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Der stille Gesang des Windes

von Poes Raven

Kapitel 2

Einfühlsam strich er dabei über die nackte Haut ihrer Schultern, wo sich unverzüglich eine behagliche Gänsehaut bildete, und wiegte sie gleichzeitig in seinen Armen.

Die Angst vor der ungewissen Zukunft, die noch einige Sekunden zuvor in einem abgelegenen Teil ihrer Gewissen vorhanden gewesen war, schien verschleiert durch die nun entfachte Leidenschaft, entstanden aus einem anfangs sehr genießendem und sehr intimen Kuss.

Für einen unscheinbaren Augenblick waren ihre Körper getrennt und Scullys flauschiges Handtuch war nun im Begriff, Mulder Dinge sehen zu lassen, die sie lieber verborgen gehalten hätte.



Ihre Angst wurde entschleiert und klar wie der Sternenhimmel an einem wunderschön nostalgischen Sommerabend. Dies jedoch war eine andere Angst -- die Angst, ihm alles zu geben, sich ihm vollkommen hinzugeben und ihm somit die intimsten Geheimnisse zu offenbaren. Sie ergoss sich wie Wasser über das Feuer der Begierde und ließ es nur noch schwach glühen, bevor es erlöschen würde.

Den Kuss beendend, riss sie unverzüglich ihre Hände von seinem Nacken, griff das Tuch und hielt es sich vor seiner Wollust schützend vor.

Aber nach nur wenigen Sekunden der Irritation legte er seine Hände schließlich auf ihre, die den Stoff fest umklammerten, sein verständnisvoller Blick stets auf ihre verunsicherten Augen gerichtet. Und die plötzlich wiederkehrende Kraft der Erkenntnis, dass sie ihm ausnahmslos vertrauen konnte, ließ das Tuch und damit ihre Unsicherheit zu Boden sinken, dabei so sanft über ihren Körper streifend wie nun Mulders Blicke.



**



Vor dem Bett blieben sie stehen. Er wollte ihr noch einen prüfenden Blick in die Augen werfen, ob sie wirklich sicher war, diese Nacht mit ihm zu verbringen und somit ihre Zukunft grundlegend zu verändern. Und ihre Lippen, die sich umgehend hingebungsvoll an seine schmiegten, gaben ihm die Antwort. Seinen Körper begehrend, zog sie ihm seinen momentan völlig nutzlosen Pullover sowie das T-Shirt aus und schlang seine Arme um ihn, damit sie seinen nackten Körper mit jedem Muskel an dem ihrigen spüren konnte.

In dem darauffolgenden Moment waren sie bereits aufs Bett gesunken. Er lag für kurze Zeit tatenlos unter ihr und ließ sich von ihr verführen -- genoss es wohlwollend, wie ihre Hände seine Brust massierten und ihre glühenden Finger seine Brustwarzen reizten, während sie seinen Hals mit zärtlichen Küssen liebkoste.

Nachdem sie dies ein paar sinnliche Minuten lang tat, setzte sie sich behutsam auf und verlagerte ihr Gewicht auf seinen Schoß. Die dadurch entstandene Reibung an seinem erigierten Penis ließ ihn ergriffen aufstöhnen.

Ungeduldig machte sie sich an seinem Gürtel zu schaffen, um ihn von seiner Hose zu befreien. Währenddessen suchten ihre Lippen wieder die seinen. Innig küssten und streichelten sie sich, als seine Jeans und alles, was er sonst noch trug, auf dem Boden landete. Abrupt rollte er schließlich mit ihr herum, in Vorbereitung auf eine Vereinigung.

Mit der Aufeinanderfolge gieriger Leidenschaften aber, wurden Mulders Liebkosungen mit einem Mal zögerlicher und jeder ihrer Drängungen, sie zu lieben, schien er auszuweichen.

Als sich ihre Blicke flüchtig trafen, hielt sie sie fest. In Anbetracht ihrer Erregung, schauten sie einander sehr lange in die Augen.



"Hast du Angst?",



fragte sie ihn einfühlsam.

