World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Broken Dreams

von XFilerN

Kapitel 1

*******************************************************************
Some are brave, but I’m not one of them
Some speak up, but I have no voice
I want to dance, I want to sing for you
But I’m locked away… inside my heart
You could not hear what I tried to say
And you could not see what I had to give
Why did I wait, why do I always wait?
I want so much, but then I freeze

© Bec Lavelle – Locked inside my Heart
*******************************************************************


NEW YORK
FREITAG, 18. MÄRZ 1994
GEGEN ABEND

‚Lass dich nicht auf einen verheirateten Mann ein’, hatte ihre Mutter immer wieder gepredigt, solange sich Monica erinnern konnte. Das war jedoch – wie eigentlich fast immer – leichter gesagt als getan.

John Doggett war nicht irgendein Mann.

Sie wusste, dass sie sich in ihn verlieben würde, wenn sie begannen sich privat zu treffen.

Er zog sie magisch an, wie die Motten vom Licht angezogen wurden. Sie wusste, dass sie es nicht leicht mit ihm haben würde. Nicht nachdem er im vergangenen Jahr seinen Sohn verloren hatte. Dort hatte sie ihn kennen gelernt. Sie hatte den Fall geleitet.

Seit jenem schicksalhaften Tag, an dem sie Lukes erdrosselten Leichnam auf dieser Lichtung im Wald fanden, hatte sich das Verhältnis zwischen ihr und John zusehends gefestigt.

Johns Frau – noch waren sie nicht geschieden – hatte sich kurze Zeit später von ihm getrennt. Noch ein Grund für Monicas Mutter sich gegen John Doggett auszusprechen. ‚Der will sich nur mit dir trösten. Du bist zu gut für ihn. Sei nicht der Lückenfüller. Sei nicht dumm, Monica’, hatte ihre Mutter ihr übers Telefon gesagt.

Und ein Teil von ihr wusste genau, dass ihre Mutter recht hatte. Dass es zu früh für John war, sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Er hatte im vergangenen Jahr nicht nur seinen einzigen Sohn, sondern auch seine Frau verloren.

Wie Monica im Verlauf der letzten Monate und zahlreicher Gespräche erfahren hatte, waren John und Barbara seit Jahren nicht mehr richtig glücklich gewesen. Er hatte ihr im Vertrauen erzählt, dass sie die meiste Zeit nebeneinander her gelebt hatten und vor allem wegen Luke zusammen geblieben waren. Der Junge sollte in einer festen Familie aufwachsen.

Monica verstand diesen Wunsch nur allzu gut, war sie doch selbst ein Adoptivkind. Sie wusste nicht, weshalb ihre leiblichen Eltern sie gleich nach ihrer Geburt hergegeben hatten, doch das spielte für sie auch keine Rolle. Ihre Eltern, ihre Adoptiveltern, hatten ihr eine stabile Familie geboten und sie zu einer selbstsicheren Frau herangezogen.

Selbstsicher war sie, das stimmte. Aber vielleicht auch etwas naiv. Besonders in Hinsicht auf das andere Geschlecht.

Seit sie von New Mexico – wo sie aufgewachsen war – fortgezogen war, um ihren eigenen Weg zu gehen, hatte sie nicht wirklich viele Beziehungen gehabt. Nach ihrem Studium hatte sie sich direkt in Quantico beworben und war an der FBI Akademie aufgenommen worden. Sie hatte in den Jahren nach der Highschool gar keine Zeit für eine Beziehung gehabt.

Sie war immer schon sehr vernünftig gewesen und hatte auf die Ratschläge ihrer Mutter gehört, auch wenn diese zum Teil antiquarisch auf Monica wirkten. Die Männer in ihrem Alter waren jedoch weit unvernünftiger, als zu jener Zeit als Monicas Mutter noch jünger gewesen war.

