World of X

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Portions of Eternity

von Dianora

Kapitel 2

Mulder schlug in der Erinnerung daran mit der Faust auf das Armaturenbrett.
Sie waren sich so nahe gewesen, so verdammt nahe... Und dieser Kuss... er
hatte seine Träume heimgesucht und seine Phantasien über Jahre hinweg
entflammt. Dieser Kuss war ein Versprechen gewesen, mehr als seine Worte,
und sie hatte an ihn geglaubt. Aber was empfand sie jetzt für ihn?
Verdammt, er war sich nie ganz sicher gewesen, was sie für ihn empfand nach
allem, obwohl er gern glaubte, dass er eine ganz gute Ahnung davon hatte.
Aber wie hatte das Leben unter dem immerwährenden Blick der Kolonisten sie
verändert? Obwohl viele Frauen unter ihrem neuen höheren Status aufblühten,
hatte er Geschichten von Müttern gehört, die den Selbstmord als letzten
Ausweg aus einem Leben gewählt hatten, in das sie gestoßen worden waren.
Jede Geschichte, die ihm zu Ohren gekommen war, hatte die Angst in seinem
Herzen über Scullys eigene mentale Gesundheit begründet. Hatten sie es
geschafft, ihre Seele so zu beeinflussen, wie sie ihr soziales Ansehen
beeinflusst hatten?

Er hatte Angst, es herauszufinden. Aber das zählte nicht. Er musste es
wissen.

Als er einen Wechsel des Wachmanns für Scullys Bespitzelung bemerkte,
nutzte er den Vorteil der Ablenkung und schlüpfte aus seinem Wagen in die
Nacht hinein.

Er ging an das entfernte Ende des Grundstücks und prüfte den Bereich um das
Sicherheitstor, indem er einen Stock vom Boden aufhob und ihn gegen die
geschmiedete Eisenstruktur schleuderte. Tatsächlich knisterte das Tor und
löste eine Explosion aus und der Geruch von verbranntem Holz füllte die
Luft augenblicklich. Gut, dass er daran gedacht hatte, seine
Werkzeugausrüstung neben anderen Sachen in seiner schwarzen Allzwecktasche
mitzubringen. Er holte den sehr seltenen und geschmuggelten Neutralisator
hervor, richtete ihn auf das Tor und drückte den Aktivierungsknopf. Der
gelbe Strahl explodierte in dem kurz sichtbaren blauen elektrischen Feld
des Tores, dann hörte er auf und ließ die Nacht einmal mehr schweigend
zurück.

"Kinderspiel," flüsterte er voller Befriedigung. Er liebte die Ironie:
einfache menschliche Elektrizität, gestohlen von einem Menschen, machte
Alientechnologie zunichte.

Nun hoffte er, dass da nicht noch ein ausgeklügeltes System im Haus selbst
angebracht war. Alienproduzierte Haussysteme waren ein bisschen
komplizierter. Und sehr viel tödlicher.



Dana widerte es an, zu erkennen, dass ihre Hände zitterten, als sie ihre
Nachtbekleidung anzog. Lisette hatte versucht, ihr zu helfen, sich für das
Bett fertig zu machen, aber sie hatte die ältere Frau angefaucht, dass sie
sie allein lassen sollte und für den Rest der Nacht nicht wiederkommen
sollte. Obwohl alle Drohnen eine gehörige Portion Angst vor ihr hatten,
ungeachtet ihrer Programmierung, war es sehr schwierig gewesen, sie
loszuwerden. Dana verriegelte die Tür hinter ihr und dann prüfte sie
zwanghaft alle paar Minuten die Klinke. Einer der schlimmsten Aspekte der
Mutterschaft war die Tatsache, dass man sich niemals wirklich allein
fühlte, nicht einmal in seinem eigenen persönlichen vergoldeten Käfig.

Also was zur Hölle machte Mulder in Washington? Er sollte drüben sein in...
Denver, dachte sie war es. Er sollte in Sicherheit sein. Ein Angestellter,
hatte ihr der Raucher erzählt, das eine Mal, als sie den Nerv hatte, ihm
eine Pistole an den Kopf zu setzen. Ein Bleistiftspitzer in einer der
Minenanlagen, die das Syndikat geholfen hatte, für die Kolonisten
einzurichten. Wann war er ihr Botenjunge für so etwas geworden? Und konnte
sie ihm noch vertrauen? Sollte sie es?

Und was wollte er von ihr nach all den Jahren? Was wollte sie eigentlich
von ihm? Wie konnte er ihr und dem Widerstand helfen? Würde er es überhaupt
wollen?

