Feiertag mit dir *und* meiner Familie verbringen kann?“

„Das ist eine unvernünftige Maßnahme.“, meldete sich Grey leise von hinten, wobei er wusste, dass er sich aus dem Streit heraushalten sollte, aber unfähig war zu schweigen.

„Halt dich daraus, Grey.“, blaffte Mulder und drehte sich um, um seinen Bruder anzufunkeln. „Du warst heute Abend nicht gerade hilfreich. Ich weiß nicht was du zu ihm gesagt hast, nachdem ich den Tisch verlassen habe, aber er sah aus, als wolle er Nägel spucken.“

„Er hat Recht, Mulder.“, sagte Scully. „Ich weiger mich Bill mein Leben diktieren zu lassen. Ich habe die ständigen Schuldgefühle satt.“

„Also willst du die Beziehung beenden?“, frage Mulder. „Einfach so?“

„Das tue ich nicht…“

„Du *tust* es, Scully! Du warst beim Abendessen dabei das Grab zu schaufeln! Alles was du getan hast, war Bills Behauptung, dass ich ein Familienzerstörer bin zu bestätigen!“

Scully bog in einen Parkplatz gegenüber von ihrem Gebäude und stellte den Motor ab, um sich dann bewusst zu ihm zu drehen. „Einige Beziehungen sind die Kopfschmerzen nicht wert, Mulder. Bill trifft für mich die Entscheidung, wenn er darauf besteht, sich wie ein sturer Idiot zu verhalten.“

Mulder schüttelte frustriert den Kopf und mied offen Scullys Blick indem er aus dem aus dem Fenster starrte. „Es ist nicht alles Bills Fehler, weißt du. Er ist nicht der Einzige dem dein Lebensstil nicht gefällt – nur der Einzige der übrig ist um es auszusprechen.“

Scullys Augen kniffen sich zusammen. „Was zum Teufel soll das bedeuten?“

Mulder griff nach dem Türgriff. „Vergiss es.“

Ihre Finge vergruben sich mit einem Eisengriff in seiner Lederjacke. „Was. Hast. Du. Gemeint?“

Mulder schüttelte finster blickend ihren Griff ab. „Dein Vater hat deine Entscheidung zum Bureau zu gehen nie gebilligt oder unterstützt, Scully. Ich würde sagen es ist mehr als wahrscheinlich, dass er von deinem verrückten Partner gehört hat, der Aliens jagt. Ich bin sicher er hat seine Gefühle mehr als deutlich gemacht. Du hast so gut wie zugegeben, dass seine Missbilligung dich an seiner Liebe hat zweifeln lassen.“

„Halt die Klappe, Mulder.“

Mulder hörte die Warnung, doch Erschöpfung und sein eigenes Schuldgefühl machten es ihm unmöglich sie zu beherzigen. „Alles was ich sagen will, ist das du Bill wegen des Gleichen Verbrechens verurteilst von dem du deinen Vater freigesprochen hast.“

„Du hast keine Recht meinen Vater zu verurteilen.“, gab Scully eiskalt zurück. „Zumindest hat er nicht wissentlich zugelassen…“ Entsetzt biss sie die Worte zurück bevor sie ihre über ihre Lippen kommen konnten.

Mulder wurde sehr ruhig. „Beende es, Scully.“

„Fox, lass uns reingehen. Das Auto wird langsam kalt.“, warf Grey ein, sein Magen drehte sich beim Anblick von Scullys Gesichtsausdruck herum.

