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Familienbande VI: Seltsame Bettgenossen

von Dawn

Kapitel 17

Zimmer 217 Nordostflügel
Mittwoch
18:25 Uhr


Ein nerviges Summen, wie eine Mücke in seinem Ohr, zog Mulder widerwillig aus den Tiefen der samtenen Dunkelheit. Irgendwo war Schmerz, scharfe Zähne, die mit gieriger Intensität an seiner Seite nagten. Glücklicherweise umgab ihn eine dicke graue Wolke, umschloss seine Glieder mit Blei und ließ seine Hirnzellen in einer schlammigen Konsistenz zurück. Der Schmerz war da, irgendwo. Er kümmerte sich nur nicht darum.

Das leise Dröhnen begann in Stücke zu brechen – Wörter, erkannte sein benommenes Hirn schließlich. Sie tanzten wie Schmetterlinge knapp außerhalb seiner Reichweite und er war versucht zu ignorieren und zurück in den Trost der zurück zu sinken, als eine einzelne Silbe in seine Reichweite kam und er hielt sich daran fest, folgte seinem Faden.

„…Dana hatte großes Glück. Beide Brüche waren glatt und sie muss nicht operiert werden.“

Greys Stimme.

„Ich kann trotzdem nicht glauben, dass sie sich nicht zur Beobachtung einweisen lassen wollte. Manchmal kann sie genauso dickköpfig sein wie dein Bruder.“

Skinner.

„Ich bin nur dankbar, dass sie lange genug stillgehalten hat, bis sie die Brüche gerichtet und ihr etwas Flüssigkeit geben hatten.“, antwortete Grey trocken. „Sie wollte sich von niemandem berühren lassen, bis seine OP vorbei war.“

Skinner schnaubte. „Wenn sie clever wären, hätten sie das Thema nicht angeschnitten. Ich war schon oft das Opfer ihrer Sorge um Mulder und glaub mir, dass willst du nicht erleben.“

Ein leises Kichern. „Ich verstehe.“

„Geht es dir gut? In einem Aufzugschacht einen auf Keanu Reeves zu machen, kann nicht gut für deinen Rücken gewesen sein.“

Mulder spürte das Schulterzucken. „Er ist ziemlich verspannt, aber der Arzt sagte ich habe keinen Schaden hinzugefügt, nur die Genesung ein bisschen zurückgesetzt. Das witzige ist, dass ich es nie gespürte haben, bis wir Fox aus dem Gebäude hatten. Adrenalin, schätze ich.“

„Wo ist Agent Harding? Ich hatte mich darauf gefreut zu sehen wie sie dir in den Hintern tritt. Sie war ziemlich besorgt, weißt du.“

Ein kurzes Lachen, dann wurde Greys Stimme sanfter. „Hat sie schon. Ich war angemessen reuig. Sie war todmüde, also habe ich sie nach Hause geschickt, um ein bisschen zu schlafen.“

„Würde nicht schaden deinen eigenen Rat zu befolgen.“

„Ja Sir, Assistant Director Skinner.“ Leises Gelächter. „Ich habe Dana geschworen, dass ich ihn nicht verlasse, bis sie wieder da ist. Das war die einzige Möglichkeit wie ich sie dazu bekommen konnte sich eine Weile hinzulegen.“

Die Zähne nagten jetzt energischer, waren schwerer zu ignorieren und Mulder wollte den Zustand seines Bruders mit eigenen Augen sehen. Er konzentrierte sich stark, hob seine schweren Augenlider auf Halbmast und versuchte sie zu fokussieren. Er musste ein Geräusch gemacht haben, denn als die verschwommen Bilder klar wurde, umrahmten Grey und Skinner beide das Bett und sahen ihn intensiv an.

„Hey, kleiner Bruder.“, sagte Grey, mit überschatteten doch warmen Augen. „Wie gefällt dir die neue Unterbringung, die ich dir organisiert habe?“

„Hab‘ auf… Suite im… Hilton gehofft.“

Seine Kehle fühlte sich nach diesem Mattglas an, was mit der Intubation einherging und Mulder verzog missmutig sein Gesicht.

„Hier. Ich werde diesmal Scully sein.“, sagte Skinner schief und hielt einen Strohhalm an seine Lippen.

Kühle, glatte Flüssigkeit. Mulder trank und trank, schwor sich Wasser nie wieder für selbstverständlich zu halten. Er trank den ganzen Becher und beäugte dann Skinner wie er ihn zurück auf den Nachttisch stellte.