Zu viele Fragen. Sie verbannte sie unter Aufbietung ihres Willens aus ihren
Gedanken und schlüpfte in ein bequemes Seidennachthemd, dann hüllte sie
sich in einen voluminösen Frotteebademantel. In der Öffentlichkeit mussten
Mütter immer weiß tragen, im Privaten schmückte sie sich mit edlen Farben:
eiskaltes Blau und kräftiges und feuriges Rot. Das was sie jetzt trug, war
von einem Grün, dunkel wie die Wälder.

::Komm schon, Scully. Das wird ein hübscher Ausflug in den Wald.::

Hör auf damit, befahl sie sich selbst. Tu dir das nicht an. Lass ihn dir
das nicht antun. Zuviel Zeit ist vergangen, zuviel stand jetzt auf dem
Spiel.

Ein Geräusch am Fenster holte sie aus ungehemmten Träumereien.

"Haben "Sie" kein Sicherheitssystem am Haus installiert?" fragte er, als er
aus der Dunkelheit hereinkletterte. Er warf einen schwarzen Matchsack auf
den Teppich und rieb sich die Hände an seinen Jeans ab.

"Natürlich, ich habe es ausgestellt. Sie wissen nicht, dass ich weiß, wie
es geht," sagte sie.

"Nicht die klügste Idee," sagte er missbilligend. Wie in alten Zeiten.

"Die Menschen brechen nicht in das Haus einer Mutter ein," sagte sie leise.

Er nickte und bestätigte die Wahrheit dessen. "Wanzen?"

Sie schüttelte den Kopf. "Frohike checkt das jede Woche für mich."

"Frohike?" wiederholte er mit großen Augen. "Er ist noch hier?"

"Er wird hier sein bis zum Tag des Jüngsten Gerichts, er und die
Küchenschaben," sagte sie, unwillkürlich lächelnd.

Er lachte, dann winselte er, als wäre ihm der Klang nicht vertraut.

Dann sahen sie einander nur an. Scully konnte Tränen in ihren Augen fühlen.
Sie verfluchte sich selbst dafür, versuchte zu verhindern, dass sie
herunter liefen, aber sie konnte es nicht. "Mulder..."

Und dann hielt er sie fest, drückte sie an sich, als wäre sie das Einzige,
was ihn aufrecht hielt. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Brust, atmete den
nie vergessenen, vertrauten Duft von ihm ein, getraute sich kaum zu
glauben, dass sie ihn tatsächlich noch einmal berührte, nach all dieser
Zeit. Das kühle Leder seiner Jacke stand in scharfem Kontrast zu der Hitze
seines Körpers an ihrem.

Bevor sie über irgend etwas nachdenken konnte, was sie ihm sagen sollte,
hob er ihr Kinn, eroberte ihre Lippen, strich seinen Mund darüber und das
daraus entstehende Feuer schockierte ihr System und schob alle
zusammenhängenden Gedanken beiseite, sogar als sie erschrocken feststellte,
dass er scharf nach Zigaretten schmeckte. Sie klammerten sich aneinander
voller Verzweiflung, küssten und küssten und küssten sich, bis sie sich
selbst wiederfand, wie sie wild nach seinen Sachen griff und ihm sein Hemd
über den Kopf zerrte, während er am Gürtel ihres Bademantels zog. Da waren
keine Worte oder sanfte Zärtlichkeiten oder Versuche schlagfertiger
Antworten, nur das Bemühen, sich zu berühren, Haut an Haut, sich das
zurückzuholen, was ihnen gewaltsam genommen worden war, bevor es überhaupt
begonnen hatte.

Als ihr Bademantel als Haufen auf den Boden fiel, presste er sie roh gegen
die Wand, nahm ihr so den Atem und dann begann er mit entschlossener Hast
an seinem Gürtel und an seinem Reißverschluss zu reißen. Sie half ihm mit
ungeschickten Händen, dann schob sie ihr Nachthemd für ihn hoch über ihre
Hüften, während er seine Hände auf ihren Po legte, sie hochhob und in einer
einzigen gekonnten Bewegung mit seinem harten, geschwollenen Penis
aufspießte. Augenblicklich begann er in sie zu pumpen und triumphierend in
sie zu stoßen, vor Anstrengung ächzend. Sie hielt um ihr Leben durch, die
Augen geschlossen und ließ die köstliche, lange verleugnete Spannung und
Fülle sie entflammen. Er war überall, füllte sie aus, verzehrte sie mit
seinen Händen, seinem Mund, seinem Penis, seinem Atem, wieder und wieder
und wieder, bis ihre Nägel blutige Spuren auf seinem Rücken hinterließen.