Eine solche Frage hatte er offensichtlich nicht erwartet. Er dachte kurze Zeit nach und schüttelte dann nur den Kopf. Die Wahrheit war, er wusste es nicht.



"Worauf wartest du dann noch?",



flüsterte sie angetan und fuhr mit ihrer Hand von seinem Rücken hinunter zu seinem Hintern. Augenblicklich glaubte sie, ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen gesehen zu haben und erwiderte es. Als sie seinen Unterleib langsam an sich heran zog, ließ er es geschehen und drang gefühlvoll in sie ein. Worauf sie sich liebestrunken einander hingaben.



**



In dem in gedämpftes Licht getauchten Zimmer herrschte Stille. Scully hing träumerisch ihren Gedanken nach, war aber zugleich vollkommen anwesend. Was daran lag, dass sie darüber grübelte, was sie nun tun oder sagen sollte, nachdem sie sich geliebt hatten.

Ihm hatte sie den Rücken zugewandt, um nach ihrem Sex etwas Abstand zu gewinnen. Sie wollte einen klaren Gedanken fassen, konnte aber nicht, denn Mulder hatte diesen Abstand zunichte gemacht. Er lag förmlich an sie rangekuschelt und hatte seinen linken Arm liebevoll um sie gelegt. Auf ihrer Schulter und ihrem Nacken verteilte er sanfte Küsse und schien also auf einer Wolke der Zufriedenheit zu schweben.



"Mulder, ich glaube, ich verstehe",



flüsterte sie nachdenklich, während er gerade mit seinen Lippen in ihrer Schulter versunken war.



"Was verstehst du?",



fragte er und legte seinen Kopf lauschend an ihren.



"Was dich vorhin bedrückt hat."



Sie machte eine kurze Pause und fuhr dann fort.



"Du hattest Angst, wir würden das hier nur zum Trost machen und hast dich gefragt, wie es zwischen uns weiter gehen würde -- was aus unserer Freundschaft wird."



Mulder schwieg. Er brauchte diese Frage nicht zu bejahen, da ihm klar war, dass sie wusste, dass sie Recht hatte.

Genau diese Befürchtungen hatte er, doch sein Begehren hatte ihn vergessen und einen reinen Augenblick des Auflebens alter und neuer Gefühle erleben lassen. Ihre jetzigen Worte aber, hatten ihn wieder zurückgeholt -- in die Realität, welche aus Tatsachen und nicht aus Träumen bestand.

Noch ehe er etwas Gescheites dazu sagen konnte, setzte sie ihm einen Stich mitten ins Herz...



"Würde es dir etwas ausmachen, mich allein zu lassen?"



Seine Wolke trug ihn nicht mehr länger und umgehend fiel er unsanft auf den geteerten Boden der Tatsachen. Nicht nur, dass sie genau den falschen Weg wählte, ihre Freundschaft, wie sie vorher war, zu erhalten, sie verletzte auch seine Gefühle. Er empfand so viel für sie und jetzt wollte sie ihn nicht in ihrer Nähe haben.

Widerwillig stieg er aus dem Bett, ohne ihr zu antworten. Er konnte einfach nicht ehrlich antworten, ohne ihr weh zu tun. Zwar war er der jenige, der jetzt die Schmerzen hatte, doch hatte er nicht vergessen, wie es ihr wenige Stunden zuvor noch gegangen war.



Scully drehte sich um, hielt dabei die Bettdecke, welche von ihrer beider Leidenschaft noch glühte, vor ihre Brust und schaute ihm mit leidendem Blick zu, wie er gerade gekränkt den Reißverschluss seiner Jeans schloss.



"Mulder, ich möchte dir bestimmt nicht weh tun, aber ...ich möchte nur etwas allein sein, um nachzudenken. Es ist... es ist so viel passiert.."



"Nein!",



unterbrach er sie schroff.



"Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Ich möchte mir das jetzt auch nicht anhören müssen. Ich werde einfach gehen."



Er zog hastig sein weißes T-Shirt über, griff seinen Pullover und verschwand aus dem Zimmer. Die Wohnungstür ließ er lautstark ins Schloss fallen.







