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Broken Dreams

von XFilerN

Kapitel 2

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SAMSTAG, 19. MÄRZ 1994
17.57 UHR

John fuhr pünktlich mit dem Wagen vor und stieg aus. Monica stand, bereits auf ihn wartend, vor dem Wohnhaus.

Er lächelte, als er auf sie zuging und zur Begrüßung umarmte. „’nabend, Monica“, grüßte er sie, gab ihr links und rechts ein Küsschen auf die Wange und betrachtete sie einen höflichen Moment lang. „Du siehst hübsch aus.“

*Hübsch*, hallte das Verb in ihrem Kopf wider. *Hübsch* Dennoch zwang sie sich zu einem warmen Lächeln. „Danke.“ Sie hatte sich extra etwas in Schale geworfen, um ihn zu beeindrucken. Sein Kompliment war jedoch sehr freundschaftlich herüber gekommen, was für Monica nur einen Schluss zuließ; nicht aufreizend genug oder – und Gott bewahre, dass ihre Mutter recht hatte – er hegte andere Absichten als sie.

„Ich wusste nicht recht was ich anziehen sollte. Du hast nicht gesagt wohin wir zum essen gehen“, erklärte sie schließlich und fühlte sich plötzlich deplaziert. Ob sie noch mal schnell hinaufgehen und sich umziehen sollte?

Er nickte und verzog das Gesicht zu einer entschuldigenden Grimasse. „Ich hatte auch nicht viel Zeit zum antworten. Mein Partner war nur schnell einen Kaffee holen gegangen. Ich möchte nicht, dass er auf dumme Gedanken kommt, was unseren Austausch von Textnachrichten angeht.“

Hörte sich das nur in ihren Ohren so merkwürdig distanziert an. Ihr Herz krampfte sich zusammen. „Dumme Gedanken?“, fragte sie und fischte bereits nach der Zigarettenschachtel in ihrer Handtasche.

„Du weißt schon… Es geht ihn einfach nichts an. Mein Privatleben soll privat bleiben.“

Das hörte sich doch nicht so schlecht an. Sie ließ die Zigaretten stecken. John mochte es nicht, dass sie rauchte. Er hatte noch nie etwas gesagt, aber sie hatte seine missbilligenden Blicke durchaus zur Kenntnis genommen. Ihm zuliebe würde sie sofort damit aufhören.

„Also, wo gehen wir hin?“, fragte sie schließlich und nahm seine Hand.

Er lächelte sie an. „Es gibt da ein nettes kleines Lokal, nicht weit von hier.“

„Ich bin doch nicht falsch angezogen, oder?“ Sie sah unsicher an sich hinab. Im Grunde trug sie einfach ein enges Oberteil mit V-Ausschnitt, einen nicht zu engen Rock, der ihr bis kurz über die Knie reichte und leichte Absatzstiefel über ihrer Strumpfhose. Rot und schwarz, waren ihrer Ansicht nach gut gewählte Farben gewesen, wobei nur das Oberteil rot war. In Sachen Accessoires hatte sie sich ebenfalls bescheiden gehalten. John machte auf sie nicht den Eindruck, dass er Wert auf dergleichen Schnickschnack legte.

„Nein“, erwiderte er immer noch lächelnd, „es ist ok.“

*Ok* und *hübsch* waren zwei Worte, die alles andere als den gewünschten Effekt beschrieben. Sie seufzte innerlich. Was machte sie nur falsch?

John löste seine Hand aus ihrer, als hätte er den kurzen Kontakt nicht einmal wahrgenommen und öffnete ihr die Beifahrertür. Nachdem sie eingestiegen war und nach dem Sicherheitsgurt griff, ließ er die Wagentür zufallen und stieg ebenfalls wieder in den Wagen.

Vielleicht, überlegte Monica, ist er nur etwas eingerostet. Er war, soweit sie wusste, sehr früh mit Barbara zusammen gekommen. Sein letztes Date hatte er wohl während seiner Highschoolzeit gehabt und das lag nun wirklich schon eine kleine Ewigkeit zurück. Es war möglich, dass er es einfach nicht besser wusste. Es war ihr jedenfalls lieber so, als wenn er einer jener Kerle wäre, die mit Süßholzgeraspel versuchten das Objekt ihrer Begierde möglichst schnell ins Bett zu locken.

Fein, dann wusste er eben nicht wie man einer Frau Komplimente machte. Es gab wirklich Schlimmeres.