Sie kamen zusammen, schnell, leise, atemlos. Er fiel gegen sie, barg sein
Gesicht in ihrer Halsbeuge und atmete schwer. Dann glitt er aus ihr heraus
und stellte sie wieder auf den Boden. Er streichelte ihr Haar, küßte sie
auf den Kopf, wieder und wieder und sie schloss ihre Augen und gönnte sich
noch einen Moment mehr. Einen vollkommenen Moment mehr, um ihn auszukosten
und ihn hinter geschlossenen Lidern wieder durchzuspielen, nachts wenn sie
sich selbst unter der Decke berührte.

"Warum bist du hier, Mulder?" fragte sie.

Er verspannte sich ein wenig und die Küsse hörten auf. "Ich hatte einen Job
zu erledigen," antwortete er in einem kontrollierten, gleichbleibenden Ton.

"Boston zu töten."

Eine Pause. "Ja."

"Für wen?" Lustig, dass der Mord an sich sie nicht so sehr zu ärgern
schien; sie musste einfach wissen, wo er stand. Und wie sie es
möglicherweise zu ihren eigenen Gunsten nutzen konnte.

Seine Hand glitt über ihren Arm, hinauf und herunter. "Du weißt, dass ich
dir das nicht sagen kann."

Sie sah zu ihm auf. Der Ausdruck auf seinem Gesicht, als er zu ihr
herabsah, war kompliziert, aber niemand kannte ihn so gut, wie Dana. Sie
sah die Angst darin und den Konflikt.

Und den kleinen Hoffnungsschimmer. Wenigstens war die nicht gestorben. Noch
nicht.

"Mulder. Ich denke, nach allem, was wir füreinander gewesen sind," sagte
sie fest, "schulden wir einander, wenn schon nichts anderes, die Wahrheit.
Meinst du nicht?"

"Du weißt sehr gut, wie man ein schmutziges Spiel spielt, Scully." Er
seufzte, trat von ihr zurück und setzte sich auf das Bett, sich nicht
einmal damit befassend, seine Jeans zuzumachen. "Ich arbeite für Strughold
und den Rest des Syndikats, sowohl in Verbindung mit den Kolonisten als
auch gegen sie," sagte er, ohne sie anzusehen.

Ihr Atem gefror in ihren Lungen. "Warum?" war alles, was sie zustande
brachte.

"Es ist ein Deal, Scully, wie alles mit diesen Leuten," spuckte er aus.
"Ich töte die Menschen, die zu gefährlich sind, um am Leben zu bleiben,
oder die Menschen, die sie in einer protzigen Art ausschalten wollen. Und
im Gegenzug..." Er brach ab.

"Sag es mir."

Er sah sie an. "Und im Gegenzug bist du immer noch am Leben."

Scully schüttelte ungläubig den Kopf, obwohl sie irgendwie auf einer
bestimmten Ebene spürte, dass sie es die ganze Zeit gewusst hatte. Sie
setzte sich neben ihn aufs Bett und zog ihre Beine unter sich. "Mulder, ich
bin eine der originalen Mütter, erinnerst du dich? Meine Rückzahlung für
all die Jahre der Entführungshölle ist es, nun im Schoß des Luxus zu leben,
von allen verehrt, während die Welt um mich herum spuckt und stirbt.
Betrachtet man die Hunderte von Geschöpfen, die mit meiner DNA in ihren
Zellen herumlaufen und der Ausweitung des Imperiums der Kolonisten dienen,
ist es das wenigste, was "Sie" tun konnten. Das Aliengesetz der Ehre und
das alles," sagte sie sardonisch.

"Du bist nicht irgendeine Mutter, Scully. Ich habe deinen Beschatter
bemerkt."

"Meinen...? Oh, Freddie." Sie seufzte. "Freddie und sein Gegenstück Felix
sind dein Vermächtnis an mich, Mulder. Einmal Mrs. Spooky, immer Mrs.
Spooky, auch wenn man einmal der Sache gegen seinen Willen glorreich
gedient hat." Sie nahm seine Hand und zeichnete die ungewohnten Schwielen
nach. "Du sagst mir die Wahrheit nicht wahr? Sie haben dir tatsächlich
gedroht, mich umzubringen, wenn du nicht kooperierst." Die Tatsache, dass
der Gedanke sie überhaupt erschreckte, unterstrich nur, wie sie sich an ihr
neues Leben gewöhnt hatte. Nein. Nicht gewöhnt. Angepasst.

Er drückte ihre Hand so fest, dass sie beinahe aufschrie. "Nicht nur
gedroht. Sie haben es einmal versucht."

Kalte Angst. "Was?"