Kapitel 2: No more shall we part







Als Mulder ihr Haus verließ, sah er, dass es bereits dämmerte über Washington D.C. Er verschwendete einen flüchtigen Gedanken daran und schlussfolgerte, dass es halb sechs Uhr morgens sein musste.

Schnellen Schrittes ging er die noch verlassene Straße hinunter, darüber nachdenkend, was er nun tun sollte. Er war viel zu aufgewühlt, um zu schlafen und sich betrinken stand jetzt auch nicht in seinem Sinne.

Sein Weg führte ihm zu einer Sitzbank am Potomac River, auf die er sich erschöpft niederließ. Er hatte vor, dort so lange sitzen zu bleiben, bis ihm etwas einfallen würde. Und eine Stunde später stellte er fest, dass ihm ganz danach war, einfach nur in Ruhe auf der Bank zu sitzen, dem stillen Gesang des Windes zu lauschen und über gar nichts nachzudenken. Sein Blick fiel währenddessen auf zwei Kinder - wahrscheinlich Bruder und Schwester - unten am Fluss. Sie hatten ein kleines ferngesteuertes Segelboot, das sie soeben zu Wasser ließen. Eine Weile beobachtete er sie, da sie etwas Beruhigendes an sich hatten, und schloss dann die Augen.







zwei Tage später..



"Pizzaservice? ...Ja, ich hätte gern die Nummer Fünfundsechzig und dazu die gerösteten Kartoffelecken für 3.99 $. Meine Adresse haben Sie, hier ist Fox Mulder."



Zwei Tage war es her, seitdem Scully ihn fortgeschickt und er sie das letzte Mal gesehen hatte. Diese Tage waren eine kaum auszuhaltende Zerreißprobe für seine Nerven. Er wollte sie so gern sehen, er wollte von ihr wissen, wie es zwischen ihnen weiter gehen würde, er wollte wissen, ob es ihr gut ginge. Seinen Rausschmiss hatte sein Ego längst verkraftet. Es war die Ungewissheit, die ihn nicht ruhig schlafen ließ.



Er ging in diesen zwei Tagen viel spazieren. Neulich traf er dabei Langlys Freundin Sarah, die sofort erkannte, dass er nicht in Ordnung war und ihn darauf ansprach. Obwohl er sie so gut wie überhaupt nicht kannte, erzählte er ihr von seinem Dilemma, ließ aber Scullys Namen dabei raus. Zwar tat es ihm gut, darüber zu reden, aber sehr hilfreich war Sarah nicht. Sie erzählte ihm daraufhin nur, dass wohl bald mit Langly Schluss sein würde.



Und nun war er dabei, sich eine Pizza zu bestellen, um es sich, stets nach Ablenkung suchend, bei einem Basketballspiel zweier mittelklassiger Mannschaften vor dem Fernseher halbwegs gemütlich zu machen.

Jedenfalls plante er es so...



Ein wenig später nämlich klopfte es zart an seiner Tür und bevor Mulder dem Pizzajungen ein Das ging aber schnell an den Kopf werfen konnte, stellte sich heraus, dass es Scully war, die dort vor seiner Tür stand. Folglich verschluckte er sich etwas an seinen unausgesprochenen Worten.



"Scully!?",



kam es stattdessen verwundert aus ihm raus und er wurde zunehmend nervöser.

Verlegen schaute sie ihn von unten herauf an.



"Darf ich rein kommen?",



fragte sie ihn mit leiser Stimme, als er nichts weiter tat, als sie anzuschauen. Er machte ihr Platz, so dass sie passieren konnte und schloss hinter ihr die Tür. Einen kurzen Augenblick lang blieb er zur Tür gewandt mit dem Rücken zu ihr, bevor er sich zu ihr drehte und auf das wartete, was sie zu sagen hatte. Und zögerlich begann sie...



"Wie geht's dir?"



Erstaunt über diese Frage, meldete sich der Egoist in ihm zu Wort und antwortete mit einer Spur Sarkasmus:



"Oh, mir geht's bestens."



