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The Baby

von Megan Reilly

Kapitel 2

12:02 am Mittag



Das Baby weinte. Es weckte sie beide auf. “Du bist dran”, sagte Mulder und versetzte ihr einen leichten Stoß gegen die Rippen, denn er weigerte sich seine Augen zu öffnen. “Geh und füttere sie.”



Scully stieg über ihn, um aufzustehen. Sie war angeschlagen, beschwerte sich aber nicht. „Okay, Kleines“, sagte sie sanft, „du isst und hörst dann auf zu weinen, verstanden?“



Das Weinen wurde zumindest weniger als sie ein neues Babygläschen öffnete und beim ersten Mal, als sie dem Mädchen etwas mit dem Löffel in den Mund steckte, hörten die Tränen auf. Scully fühlte, wie sie sich entspannte. Sie konnte das tun. Sie holte tief Atem. Sie konnte das wirklich tun.



„Bitteschön, Süße“, sagte sie einige Minuten später, als sie das frisch gewickelte Baby in sein Bettchen legte. Impulsiv drückte sie einen Kuss auf die weiche, pausbäckige Wange. Es war so wunderschön, dass sie dachte, sie würde weinen. Sie wollte das Baby umarmen und niemals wieder los lassen.



Hierbei runzelte sie die Stirn, war ein bisschen besorgt. Sie sah auf das Baby und dachte nach. Machten Babys noch etwas anderes außer Weinen und Schlafen? Scully konnte nicht einmal genau einschätzen, wie alt das Baby war, genauso wenig wie sie wusste, ob die Entwicklung des Babys normal war. Deshalb wandte sie sich an die eine Quelle von Information, von der sie wusste, dass sie schnell, leicht und sicher war.



Das Internet.



Vertieft in einen Artikel von Doktor Spock sprang Scully auf, als sie eine schwere Hand auf ihrer Schulter spürte. „Du bist nicht zurück gekommen“, sagte Mulder, seine Stimme klang schläfrig und seine Augen waren nur halbgeöffnet, als er sich über ihre Schulter lehnte.



„Du hast das bemerkt“, murmelte sie und war sich nicht ganz sicher, was sie damit meinte.



„Mir wurde kalt ohne dich“, scherzte er ungeschickt und sah auf den Bildschirm. „Spock?“, fragte er.



„Doktor, kein Herr“, hob sie hervor.



„Ich kenne den Unterschied, Scully“, erwiderte Mulder.



„Hier ist die Seite, die du brauchst“, sagte sie und mit einem Mausklick erschienen Hunderte von Mädchennamen auf dem Bildschirm.



Mulder legte sein Kinn auf ihre Schulter und sie zuckte zusammen, aber beschwerte sich nicht. Es war irgendwie nett, dachte sie, sich ihm mitten in der Nacht verbunden zu fühlen. Wenn sie ihren Kopf hätte bewegen können, um zum Baby zu sehen, hätte sie es gemacht. Familie. Sie hatte dem nie viel Beachtung geschenkt. Sie bezweifelte, dass es Mulder je getan hatte.



„Okay“, sagte er. „Du magst keine Leia und ich mag definitiv keine Phoebe.“ Seine Hand legte sich über ihre auf der Maus und begann durch die Liste zu scrollen. „Anne, Catherine, Elizabeth...“, las er sich selbst leise vor, sein Atem kitzelte an ihrem Ohr. „Was denkst du?“



„Die Königinnen von England“, sagte Scully.