"Vor ungefähr einem Jahr, wollten sie, dass ich etwas tue... etwas, wozu
ich mich nicht durchringen konnte. Etwas, wofür ich mich immer noch hasse,
dass ich es getan habe. Also habe ich abgelehnt. Oder es versucht. Und
dann..."

"Mein Autounfall," flüsterte sie. Er nickte. "Aber Mulder, das war ein
Unfall, die alte Frau tauchte aus dem Nichts auf..."

"Verdammt, Scully, sei nicht so naiv," schnappte er. "Du hättest tot sein
können, wegen mir."

"Aber ich bin nicht tot," flüsterte sie. "Ich habe nur dieses Souvenir von
dem Vorfall." Sie zog ihr Nachthemd hoch, nahm seine Hand und legte sie auf
ihren Oberschenkel, wo sie eine kleine rosa Narbe trug. "Die Technologie
der Kolonisten ist unglaublich. Mein Bein war aufgerissen, von oben bis
unten. Und das ist alles, was nun davon übrig ist."

Sein Daumen strich ehrfürchtig über die ganze Länge der Narbe. "Ich könnte
nicht mehr leben, wenn dir irgend etwas passiert wäre."

"Was haben sie mit dir gemacht?"

Ein langes Schweigen folgte, so lange, dass sie glaubte, er würde ihr die
Antwort verweigern. Dann: "Ich... äh... lebe mit Marita Covarrubius
zusammen."

Danas Kopf drehte sich, in ihm wirbelten Bilder von Mulder mit dieser
Blondine im Bett, die Glieder miteinander verflochten... "Aber warum?"

Er schnaufte geringschätzig. "Als Entschädigung für sie, für ihre Dienste.
Augenscheinlich wollte sie mich aus irgendeinem Grund. Sie bereut es jetzt
wahrscheinlich schon." Er versuchte, zu lächeln, es gelang nicht.

Schlafen mit Marita. Mord war leichter zu akzeptieren. "Liebst du sie?"

Sein Gesicht erstarrte. "Was zur Hölle ist das für eine Frage?" stieß er
hervor. "Natürlich nicht. Ich... du bist die..."

"Macht nichts. Ich weiß," flüsterte sie. Sie tat es. Nicht dass es ihnen
beiden gut tat. Sie lehnte sich an ihn und legte ihre Wange an seine
Schulter. "Mulder, was ist passiert? An dem Tag, an dem wir weggehen
wollten."

Er seufzte abgerissen, legte sein Kinn auf ihren Kopf und streichelte ihr
Haar fortwährend, als er sprach. "Ich ging nach Hause, packte, machte alles
fertig und schlief schließlich gegen drei Uhr morgens ein. Das nächste, was
ich wusste war, dass ich hinten auf einem Lastwagen war und Gott weiß wohin
raste, mit höllischen Kopfschmerzen. Schließlich wurde ich in irgendeiner
Art Gefängnis abgesetzt, einem Zuchthaus, das in eine Hölle weitaus
spezifischerer Natur verwandelt worden war. Sie schlugen mich eine Weile,
verhörten mich, misshandelten mich, bis schließlich Strughold selbst
auftauchte und mich zwang, ihr Spiel zu spielen. Ich stimmte zu, wollte
einfach nur da raus und hoffte, dass ich irgendwie in der Lage sein würde,
zu dir zurück zu kommen." Sein Halt an ihr wurde fester und sie konnte den
Haken in seiner Stimme hören, als er fortfuhr. "Aber sie waren verdammt
noch mal zu gründlich. Sie hatten dich da bereits gefunden, dich in dein
neues Zuhause gebracht, zur selben Zeit sammelten sie alle anderen Mütter
ein und zeigten ihnen ihr neues Leben. Mir wurde gesagt, wenn ich auch nur
daran denken würde, dich zu kontaktieren oder irgendwohin zu gehen, wo sie
mich nicht finden konnten, würdest du innerhalb einer Stunde tot sein.
Sie... sie zeigten mir Fotos von dir, als Beweis."

Sie versteifte sich. "Fotos wovon?"

"Von dir, in Weiß, den pflichtgemäßen Part einer Mutter spielend," sagte
er, mit einer Kante in seinen Worten.

Gott verdammt. Worauf zur Hölle wollte er hinaus? "Du hast getan, was du
tun musstest, um zu überleben," sagte sie kühl. "Genau das habe ich auch
getan. Glaubst du, ich genieße es, mit solchen Wesen verbunden zu sein? Mit
Kolonisten zu tun zu haben, mit Frauen, die ihre Seelen für das Privileg
verkauft haben, ihre DNA zu verstreuen, mit Menschen wie diesem Bastard mit
der schwarzen Lunge, der darauf besteht, mir jede Woche einen Besuch
abzustatten? Es frisst an mir in jeder Sekunde, die ich lebe. Aber
wenigstens lebe ich, um es zu fühlen." Sie wich vor ihm zurück und stand
vom Bett auf, dann begann sie, umherzulaufen, ihren Ärger abreagierend,
empört darüber, dass sie immer noch seinen Samen auf ihren Schenkeln spüren
konnte. "Willst du wirklich wissen, wie ich meine Zeit verbringe, Mulder?
Willst du es?"