Sie wussten beide sehr genau, dass eine solche Frage nicht tatsächlich ernstgemeint und nur eine Methode für das Hinauszögern des Unangenehmen ihrerseits war. Scully nickte verstehend, konnte ja nicht glauben, dass sie ihn nach jüngsten Ereignissen wirklich etwas Derartiges fragte, so dass seine Reaktion darauf durchaus verständlich schien, und kam zum Eigentlichen:



"Hör zu, ich habe etwas nachgedacht. Über uns. Und bevor ich weiter rede, möchte ich dir sagen, dass es mir leid tut und dass es bestimmt nicht in meiner Absicht lag, dir weh zu tun. Es ist nur so... ich meine, Mulder, wir haben miteinander geschlafen..."



Sie schaute ihm nun eindringlich in die Augen, auf der Suche nach Verständnis, obgleich sie ihm statt einer Erklärung, wieder nur eine Entschuldigung lieferte. Tatsächlich hielt er für seinen Teil es nicht lange stand, all ihre Worte auf Widerstand stoßen zu lassen. Das wäre falsch. Auch ihm ging es mit seinen Gefühlen zur Zeit nicht viel anders und so blieb er ehrlich. Was sie also in seinem Blick fand, war mehr als Verständnis. Es war Bedauern.



Obwohl sie sich vorgenommen hatte, eine sachliche Stimme beizubehalten, wurde sie nun aufgrund des Inhalts ihrer Aussage ziemlich emotional.



"... Ich brauchte Zeit und Abstand zum Nachdenken und ...was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass ich mehr für dich empfinde als ich mir je eingestehen wollte. Und ich möchte... Ich möchte nicht mehr allein sein. Ich brauche dich."



Die letzten Worte flüsterte sie, in der Hoffnung, dass er sie vielleicht nicht hören würde. Er sollte jedoch verdammt sein, wenn er etwas derart Wichtiges einfach überhören würde.



Ohne etwas zu erwidern, kam er auf sie zu und nahm sie fest in die Arme, sein Gesicht legte er in ihre Halsbeuge und seufzte leicht ergriffen, ohne dass er es wollte. Unendlich erleichtert, dass er ihr entgegen kam und sie nicht auf egoistische Art und Weise abwies, gab sie ihm zärtlich einen Kuss auf die Wange.



Sie verstanden sich.



"Gib uns etwas Zeit!",



bat sie ihn, schaute ihm noch einmal tief in die Augen, schenkte ihm ein in die Zukunft verliebtes Lächeln und verließ sein recht eigenwillig eingerichtetes Appartement.









Epilog: Weinen um dich





Er erlosch das Licht.

Nur das seichte Flackern der brennenden Kerze neben ihm auf dem Nachttisch tauchte uns in behagliche Wärme.

Wir lagen auf dem Bett -- Arm in Arm, rieben unsere nackte Haut verlangend aneinander, konnten unser Glück kaum fassen -- hatten ein Baby, einen Sohn.

In diesen Minuten der Nähe, fasste ich mir ein Herz und sprach: "Ich liebe dich".



Jene Worte, die wir uns jede Sekunde unseres Zusammenseins mit den banalsten Äußerungen unseres Körpers offenbarten.

Die Art, wie er atmete, als er mich daraufhin gerührt küsste, die Zärtlichkeit, mit der er es tat, und die Reaktion seines Herzens verrieten mir, wie er fühlte.

Und doch sagte er es mir nicht. Nicht diesen Abend.

Ich schloss meine Augen und kostete das Gefühl der non-absoluten Vollkommenheit in meinem Herzen, als wir uns liebten, mit all meinen Sinnen aus.

Nie wieder würden wir einen solch süßen Augenblick teilen.



Seine Zuneigung gestand er mir wenige Tage später.

Tränen liefen über mein Gesicht. Sie schmerzten -- rissen tiefe Löcher in meine Vollkommenheit und füllten sie mit Dunkelheit.

Er verließ mich. Er musste.

Nie hätte ich gedacht, dass es so weh tun würde.







fin
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