Bisher war Monica kein Mann begegnet, der nicht vor allem nur das eine im Kopf hatte. Darauf jedoch hatte sie sich nur einmal eingelassen und war recht enttäuscht aus jener Nacht heraus gegangen.

Sex ohne Liebe funktionierte nach ihrer Ansicht einfach nicht.

Natürlich gab es keine Garantie, dass sich zwischen ihr und John eine stabile Beziehung entwickeln würde. Er war gut acht Jahre älter und hatte bereits das Leben eines Vaters und Ehemanns geführt. Dies zumindest sprach für seine Reife. Eine Reife, die Monica vergeblich bei den Männern in ihrem Alter suchte.

Sie hatte ihrer Mutter gar nicht erst erzählt, dass John älter war. Bestimmt hätte sie sich auch deshalb einige Weisheiten ihrer Mutter anhören dürfen.

Monica wollte daran glauben, dass sie sich mit John ergänzen würde. Dass er ihr Stabilität bieten konnte und sie wiederum würde ihm helfen können wieder ein normales Leben zu führen, das nicht ständig vom Schatten der Vergangenheit geprägt war.

Natürlich würde es niemals leicht für sie werden. Er war ein New Yorker Cop, sie eine FBI Agentin. Sie übten beide einen gefährlichen Beruf aus. Auf der anderen Seite kannten sie beide das Risiko.

Monica schalt sich innerlich dafür, dass sie gedanklich schon mit John zusammen war. Bislang hatte er keinen Schritt in diese Richtung gemacht, obgleich sie ihm immer wieder – wie sie meinte – recht eindeutige Signale sandte.

Dennoch schien er sich in ihrer Nähe wohl zu fühlen. Immer wieder schrieb er ihr eMails oder kurte Textnachrichten auf das Handy. Und wer tat so etwas schon, wenn er nicht interessiert war – auf die eine oder andere Weise? Richtig, niemand.

Monica sah sich in ihrem kleinen Apartment um und fand schließlich das Objekt ihrer Begierde. Ihr Mobiltelefon. Sie ließ sich aufs Sofa sinken, als sie ihre Nachricht verfasste.

#Hey, John. Lust auf ein Bier heute Abend? Gruß Monica

Die Nachricht war simpel, brachte ihren Wunsch jedoch gut zum Ausdruck. Ihr Herz schlug unwillkürlich schneller, als sie auf seine Antwort wartete, die prompt erfolgte.

#Sorry. Habe Nachtschicht. Wie wäre es mit morgen Abend?

Sie versuchte ihre erste Enttäuschung zu unterdrücken und seufzte. Na ja, besser morgen als gar nicht, überlegte sie dann. Immerhin wollte er sich ja mit ihr treffen.

Seine Schichten waren ein zusätzlicher Faktor, der eine Beziehung erschwerte. Beim FBI hatte sie recht geregelte Arbeitszeiten. Es sei denn natürlich ein besonderer Fall erforderte mehr Arbeitsaufwand als gewöhnlich. An Routinetagen – und das war recht häufig der Fall – hatte sie um 17.00 Uhr Feierabend und an den Wochenenden frei.

Heute war Freitag. Für John war die Woche allerdings noch nicht um.

#In Ordnung. Dann gerne morgen.

Wieder wartete sie auf seine Antwort.

#Ich komme dich gegen 18.00 Uhr abholen. Könnten noch was essen gehen. Ok?

Sie grinste vor Freude, als sie zurück schrieb.

#Klar. Ich freue mich.

Ein langer Moment verging, ehe Monica das Mobiltelefon auf den Couchtisch vor sich legte.

Morgen.

Und was war heute? Was sollte sie nun tun? Sie war vollkommen allein in ihrem Apartment, an einem Freitag. Ihren Entschluss heute früher Feierabend zu machen, bereute sie inzwischen.

Das würde ein langer, sehr langer Abend werden.


Um nicht vollkommen in Langeweile zu vergehen hatte Monica sich letztlich in die Videothek aufgemacht, um sich einen Film zu holen. Es war zweifellos kein Ersatz für John, aber besser als gar nichts.