"Ich will alles wissen, Scully," sagte er gebrochen. "Alles, was du bereit
bist, mir zu erzählen."

Sie kreuzte ihre Arme vor der Brust und versuchte, den überlegenen wütenden
Blick von ihrem Gesicht zu halten, aber es funktionierte nicht. "Ich bin
der gottverdammte Kopf des Widerstandes an der Ostküste, Mulder. Und was
hast du getan?"

"Wie bitte?" fragte er ausdruckslos.

"Ich habe in den letzten zwei Jahren jeden Tag mein Leben aufs Spiel
gesetzt," sagte sie kühl. "Sie erlaubten mir, weiterhin Ärztin zu sein -
die meisten Mütter sind zufrieden damit, herumzusitzen und von Teeparty zu
Teeparty gebracht zu werden, aber wie du selbst sagtest, ich bin nicht wie
die meisten Mütter. Ich brauchte etwas, irgend etwas, um meinem Leben ein
Stückchen Bedeutung zu geben, neben meinem Dasein als wandelnder
gebrauchter Inkubator. Also praktiziere ich privat, sorge für die Elite und
ich nutze jeden freien Moment dort, um an der Entwicklung eines Virus zu
arbeiten, einer biologischen Waffe, geschaffen um die Schleimer ein für
alle mal auf unserem Planeten auszurotten. Und ich bin kurz davor, Mulder.
Ich bin kurz davor, dieses ganze Kolonisationsprojekt in den Himmel zu
schießen. Aber wenn der Kampf in Greenland nicht zur Ruhe kommt und unsere
Gruppe zerstört ist, ist es alles umsonst. Und ich weiß nicht einmal, was
da drüben vorgeht!" Sie hörte ihre Stimme lauter werden und senkte sie
sofort aus Angst vor Entdeckung.

"Skinner ist dort drüben, Mulder. Skinner koordiniert die Bewegung dort und
es lief alles gut, aber die letzten Offensiven haben uns Verluste
eingebracht. Die Kälte dort ist hilfreich, natürlich, aber es ist kein
endgültiges Mittel zum Schutz. Und ich war nicht in der Lage, auch nur ein
Wort zu ihm durch zubringen oder von ihm zu bekommen."

Mulders Kiefer arbeitete, als er nach etwas suchte, irgend etwas, was er
sagen konnte. Schließlich: "Ich kann dir Informationen aus Greenland
besorgen."

Sie blieb mitten im Umherwandern stehen. "Wie? Diese Hure?"

Zu seiner Ehre schreckte er nicht vor ihrem Ausdruck zurück. "Ja. Sie und
Strughold stehen... sich nahe, wenn du verstehst, was ich meine. Und sie
vertraut mir weitaus mehr, als sie sollte. Ich kann dir die Informationen
besorgen, die du brauchst. Gib mir nur ein paar Tage, wenn ich erst einmal
zurück bin."

Sie nickte langsam. "Das würde... das wäre großartig." Dana spielte mit dem
Saum ihres Nachthemdes. "Wie willst du mir die Informationen zukommen
lassen?"

Mulder dachte schwer nach. "Gib mir Frohikes e-mail-Adresse. Ich kann
wahrscheinlich eine sichere T1-Leitung finden und ihn darüber
kontaktieren."

"Danke," sagte sie und spürte einen seltenen, unvorsichtigen Moment des
Optimismus, dennoch fragte sie sich gleichzeitig, ob sie ihm tatsächlich
vertrauen konnte. Aber wenn sie Mulder nicht trauen konnte, sogar nach all
dieser Zeit, dann hatte sie wirklich niemanden. "Also, wann musst du
zurück?"

"In ein paar Stunden, oder es gibt wirklich Ärger." Seine Augen bohrten
sich in ihre und sie konnte sein Verlangen nach ihr quer durch den Raum
spüren.

"Dann lass uns nicht noch mehr Zeit vergeuden," sagte sie mit heiserer
Stimme. Sie ging zu ihm, setzte sich rittlings auf ihn und half ihm, in sie
hineinzugleiten, als er ihren Namen flüsterte und nach ihren Brüsten griff
und sie ergaben sich noch einmal dem Vergessen.