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Das ‚Lokal’ war eine bessere Imbissbude und ihr ‚Essen’ hatte aus schnell gebratenem Fleisch, Kartoffeln und Salat bestanden, welches lieblos serviert worden war. Monica fragte sich, ob John oft hierher kam. Dieses Lokal war nicht unbedingt ein Ort, wo sie selbst oft essen gehen würde. Sicher, die Preise waren in Ordnung und entsprachen eben der kaum vorhandenen Leistung.

„Bist du oft hier?“, fragte sie ihn unvermittelt.

„Fast jeden Tag“, nickte er und trank von seinem Wasser. „Die haben rund um die Uhr offen und man muss keinen Platz reservieren.“

*Kein Wunder, so schäbig wie der Laden ist*, schoss es Monica in den Sinn. „Fast-Food ist nicht gerade gesund, John.“

„Rauchen auch nicht.“

*Ha, jetzt ist es raus!* Sie hatte sich schon gefragt, wann er es mal erwähnen würde. „Ich versuche aufzuhören.“

Er nickte nachdenklich und legte das Besteck auf den leer gegessenen Teller. „Dir gefällt es hier nicht, oder?“

Sie zuckte leicht die Schultern. „Ich hab mir etwas anderes vorgestellt. Aber es ist… ok“, sagte sie schließlich und verwandte absichtlich die selbe nichtssagende Beschreibung wie er zuvor, ihre Kleidung betreffend.

„Ich bin oft nach der Arbeit mit Kollegen hier. Du weißt schon, mit denen die so sind wie ich und …“

„Getrennt sind und nie im Leben selbst gekocht haben“, fügte sie hinzu, als er stockte.

John nickte. Und nach einem Moment, erschien wieder ein Lächeln in seinem Gesicht. „Du hast etwas Schickes erwartet, nicht wahr?“

„Na ja, das ist kein Restaurant für Dates“, sagte sie und hielt seinen Blick fest. Ganz langsam wich das Lächeln aus seinem Gesicht. Sie spürte wie ihr Herz gefror. Sie hatte etwas Falsches gesagt.

„Monica…“

„Weißt du, deine Kollegen könnten dich hier mit mir sehen. Hast du keine … Angst davor, dass sie“, *wie hat er es genannt?* „auf dumme Gedanken kommen.“ *Jetzt ist es eh egal. Die Katze ist aus dem Sack.*

„Monica…“

In seinen blauen Augen erschien plötzlich dieser traurige Blick, den sie schon viel zu oft in seinen Augen gesehen hatte. Zwar war sie bislang nicht der Auslöser dafür gewesen, aber sie kannte diesen Blick nur zu gut.

„Für was hältst du das?“, kam es ihr über die Lippen, ohne dass sie sich dessen sofort bewusst wurde. Sein Blick wechselte und wurde nachdenklich. Auch diesen Blick kannte sie gut an ihm. Und eigentlich fand sie ihn sexy, wenn er grüblerisch war. Nur eben jetzt nicht. Jetzt wirklich nicht. Das hier war zu wichtig. *Hätte ich doch den Mund gehalten!*

„Ich verbringe den Abend mit einer sehr guten Freundin.“

*Ja, steck das verfluchte Messer richtig schön tief rein, John! Willst du es nicht auch noch herumdrehen, damit ich es auch ganz sicher nicht überlebe?! Oh Gott, verdammt, Mom hatte recht! Bitte, Herr, lass mich auf der Stelle sterben!* Sie schluckte und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. *Freundin*, hallte es in ihrem Geist wider. *Blöde, dumme, naive Kuh! Der Mann ist einfach zu gut, um wahr zu sein. Du bist selbst Schuld. Was triffst du dich auch mit ihm?* Sie schloss die brennenden Augen. Er sollte nicht sehen, wie sehr seine Worte sie verletzten. Sie wollte doch nicht, dass er sich auch noch wegen ihr Vorwürfe machte. Das hatte sie nie gewollt.

„Monica…“ Er griff über den Tisch nach ihrer Hand und schloss sie in seine beiden. „Monica, ich…“

Hastig riss sie sich los, auch wenn sie sich noch so sehr nach einer Berührung von ihm gesehnt hatte. Sie rannte aus dem Lokal, ohne John die Möglichkeit zu geben, sich zu erklären. Sie wollte es nicht hören. Es würde nur noch mehr wehtun.