„Scully küsst mich. Den Teil… ruhig überspringen.“

Grey lachte und sein Boss rollte die Augen. „Muss sich besser fühlen. Sein besserwisserischer Sinn für Humor ist zurück.“

Mulder ließ seinen Kopf nach rechts rollen. „Wie wär’s mit… Schadensreport?“

Grey nahm seine Hand und Mulder war überrascht, wie gut sich dieser einfache körperliche Kontakt anfühlte. Sein Bruder sank in einen Stuhl und ließ ihre Hände verbunden. Skinner ging herum, um sich vorsichtig ans Fußende zu setzen.

„Leichte Gehirnerschütterung. Verstauchtes Handgelenk. Ein paar Blutergüsse, die einem Berufsboxer alle Ehre machen würde. Und ein Halbzollrohr in deiner Seite, dass es irgendwie geschafft hat jedes wichtige Organ zu verfehlen. Du hattest mehr als Glück, Fox. Du solltest deine religiöse Haltung überdenken, denn jemand hat gestern auf dich aufgepasst und es wäre nicht gut Ihn zu verärgern.“

Mulders Augen wanderten zu den beiden Beuteln mit Blut und Infusionslösungen, dann sahen sie in Greys. „Scully?“

„Gehirnerschütterung und ein paar gebrochene Knochen in ihrem Arm. Sie hat sich auf einer Liege im Schwesternzimmer hingelegt, dank Elena. Sie wollten sie einweisen, aber sie hat ihnen höflich erklärt, was sie mit ihren Formularen machen können.“, schmunzelte Grey.

Mulders Lippen kräuselten sich. „Das is‘ meine Scully.“, lallte er.

Seine Seite begann mit aller Macht zu brennen und Mulder versuchte sich nach rechts zu drehen. Die daraus resultierende Explosion von Schmerz rivalisierte mit der von Rynnes Bombe. Die Welt sank zu einer Nadelspitze zusammen und seine Ohren summten einige Minuten laut. Er bekam nicht einmal mit, dass er gestöhnt hatte, bis er bemerkte, dass seine raue Kehle zurück war.

Grey stand wieder, sein Gesicht hart. „Schätze ich habe vergessen zu erwähnen, dass du jetzt nicht versuchen solltest dich zu bewegen.“

Mulder versuchte tapfer zu grinsen, aber es fühlte sich wie ein Fehlschlag an. „Denke nicht… Zeit für mehr gutes Zeug?“, fragte er hoffnungsvoll.

„Ich werde Elena holen.“, sagte Skinner, packte die Gelegenheit sich nützlich zu machen beim Schopfe.

Mulder sah zu wie er aus der Tür verschwand, brachte eine schiefe Drehung seiner Lippen zustande. „Werd‘ se zusammen bringen… wenn ich mich nich‘ vorher umbring‘.“

Grey ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen, kopfschüttelnd. „Du hast eine Art an dir.“, sinnierte er.

„Ich habe ein starkes Gefühl von Déjà-Vu.“, sagte Elena, hielt in der Tür inne und bot Mulder ein freches Grinsen an. „Muss mit einem früheren Leben zu tun haben.“

„Ha, ha.“, sagte Mulder schwach. „Solltest…. Komikerin sein.“

„Nach gestern werde ich mir ernsthaft darüber Gedanken machen.“, antwortete sie, ging zum Bett und stellte ein kleines Edelstahltablett ab.

Sie machte damit weiter ein Thermometer in seinen Mund zu stecken, nahm sein gutes Handgelenk und sah auf die Uhr während sie seinen Puls überprüfte. Das Blutdruckmessgerät wurde angebracht und sie nahm das Thermometer heraus und nickte zufrieden.

„Sieht sehr gut aus, Mulder. Temperatur ist nur leicht erhöht und der Blutdruck steigt auf ein vernünftiges Maß. Gute Sache auch da Dr. Brewer ziemlich angefressen war, weil du seine harte Arbeit ruiniert hast.“

Mulder gab ihr einen langen leidenden Blick zu. „Tut mir Leid. Entschuldige… wenn ich ihn sehe.“

Elena untersuchte ihn mit kritischem Auge, nahm die Falten von Schmerz um seine Augen auf. Sie berührte sanft seine Wange, die Haut war kühl und klamm unter ihren Fingerspitzen.

„Der Schmerz ist schlimm?“, frage sie, alle Leichtigkeit verflogen.

Seine Augen glitten fort um die Fransen am Rand der Decke zu studieren, aber er nickte. Völlig im Klaren darüber, dass dieser Mann dazu neigte seine Schmerzen herunterzuspielen, nicht zu übertreiben, legte sie kurz ihre Hand auf seine Stirn und nahm dann eine Spritze von dem Tablett.