Mulder ignorierte ihn – oder hörte es vielleicht nicht. Seine Augen bohrten sich mit verzweifelter Intensität in Scully. „Was hat mein Vater zugelassen, Scully? Ich weiß, dass du was vor mir zurück hältst, etwas das du erfahren hast, als du beim Raucher warst. Sag’s mir.“

Scullys Augen füllten sich mit Tränen. „Bitte, Mulder. Ich will nicht… Es sollte nicht auf diese Art sein.“

„Was sollte es nicht sein? Wann wird es je weniger schmerzhaft sein? Ich werde dich nicht anflehen. SAG’S MIR.“

„Er sagte… er sagte, dass dein Vater von den genetischen Manipulationen an dir und Samantha wusste. Dass er überzeugt wurde das Experiment zu erlauben und breitwillig teilgenommen hat.“

Mulder zuckte wie vom Blitz getroffen zurück. Sogar in dem schwachen Licht konnten sie sehen, wie die Farbe aus seinem Gesicht wich. Er leckte sich die Lippen. „Er wusste es? Er *wusste* es? Nein, das ist eine Lüge! Er würde nicht…“

Seine Stimme schien auszutrocknen, wurde brüchig und kraftlos bevor sie komplett verdunstete. Er starrte Scully mit leerem Blick an, riss dann abrupt seine Tür auf und sprang heraus. Grey und Scully sahen zu wie er weg stolperte, um sich mit gebeugtem Kopf und hängenden Schultern an einen Baum zu lehnen. Sie presste ihre Finger gegen ihre Lippen, wobei ihre Augen Mulder nie verließen. In ihre eigene Misere eingetaucht, hätte Greys sanfte Äußerung ebenso ein Schrei sein können.

„Es ist passiert, Dana. Hör auf dich selbst zu schlagen und betreib ein bisschen Schadenskontrolle.“

Seine Hand senkte sich auf ihre Schulter, sein Daumen rieb beruhigend durch den Stoff ihres Mantels. Scully lehnte ihre Wange in die Wärme und blinzelte schnell, während sie um Fassung rang.

„Ich habe versucht den richtigen Zeitpunkt, den richtigen Weg zu finden, um es ihm zu sagen seit er aus dem Krankenhaus gekommen ist. Ich wusste wie sehr ihn das verletzen würde und er war so schwach. Ich kann nicht glauben, dass ich es einfach so auf ihm abgeladen habe.“

„Dana, ich habe früh in meiner Ehe gelernt, dass jemanden zu lieben bedeutet, all die richtigen Knöpfe zu kennen, die man drücken muss. Wenn ich mich nicht irre, bist du nicht die einzige die heute Abend ein paar betätigt hat.“ Er beugte seinen Kopf, sodass sie gezwungen war, in sein Gesicht zu sehen. „Ich werde ein bisschen spazieren gehen. Gib mir einen Schlüssel, damit ich nachher reinkomme.“

Scully zog ihre Schlüssel aus der Zündung, aber jonglierte sie in ihrer Hand, sodass sie rhythmisch klingelten. „Vielleicht sollte ich einen Spaziergang machen.“, sagte sie reuig, „Kommt mir so vor als würde man den Brandstifter losschicken um das Feuer zu löschen.“

Grey fischte die Schlüssel aus ihrer Hand und stieg aus dem Auto. Einen Moment später öffnete er ihre Tür und lehnte sich hinein. „Liebes, wir wissen beide, dass der echte Brandstifter Morleys raucht. Und ich glaube, dass du die einzige mit genug Erfahrung bist, um diesen Brand zu handhaben.“

Er warf seinem Bruder einen letzten besorgten Blick zu und ging in die andere Richtung davon, ohne ihr die Möglichkeit zu geben zu protestieren.

Mulder zitterte, sein ganzer Körper vibrierte, doch Scully war nicht sicher ob es an der Kälte oder den Emotionen lag. Sie legte eine vorsichtige Hand auf seine Schulter, und hielt ihre Stimme leise und tröstend, als würde sie ein wildes Tier beruhigen.