Draußen angekommen lief sie ein Stück in Richtung der Parkplätze, wo es dunkel war, da das Licht des Lokals nicht bis dorthin reichte. Im Schatten eines Baums, lehnte sie sich an dessen Stamm und kramte mit zitternden Fingern die Zigarettenschachtel hervor.

Kaum, dass sie den ersten beruhigenden Zug gemacht hatte, hörte sie seine Schritte hinter sich. Sie kannte seine Schritte schon so gut, dass sie ihn erkannte ohne hinsehen zu müssen.

„Ich wusste nicht, dass du mehr empfindest, Monica. Ich schwöre es. Ich hätte doch nie…“

„Ach, John“, sagte sie, nahm einen weiteren Zug und atmete aus während sie fortfuhr, „was hast du denn geglaubt, warum ich mich mit dir treffe? Weil ich einen Helferkomplex habe? Aus Mitleid vielleicht? Hm? Was zum Teufel hast du geglaubt?“

Er versuchte eine Hand auf ihre Schulter zu legen, die Tatsache ignorierend, dass sie rauchte, doch Monica wich zurück, als fürchte sie seine Berührung könnte sie verbrennen.

„Du bist noch so jung.“

*Toll, jetzt klingt er wie Mom! LASSMICHSTERBENGOTTBITTELASSMICHSTERBEN* Sie lachte verächtlich und zog erneut an der Zigarette. „Und du bist nicht so alt wie du tust. Du bist verdammt noch mal vierunddreißig, John. Nicht fünfzig oder sechzig…“ Zornig wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Das ist richtig, wir sind nur knapp acht Jahre auseinander. Das mag dir nicht viel erscheinen, aber uns trennt ein ganzes Leben. Du hast gerade angefangen Karriere zu machen, du startest jetzt erst richtig durch. Ich war bereits Ehemann und Vater. Mein Herz ist letztes Jahr mit meinem Sohn gestorben, Monica. Barbara hat ihr übriges getan. Ich bin einfach nicht in der Lage dir zu geben, was du dir wünschst und was du vor allem auch verdienst. Ich kann nicht dieser Mann für dich sein.“

„Das weißt du doch nicht! Du hast uns nicht mal eine Chance gegeben. Du glaubst mich und meine Wünsche zu kennen, aber du hast nicht die geringste Ahnung was wirklich in mir vorgeht. Hättest du nämlich eine Ahnung, dann wärst du schon vor Wochen drauf gekommen, dass ich… dich will.“ Sie biss sich auf die Unterlippe und warf ihre Zigarette auf den Boden, die sie unter ihren Stiefeln zerdrückte. „Es tut mir leid, John. Aber für jemand, der schon so alt ist, wie du gern tust, bist du furchtbar naiv.“

„Mag sein, dass ich das bin. Aber du bist nicht weniger naiv, wenn du davon ausgegangen bist, dass es leicht sein würde mich zu lieben. Vor allem nach dem letzten Jahr. Herr Gott, Monica, ich kann mich selbst nicht mehr leiden.“

*ABERICHLIEBEDICH!* „Offenbar“, sagte sie resignierend und allmählich verrauchte der Zorn, wie der Qualm ihrer erloschenen Zigarette. „Du hast uns keine Chance gegeben, John. Wir werden also nie erfahren, ob es mir gelungen wäre dein Herz wieder zum schlagen zu bringen.“

Einen Moment sahen sie sich schweigend an, dann ging Monica an ihm vorbei. „Gute Nacht, John.“ So hätte dieser Abend nicht enden sollen. Das Leben erschien ihr plötzlich so unfair wie nie zuvor.

„Ich fahre dich heim“, sagte er und kam ihr nach.

„Ich nehme mir ein Taxi, John. Ich muss allein sein.“

„Aber, ich…“ Er streckte die Hand nach ihr aus, doch sie ging weiter ohne sich umzudrehen.

Das Taxi war keine fünf Minuten später da und Monica fuhr nachhause. Sie hatte John keine weitere Gelegenheit gegeben ihr Herz zu brechen. Kaum, dass die Tür hinter ihr zu gefallen war und sie in der Vertrautheit ihrer Wohnung war, begann sie bitterlich zu weinen.


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There was never time enough
I can ´t breath
It´s to hard to think of love
I can ´t breath, I can ´t breath

Many fears and many dreams
Many roads out there
Hide the pain behind the smile
Behind the tears

© Bec Lavelle - Never enough

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