„Ich habe genau was du brauchst.“, murmelte sie.

Innerhalb von fünf Minuten schlief er tief, die Finger schlaff in Greys Griff. „Du musst ihm gutes Zeug gegeben haben.“, sagte er, wobei er seinen Kopf zu Elena neigte.

„Er hat’s verdient.“, antwortete sie mit sanften, mitfühlenden Augen. „Viele Leute schulden ihm und Dana ihr Leben.“ Sie lächelte Skinner und Grey an. „Und euch beiden auch.“

Skinner grinste sie tatsächlich an, ein Teil der Müdigkeit fiel von seinem Gesichtsausdruck. „Sie waren auch nicht schlecht. Der Rest von uns ist für sowas trainiert, aber Sie… Sie haben einen kühlen Kopf bewahrt, Elena. Sie haben uns gesagt, was wir wissen mussten uns Sie haben geholfen die am meisten gefährdeten zu evakuieren. Sie schulden Ihnen auch was.“

Elena machte eine kleine gespielte Verbeugung, aber ihre Augen waren zufrieden. „Dankeschön. Ich mache gleich Feierabend – kann ich euch beide zu einer Tasse Kaffee einladen?“

Grey hob eine Hand. „Danke. Ich werde darauf zurückkommen.“

„Er wird nur schlafen, weißt du. Ich habe ihm genug Morphium gegeben um einen Panzer zu stoppen.“

Ein Mundwinkel von Grey hob sich bei ihrer Beschreibung. „Ich weiß. Aber ich habe Dana versprochen hier zu bleiben, bis sie zurück kommt, und ich schätze mein Leben.“

Skinners Lächeln wurde breiter. „Cleverer Kerl.“

Grey hörte ihrem Necken zu als sie durch die Tür gingen, froh darüber, dass Elena Walts lockere Seite zum Vorschein zu bringen schien. Der Mann musste sich sicherlich ab und zu entspannen.

Er wand sich in dem unbequemen Stuhl, letztendlich legte er die Beine mit einem kleinen erleichterten Zischen auf das Ende von Foxs Matratze. Sein Bruder hätte aus Stein gemeißelt sein können, wäre da nicht das sanfte Heben und Senken seiner Brust. Grey ließ seinen Kopf auf die Rückenlehne sinken und schloss die Augen.

„Sie sagte ich muss bleiben, aber sie hat nicht gesagt, dass ich wach sein muss.“, murmelte er müde. „Ich werde nichts verraten, wenn du’s nicht tust.“

Trotz verspannter Muskeln und dem harten Stuhl, fand der Schlaf Grey leicht.


Zimmer 217 Nordostflügel
Mittwoch
19:22 Uhr


Als Mulder dieses Mal ins Bewusstsein schwamm, wusste er, dass sie da war. Er konnte sie riechen – die eindeutige Mischung aus Seife, Shampoo und Scully, die an ihren Laken haftete und ihm ein warmes Gefühl der Zufriedenheit gab. Seine Lippen kräuselten sich, bevor er die Augen öffnete, seine Belohnung war ein blendendes Lächeln von seinem Lieblingsrotschopf.

„Hey, Dornröschen. Es wird auch Zeit, dass du dich entschließt zu den Lebenden zurückzukehren.“

Der Strohhalm tauchte auf, bevor er seinen Mund öffnen könnte und er lachte in sich hinein, als er trank. Als sie ihn wegnahm, schenkte er ihr ein verrücktes Lächeln. „Du bist viel hübscher als Skinner, babe.“

Scully lachte, ein vollkommener Gesichtsausdruck der Freude, den er selten zu sehen bekam. Ihre Handfläche lag an seiner Wange und ihr Daumen strich über seine Unterlippe. „Du bist so stoned.“, sagte sie, wobei immer noch kleines Gelächter entkam.

Mulder war sich nicht sicher, was er gesagt hatte, das so lustig war – die Betäubungsmittel, die durch sein System rasten, ließen ihn zu durcheinander zurück um es heraus zu bekommen. Es war sowieso nicht wirklich wichtig. Er würde sich selbst regelmäßig zum Idioten machen, wenn er so ein Gelächter auslösen konnte.

„Wie fühlst du dich?“, fragte Scully ihn, ihre Finger glitten automatisch zur Schlagader an seinem Handgelenk.

Er öffnete seinen Mund um zu antworten, aber ein Gähnen kam zuerst heraus. „Besser. Die Seite tut nur etwas weh.“

„Das wette ich.“, antwortete sie, ihre Augen tanzten noch immer.