„Mulder, es ist eiskalt. Komm mit rein und dann reden wir.“

Er reagierte wie ein wildes Tier – verletzt, umzingelt und gefährlich. „Jetzt bis du bereit zu reden? Tu mir bloß keinen verdammten Gefallen!“

Scully hielt ihr Temperament zurück, das auszubrechen drohte. „Es tut mir Leid, dass ich es dir bis jetzt nicht gesagt habe. Du warst so krank, ich wollte dir nur ein bisschen Zeit zum Heilen geben.“

Mulders Gesicht verzog sich zu einer kaum zu erkennbaren Maske. „Ich hatte das Recht es zu wissen! Wie konntest du so etwas vor mir geheim halten?“

Scully öffnete mental ihre Finger und ließ los. „Sagt dir das Wort *Tunguska* etwas, Mulder? Oder bist du der einzige dem es erlaubt ist, Information als Schutzmaßnahme zurückzuhalten?“, blaffte sie.

„Das war was anderes!“

„Was? Was ist daran anders?“

„Das war der Job, dies ist persönlich! Mein Vater…“ Das Wort veränderte sich, brach in der Mitte zu einem Schluchzer. Das Zittern wurde zu Schauern, die Scully mit ihrer Intensität erschreckten. Sie löste schweigend eine kühle Hand von dem Baum und zog daran. Seine Wut verraucht, folgte Mulder ihr apathisch über die Straße und ins Gebäude und machte noch nicht einmal eine unanständige Bemerkung als sie wegen seinem Schlüssel in seine Tasche griff. Nachdem sie ihn auf die Couch verfrachtet hatte, verließ Scully widerwillig lange genug den Raum um Tee zu machen.

Er saß gefasst am Rand der Kissen, die Tasse in den Händen haltend und mit einer Decke über den Schultern. Scully nahm ihren Platz neben ihm ein und wartete. Sie wusste, dass er zwar aussehen mochte wie ein Mann, der über die tieferen Mysterien seiner Doc Martens nachdachte, aber Mulders Hirn und seine Seele kämpften heldenhaft darum die Tragweite des Betrugs seines Vaters zu verstehen.

„Wie konnte er das tun, Scully?“, fragte er ohne ihr in die Augen zu sehen. „Diese… diese Herumpfuscherei an meiner DNS. Wie hat dieser Bastard das hinbekommen?“

Scully wählte ihre Worte vorsichtig. „Ich kann nur spekulieren, Mulder. Aber ich vermute, dass etwas mit dem Sperma deines Vaters gemacht wurde, ein Medikament oder eine Behandlung, die die Chromosomen modifiziert haben und den genetischen Code verändert haben.“ Sie schüttelte den Kopf. „Vor fünf Jahren, hätte ich geschworen, dass das unmöglich ist, dass wir so eine Technologie noch nicht besitzen. Aber jetzt, nachdem was wir gesehen haben…“

„Es macht auf schreckliche Art Sinn.“, antwortete Mulder hölzern und schwenkte die Tasse in kleinen Kreisen, sodass die Flüssigkeit schwappte und dampfte. „Erinnerst du dich an den Brief meiner Mutter? Sie konnte sich nicht vorstellen wieso sie immer wieder trotz Verhütung schwanger wurde. Schätze mein Alter hat die Verhütung sabotiert.“

Scully ließ ihre Hand über die gespannten Muskeln in seinem Rücken gleiten, die Bitterkeit in seinen Worten schmerzte sie. Mulder stellte die Tasse, die er kaum angerührt hatte, auf den Kaffeetisch und vergrub das Gesicht in den Händen.

„Wie konnte er das tun, Scully? Er hat Leute an seinen eigenen Kindern herumexperimentieren lassen! Kein Wunder, dass er mich betrachtet hat wie einen Leprakranken.“

Scully schloss ihre Augen gegen die Tränen, als Spenders seltsam einfühlsamen Worten durch ihre Kopf schwebten.