„Also schlechte Idee.“ Seine Hand wurde fester über ihrer, als er weiter durch die Liste ging. „Laura, Kathleen, Michelle... hey, Scully?“


„Was?“


„Du sagst mir, dass du dir bisher keine Namen für deine Kinder ausgedacht hast?“, fragte Mulder, „Ich dachte, alle Frauen machen so was.“



„Ich denke, ich habe das getan als ich jünger war“, gestand Scully und gab ihm die Frage zurück. „Was ist mit dir? Es sind nicht nur die Frauen, die Babys haben, weißt du. Hast du nie darüber nachgedacht?“



„Nein“, gab Mulder zu und neigte seinen Kopf für eine Sekunde nach unten, bis er bemerkte, dass er seine Nase in die weiche Haut von Scullys Nacken drückte. Sie roch gut, dachte er, und zwang sich dann, wieder zurück auf den Bildschirm zu sehen. „Caryn, Sandra, Veronica... Also wie hättest du sie genannt?“



Sie seufzte: „Ich kann mich nicht erinnern, wirklich. Es hat sich viel verändert, weißt du, seitdem ich meine Puppen benannt habe. Ich denke, ich mochte Amy. Und Geraldine.“



„Geraldine?“, schrie Mulder.



Sie lächelte: „Zu dieser Zeit schien alles besser zu sein als Dana.“



„Du magst deinen Namen nicht?“



„Damals nicht“, fügte sie hinzu und sie nahm eine andere Sitzposition ein, weshalb er dazu gezwungen war, seinen Kopf zu heben.



„Und wie ist es jetzt?“, fragte er, seine Augen waren auf ihrem Gesicht fixiert, als sie auf die Namensliste starrte.



„Es ist, wer ich bin“, sagte sie simpel. „Ob ich es nun mag oder nicht mag.“ Sie drehte sich um und sah ihn an. „Genauso wie du Fox bist, ob du es nun magst oder nicht.“



„Also, wie wirst du deine Tochter nennen?“, fragte er und sah ihr intensiv in die Augen.



„Ich vermute, es hängt davon ab, wie der Vater heißt“, wich sie aus und sah schnell auf den Bildschirm zurück. „Sein wird“, verbesserte sie sich und las die Liste sorgfältig durch, während sie versuchte an andere Namen zu denken, die anders als ‚Mulder’ klangen.



Nach einem weiteren Moment in der er sie anstarrte, fuhr er fort über ihre Schulter hinweg weiter zu lesen. „Piper?“, fragte sie plötzlich, einfach einen Namen vom Bildschirm nehmend. „Was ist das für eine Art von Name?“



Mulder zuckte mit den Schultern: „Den mag ich tatsächlich irgendwie.“ Er sah sie an: „Ich nehme an, dass du dein Kind irgendwie wie...“, er musste nur eine Sekunde nachdenken, „wie Bonnie Blue Butler nennen würdest.“



Falls Scully den Bezug erkannt hatte, gab sie dennoch kein Zeichen. Sie grinste ihn einfach nur an. „Blue. Ich mag ihn. Er ist anders.“



Er schüttelte ihren Kopf: „Du bist verrückt, Scully.“



„Und wir beide müssen mehr Schlaf bekommen“, bemerkte sie. Er bewegte ihre Hand leicht zum ‚Exit – Knopf’ und schaltete den Computer aus. Sie tappten beide zum Sofa und legten sich zusammen hin, ihre Körper fanden schnell die vorherige Position, wie ein bekanntes Puzzlestück das Andere.





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4:24 in der Nacht



Mulder versuchte unter ihr herauszuschlüpfen ohne sie zu wecken, aber es funktionierte nicht. Scullys Augen öffneten sich gerade als er das Wohnzimmer durchschritt, um nach dem Baby zu sehen. Sie fragte sich, wie lange er schon wach war.



Sie erinnerte sich an die vorherige Unterhaltung und in ihr entstand ein warmes Gefühl. Sie hatten nicht wirklich Quatsch gemacht, überlegte sie, und irgendwie, wenn sie daran dachte, wie sie das süße Baby in ihren Armen hielt, hatte es ihr wirklich gefallen.