Sie hatte sich für ‚Forever Young’ mit Mel Gibson entschieden. Mel Gibson war immer gut. Sie mochte diesen Schauspieler sehr und wenn sie es recht bedachte, erkannte sie gewisse Ähnlichkeiten zu John. Vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Sie wusste es nicht genau. Jedenfalls mochte sie nahezu sämtliche Filme, in denen Mel Gibson eine tragende Rolle spielte.

Gerade als sie sich eine Decke über die Beine legte und den Film starten wollte, klingelte ihr Telefon.

John.

Zumindest war das ihr erster Gedanke. Ihre erste Hoffnung. Doch dann fiel ihr ein wie unwahrscheinlich es wäre, dass ausgerechnet John jetzt bei ihr anrief. Er war arbeiten.

Sie nahm den Hörer ab und erkannte sofort die Stimme ihrer Mutter.

„Hallo, Monica, hier ist Mom.“

„Hi, wie geht es dir?“, fragte Monica und versuchte nicht allzu genervt zu klingen. Sie liebte ihre Mutter, aber die Gespräche in letzter Zeit wurden ihr zunehmend lästiger – oder vielmehr die Themen ihrer Gespräche.

„Das wollte ich dich fragen. Es ist Freitag. Wieso gehst du nicht aus?“

„Weil du mich sonst nicht erreichen würdest“, war Monicas fast schon bissige Antwort und sie bereute sie sofort. „Sorry, Mom, das war nicht so gemeint.“

Ihre Mutter seufzte leise. „Schon gut, Liebes. Wie war deine Woche?“

„Ok. Es ist nichts Erzählenswertes passiert. Wie war eure Woche?“

„Dein Vater musste zum Zahnarzt. Er hatte am Dienstag schreckliche Schmerzen bekommen und auf die Nacht zu Mittwoch wurde es dann so schlimm, dass wir gleich morgens den ersten Termin wahrgenommen hatten. Der Zahn musste gezogen werden.“

„Autsch.“ Monica verzog das Gesicht. Wenn es eine Art Arzt gab, den sie nicht mochte, dann war es der Zahnarzt. Deswegen legte sie auch soviel Wert auf ihre Zahnpflege. Je besser sie auf ihre Zähne achtete, umso entspannender waren die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen.

Ihr Vater war allerdings nicht ganz so besessen von seinen Zähnen, das wusste Monica. Sie hatte ihm schon oft gesagt, dass er möglichst nach jeder Mahlzeit die Zähne putzen sollte, aber er hatte stets abgewinkt. Jetzt hatte er den Salat.

„Richte ihm ganz liebe Grüße und gute Besserung aus.“

Sie konnte hören, wie ihre Mutter die Grüße gleich übermittelte und auch wie ihr Vater diese erwiderte. Ihre Mutter brauchte seine Grüße gar nicht erst durchzugeben.

„Du solltest ausgehen, Monica. Du bist noch so jung und so hübsch. Verbring doch nicht immer deine Wochenenden allein daheim.“

Monica seufzte innerlich und war drauf und dann den Telefonhörer aufzulegen, aber sie riss sich ihrer Mutter zur Liebe zusammen. „Ich weiß, Mom“, seufzte sie stattdessen. „Und ich gehe aus, aber nicht heute. Ich bin für morgen verabredet.“

„Hoffentlich nicht mit diesem Cop.“

„Mom!“

„Was denn? Der ist nichts für dich. Dieser Mann muss sein Leben selbst wieder in den Griff bekommen. Nach allem was du mir von ihm erzählt hast, ist er einfach nicht gut für dich.“

„Das kannst du nicht wissen. Ja, er hat viel durchgemacht. Aber er ist darüber weg. Es geht ihm schon viel besser und er sucht sich derzeit eine neue Wohnung.“

„Warum hast du ihn nicht gleich eingeladen bei dir zu wohnen?“, fragte ihre Mutter, ungewohnt sarkastisch.