Die Informationen herauszubekommen, die Scully brauchte, war schwieriger,
als Mulder erwartet hatte. Er vermutete, es war teilweise der Tatsache
geschuldet, dass er Schwierigkeiten hatte, sich auf die Feinheiten seines
Jobs zu konzentrieren; er war ständig durch Erinnerungen an Scully und ihre
viel zu kurze gemeinsame Nacht abgelenkt und wollte nichts mehr, als sich
jeden wachen Moment darin zu verlieren. Und zu allem Überfluss war Marita
in einer besonders gehässigen Stimmung - mehr als üblich. Seit Wochen
endeten alle seine halbherzigen Versuche, sie aus der Reserve zu locken, in
der stummen Handhabung und er begann paranoid zu werden, dass sie irgendwie
auf einer seltsamen psychischen Ebene wusste, dass er Scully gesehen hatte.
Er musste zu drastischeren Maßnahmen greifen.

Und so, spät in der Nacht, als die Lichter aus waren, schluckte er seinen
Stolz und seine Würde und seinen Abscheu herunter und legte seine Hand auf
ihre Brust.

Es war beinahe peinlich, wirklich, wie sie nicht einmal nach seinen Motiven
fragte, wie sie mit Begeisterung mitmachte, über ihn kriechend und ihn wie
ein halbwildes Pferd reitend. Er legte sich zurück, schloss seine Augen und
konzentrierte sich auf Scully, versuchte sich verzweifelt daran zu
erinnern, wie sie sich an ihm angefühlt hatte, an die Wärme ihrer Lippen,
an den weichen Flaum ihrer Haare.

Er dachte darüber nach, dass er nun endlich wusste, wie sich die Frauen
über die Jahrhunderte gefühlt haben mussten: wie Gefäße, die benutzt
wurden.

Als es vorbei war - und es dauerte grauenvoll lange, weil seine Reaktion
rein physisch war und ihm nicht zu irgendeiner Art Leidenschaft verhalf -
nahm er sie in die Arme und verwickelte sie in ein Bettgeflüster, dessen
Worte er sorgfältig wählte.

Es funktionierte. Es funktionierte so gut, dass es seinen Widerwillen ihr
gegenüber nur verstärkte. Wer ahnte, dass alles was sie brauchte, ein
mittelmäßiger Sexpartner war?

Zwei Tage später schlich er sich in Maritas Heimbüro und benutzte ihre
sichere Modemverbindung, um eine Nachricht zu Frohike zu schicken.



Dana sah auf das kleine Stück Papier herab, das Rico ihr gegeben hatte,
sobald sie das Labor neben ihrem Arztbüro betreten hatte. Die Nachricht war
in Frohikes furchtsamer Krakelschrift hingekritzelt; sie war leicht
überrascht darüber, dass er erlaubt hatte, irgend etwas von ihm selbst von
Hand Geschriebenes aus seiner Umklammerung herzugeben.

"Gemeinsamer Freund rief an. Invasion droht in Paamiut. Ganz schnell Hermes
warnen."

Sie knüllte das Papier zusammen und kämpfte eine Welle von Panik zurück.
Hermes war ihr Codename für Skinner; Paamiut ihre Hauptoperationsbasis. Er
musste sein Team in eine der anderen verstreuten Städte an der Küste von
Buffin Bay verlegen, aber wohin genau, würde seine Entscheidung sein
müssen. Es gab nur so wenig, das sie von dieser Seite des Atlantiks tun
konnte.

Durch den Schleier ihrer Angst konnte sie nichts dagegen tun, sie spürte
einen Stich, dass es keine persönliche Nachricht von Mulder gab. Es sah ihm
nicht ähnlich, nicht wahr? Vielleicht kannte sie ihn nicht mehr so gut, wie
sie dachte. Sie glättete das Papier wieder, drehte es in ihrer Hand und
sah, dass Frohike tatsächlich einen Nachtrag hingekritzelt hatte.

"Eistee??"

Ungewollte Tränen schossen in ihre Augen und nahmen ihr den Atem. Wie
konnte es möglich sein, dass er sich an die Nacht vor so langer Zeit
erinnerte?

::Mulder, ich würde mich für niemanden in Gefahr bringen, außer für dich.::

Sie verkniff sich ein ironisches Lachen über die Erkenntnis, dass sie nun
ihr Leben für Millionen von Menschen, die sie nicht einmal kannte, aufs
Spiel setzte. Für einen Moment lag das Gewicht der Welt schwer auf ihr,
dann zuckte sie mit den Schultern.