*Schade, dass Bill nie fähig war seinen väterlichen Stolz mit dem Schuldgefühl über seine Kapitulation zu vereinigen.*

„Ich kann nicht so tun, als würde ich das verstehen, Mulder.“, murmelte sie und presste stärker gegen einen besonders harten Knoten in der Nähe seines Genicks. „Ich kann nur sagen, dass es mir Leid tut. Nicht nur, was dein Vater getan hat, sondern auch dass ich es dir auf diese Art habe sagen müssen. Bitte glaube mir, dass ich dir nie absichtlich weh tun würde.“

Mulder wandte ihr große, geschockte Augen zu, seine Zähne zerrten böse an seiner Unterlippen. „Sie haben Samantha genommen – das Experiment muss ein Erfolg gewesen sein. Was…“, er zögerte und schluckte hart. „Was wurde mir sonst noch angetan? Ich glaub ich weiß nicht wer… *was* ich bin.“

Scully zog ihn zurück, wo er gegen sie zusammen brach, sein Kopf an die Kurve ihrer Schulter gelehnt. „Du bist, was du immer gewesen bist, Liebster.“, sagte sie, während ihre Finger durch sein Haar fuhren. „Der Selbe ehrbare, brillante, leidenschaftliche, nervtötende Mann, den ich gestern geliebt habe und den ich morgen immer noch lieben werde. Der Prozess interessiert mich nicht, nur das Ergebnis.“

Wegen der Kraft ihrer Aussage oder weil sich einfach die Starre löste, begann er heiße, stille Tränen zu weinen. Sie versengten ihre Haut wie Feuer und sie verfluchte Bill Mulder für jede einzelne von ihnen.

„Lass es raus, Liebster.“, flüsterte sie, ihre eigene Stimme unbeständig. „Lass alles raus.“


Georgetown
Montag
21:56 Uhr


Grey schob die Tür auf und zuckte bei dem schrillen Quietschen zusammen. Er trat ein, schob sie zu und seufzte zufrieden, als Wärme in die Kälteblase, die noch an seiner Haut haftete, eindrang. Während er seinen Mantel auszog, warf er einen Blick ins Wohnzimmer und blinzelte wegen der schwachen Beleuchtung. Fox war wie eine Bretzel auf der Couch zusammen gerollt und obwohl Grey sein Gesicht nicht ausmachen konnte, bezeugten seine tiefen, einheitlichen Atemzüge, dass er schlief.

„Grey? Ich bin in der Küche.“

Er folgte der flüsternden Stimme und dem reichhaltigen Geruch von Schokolade zu ihrer Quelle und fand Dana am Küchentisch. Ihr Kopf war auf eine Hand gestützt und eine halbvolle Tasse Kakao stand neben der anderen. Grey versuchte ihre Gesichtszüge nach einem Hinweis abzusuchen, gab jedoch auf als er mit einem Knäuel von Emotionen konfrontiert wurde, das zu komplex war, um entwirrt zu werden.

„Es ist noch was in der Pfanne.“, sagte sie und neigte den Kopf in Richtung Herd. „Wahrscheinlich sogar noch warm.“

Grey suchte nach einer Tasse, fand den richtigen Schrank beim zweiten Versuch und goss sich den Rest der heißen Schokolade ein. Er nahm einen langen Schluck und war dankbar für die Wärmeschübe, die sich in seinen kalten Gliedern auszubreiten schien. Während er Dana gegenüber in einen Stuhl sank, zügelte er den Impuls die Informationen aus ihr raus zu quetschen.

„Ich bemerke, dass die Rauchmelder schweigen.“, sagte er und nahm noch einen Schluck.

Sie sah ihn für einen Moment mit leerem Blick an, bevor sie verstand und dann drang Belustigung in ihr Gesicht. „Wahr. Aber das heißt nicht, dass es nicht noch ein paar rauchende Haufen Asche gibt, die man bekämpfen muss.“

Grey fuhr sich mit einer Hand über die Stirn und massierte seine Schläfen. „Ich bin die ganze Zeit gelaufen, besorgt um Fox und seine Fähig mit diesem Alptraum klar zu kommen und konnte nichts dagegen tun, dass ich mich auch erleichtert fühlte. Wie der Typ der den Flug verpasst hat und dann herausfindet, dass das Flugzeug abgestürzt ist. Toller Bruder, was?“

„Du bist nur menschlich, Grey. Weißt du wie oft ich auf Mulders Kindheit geblickt habe und Gott für meine dankte? Glaub mir, ich versteh das.“

„Und was ist mit dir? Wie hältst du durch?“, fragte Grey und streckte seine Hand über den Tisch, um sie auf ihre zu legen.