Monica dachte einen Moment darüber nach. Diese Idee hätte ihr tatsächlich kommen sollen, als John ihr davon erzählt hatte, dass er Barbara endgültig verließ. Warum war sie nicht selbst drauf gekommen? „Das ist eine tolle Idee, Mom.“

„Monica! Das hab ich keineswegs als Vorschlag gemeint.“

„Das ist mir auch klar.“ Sie machte eine Pause. „Sieh mal, Mom, es ist doch noch gar nichts zwischen mir und John passiert. Aber ich mag ihn nun mal sehr. Er ist so distinguiert, wie die Männer die es sonst nur noch in den Filmen gibt. Weißt du, einer von jenen, die es langsam angehen lassen.“

„Das will er dich vielleicht nur glauben lassen.“

Es war sinnlos mit ihr darüber zu diskutieren. Monica sah schon wieder, das dieses Gespräch im Kreis lief, wie all die Male zuvor. „Ich kann nicht kontrollieren, in wen ich mich verliebe, Mom.“

„Neulich hast du noch nichts von Liebe gesagt“, schnappte ihre Mutter. „Hörst du das, Salvatore? Deine Tochter ist verliebt.“

„Schön für sie“, drang die gedämpfte Stimme ihres Vaters durch den Hörer.

Monica musste lächeln, obwohl ihr eigentlich nicht danach war. Sie wusste, dass sie ihrem Vater wichtig war, aber er mischte sich grundsätzlich niemals in ihre Angelegenheiten ein. Ganz anders eben, als ihre Mutter. Und Monica konnte sich nur allzu gut vorstellen, wie ihre Mutter jetzt hilflos mit dem Telefon in der Hand dastand und nicht den erhofften Beistand von ihrem Gatten bekam.

„Mom, ich sagte nicht, dass ich verliebt bin. Aber ich mag ihn nun mal sehr und ich möchte sehen, ob sich etwas daraus entwickeln kann.“

„Du bist noch so jung!“, wiederholte ihre Mutter erneut. „Du solltest einen anständigen jungen Mann suchen und eine Familie gründen.“

„Oh bitte, komm mir nicht wieder mit der biologischen Uhr, Mom. Ich bin erst sechsundzwanzig. Ich hab noch Zeit.“

„Das hab ich damals auch gedacht und dann war ich plötzlich Mitte dreißig und immer noch nicht schwanger.“

Monica rief sich innerlich zur Ruhe. Sie kannte die Ängste ihrer Mutter. Sie hatten erst sehr spät eine gründliche Untersuchung machen lassen, bei der dann herauskam, dass ihre Mutter unfruchtbar war.

„Dieser Mann hatte bereits ein Kind. Und nach so einem tragischen Verlust ist es unwahrscheinlich, dass er jemals wieder Kinder möchte. Selbst, wenn er sich für dich entscheiden und sich als ein guter Ehemann herausstellen würde.“

„Können wir bitte nicht immer über John reden, Mom? Ich bin in dieser Hinsicht nicht offen für Vorschläge. Es ist mein Leben und ich muss es so leben, wie ich es für richtig halte. Und ich glaube, dass ich mit ihm glücklich werden könnte.“

„Ich bete dafür, dass du recht hast.“

Monica versuchte zu lächeln. „Ich liebe dich, Mom.“

„Ich dich auch, mein Schatz. Hab ein schönes Wochenende.“

„Du auch und gib Dad einen dicken Kuss von mir.“

„Das mache ich. Bis bald.“

„Bye, Mom.“

Erleichtert ein weiteres dieser Gespräche hinter sich zu haben, legte Monica den Hörer wieder auf, zündete sich eine Zigarette an und widmete sich endlich ihrem Film. Die Worte ihrer Mutter wollten ihr jedoch nicht aus dem Kopf gehen und lenkten sie immer wieder von der Handlung des Films ab.
Rezensionen