Mulder ließ sein Handgelenk aus ihrem Griff gleiten und verschränkte ihre Finger unbeholfen. „Dir?“

„Ziemlich gut, eigentlich. Ich habe etwas geschlafen, während du weggetreten warst. Und ich bekomme selbst Medikamente – aber kaum das gleiche Kaliber, wie das was durch deinen Tropf läuft!“

Mulder kniff die Augen etwas zusammen, kämpfte darum seine wandernde Konzentration lange genug zu fokussieren, um ihr Erscheinungsbild zu bewerten. Zu seiner Erleichterung schienen ihre Worte ehrlich zu sein. Ein Gips umschloss ihren Arm vom Handgelenk bis zur Schulter und es war ein blauer Bluterguss auf ihrer Wange, aber ihrer Augen leuchteten und ihre Haltung war entspannt.

„Siehst gut aus.“, sagte er, probierte eine lüsternes Zwinkern, aber hatte nur Erfolg darin mehr Lachen zu provozieren.

Er war immer noch müde, so müde und seine Augen begannen unfreiwillig zu zufallen, als eine wichtige Frage durch sein benommenes Hirn schnitt.

„Morgen nach Hause?“

Naja. Offensichtlich hatte er auch herausbekommen wie man das Lachen abschaltete. Scully ernüchterte und ihr Daumen streichelte die sanfte Haut um seine Infusion.

„Mulder, du hast ein schweres Trauma durchlebt und das direkt nach einer schlimmen Krankheit. Du brauchst Zeit zum Genesen, um deine Kraft aufzubauen…“

„Grey sagte keine wichtigen Organe. Un‘ keine Infektion.“

„Du hast viel Blut verloren, Liebster. Und du bekommst intravenöse Schmerzmittel. Du wirst Schmerzen haben, wenn du versuchst aufzustehen.“, tadelte sie sanft.

„Wird gehen.“, bestand er, zuckte zusammen doch wand sich hartnäckig nach vorne, als wollte er es beweisen. „Ich werde mich ausruhen.“

„Mulderrr.“, stöhnte sie hilflos. „Vielleicht am Freitag -- *falls* du dich weiter erholst, okay?“

Er schüttelte unnachgiebig seinen Kopf und zu ihrer Verwirrung schien er den Tränen nah zu sein. „NEIN, Scully. Morgen. Bitte?“ Er drehte seinen Kopf um an die Wand zu starren, wobei er heftig blinzelte. „Will Thanksgiving nicht im Krankenhaus verbringen, Scully. Bitte.“

Sein abgehacktes Flehen, kaum lauter als ein Flüstern gesprochen, schnitt durch ihre Verwirrung und ließ ihr Herz dabei zerspringen. Natürlich, morgen war Thanksgiving. Ein Tag voller unglücklicher Erinnerungen für Mulder. Das erste ohne seine Mutter – so wie es war – in seinem Leben. Kein Wunder, dass er gewillt war alles auf sich zu nehmen um es nicht hier verbringen zu müssen.

„Das habe ich vergessen, Liebster.“, gab sie zu, stieß sein Bein an, damit sie sich neben ihn setzten konnte. „Ich kann nicht glauben, dass ich Thanksgiving tatsächlich vergessen habe, aber ich war ein bisschen beschäftigt.“

„Is‘ okay. Ich kann nur nicht…“

„Mulder, mein Kumpel! Wie geht’s der unglaublichen menschlichen Timex heute Abende? Mann, du bist einer für die Rekordbücher, das ist sicher.“

Dr. Brewer fegte mit einem unfehlbaren Timing in das Zimmer, trug eine unglaublich bunte Krawatte und ein breites Grinsen. Ahnungslos in welche Szene er hinein geplatzt war, machte er weiter Konversation, während er Mulders Krankenakte aus der Tasche am Ende des Bettes nahm und die Seite durchblätterte.

„Gestern war verrückt, was? Ihr zwei macht das beruflich? Dieser Job sieht doch nicht halb schlecht aus! Ich muss aber sagen, du bist ein Glückspilz, Mulder. Wenn man bedenkt, was dein Körper in den letzen Wochen durchgemacht hat, geht’s dir super – nein, fantastisch. Du…“

Ihr Schweigen drang schließlich durch sein Geplapper und er brach ab, seine Augen schossen zwischen ihren Gesichtern hin und her.

„Was ist los?“

„Nick.“, sagte Scully, wobei sie Mulders Bein ermutigenden drückte. „Wir müssen reden.“
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