Es wäre vielleicht schön, eines davon zu haben, dachte sie, vielleicht wohl zum ersten Mal. Sie erinnerte sich an die Lüge von Mulder über den Lebensmittelladen, als sie da stand und das Baby beobachtete. Wie würde es sein, wenn... sie zwang sich dazu an etwas anderes zu denken.



Als er ins Wohnzimmer zurückkam, bemerkte sie, dass Mulder sich die ganze Zeit über durchaus bewusst über ihren interessierten Blick war. Sie lächelte ein bisschen verlegen und war sich nicht sicher wieso.



„Ich kann mir kaum vorstellen, wie wohl wäre“, sagte er und sprach ihre Gedanken aus. „Es wäre wohl recht hart, aber es würde sich so lohnen.“



Scully setzte sich zu ihm zurück auf das Sofa: „Du hast deine Eltern nie sehr gemocht“, sagte sie und versuchte damit, die Diskussion zu beginnen.



„Nein“, meinte er. „Ich habe sie mir idealisiert. Sie mochten mich auch nicht sehr.“



Es ließ sie erschauern an so etwas zu denken: „Mulder... sie lieben dich.“



„Sie haben mir nie vergeben“, sagte er und seine Stimme war so hart wie seine verspannten Schultern. Sie trat sich innerlich, dafür ihn daran erinnert zu haben.



„Es ist okay“, sagte sie unbeholfen und tätschelte seinen Arm. Das fühlte sich merkwürdig an. Vier Uhr. Füttern... sie? Es war verrückt.



Er holte einen tiefen Atemzug und zwang sich selbst sich zu entspannen. „Du hast einige barsche Dinge über mich erzählt“, sagte er.



„Ich?“



„Ich könnte nie ein Kind zeugen und dann weggehen“, sagte er heißblütig.



„Ich habe nie wirklich gedacht, dass du das würdest“, sagte Scully sanft und bemerkte, wie tief ihre Wörter sich in ihn gebohrt hatten. Sie hatte ihm nicht wehtun wollen. Sie vergaß manchmal, dass Mulder nicht so unverwundbar war, wie er manchmal vorgab zu sein.



„Ich bin vorsichtig, Scully, du weißt das“, sagte er, immer noch in Gedanken versunken.



„Ich weiß das nicht“, sagte sie und hoffte, sie könnte die Dinge etwas leichter machen. Ein kleines Lächeln erschien auf ihren Lippen.



„Möchtest du es gern?“ Sein Herz war zu traurig, um sie richtig angrinsen zu können. Sie wusste es und lächelte zurück. Er sah weg: „Wir müssen das Baby morgen zur Behörde bringen, Scully. Es ist das Beste für uns alle.“



„Ich will das nicht“, sagte Scully störrisch. „Ich möchte, dass sie sicher ist.“



„Vielleicht wird sie sicherer da sein, als dort, wo sie war“, sagte er und seine Stimme klang unheimlich. Er redete gerade nicht mehr nur über das Baby.



Sie erinnerte sich an etwas, das er vorher gesagt hatte und sie entgleiten ließ: „Du sagtest, dass du wüsstest, wie diese Orte sind.“



Er zögerte. „Hat dein Vater je deinen Bruder geschlagen... oder dich?“, fragte er schließlich. Sie sah ihn forschend an, aber er weigerte sich, ihr in die Augen zu sehen.



„Nein.“



„Einmal, da hat... mein Vater... mich geschlagen. Weil..“, Mulder konnte sich nicht dazu bringen es zu sagen, ihren Namen auszusprechen. „Ich bin weggerannt und sie fingen mich und sie steckten mich für zwei Tage ins Jugendgefängnis, bis sie zuließen, dass er mich holte. Und es war eine Erlösung nicht sein enttäuschtes Gesicht sehen zu müssen.“



„Oh, Mulder.“ Scully wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. Sie berührte leicht seinen Arm und er schloss seine Augen, bevor die Tränen kamen. Ihre Finger berührten sein Gesicht und sie zog seinen Kopf auf ihre Brust, um ihn zu trösten. „Es ist okay“, sagte sie. Sein Atem war rau, aber er bewegte sich und drückte fest ihre Hand.