Aber das sentimentale Gefühl ließ ihr Herz gleichzeitig höher schlagen. Sie
spürte ein unbekanntes Ziehen in ihrer Seele und erkannte, dass es
Zuneigung war. Es war sehr, sehr lange her, dass sie es sich gegönnt hatte,
irgend etwas in dieser Art zu erleben. "Rico?"

Er war sofort da, ihr kontinuierlicher Helfer. Seine bedingungslose
Loyalität ihr gegenüber hatte vor langer Zeit aufgehört, entnervend zu
sein; jetzt zählte sie nur noch auf seine Hingabe an sie und zog sogar
ihren Vorteil daraus. Sie sah in seine dunklen braunen Augen und gab ihm
das Papier. "Ich weiß, wie schwer die Kommunikation zuletzt gewesen war,
aber wir müssen diese Information irgendwie zu Hermes durchgeben, sofort.
Er muss umziehen. Augenblicklich. Der Ort liegt in seinem Ermessen,
vorausgesetzt er meldet es uns, wenn sie sich wieder niedergelassen haben.
Ich zähle auf dich, Rico."

Rico nickte und nahm ihr das Papier ab, sein schneller Verstand suchte ohne
Zweifel bereits nach möglichen Wegen, um die Basis in Greenland zu
kontaktieren. "Betrachte es als erledigt," murmelte er. Sie berührte
dankbar seinen Arm und er lächelte angesichts dieser Gunst.

Als er gegangen war, wandte sie sich wieder ihrem Laborbuch zu und
studierte die letzten Daten, die dort aufgezeichnet waren. Sie war so nahe
an einem Durchbruch, dass sie es beinahe schmecken konnte, nahe daran, ein
Virus oder Antigen zu konstruieren, das sich als fatal für die Kolonisten
und die Hybriden erweisen würde. Die Drohnen würden vermutlich sicher sein,
weil sie nur mit dem schwarzen Öl infiziert waren; sie hatte bereits den
Impfstoff dupliziert, den das Syndikat vor einiger Zeit entwickelt hatte,
und das Labor in Greenland arbeitete daran, Massen davon für die weltweite
Verteilung zu produzieren. Das Syndikat mochte zuviel Angst vor den
Repressalien der Aliens haben, um das Zeug tatsächlich zu benutzen, aber
sie hatte keine solchen Gewissensbisse. Aber die Zeit war noch nicht reif,
sie brauchte zusätzlich das Virus zu dem Impfstoff, andernfalls machte es
keinen Sinn. Es hatte eine zweizinkige Attacke zu sein oder gar keine.
Dennoch konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie kontinuierlich
gegen die Uhr arbeitete und niemand hatte ihr den Endtermin mitgeteilt.

"Dr. Scully."

Sie wirbelte herum und schloss dabei das Buch. "Was zur Hölle wollen Sie?"

Der Bastard mit der schwarzen Lunge rauchte zur Abwechslung mal nicht.
Vielleicht war sogar er clever genug zu kapieren, dass ein medizinisches
Labor nicht der beste Ort für Aufwiegler war. "Ich wollte nur fragen, wie
Sie mit Ihrer Arbeit vorankommen."

Meine medizinische Praxis läuft recht gut," sagte sie glatt. "Sind Sie hier
für eine ärztliche Untersuchung?"

"Leider nein, so sehr ich Ihre... Technik auch genießen würde."

Dana unterdrückte ihren Abscheu und bis sich auf die Innenseite ihrer
Wange, um sich davon abzuhalten, ihn mit bloßen Händen umzubringen. Sie
wusste einfach, dass sie es könnte, wenn sie es müsste. "In dem Fall bin
ich beschäftigt. Verschwinden Sie." Sie drehte ihm den Rücken zu und gab
vor, die Blutwerte eines Patienten aufzuschreiben, in der Hoffnung, dass er
das Interesse verlieren würde.

"Erzählen Sie mir. Wie geht es Fox? Ich habe ihn seit so langer Zeit nicht
gesehen."

Einen Moment versteifte sie sich, aber es gab eine Sache, die sie erreicht
hatte seit der Ankunft, nämlich den Akt, kühl zu bleiben, zu einer Kunst zu
erheben. "Wenn Sie auf Fox Mulder anspielen, so weiß ich es nicht. Ich habe
ihn nicht gesehen, seit Ihr Bastards ihn weggebracht habt, erinnern Sie
sich?" Sie schaffte es kaum, sich davon abzuhalten, die Worte
zurückzuhalten, die ihr auf der Zunge lagen: weg von mir.

"Da höre ich etwas anderes."

"Nun, dann haben Sie etwas falsches gehört." Sie bewegte sich näher zu der
Schublade am Ende des Labortisches. sie war sich ziemlich sicher, dass sie
da drin einen zusätzlichen Revolver zurückgelassen hatte.