Scully zischte angesichts des Kontakts mit seiner kalten Haut. „Du bist ja halb erfroren! Du hättest nicht gehen müssen, Grey. Du weißt, dass er vor dir keine Geheimnisse hat.“

Grey hob eine Schulter. „Das ist mir klar. Aber niemand braucht ein Publikum, wenn man mit solchen Nachrichten klar kommen muss. Ich hatte gehofft, dass er nichts zurückhalten würde, wenn ihr zwei alleine seid.“ Er lehnte sich näher heran. „Und du hast meine Frage nicht beantwortet.“

Scully lächelte schwach. „Ich bin nicht diejenige, die gerade erfahren hat, dass ihr Vater sie als Versuchskaninchen benutzt hat.“

„Nein. Du bist die, die Nachricht überbringen musste. Nicht viel besser, wenn du mich fragst. Also wiederhole ich es – wie geht es dir?“

Scully schloss ihre Augen erneut gegen den plötzlichen Sturm von Tränen. „Es tut weh, ihn leiden zu sehen.“, sagte sie sanft. „Ich würde Bill Mulder gerne umbringen und ich nehme es ihm verdammt übel, dass er bereits tot ist.“

„Gut gesagt.“, antwortete Grey, seine Finger drückten ihre stärker, bevor er sie los ließt. „Ich glaube ich werde den Mann nie verstehen. Ich sehe Foxs Narben – die Schuld, das mangelnde Selbstwertgefühl – und ich weiß, dass Bill direkt verantwortlich ist. Und trotzdem, ich werde die Erinnerung daran nicht los, wie sein Gesicht jedesmal aufleuchtete, wenn er von Fox sprach.“

„Stolz ist nutzlos, wenn er nie gegenüber der Person die wichtig ist ausgedrückt wird.“, sagte Scully düster. Sie atmete tief ein und blies die Luft aus, wobei sie ihren Kopf rollte, bis ihr Nacken zufrieden knackte. „Er ist völlig erschöpft. Der heutige Abend hat ihn weit über seine Grenzen belastet. Ich hatte mir Sorgen gemacht, dass dieser Urlaub zu viel für ihn sein könnte, aber ich fange an zu glauben, dass es genau das ist was wir beide brauchen.“

„Wo wir davon reden, ich wäre froh, wenn ich euch fahren könnte. So müsst ihr keinen Wagen am Flughafen lassen.“

„Dann müsstest du uns aber erst zum Arzt fahren.“, warnte Scully. „Wir hatten geplant nach Mulders Check-up direkt zum Flughafen zu fahren.“

„Meine Dienste stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung, Ma’am.“, antworte Grey und fügte mit einem schelmischem Grinsen hinzu: „Zumindest solange wie Kristen bei der Arbeit gefesselt ist.“

Scully grinste mit besserer Laune. „Keine Sorge. Wir kennen unseren Platz im großen System der Dinge.“ Das Grinsen flachte zu einem Lächeln ab. „Danke, Grey. Du scheinst es drauf zu haben mich aufzuheitern.“

„Kein Problem, Liebes. Nun, was sagst du dazu, wenn ich dir helfe in aus meinem Bett in deins zu bekommen?“ Er wackelte mit seinen Augenbrauen und imitierte vorsätzlich den patentierten Schlafzimmerblick seines Bruders.

Scully kicherte angesichts seines Theaterspiels. „*Das* ist ein Angebot, das ich nicht ablehnen kann.“
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