Er ließ sich von ihr halten, hörte für lange Zeit auf ihren gleichmäßigen Herzschlag, bis er fühlte, wie sie zurück sank und einschlief. Mulder tat es nicht.





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9:17 am Morgen



„Scully.“ Seine Hand war auf ihrer Schulter und rüttelte sie wach. Sie öffnete ihre Augen und sah ihn an. „Die Frau wird in ein paar Minuten hier sein.“



„Welche Frau?“, sie war etwas verwirrt und hatte einen versteiften Hals. Nicht zu erwähnen, dass sie Wasser zum Trinken brauchte und ihre Zähne putzen musste.



„Die Frau von der Fürsorge.“



Sie setzte sich auf, erinnerte sich. Das Baby. „Mulder..“



„Ich musste sie anrufen. Wir können uns nicht um das Kind kümmern. Es ist das Beste.“



„Ich weiß“, sagte Scully leise, aber es tat weh. Dass er sie nicht einmal gefragt, sondern einfach gehandelt hatte. Sie stand auf, musste von ihm weggehen und ging in die Küche. Sie setzte sich neben das Baby an den Tisch. Mulder folgte ihr nicht.



Das Baby war wach und es sah sie mit unglaublich, hellen, blauen Augen an und sie ließ sich von Scully nehmen und sich von ihr wiegen. Scully hielt sie eng an sich, atmete ihren Babyduft ein und bemerkte das Gewicht des Babys, das sich so anders anfühlte, als Mulder die gesamte Nacht, während er bei ihr gelegen war.



„Denkst du, das ist klug?“, fragte Mulder und erschien im Türrahmen.



„Es wird wohl eine lange Zeit sein, bis jemand sie wieder umarmt“, sagte Scully und senkte ihre Augen, sodass er ihre Tränen nicht sehen konnte.



Es gab ein Klopfen an der Tür und beide sprangen auf: „Das ist sie“, sagte Mulder, bewegte sich aber nicht. Scully nickte und legte das Baby zurück in die Tragetasche.



„Auf Wiedersehen, Baby“, flüsterte Scully, als Mulder ihr die Tragetasche aus der Hand nahm. Sie blieb in der Küche und lauschte dem Austausch zwischen Mulder und der Frau vom Jugendamt. Endlich schloss sich die Tür. Mulder erschien wieder in der Küche.



Das Baby war fort.



Scully ging zu ihm, fühlte sich merkwürdig und wackelig. Mulder selbst sah ziemlich blass aus und auch sehr unsicher. „Wieso tut es so weh?“, fragte sie und musste ihre Arme um ihn legen.



„Weil sie jung sind und es nicht verdient haben, so behandelt zu werden.“ Seine Stimme war gesenkt. Gefüllt von Schmerz.



Sie sah zu ihm auf: „Es wäre nett, wenn die Welt perfekt wäre.“



Sie erwartete eine kluge Antwort. Sie bekam keine. Er zog sie nur enger an sich und stimmte zu: „Das wäre es.“



Sie schluckte hart: „Ich wusste nie, dass ich mich so schnell verlieben könnte.“



Seine Antwort war so leise, dass sie sie kaum hörte: „Geht mir auch so“, sagte er und drückte sie so eng an sich, dass sie kaum atmen konnte. Sie drückte sich genauso fest an ihn und so standen sie für lange, lange Zeit.





ENDE
Bitte schreib mir Feedback und sag mir, was du denkst!!!! Ich schätze sowohl Lob wie konstruktive Kritik. Ich schätze auch Spezifisches, aber ich habe erkannt, dass jeder beschäftigt ist und ich nehme, was ich kriegen kann!!!



Danke für’s Lesen.

Megan
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