"Wenn Sie beide Ihre Bekanntschaft wieder aufleben lassen sollten," sagte
er leise, "könnten die Folgen tödlich sein. Für Sie und Mulder."

Sie drehte sich um, um ihn anzusehen, ihre Hand griff nach hinten, um den
Griff der Schublade zu umfassen. "Drohen Sie mir? Einer Mutter? Sie
vergessen Ihre Stellung in dem neuen Schema der Dinge. Krümmen Sie mir ein
Haar und die Kolonisten werden Sie beim Wickel haben, bevor Sie auch nur
blinzeln können. Glauben Sie, ich weiß nicht, dass ich in erster Linie
deswegen noch am Leben bin?" Sie begann, die Schublade aufzuziehen,
Zentimeter für Zentimeter.

"Unfälle passieren, Dr. Scully. Doch Sie wissen bereits alles darüber,
nicht wahr?" Er nahm eine Zigarette aus seiner Tasche und betrachtete sie
liebevoll. "Ich werde in Kontakt bleiben. Nur zur Kontrolle, natürlich." Er
schlenderte zur Tür hinaus und zündete sich dabei die Zigarette an.

Dana senkte den Kopf, schloss die Augen, nur für einen Moment, und atmete
tief ein. Dann streckte sie sich und machte sich wieder an die Arbeit.


Mulder nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, bevor er sie in dem
Aschenbecher neben seinem Ellbogen zerdrückte. Er hatte es sich vor etwa
einem Jahr wieder angewöhnt und bestand hartnäckig darauf, zum Teil weil er
es nicht fertig brachte, damit aufzuhören, zum Teil, weil es Marita
wahnsinnig ärgerte. An diesem Punkt seines Lebens hatte er das Gefühl, dass
es gleichwertige Gründe waren.

Im Wohnzimmer war es dunkel. Er hatte das Licht nicht eingeschaltet, hatte
sogar die Vorhänge vorgezogen, um so viel Sonnenlicht wie möglich draußen
zu lassen. Er brauchte die Dunkelheit, um nachzudenken.

In Gedanken ließ er die Ereignisse der letzten drei Jahre seines Lebens
noch einmal Revue passieren und zwang sich dazu, brutal in seiner
Erinnerung zu sein. Unbarmherzig prüfte er seinen anfänglichen Widerstand
und den hohen Idealismus, die nur allzu leicht verdrängt wurden durch
Inaktivität, Mangel an Motivation, schweigende Zustimmung. Akzeptanz der
armseligen Karte, die er im Pokerspiel des Lebens gezogen hatte.

Einmal hatte er zu Scully gesagt, dass er nicht glaubte, er könnte allein
weitermachen, ohne sie. Er hatte recht gehabt. Durch sie *war* er ehrlich
geblieben und als sie sie von ihm fortrissen, nahmen sie auch alles, was
ihm wichtig war.

Scully auf der anderen Seite... Scully hatte sich der Lage gewachsen
gezeigt, obwohl er sich um den Preis Sorgen machte. Es schien, dass es sie
emotional mitgenommen hatte. Ihre Zähigkeit und ihre Energie beschämten ihn
unsäglich.

Er sah die Art, wie sie ihn angesehen hatte. Voller Mitleid und etwas
anderem, ähnlich Widerwillen. Damit konnte er nicht leben. An diesem Punkt
konnte er mit so ziemlich allem leben – aber nicht mit ihrer Verachtung.

Er wollte ihr beweisen. dass der wahre Mulder immer noch irgendwo in ihm
steckte. Dass sie ihn ungeachtet des verzweifelten, beinahe unpersönlichen
Charakters ihrer Vereinigung mit ihren Worten und mit ihrem Körper in
dieser Nacht wieder zum Leben erweckt hatte. Das erste Mal seit Jahren
hatte er sich lebendig gefühlt, alles wegen ihr.

Und nun, wo er lebendig war, wollte er nie wieder beschämt sein.

Das Telefon klingelte. Er wollte nicht abheben. Er wusste, wer es sein
würde.

Aber er hatte keine Wahl.

Er griff nach dem Hörer. „Mulder.„

„Wir haben einen Job für Sie,„ sagte die Akzentstimme am anderen Ende der
Leitung ohne Einleitung.

Der letzte, schwor sich Mulder. Das ist der letzte, nur damit sie nicht
misstrauisch werden, nur um Zeit zu gewinnen. Und dann gehe ich, um mit
Scully zusammen zu sein, komme was da wolle. Ich werde einen Weg finden.
„Erzählen Sie.„
Rezensionen